Die Coronamaßnahmen und die Kultur

Eine Rede von der berühmten Sopranistin Iris Benesch am 20.06.2020 bei der Freiburger Gruppe „Querdenken-761“ Demonstration auf dem Platz der alten Synagoge.

Liebe Frei Denkende,

Ich begrüsse Euch mit Worten von Mahatma Gandhi:

  • Zuerst ignorieren sie dich,
  • dann lachen sie über dich,
  • dann bekämpfen sie dich
  • und dann gewinnst du.

Warum gehen wir auf die Straße:

  • Für die Freiheit, selbständig zu denken zu sprechen und verantwortungsvoll zu handeln.
  • Für die Freiheit über unsere Gesundheit selbständig zu entscheiden.
  • Für die Verteidigung unserer wertvollen Grundrechte.
  • Für die Würde des Menschen, denn sie ist unantastbar.
  • Wir alle wollen dasselbe, ob wir schwarz sind weiss sind oder anderer couleur.

Liebe Frei Denkende,

Ich gebe meine Stimme heute der der Kunst.

Als freischaffende Konzertsängerin stehe ich seit Jahren auf der Bühne.

In Kirchenkonzerten, Opernauftritten, Liederabenden und erteile auch privaten Musikunterricht für Kinder.

Liebe Frei Denkende – Ich frage mich:

Wo ist die Kunst geblieben?

Wir haben einen noch nie dagewesenen Lockdown erlebt, in dem alles verschwunden ist was lebendige reale Kunst bedeutet.

Und es gibt keinen auch nur ansatzweise vergleichbaren Fall in der Kulturgeschichte Deutschlands.

Ganz besonders Deutschland hat eine einzigartige Kulturlandschaft mit unzähligen Kulturschaffenden.

Es ist ein existenzgefährdender Einschnitt für alle und ganz besonders Kulturschaffende, dessen Auswirkungen erst noch zu spüren sein werden.

Wir alle, das Publikum und die Kunstausübenden, brauchen das soziale Miteinander.

  • Den emotionalen Austausch.
  • Das gemeinsame Event wo man sich trifft und diskutiert.
  • Dieses gemeinsame Erleben kann niemals durch digitale Medien komplett ersetzt werden.
  • Deutschlands einzigartige Kulturlandschaft muss erhalten werden.

Einer der grössten Dichter und Denker dieses Landes, Goethe meint:

„Man sollte alle Tage wenigstens ein kleines Lied hören, ein gutes Gedicht lesen, ein treffliches Gemälde sehen und, wenn es möglich zu machen wäre, einige vernünftige Worte sprechen“

Liebe Frei Denkende

Was passiert also derzeit im Kulturbereich?

Wie sieht es gerade in den grossen Konzerthäusern aus? Wie in den kleineren Konzertsälen?

  • Leere Sitzreihen, jeder 3 4 5 Sitz weg montiert, allerhöchstens ein Drittel des Publikums sitzt in grossen Abständen voneinander.
  • In den Kirchen müssen Sänger zur ersten Bankreihe mindest Abstände von 6 Metern einhalten.
  • Das ist nicht nur ein erschreckender Anblick sondern es bedeutet auch ganz einfach kein Verdienst.
  • Die Bundesregierung hat alle Großveranstaltungen bis Ende August untersagt. Davon betroffen sind auch Theater, Konzerthäuser und zahlreiche Festivals.

Karsten Witt, bekannter Klassik Konzertveranstalter äusserte sich am 8.Mai im Deutschlandfunk

„Wenn im großen Saal der Berliner Philharmonie nur noch jeder sechste Platz besetzt werden darf, dann sei das jeden Abend eine Demonstration des Ausnahmezustandes, so Witt.

„Kein privater Veranstalter könne es sich leisten unter solchen Bedingungen einen Raum zu mieten. Ein ganzer Bereich unseres Musiklebens bricht uns da weg“.

Nach der Krise werden die Honorare sinken und es werde weniger Konzerte geben, prophezeit Witt. Und sagt weiter:

„Für alle freischaffenden Künstler ist die Situation desaströs.“

Liebe Frei Denkende,

Hier wird also das gesamte und vielfältige Kulturleben dieses Landes und natürlich weltweit reduziert und beschnitten. Mit unabsehbaren Folgen.

40 Intendanten von 40 Musikfestivals haben dies als sehr erschreckend festgestellt und einen Brandbrief an die Bundesregierung verfasst.

Sie fürchten einen kulturellen Kahlschlag – und existenzielle Not bei den Künstlern

Die Hannoversche Allgemeine berichtete darüber am 22.März.

In ihrem Schreiben heisst es:

„Die Corona-Pandemie hat die Kulturszene weltweit in eine tiefe Krise gestürzt. Die von Bund und Ländern versprochene schnelle Hilfe kommt nicht immer bei den Adressaten an. Nachdem Künstler*innen in existenzielle Not geraten sind, droht nun auch der Veranstalterbranche ein Kahlschlag“

Und weiter:

„Musikfestivals sind ein unverzichtbarer Teil des menschlichen Zusammen- und Kulturlebens. Gemeinsam und gleichrangig mit Konzert- und Opernhäusern, Orchestern und Chören gestalten sie das weltweit bewunderte Musikland Deutschland“

Musikfestivals bringen Kultur auch und vor allem in den ländlichen Raum. Sie ermöglichen damit auch breiteren Publikumskreisen als in den großen Städten die Begegnung mit hochwertigen musikalischen Live- Erlebnissen. Wer jetzt Festivals und Künstler sterben lässt, wird morgen mit kulturell verwaisten Landstrichen bestraft“

An dieser Stelle möchte ich unbedingt einbringen, dass die Deutsche Orchester Stiftung zu Beginn dieser Krise als erste und einzige schnell gehandelt hat.

Sie ist hilfreich für unzählige Freischaffende Künstler eingesprungen und hat Stiftungsgelder gesammelt um an Antragssteller einen einmaligen Betrag von 400 Euro ausbezahlen zu können.

Persönlich und im Namen vieler freischaffender Künstler möchte ich der Deutschen Orchesterstiftung grossen Dank aussprechen.

Liebe Frei Denkende,

Theater, Konzerte und auch der Sport brauchen ein Publikum. Was ist Sport ohne befeuernde Zurufe?

Was ist ein Konzert ohne emotionale Reaktionen, ohne Applaus?

Musik, Theater und Sport sind Ausdruck gelebter Gemeinschaft.

Ich bin Musikerin und nicht Medizinerin oder Virologin oder Epidemiologin.

Ich darf von mir behaupten, dass ich über einengesunden Menschenverstand verfüge und Zusammenhänge erkennen kann.

Gerade als Sängerin habe ich jedes Jahr mit sogenannten Grippevieren zu kämpfen. Ich weiss, wieman sich verhält, dass man mit Erkältungs- Symptomen niemanden umarmt und sich mit Grippe am besten zuhause aufhält.

Ich darf sagen:

Wir können und wollen selbst bestimmen, wie wir mit unserer Gesundheit verantwortungsvoll umgehen.

Wir brauchen die Kultur für unseren sozialen Austausch und unsere seelisch geistige Gesundheit.

Ich wünsche mir, dass wir Künstler überall darauf aufmerksam machen.

Liebe Frei Denkende,

Ich danke für Eure Aufmerksamkeit.

Zum Abschluss ein Zitat von Vaclav Havel, das uns Mut macht weiterhin für die Freiheit und den Frieden, für das Gute, das Wahre und das Schöne gemeinsam einzustehen.

„Die Freiheit ist wie das Meer. Die einzelnen Wogen

vermögen nicht viel, aber die Kraft der Brandung ist

unwiderstehlich“

Vielen Dank,

Iris Benesch

Bild: Unsplash – bruno-cervera-


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