Sensationelles Urteil vom Amtsgericht Weimar zum Thema Masken,Abstände und Schnelltest in Schulen – Beschluss des Amtsgerichts Weimar vom 08.04.2021 (Az.: 9 F 148/21)

Ein sensationelles Urteil scheint vom Amtgerichts Weimar gefällt worden zu sein.

Wir haben das Urteil vorliegen und Werden es zum Download zur Verfügung stellen.

In dem Urteil geht es um Masken in Schulen, Mindestabstände und Schnelltest.

Geklagt hatten mehrere Familien und das Amtgericht gab ihnen nicht nur recht, sondern verbot sowohl Masken als auch Mindestabstände und Schnellstest.

Damit zerstörte das Urteil des Amtsgerichts auch den ganzen von den Mainstream erzeugten Hype um das angeblich so gefährliche Virus und die Test-Pandemie.

Amtsgericht Weimar, Beschluss vom 08.04.2021, Az.: 9 F 148/21

hat das Amtsgericht Weimar durch …

im Wege der einstweiligen Anordnung beschlossen:

  1. Den Leitungen und Lehrern der Schulen der Kinder A, geb. am und B, geboren am     nämlich der Staatlichen Regelschule X, Weimar, und der Staatlichen Grundschule Y, Weimar, sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen wird untersagt, für diese und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler folgendes anzuordnen oder vorzuschreiben:
  1. im Unterricht und auf dem Schulgelände Gesichtsmasken aller Art, insbesondere Mund-Nasen-Bedeckungen, sog. qualifizierte Masken (OP-Maske oder FFP2-Maske) oder andere, zu tragen,
  2. Mindestabstände untereinander oder zu anderen Personen einzuhalten, die über das vor dem Jahr 2020 Gekannte hinausgehen,
  3. an Schnelltests zur Feststellung des Virus SARS-CoV-2 teilzunehmen.
  4. Den Leitungen und Lehrern der Schulen der Kinder A, geb. am ., und B, geboren am . , nämlich der Staatlichen Regelschule X, Weimar, und der Staatlichen Grundschule Y, Weimar, sowie den Vorgesetzten der Schulleitungen wird geboten, für diese und alle weiteren an diesen Schulen unterrichteten Kinder und Schüler den Präsenzunterricht an der Schule aufrechtzuerhalten.
  • Von der Erhebung von Gerichtskosten wird abgesehen. Die beteiligten Kinder tragen keine Kosten. Ihre außergerichtlichen Kosten tragen die Beteiligten selbst.
  1. Die sofortige Wirksamkeit der Entscheidung wird angeordnet.

Gründe

Gliederung: A: Tatbestand

  1. Einleitung
  2. Die für die Kinder in Schulen geltenden Bestimmungen des Freistaats Thüringen zum Maskenzwang
  • Die konkrete Situation der beteiligten Kinder in ihren Schulen
  1. Rechtliche Ausführungen der Mutter der beteiligten Kinder zu den ihren Kindern zustehenden Rechten, auch aus internationalen Konventionen
  2. Rechtliche Hinweise des Gerichts an die Beteiligten und Beweisbeschluss im parallelen Hauptsacheverfahren
  3. Stellungnahme des Verfahrensbeistands
  • Stellungnahme der Weiteren Beteiligten
  • Gutachten Prof. Dr. med. Ines Kappstein
  1. Gutachten Prof. Dr. Christof Kuhbandner
  2. Gutachten Prof. Dr. rer. biol. hum. Ulrike Kämmerer

B: Entscheidungsgründe

  1. Zulässigkeit der Anregung an das Familiengericht
  2. Begründetheit der Anregung an das Familiengericht
  1. Allgemeines
  2. Der fehlende Nutzen des Maskentragens und des Einhaltens von Abstandsvorschriften für die Kinder selbst und Dritte
  3. Die Ungeeignetheit von PCR-Tests und Schnelltests zur Messung des Infektionsgeschehens
  4. Die Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch Schnelltests in den Schulen
  5. Das Recht der Kinder auf Bildung und Schulunterricht
  6. Ergebnis

A: Tatbestand

  1. Einleitung

Für die im Tenor namentlich genannten Kinder hat deren Mutter, die mit dem Vater der Kinder gemeinsam sorgeberechtigt ist, mit Schriftsatz vom 13.03.2021 beim Amtsgericht -Familiengericht – Weimar ein „Kinderschutzverfahren gem. § 1666 Abs. 1 und 4 BGB“ angeregt.

Die Kinder besuchen in Weimar die Staatliche Regelschule X und die Staatliche Grundschule Y, der ältere Sohn im Alter von 14 Jahren die achte Klasse, der jüngere Sohn im Alter von 8 Jahren die dritte Klasse.

Ihre Mutter macht geltend, dass durch den für ihre Kinder in deren Schulen geltenden Zwang, eine Gesichtsmaske zu tragen und untereinander und zu anderen Personen Mindestabstände einzuhalten, das Wohl ihrer Kinder gefährdet sei.

Die Kinder würden physisch, psychisch und pädagogisch geschädigt, ohne dass dem ein Nutzen für die Kinder oder Dritte gegenüberstehe. Dadurch würden zugleich zahlreiche Rechte der Kinder und ihrer Eltern aus Gesetz, Verfassung und internationalen Konventionen verletzt.

Die Schulleitungen und Lehrer sollten nach § 1666 Absatz 4 BGB durch das Gericht

ausdrücklich angewiesen werden, die entsprechenden Anordnungen aufzuheben.

Soweit diese Anordnungen auf Landesvorschriften wie etwa Rechtsverordnungen beruhten,

könnten sich darauf die Schulleitungen und andere nicht berufen, da diese verfassungswidrig

seien.

Die Pflicht in Artikel 100 Absatz 1 Grundgesetz, ein möglicherweise verfassungswidriges Gesetz dem Bundesverfassungsgericht oder einem Landesverfassungsgericht vorzulegen, gelte ausdrücklich nur für förmliche Gesetze des Bundes und der Länder, nicht aber für materielle Gesetze wie Rechtsverordnungen. Über deren Vereinbarkeit mit der Verfassung habe nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend BVerfGE 1, 184 ((195 ff)) jedes Gericht selbst zu entscheiden, so auch schon AG Weimar, Urteil vom 11. Januar 2021 – 6 OWi – 523 Js 202518/20 -, juris.

Soweit eine Entscheidung in der Hauptsache kurzfristig nicht möglich sei, möge das Gericht eine einstweilige Anordnung nach §§ 49 ff FamFG erlassen.

Das Gericht möge darüber hinaus Maßnahmen ergreifen, die eine zukünftige Beachtung der Rechtslage durch die zuständigen staatlichen Stellen sicherstellten.

Dazu solle das Gericht in einem abgetrennten Verfahrensteil gemäß Artikel 100 Abs. 1 Grundgesetz die Sache dem Bundesverfassungsgericht mit der Maßgabe vorlegen, die

Nichtigkeit des Infektionsschutzgesetzes feststellen zu lassen, das sonst zukünftig als Ermächtigungsgrundlage neue Gefährdungen von Kindern verursachen könnte. Das Bundesverfassungsgericht möge gebeten werden, diesen abgetrennten Verfahrensteil mit der Verfassungsbeschwerde des Richters am Landgericht Dr. Pieter Schleiter vom 31.12.2020, Az.: 1 BvR 21/21, unter Bezugnahme auf die dortige eingehende Begründung zu verbinden.

Das Gericht hat daraufhin das hier vorliegende einstweilige Anordnungsverfahren 9 F 148/21 sowie das parallele Hauptsacheverfahren 9 F 147/21 eingeleitet und den Kindern gemäß § 158 FamFG die im Rubrum genannte Rechtsanwältin als Verfahrensbeistand bestellt.

  1. Die für die Kinder in Schulen geltenden Bestimmungen des Freistaats Thüringen zum Maskenzwang

Für die Kinder gelten die Bestimmungen der Allgemeinverfügung vom 31.03.2021 zum Vollzug der Thüringer Verordnung über die Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Kindertageseinrichtungen, der weiteren Jugendhilfe, Schulen und für den Sport (ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO), soweit sie in Nr. 7 das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung und eine qualifizierte Gesichtsmaske anordnet, sowie gegen die von der Allgemeinverfügung zitierten Rechtsverordnungen. Die in Rede stehenden Bestimmungen haben insgesamt folgenden Wortlaut:

1.

Allgemeinverfügung vom 31.03.2021 zum Vollzug der Thüringer Verordnung über die Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Kindertageseinrichtungen, der weiteren Jugendhilfe, Schulen und für den Sport

(ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO)

Allgemeinverfügung

Gemäß § 2 Abs. 2 in Verbindung mit § 15 Satz 1 und § 37 Satz 1 der Thüringer Verordnung über die Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARSCoV-2 in Kindertageseinrichtungen, der weiteren Jugendhilfe, Schulen und für den Sport (ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO) vom 13. Februar 2021 und gemäß § 35 Satz 2 Thüringer Verwaltungsverfahrensgesetz vom 1. Dezember 2014 (GVBl. S. 685) erlässt das Thüringer Ministerium für Bildung, Jugend und Sport (TMBJS) im Benehmen mit dem Thüringer Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie (TMASGFF)

für den Freistaat Thüringen folgende Allgemeinverfügung:

Nr. 7.

Nach § 38 Abs. 5 ThürSARS-CoV-2-KiJuSSp-VO werden Schüler ab dem vollendeten sechsten Lebensjahr und die Lehrkräfte staatlicher Schulen verpflichtet, innerhalb des Schulgebäudes eine qualifizierte Gesichtsmaske nach § 5 Abs. 3 3. ThürSARS-CoV2-SonderEindmaßnVO zu tragen. Für Schüler der Klassenstufen 1 bis 6 reicht die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung nach § 6 Abs. 3 bis 5 2. ThürSARS-CoV-2- IfS-GrundVO aus. Die Verpflichtung zum Tragen einer qualifizierten Gesichtsmaske gilt für Schüler ab der Klassenstufe 7 und für die Lehrkräfte aller staatlichen Schulen in jeder Klassenstufe auch während des Unterrichts.

Die Maskenpflicht für Schülerinnen und Schüler gilt nicht für den Sportunterricht. In regelmäßigen Abständen ist eine Pause vom Tragen der Gesichtsmaske beziehungsweise Mund-Nasen-Bedeckung sicherzustellen, die im Freien oder während der Lüftungspause erfolgen soll. Bei der Essenseinnahme entfällt die Verpflichtung, wobei die Einhaltung eines Mindestabstands von 1,50 m sicherzustellen ist. Über weitere Ausnahmen von der Verpflichtung im Einzelfall entscheidet die Schulleitung nach pflichtgemäßem Ermessen.

2.

Thüringer Verordnung zur Fortschreibung der erforderlichen Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Kindertageseinrichtungen, der weiteren Jugendhilfe, Schulen und für den Sportbetrieb Vom 13. Februar 2021

Aufgrund des § 32 Satz 1 des Infektionsschutzgesetzes (IfSG) vom 20. Juli 2000 (BGBl. I S. 1045), zuletzt geändert durch Artikel 4a des Gesetzes vom 21. Dezember 2020 (BGBl. I S. 3136), in Verbindung mit § 7 Abs. 2 der Thüringer Verordnung zur Regelung von Zuständigkeiten und zur Übertragung von Ermächtigungen nach dem Infektionsschutzgesetz (ThürIfSGZustVO) vom 2. März 2016 (GVBl. S. 155), zuletzt geändert durch Artikel 3 der Verordnung vom 21. September 2020 (GVBl. S. 501), verordnet das Ministerium für Bildung, Jugend und Sport im Einvernehmen mit dem Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie

und aufgrund des § 32 Satz 1 in Verbindung mit den §§ 28, 28a, 29, 30 Abs. 1 Satz 2 und § 31 IfSG in Verbindung mit § 7 Abs. 1 ThürIfSGZustVO verordnet das Ministerium für Arbeit, Soziales, Gesundheit, Frauen und Familie:

Veränderte Präsenz für Schüler während der Phase „Gelb II“

Das Ministerium kann landesweit oder für bestimmte Regionen Maßnahmen zum erhöhten Infektionsschutz nach den §§ 38 bis 40 anordnen. Diese Maßnahmen verändern den Schulbetrieb landesweit oder regional für alle Schüler und schränken den Anspruch auf Förderung nach § 10 Abs. 2 ThürSchulG ein. Die organisatorische Umsetzung vor Ort obliegt den Schulleitungen im Rahmen ihrer fachlichen Verantwortung.

  • 38

Organisation des Präsenzunterrichts während der Phase „Gelb II“

(5) Das Ministerium kann nach § 2 Abs. 2 die Pflicht zum Verwenden einer Mund­NasenBedeckung entsprechend den Vorgaben des § 6 Abs. 3 bis 5 2. ThürSARS-CoV-2-IfSGrundVO beziehungsweise einer qualifizierten Gesichtsmaske im Sinne des § 5 Abs. 3 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO für Schüler ab der Klassenstufe 7 und für alle Lehrkräfte auf den Unterricht ausweiten; § 5 Abs. 2 Satz 2 3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO gilt entsprechend. In regelmäßigen Abständen ist eine Pause von der Verwendung der Mund-Nasen-Bedeckung beziehungsweise der qualifizierten Gesichtsmaske sicherzustellen. Über Ausnahmen von der Verpflichtung nach Satz 1 entscheidet die Schulleitung nach pflichtgemäßem Ermessen.

3.

Dritte Thüringer Verordnung über außerordentliche Sondermaßnahmen zur Eindämmung einer sprunghaften Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Dritte Thüringer SARS-CoV-2-Sondereindämmungsmaßnahmenverordnung -3. ThürSARS-CoV-2-SonderEindmaßnVO-) vom 12.03.2021

Erster Abschnitt Anwendungsvorrang § 1 Anwendungsvorrang

(1)      Ergänzend zu den Bestimmungen der Zweiten Thüringer SARS-CoV-2-
InfektionsschutzGrundverordnung (2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO) vom 7. Juli 2020
(GVBl. S. 349) in der jeweils geltenden Fassung und den Bestimmungen der Thüringer
Verordnung über die Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des
Coronavirus SARS-CoV-2 in Kindertageseinrichtungen, der weiteren Jugendhilfe, Schulen
und für den Sportbetrieb (ThürSARSCoV-2-KiJuSSp-VO) vom 13. Februar 2021 in der
jeweils geltenden Fassung gelten jeweils die Bestimmungen dieser Verordnung.

(2)  Bei Abweichungen haben die Bestimmungen dieser Verordnung Vorrang; insoweit treten
die Bestimmungen der Zweiten Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Grundverordnung

sowie der Thüringer Verordnung über die Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 in Kindertageseinrichtungen, der weiteren Jugendhilfe, Schulen und für den Sportbetrieb zurück.

(3) Weitergehende Anordnungen und Maßnahmen nach § 13 2. ThürSARS-CoV-2-IfSGrundVO bleiben unberührt. Für weitergehende Anordnungen nach Satz 1 ist in den Fällen der §§ 6a und 6b die vorherige Zustimmung der obersten Gesundheitsbehörde einzuholen.

  • 5 Erweiterte Pflicht zur Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung, Gesichtsmaske

(1)   Ergänzend zu § 6 Abs. 1 und 2 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO gilt die Verpflichtung
zur Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung auch

  1. in allen geschlossenen Räumen, die öffentlich zugänglich sind oder bei denen Besuchs­und Kundenverkehr (Publikumsverkehr) besteht,
  2. an allen nach Satz 2 festgelegten und gekennzeichneten Orten mit Publikumsverkehr in Innenstädten und in der Öffentlichkeit unter freiem Himmel, an denen sich Personen entweder auf engem Raum oder nicht nur vorübergehend aufhalten,
  3. vor Einzelhandelsgeschäften und auf Parkplätzen,
  4. bei Versammlungen nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO,
  5. bei Veranstaltungen und Zusammenkünften zu religiösen und weltanschaulichen Zwecken

nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO und

  1. bei Veranstaltungen von politischen Parteien nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3 2.

ThürSARSCoV-2-IfS-GrundVO.

Die zuständigen Behörden nach § 2 Abs. 3 ThürIfSGZustVO legen die Orte nach Satz 1 Nr. 2 fest und kennzeichnen diese. Regelungen zur Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung bleiben für die Einrichtungen und Angebote nach § 1 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 bis 4 ThürSARSCoV-2-KiJuSSp-VO den gesonderten Anordnungen des für Bildung zuständigen Ministeriums vorbehalten.

(2)   Personen ab dem vollendeten 15. Lebensjahr haben anstelle der Mund-Nasen-
Bedeckung eine qualifizierte Gesichtsmaske zu verwenden:

  1. bei Veranstaltungen und Zusammenkünften zu religiösen und weltanschaulichen Zwecken

nach § 8 Abs. 1 Satz 1 Nr. 2 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO,

  1. als Fahrgäste sowie als Kontroll- und Servicepersonal in geschlossenen Fahrzeugen des öffentlichen Personenverkehrs nach § 6 Abs. 1 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO,
  2. als Kunden in Geschäften und Dienstleistungsbetrieben mit Publikumsverkehr oder bei der Inanspruchnahme von Dienstleistungen und Angeboten mit Publikumsverkehr,
  3. während des theoretischen Unterrichts in geschlossenen Räumen der Fahr- und
    Flugschulen, der theoretischen Führer- und Flugscheinprüfung sowie der praktischen

Ausbildung und praktischen Führer- und Flugscheinprüfung in geschlossenen Fahr- und Flugzeugen der Fahr- und Flugschulen,

  1. bei Sitzungen von kommunalen Gremien, Seite 5 von 19 6. als Ärzte oder Therapeuten, jeweils einschließlich deren Personal, sowie als Patienten in Arztpraxen, Praxen von Psycho-und Physiotherapeuten oder sonstigen der medizinischen und therapeutischen Versorgung dienenden ambulanten Einrichtungen, mit Ausnahme in Behandlungsräumen, wenn die Art der Leistung dies nicht zulässt.

Satz 1 gilt für Kinder ab dem vollendeten sechsten bis zum vollendeten 15. Lebensjahr entsprechend mit der Maßgabe, dass die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung nach den Vorgaben des § 6 Abs. 4 2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO ausreichend ist. Darüber hinaus ist jede Person angehalten, insbesondere in geschlossenen Räumen in Situationen, in denen ein engerer oder längerer Kontakt zu anderen Personen unvermeidbar ist, eine qualifizierte Mund-Nasen-Bedeckung zu verwenden. „(3) Qualifizierte Gesichtsmasken im Sinne dieser Verordnung sind:

  1. medizinische Gesichtsmasken oder
  2. Schutzmasken ohne Ausatemventil mit technisch höherwertigem Schutzstandard,
    insbesondere FFP2.

Zulässige qualifizierte Gesichtsmasken nach Satz 1 werden auf der Internetseite des für Gesundheit zuständigen Ministeriums veröffentlicht.

(4) Im Übrigen bleiben die Verpflichtungen zur Bereitstellung und Verwendung von medizinischen Gesichtsmasken oder Atemschutzmasken bei der Arbeit nach § 4 der SARS-CoV-2- Arbeitsschutzverordnung vom 21. Januar 2021 (BAnz AT 22.01.2021 V1) in der jeweils geltenden Fassung unberührt.

4.

Zweite Thüringer Verordnung über grundlegende Infektionsschutzregeln zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus SARS-CoV-2 (Zweite Thüringer SARS-CoV-2-Infektionsschutz-Grundverordnung -2. ThürSARS-CoV-2-IfS-GrundVO-) vom 12.03.2021

  • 6 Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung
  • In geschlossenen Fahrzeugen des öffentlichen Personenverkehrs, insbesondere in Eisenbahnen, Straßenbahnen und Omnibussen, in Taxen, in Reisebussen und in sonstigen Beförderungsmitteln mit Publikumsverkehr sind die Fahrgäste verpflichtet, eine Mund-Nasen­Bedeckung zu verwenden.
  • In Geschäften mit Publikumsverkehr sind die Kunden verpflichtet, eine Mund-Nasen­Bedeckung zu verwenden.

(3)   Abweichend von den Absätzen 1 und 2 gilt die Verpflichtung zur Verwendung einer
Mund-Nasen-Bedeckung nicht für:

  1. Kinder bis zur Vollendung des 6. Lebensjahres,
  2. Personen, denen die Verwendung einer Mund-Nasen-Bedeckung wegen Behinderung oder aus gesundheitlichen oder anderen Gründen nicht möglich oder unzumutbar ist; dies ist in geeigneter Weise glaubhaft zu machen,
  3. Personenmehrheiten nach § 1 Abs. 2 in Reisebussen und sonstigen Beförderungsmitteln nach Absatz 1, sofern sie das Beförderungsmittel ausschließlich für sich nutzen und kein Publikumsverkehr besteht.

(4)     Als Mund-Nasen-Bedeckung können selbst genähte oder selbst hergestellte
Stoffmasken, Schals, Tücher, Hauben und Kopfmasken sowie sonstige Bedeckungen von
Mund und Nase verwendet werden. Die Mund-Nasen-Bedeckung soll eng anliegen und gut
sitzen.

(5)   Das Verbot der Verwendung von verfassungsfeindlichen Kennzeichen und sonstigen
verbotenen Symbolen, insbesondere nach den §§ 86a und 130 des Strafgesetzbuches und
nach den vereinsrechtlichen Vorschriften, bleibt unberührt.

III. Die konkrete Situation der beteiligten Kinder in ihren Schulen

Der ältere Sohn, der Beteiligte zu 1), ist schulpflichtig in Thüringen und besucht im Alter von 14 Jahren die 8. Klasse der Staatlichen Regelschule X in Weimar. Er fällt damit in den Anwendungsbereich der Allgemeinverfügung.

Der Verfahrensbeistand trägt vor, der Beteiligte zu 1) müsse im Schulgebäude und im Klassenraum bis zu seinem Platz eine Maske tragen, danach dürfe er die Maske meist absetzen. Auf dem Schulhof müsse auch Maske getragen werden, wenn der Abstand von 1,50 m nicht eingehalten werden könne. Die Schüler würden fortwährend aufgefordert, den ganzen Tag auch im Unterricht eine qualifizierte Maske zu tragen, obwohl sie noch keine 15 Jahre alt seien.

In der Woche vom 08.03.2021 bis zum 12.03.2021 habe sogar im Sportunterricht eine qualifizierte Maske getragen werden müssen. Nach Aussage des Schulleiters habe das Kind den ganzen Tag die Maske zu tragen.

Seitdem Maskenpflicht bestehe, gehe der Beteiligte zu 1) nicht mehr gern zur Schule. Er habe starke Kopfschmerzen und ihm sei oft übel, wenn er Maske trage. Leichte Infekte, wie Schnupfen, leichter Husten, nähmen zu, wenn er Maske trage. Diese Infekte zögen sich zudem länger hin als sonst. Dem Beteiligten zu 1) sei zwei- bis dreimal in der Woche stark übel, wenn er Maske trage. Kopfschmerzen habe er meist nach der Schule und am Ende

des Unterrichtstages, dann aber so stark, dass er sich fast übergeben müsse vor Schmerzen.

Der Beteiligte zu 1) habe am 22.03.2021 ein Maskenattest vorgelegt. Daraufhin sei er von seiner Lehrerin diskriminiert und beleidigt worden. Er habe sich in die hintere Ecke des Unterrichtsraumes setzen müssen und sei nicht mehr mit Namen angeredet worden, sondern nur noch mit „Du ohne Maske“. Am 23.03.2021 habe daraufhin der Schulleiter die Eltern des Beteiligten zu 1) angerufen. Er habe ihnen mitgeteilt, dass das Attest des Beteiligten zu 1) zwar zur Kenntnis genommen worden sei, ihn aber in der Schule nicht von der Maskenpflicht befreie. Die Erteilung einer Maskenbefreiung obliege dem Schulleiter, so der Schulleiter weiter. Nach Aussage des Schulleiters könne ein Arzt den Beteiligten zu 1) nicht befreien, nur dem Schulleiter obliege es, dies zu tun. Nach dem Schulleiter müssten alle Schüler ab der 7. Klasse eine sogenannte qualifizierte Maske tragen. Rein tatsächlich würden aber im Unterricht oft die Masken nicht getragen, dies seien dann die Maskenpausen.

Der Beteiligte zu 1) müsse auf dem Schulhof in der Pause eine Maske tragen oder Abstand einhalten, es dürfe keinen direkten Kontakt geben. Er finde dies nicht so toll, da das die einzige Zeit sei, in der er sich mit seinen Mitschülern unterhalten könne. Eine Gefährdungsbeurteilung erfolge nicht.

Die Lehrer achteten nicht auf eine korrekte Handhabung der Maske oder das Wechseln bei Durchfeuchtung der Maske. Die Lehrer erklärten zudem gar nichts zum Maskentragen.

Der jüngere Sohn, der Beteiligte zu 2), ist schulpflichtig in Thüringen und besucht im Alter von 8 Jahren die 3. Klasse der Staatlichen Grundschule Y in Weimar. Er fällt damit in den Anwendungsbereich der Allgemeinverfügung.

Der Verfahrensbeistand trägt vor, der Beteiligte zu 2) müsse eine Stoffmaske/einen Schlauchschal im Schulgebäude und im Klassenraum bis zu seinem Platz tragen. Auf dem Weg zum Mittagessen und im Essenssaal müsse ebenfalls eine Maske getragen werden, bis der Beteiligte zu 2) mit seinem Essen am Tisch sitze. Dabei werde ihm eine Essenszeit von 15 Minuten eingeräumt, ein Essen in Ruhe sei ihm nicht gestattet. In den Horträumen sollten die Kinder auch Maske tragen, daher gehe die Hortnerin viel raus, um die Maskenzeiten zu verringern.

Im Unterricht müssten derzeit keine Masken getragen werden, dies seien die Maskenpausen.

Der Beteiligte zu 2) gehe seit der Pflicht zum Tragen der Maske nicht mehr gern in die Schule. Er habe vermehrt Kopfschmerzen, teilweise mit Übelkeit. Zudem habe der Beteiligte zu 2) oft Bauchschmerzen. Zu starken Kopfschmerzen und Übelkeit komme es ca. ein- bis zweimal pro Woche. Bauchschmerzen habe der Beteiligte zu 2) ca. viermal im Monat, dann

aber auch mit Erbrechen. Der Beteiligte zu 2) habe Kopfschmerzen und Unwohlsein in zeitlichem Zusammenhang mit dem Tragen der Maske, Bauchschmerzen habe er meist nachts. Er weine im Schlaf und schlafe sehr unruhig. In der Schule traue sich der Beteiligte zu 2) nicht, etwas zu sagen, wenn es ihm schlecht gehe.

Mit der Schulleitung sei nicht über die Probleme gesprochen worden, weil die Eltern Angst vor Repressalien ihrem Kind gegenüber hätten und es hätten schützen wollen. Eine Gefährdungsbeurteilung erfolge nicht. Die Lehrer achteten nicht auf eine korrekte Handhabung der Maske oder das Wechseln bei Durchfeuchtung der Maske. Die Lehrer erklärten zudem gar nichts zum Maskentragen.

Der Beteiligte zu 2) sei zudem bereits von einer anderen Lehrerin angeschnauzt worden, er solle keinen Schlauchschal tragen, sondern eine richtige Maske. Der Beteiligte zu 2) sei daraufhin derart verstört, dass er nunmehr ungern in die Schule gehe.

  1. Rechtliche Ausführungen der Mutter der beteiligten Kinder zu den ihren Kindern zustehenden Rechten, auch aus internationalen Konventionen

Im Einzelnen führt die Mutter der Kinder aus, Kinder seien unabhängig von ihrem Alter Träger von Grundrechten auf körperliche Unversehrtheit (seelisch, geistig, psychisch), freie Entfaltung der Persönlichkeit, Achtung der Menschenwürde, also gewaltfreie Erziehung u.a., Betreuung und Erziehung durch ihre Eltern u.a.m.

Eingriffe in diese Grundrechte – gleichgültig ob durch Privatpersonen oder Amtsträger verursacht – könnten nicht anders bewertet werden als eine objektive Gefährdung des „Kindeswohls“ i.S.d. §§ 1666 BGB, 157 FamFG.

Die schulinterne Anordnung des Maskentragens und der Wahrung räumlicher Distanz zu anderen Personen verletzten ebenso wie die dafür zugrundeliegende Eindämmungsverordnung des Freistaates Thüringen konkret Grundrechte ihrer und anderer Kindern insbesondere aus

  • 1 GG: Achtung der Menschenwürde;
  • Art 2 GG: auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und körperliche Unversehrtheit;
  • Art 6 GG: auf Erziehung und Betreuung durch die Eltern (auch im Hinblick auf Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge und von Kindern zu tragender „Gegenstände“).

Darüber hinaus seien Kindesrechte und Schutzansprüche der Kinder aus internationalen Konventionen konkret verletzt;

aus der UN-Konvention über die Rechte des Kindes insbesondere

Art. 3 – Kindeswohl ist bei allen Maßnahmen vorrangig zu berücksichtigen;

Art 16 – Verbot willkürlicher oder rechtswidriger Eingriffe in das Privatleben, seiner

Familie, seiner Wohnung;

Art 16 Abs. 2 – auf Rechtsschutz gegen Übergriffe; Art 19 – auf Schutz vor körperlicher, geistiger Gewalt;

Art. 28 Abs. 2, 29 Abs. 1 – Beschulung unter Achtung der Menschenwürde des Kindes,

Einhaltung konkreter Ziele von Beschulung;

Art 37a – Verbot der Folter, erniedrigender Behandlung;

Art 37 d – besonderer Rechtsschutz bei Freiheitsentziehung;

aus dem Übereinkommens gegen Folter und andere grausame, unmenschliche oder erniedrigende Behandlung oder Strafe vom 10.12.1984 (BGBl. 1990 II S. 246):

Art. 1

(1) Im Sinne dieses Übereinkommens bezeichnet der Ausdruck „Folter“ jede Handlung, durch die einer Person vorsätzlich große körperliche oder seelische Schmerzen oder Leiden zugefügt werden, …

Art. 2

(1)    Jeder Vertragsstaat trifft wirksame gesetzgeberische, verwaltungsmäßige,
gerichtliche oder sonstige Maßnahmen, um Folterungen in allen seiner Hoheitsgewalt
unterstehenden Gebieten zu verhindern.

  • Außergewöhnliche Umstände gleich welcher Art, sei es Krieg oder Kriegsgefahr, innenpolitische Instabilität oder ein sonstiger öffentlicher Notstand, dürfen nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden.
  • Eine von einem Vorgesetzten oder einem Träger öffentlicher Gewalt erteilte Weisung darf nicht als Rechtfertigung für Folter geltend gemacht werden.

Art. 4

  • Jeder Vertragsstaat trägt dafür Sorge, dass nach seinem Strafrecht alle Folterhandlungen als Straftaten gelten. Das gleiche gilt für versuchte Folterung und für von irgendeiner Person begangene Handlungen, die eine Mittäterschaft oder Teilnahme an einer Folterung darstellen.
  • Jeder Vertragsstaat bedroht diese Straftaten mit angemessenen Strafen, welche die Schwere der Tat berücksichtigen.

Art. 5

(1) Jeder Vertragsstaat trifft die notwendigen Maßnahmen, um seine Gerichtsbarkeit über die in Art. 4 genannten Straftaten in folgenden Fällen zu begründen;

aus der Europäischen Menschenrechtskonvention

Art. 8

  • Jede Person hat das Recht auf Achtung ihres Privat- und Familienlebens, ihrer Wohnung und ihrer Korrespondenz.
  • Eine Behörde darf in die Ausübung dieses Rechtes nur eingreifen, soweit der Eingriff gesetzlich vorgesehen und in einer demokratischen Gesellschaft notwendig ist für die nationale oder öffentliche Sicherheit, für das wirtschaftliche Wohl des Landes, zur Aufrechterhaltung der Ordnung, zur Verhütung von Straftaten, zum Schutz der Gesundheit oder der Moral oder zum Schutz der Rechte und Freiheiten anderer;

durch Überschreitung der im Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte vom 19.12.1966 (BGBl 1973 II 1553) festgelegten Grenzen: Art 4

  • im Falle eines öffentlichen Notstandes, der das Leben der Nation bedroht und

der amtlich verkündet ist, können die Vertragsstaaten Maßnahmen ergreifen, die ihre Verpflichtungen aus diesem Pakt in dem Umfang, den die Lage unbedingt erfordert, außer Kraft setzen, vorausgesetzt, dass diese Maßnahmen ihren sonstigen völkerrechtlichen Verpflichtungen nicht zuwiderlaufen und keine Diskriminierung allein wegen der Rasse, der Hautfarbe, des Geschlechts, der Sprache, der Religion oder der sozialen Herkunft enthalten.

  • Aufgrund der vorstehenden Bestimmung dürfen die Art. 6, 7, 8 (Absätze 1 und 2), 11, 15, 16 und 18 nicht außer Kraft gesetzt werden.
  • Jeder Vertragsstaat, der das Recht, Verpflichtungen außer Kraft zu setzen, ausübt, hat den übrigen Vertragsstaaten durch Vermittlung des Generalsekretärs der Vereinten Nationen unverzüglich mitzuteilen, welche Bestimmungen er außer Kraft gesetzt hat und welche Gründe ihn dazu veranlasst haben. Auf demselben Wege ist durch eine weitere Mitteilung der Zeitpunkt anzugeben, in dem eine solche Maßnahme endet.

Zu den persönlichen Freiheitsrechten vergleiche z B Art. 9, 12. Art. 17

  • Niemand darf willkürlichen oder rechtswidrigen Eingriffen in sein Privatleben, seine Familie, seine Wohnung und seinen Schriftverkehr oder rechtswidrigen Beeinträchtigungen seiner Ehre und seines Rufes ausgesetzt werden.
  • Jedermann hat Anspruch auf rechtlichen Schutz gegen solche Eingriffe oder Beeinträchtigungen.

Das Familiengericht sei verpflichtet, von Amts wegen Maßnahmen zur Beendigung weiterer rechtswidriger Verletzung dieser dem Kind zu gewährleistenden Rechte zu treffen.

Ein Eingriff in diese Rechte des Kindes aus Grundgesetz und internationalen Konventionen könne unabhängig davon, von wem der Eingriff ausgehe, nicht anders bewertet werden als eine objektive Gefährdung des „Kindeswohls“ i.S.d. §§ 1666 BGB, 157 FamFG.

Wenn das Gesetz nicht zuletzt aufgrund Art. 2, 1 und 6 GG in § 1631 Abs. 2 BGB Eltern bestimmte Erziehungsformen verbiete und dies u.a. in §§ 223 ff, 171 StGB unter Strafe stelle, könne eine gleichartige Behandlung nicht rechtens sein, nur weil sie durch oder im Auftrag staatlicher Funktionsträger vorgenommen werde. Dies werde nicht zuletzt auch durch die Verschärfung der Strafandrohung bei Rechtsverletzung durch Amtsträger unterstrichen.

Bedürfe danach jede Einschränkung der besonderen Rechte des Kindes ob aus Grundgesetz oder internationalen Konventionen der besonderen Rechtfertigung, so unterliege sie in jedem einzelnen Bereich dem verfassungsrechtlichen Gebot der Verhältnismäßigkeit.

Insofern müsse auch hier gelten, was das Bundesverfassungsgericht und der Bundesgerichtshof zur Zulässigkeit einer Trennung eines Kindes von seinen Eltern ausgeführt hätten:

BVerfG v. 24.3.2014 – 1BvR 160/14 – ZKJ 2014, S. 242 ff:

Es lässt sich nicht mit hinreichender Sicherheit feststellen, dass die Trennung der Kinder geeignet ist, die von den Gerichten angenommenen Gefahren zu beseitigen oder abzumildern. Zwar wäre die Trennung grundsätzlich geeignet, die nach Ansicht der Gerichte bei der Mutter für die Kinder bestehenden Gefahren zu beseitigen. Allerdings ruft die Trennung des Kindes von den Eltern regelmäßig eigenständige Belastungen hervor, weil das Kind unter der Trennung selbst dann leiden kann, wenn sein Wohl bei den Eltern nicht gesichert war. Eine Maßnahme

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kann nicht ohne weiteres als zur Wahrung des Kindeswohls geeignet gelten, wenn sie ihrerseits nachteilige Folgen für das Kindeswohl haben kann. Solche negativen Folgen einer Trennung des Kindes von seinen Eltern und einer Fremdunterbringung sind zu berücksichtigen (vgl….) und müssten durch die Beseitigung der festgestellten Gefahr aufgewogen werden, so dass sich die Situation des Kindes in der Gesamtbetrachtung verbessern würde (vgl. BGHXIIZB 247/11 v. 26.10.2011) (S. 244,245)

Aus der BGH-Entscheidung v. 26.10.2011 – Az:12 ZB 247/11= ZKJ 2012, 107 ff: … An der Eignung fehlt es nicht nur, wenn die Maßnahme die Gefährdung des Kindeswohls nicht beseitigen kann. Vielmehr ist die Maßnahme auch dann ungeeignet, wenn sie mit anderweitigen Beeinträchtigungen des Kindeswohls einhergeht und diese durch die Beseitigung der festgestellten Gefahr nicht aufgewogen

werden. ungeeignet, wenn sie in anderen Belangen des Kindeswohls wiederum

eine

Gefährdungslage schafft und deswegen in der Gesamtbetrachtung zu keiner Verbesserung der Situation des gefährdeten Kindes führt. (ZKJ S. 109)

Nach diesen Grundsätzen sei ein Eingriff nur zulässig, wenn vor einer Einschränkung der Grundrechte des Kindes unabhängig von den abzuwendenden Gefahren für das Kind (oder andere) eine konkrete Abwägung mit den möglichen Gefährdungen des Kindes erfolgt sei, die durch die zur Abwehr konkret erfolgten Anordnungen und ausführende Maßnahmen drohten.

Maßnahmen hätten zu unterbleiben, wenn keine konkreten Feststellungen vorlägen, aus denen sich ein rechtlich beachtliches Übergewicht der abzuwendenden Gefahren ergebe.

Von einer Berechtigung zur Grundrechtseinschränkung könne danach nicht ausgegangen werden.

Es fehle sowohl an einer nachvollziehbaren Feststellung bestehender konkreter Gefahren für höherwertige Rechtsgüter anderer durch Kinder (vgl. dazu z. B. Reiss, Bhakdi: Corona Fehlalarm? GOLDEGG 2020) als auch an einer konkreten Feststellung der durch die Maßnahmen selbst für die betroffenen Kinder zu erwartenden Gefährdungen wie an einer konkreten Abwägung zwischen beiden.

Wegen der weiteren Einzelheiten der Anregung wird auf den Schriftsatz vom 13.03.2021 verwiesen.

  1. Rechtliche Hinweise des Gerichts an die Beteiligten und Beweisbeschluss im parallelen Hauptsacheverfahren

Das Gericht hat am 16.03.2021 ausführliche rechtliche Hinweise erteilt und diese am 25.03.2021 aktualisiert. Der Freistaat Thüringen sowie die Leitungen der von den Kindern besuchten Schulen wurden am Verfahren beteiligt.

Der Freistaat Thüringen und die beteiligten Schulleitungen wurden mit den rechtlichen Hinweisen aufgefordert, zu allen in der Anregung zu diesem Verfahren aufgeworfenen Fragen und darüber hinaus auch zu den nachfolgend aufgeführten Fragen eingehend Stellung zu nehmen, die in der aktualisierten Fassung vom 25.03.2021 folgende Form hatten:

„In der Stellungnahme sollen zu allen Fragen für alle tatsächlichen Behauptungen die wissenschaftlichen Evidenzen angegeben und mit der Angabe zugänglicher Quellen belegt werden.

  1. Welche Ziele verfolgt der Freistaat Thüringen mit den Maßnahmen insbesondere der Maskenpflicht von Schülern und den für sie geltenden Abstandsvorschriften genau?
  2. Ist der Nutzen dieser Maßnahmen in Bezug auf die Ausbreitung mit dem Virus SARS-CoV-2 evidenzbasiert nachgewiesen?
  3. Wurden die möglichen physischen Auswirkungen insbesondere der Maskenpflicht, aber auch der Abstandsvorschriften für Kinder evidenzbasiert geprüft, insbesondere auch hinsichtlich des unterschiedlichen Atemvolumens von Erwachsenen und Kindern? Zu welchen Ergebnissen aufgrund welcher Studien und Quellen ist der Freistaat Thüringen dabei gelangt?
  4. Wurden die möglichen psychischen Auswirkungen insbesondere der Maskenpflicht, aber auch der Abstandsvorschriften für Kinder evidenzbasiert geprüft? Wurden dabei die möglichen Folgen aufgrund von Möglichkeiten zu nur reduzierter Kommunikation, mögliche Gefahren durch verzerrte Wahrnehmung der Mimik und von Emotionen und mögliche Gefahren für die psychosoziale Entwicklung geprüft? Zu welchen Ergebnissen aufgrund welcher Studien und Quellen ist der Freistaat Thüringen dabei gelangt?
  5. Wurde die Verhältnismäßigkeit der Maßnahmen hinsichtlich des Nutzens (sowohl für die Schulkinder selbst als auch für Dritte) gegenüber den möglichen negativen Auswirkungen für die Schulkinder und Dritte geprüft und nachvollziehbar bewertet?
  6. Wie wird das Infektionsgeschehen mit dem Virus SARS-CoV-2 ermittelt?

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  1. Soweit dazu der RT-q-PCR-Test verwendet wird: Welcher Test oder welche Tests (Hersteller/Testname) wird/werden in Thüringen in den Laboren durchgeführt? Wie sind die Labore akkreditiert, die den Test durchführen? Welche Testkontrollen werden verwendet? Wie überwachen die Behörden die Zuverlässigkeit der Testdurchführung? Werden regelmäßig unabhängige Ringversuche durchgeführt?
  2. Wie viele Genabschnitte und welche wurden und werden bei dem RT-q-PCR-Test in Thüringen untersucht? Bis zu welchen Amplifikations-/Verdoppelungsschritten (ct-Wert) wurde und wird der Test in Thüringen als „positiv“ bewertet?
  3. Ist der RT-q-PCR-Test in der Lage, ein vermehrungsfähiges und weitergabefähiges Virus SARS-CoV-2 nachzuweisen?
  4. Welche Sensitivität und welche Spezifität weisen die verwendeten RT-q-PCR-Tests auf? Soweit bekannt, wurden diese Parameter in der Praxis durch eine deutsche Institution bisher nur einmal nach für einen Ringversuch anerkanntem Testdesign ermittelt, nämlich durch INSTAND, einer Gesellschaft zur Förderung der Qualitätssicherung in medizinischen Laboratorien e.V., die u.a. mit der WHO zusammenarbeitet. Diese kommt in ihrem 51-seitigen „Kommentar zum Extra Ringversuch Gruppe 340 Virusgenom-Nachweis-SARS-CoV-2″ von Prof. Dr. Heinz Zeichhardt, Charite – Universitätsmedizin Berlin, und Dr. Martin Kammel – in Kooperation mit der Charite, Universitätsmedizin Berlin, Institut für Virologie, dem Nationalen Konsiliarlaboratorium für Coronaviren Prof. Dr. Christian Drosten, Dr. Victor M. Corman u.a. – vom 2.5.2020, aktualisiert am 3.6.2020, hinsichtlich der Spezifität des PCR-Tests auf eine Falsch-positiv-Rate zwischen 1,4 % und 2,2 %; dabei sind die „Ausreißer“ durch Vertauschungen bereits herausgerechnet. Wird diese Falsch-positiv-Rate bei der Berechnung der „Inzidenzen“ berücksichtigt? (Anmerkung hierzu: Es gibt einen weiteren Ringversuch von Instand e.V., der im Juni/Juli 2020 begonnen wurde, dessen Ergebnisse aber nicht öffentlich zugänglich sind.)

Was bleibt bei Einberechnung dieser Falsch-positiv-Rate zwischen 1,4 und 2,2 % -dies möge verbal und rechnerisch dargestellt werden – unter Annahme realistischer Prävalenzen von den derzeit für Thüringen gemeldeten „Inzidenzen“ noch übrig? https://www.instand-ev.de/ringversuche-online/ringversuche-service.html#rvp//340/-2020/

  1. Was genau wird unter „Inzidenz“ verstanden? Soweit gerichtsbekannt, meint dieser Begriff das Auftreten von Neuerkrankungen in einer (immer wieder getesteten) definierten Personengruppe in einem definierten Zeitraum, während nach dem Gericht vorliegenden Informationen den durchgeführten Testungen tatsächlich

undefinierte Personengruppen in undefinierten Zeiträumen zugrunde liegen, womit die sog. „Inzidenzen“ lediglich schlichte Melderaten wären. Falls dem so ist: Wie wirkt sich das auf die Aussagekraft der Testungen hinsichtlich des Infektionsgeschehens aus?

  1. Wird bei der Anwendung des RT-q-PCR-Tests die WHO Information Notice for IVD Users 2020/05 beachtet? Danach muss, soweit das Testresultat nicht mit dem klinischen Befund eines Untersuchten übereinstimmt, eine neue Probe genommen und eine weitere Untersuchung vorgenommen sowie Differentialdiagnostik betrieben werden; nur dann kann nach diesen Vorgaben ein positiver Test gezählt werden. https://www.who.int/news/item/20-01-2021-who-information-notice-for-ivd-users-2020-05
  2. Wird sichergestellt, dass mehrfach getestete Personen nicht jedes Mal als neuer „Fall“ gezählt werden? Wie geschieht dies ggfls.?
  3. Wie wirkt sich die zusätzliche Einführung von Schnelltests auf die Ermittlung des Infektionsgeschehens aus? Werden die negativ Getesteten in den Schnelltests ebenfalls zahlenmäßig erfasst? Wie wird sichergestellt, dass die Kombination aus positivem Schnelltest und negativem RT-q-PCR-Test dann nicht als „positiv“ in den Statistiken auftaucht bzw. bei beiden Tests „positiv“ nur einmal als „positiv“ gewertet wird (analog zu Frage 13)? Werden für die Ermittlung einer realistischen Infektionsquote auch die beim Schnelltest negativ Getesteten einbezogen?
  4. Geht der Weitere Beteiligte davon aus, dass asymptomatisch positiv Getestete ansteckend sein, also das Virus SARS-CoV-2 weitergeben können? Bejahendenfalls wird gebeten, dies zu quantifizieren und die wissenschaftlichen Belege dafür zu benennen. Wird dabei auch die am 20.11.2020 publizierte Studie aus Wuhan, China, mit etwa 10 Millionen Teilnehmern beachtet? Die Forscher dieser Studie kamen zu dem Ergebnis, dass die Entdeckungsrate asymptomatischer positiver Fälle in Wuhan nach der zuvor durchgeführten Abriegelung mit 0,303/10.000 sehr niedrig war und es keine Hinweise darauf gibt, dass die identifizierten asymptomatischen positiven Fälle überhaupt infektiös waren. https://www.nature.com/articles/s41467-020-19802-w
  5. Geht der Weitere Beteiligte davon aus, dass präsymptomatisch positiv Getestete ansteckend sein, also das Virus SARS-CoV-2 weitergeben können? Bejahendenfalls wird gebeten, dies zu quantifizieren.
  6. Wie hoch ist die Infektiosität symptomatisch positiv Getesteter?
  7. Wird derzeit noch bei Testungen nach anderen Viren, beispielsweise Influenza, gesucht und auch darauf getestet?“

Mit Beschluss ebenfalls vom 25.03.2021 im parallelen Hauptsacheverfahren 9 F 147/21 wurde eine Beweiserhebung angeordnet. Zu den Beweisfragen hat der Beschluss folgenden

Inhalt:

„Es soll zu den nachfolgend unter I. angeführten Fragen Beweis erhoben werden durch Einholung schriftlicher Sachverständigengutachten.

In die Begutachtung sollen ausdrücklich die in den aktualisierten rechtlichen Hinweisen des Gerichts vom 25.03.2021 aufgeworfenen Fragen mit einbezogen werden.

  1. Es soll Beweis erhoben werden über folgende Fragen:
  2. Kann das Tragen von Gesichtsmasken unterschiedlicher Art das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (nennenswert) senken? Dabei soll zwischen Kindern im Besonderen und Erwachsenen im Allgemeinen und zwischen asymptomatischen, präsymptomatischen und symptomatischen Menschen unterschieden werden.
  3. Welche Schäden physischer, psychischer und pädagogischer Art können durch das Tragen von Masken insbesondere bei Kindern entstehen?
  4. Besteht überhaupt ein Infektionsrisiko, das durch das Tragen von Gesichtsmasken (oder andere Maßnahmen) abgesenkt werden könnte?
  5. Kann durch die Einhaltung von Abstandsvorschriften das Infektionsrisiko insbesondere bei Kindern abgesenkt werden?
  6. Bieten Kinder möglicherweise sogar eine „Schutzfunktion“ vor der Verbreitung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in dem Sinne, dass sie die Verbreitung des Virus eher abbremsen und vor schweren Covid-19-Erkrankungen eher schützen?
  7. Welches methodische Niveau und ggfls. welche methodischen Mängel weisen existierende Studien zum Infektionsgeschehen an Schulen und zu der Wirksamkeit von Maßnahmen wie Maskentragen und Abstandhalten an Schulen auf?
  8. Welche Aussagekraft zur Erkennbarkeit einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 liefern der RT-q-PCR-Test und die derzeit verwendeten Schnelltests?“

Zu Gutachtern für die Fragen zu – 6. wurden Frau Prof. Dr. med. Ines Kappstein und Herr Prof. Dr. Christof Kuhbandner bestellt. Zur Gutachterin für die Frage I.7. wurde Frau Prof. Dr. rer. biol. hum. Ulrike Kämmerer bestellt.

Prof. Dr. med. Ines Kappstein, Hygienikerin, ist Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin. Ihre Habilitation erfolgte im Fach Krankenhaushygiene. Von 1998 bis 2006 war sie im Klinikum rechts der Isar der TU München tätig. Von 2006 bis 2016 war sie Chefärztin der Abteilung Krankenhaushygiene an den Kliniken Südostbayern AG der Landkreise Traunstein und Berchtesgadener Land. Seit 2017 betreut sie mehrere Akut-, Fach- und Reha-Kliniken in selbständiger Tätigkeit.

Prof. Dr. Christof Kuhbandner ist Professor für Psychologie, Lehrstuhlinhaber des Lehrstuhls für Pädagogische Psychologie an der Universität Regensburg und Experte im Bereich wissenschaftlicher Methoden und Diagnostik.

Prof. Dr. rer. biol. hum. Ulrike Kämmerer vertritt am Universitätsklinikum Würzburg, Frauenklinik, insbesondere die Schwerpunkte Humanbiologie, Immunologie und Zellbiologie.

  1. Stellungnahme des Verfahrensbeistands

Die als Verfahrensbeistand eingesetzte Rechtsanwältin hat mit Schriftsatz vom 06.04.2021 auf fast 170 Seiten umfangreich zu allen tatsächlichen und rechtlichen Fragen eingehend Stellung genommen. Darauf wird wegen der weiteren Einzelheiten verwiesen.

  • Stellungnahme der Weiteren Beteiligten

Eine Stellungnahme des Freistaats Thüringen und der Schulen der Kinder ist innerhalb der gesetzten Frist im hier vorliegenden einstweiligen Anordnungsverfahren nicht erfolgt.

VIII. Gutachten Prof. Dr. med. Ines Kappstein

Prof. Dr. med. Ines Kappstein, Hygienikerin, ist Fachärztin für Mikrobiologie, Virologie und Infektionsepidemiologie sowie Fachärztin für Hygiene und Umweltmedizin. Ihre Habilitation erfolgte im Fach Krankenhaushygiene. Von 1998 bis 2006 war sie im Klinikum rechts der Isar der TU München tätig. Von 2006 bis 2016 war sie Chefärztin der Abteilung Krankenhaushygiene an den Kliniken Südostbayern AG der Landkreise Traunstein und

Berchtesgadener Land. Seit 2017 betreut sie mehrere Akut-, Fach- und Reha-Kliniken in selbständiger Tätigkeit.

Die Gutachterin hat ihr Gutachten, das hier vollständig eingefügt wird, wie folgt erstattet:

Zu den Beweisfragen werde ich Stellung nehmen, soweit ich sie von meinem fachlichen Hintergrund des Infektionsschutzes – unter besonderer Berücksichtigung der Übertragung von Infektionserregern sowie der Entstehung von Infektionen – behandeln kann. Dies trifft auf die Fragen 1. und 3., die zusammengefasst in Teil A., Teil B. und Teil C. des Gutachtens beantwortet werden, sowie auf die Frage 4. zu.

Die Ziffern [ ] beziehen sich auf die Liste der Referenzen (in der Reihenfolge, wie sie im Text erscheinen).

Zum leichteren Verständnis des Gutachtens möchte ich einige Informationen vorausschicken:

  1. Für die Tätigkeit in der Krankenhaushygiene (= Prävention von Infektionen im Zusammenhang mit der medizinischen Versorgung von Patienten, sog. nosokomiale oder krankenhauserworbene Infektionen) muss man Kenntnisse über die Übertragungswege von Infektionserregern haben, aus denen sich die im Einzelfall erforderlichen Infektionsschutzmaßnahmen (sog. Hygienemaßnahmen) ableiten lassen. Die Händehygiene (in aller Regel als Händedesinfektion) spielt dabei die größte Rolle. Masken (als sog. OP-Maske = chirurgische Maske) sind außerhalb der OP-Abteilung bisher vergleichsweise selten zum Einsatz gekommen und dann nur punktuell bei nahen vis-ä-vis-Kontakten bei Patienten mit respiratorischen Infektionen. FFP-Masken (i.d.R. als FFP2-Masken) wurden fast ausschließlich bei Betreten des Zimmers von Patienten mit offener Tuberkulose der Atemwege eingesetzt (oder auch bei der Bronchoskopie von Patienten mit Verdacht auf Tuberkulose).
  2. Die Übertragungswege von Infektionserregern lassen sich als kurze Übersicht folgendermaßen darstellen (weitere Ausführungen dazu folgen im Verlauf des Gutachtens):

(a) Kontakt. (1) Erregerübertragung durch direkten Kontakt (= Körperkontakt) einer infizierten mit einer nicht-infizierten Person. (2) Erregerübertragung durch indirekten Kontakt über gemeinsam genutzte Gegenstände oder Oberflächen, mit denen zuvor eine infizierte Person Kontakt hatte oder die mit infektiösem Material einer infizierten Person kontaminiert wurden und die anschließend von einer nicht-infizierten Person benutzt werden.

Sowohl bei direktem als auch bei indirektem Kontakt gelangen die Erreger primär meist nur an die Haut der (noch) nicht-infizierten Kontaktperson, insbesondere an die Hände. Respiratorische Viren müssen anschließend an ihre Eintrittspforten im Bereich der Schleimhäute der oberen Atemwege (Augen, Nase, Mund) gebracht werden. Dies geschieht in der Regel über häufige und meist nicht bewusste eigene Hand­Gesichtskontakte. Vermutlich ist i.d.R. eine schnelle Abfolge der verschiedenen Schritte erforderlich, damit es zu einer effektiven Übertragung infektionstüchtiger Erreger mit nachfolgender Infektion der Kontaktperson kommen kann. Solche Kontakte zeichnen das Zusammenleben von Menschen besonders im privaten, aber auch, wenngleich weniger, im öffentlichen Bereich aus. Immer dann, wenn mehrere Menschen auf engem Raum über längere Zeit zusammen sind (z.B. Pausengespräche unter Kollegen, Feiern),

müssen direkter und indirekter Kontakt sowie Tröpfchen (siehe unten) als Übertragungswege in Betracht gezogen werden.

  • Tröpfchen. Spezielle Form der Kontaktübertragung durch Tröpfchen (> 5 um im Durchmesser) respiratorischen Sekrets bei nahem vis-ä-vis-Kontakt (< 1 – 2 m) mit einer Dauer von mindestens 15 min zwischen einer infizierten und einer nicht-infizierten Person.

Es geht z.B. um Situationen, in denen sich zwei Personen in einem Abstand von weniger als 1 – 2 m vis-ä-vis = face-to-face oder von (An-)Gesicht zu (An-)Gesicht gegenüberstehen und miteinander reden. Dabei ist es prinzipiell möglich, dass die beim Sprechen von der infizierten Person freigesetzten respiratorischen Tröpfchen auf die Schleimhäute des Gesichts der gegenüberstehenden und (noch) nicht infizierten Person (Auge, Nase, Mund) treffen, dass also auf diesem Weg die Erreger übertragen werden.

Kontaktübertragung und Tröpfchenübertragung gelten seit Jahrzehnten vorwiegend auf der Basis epidemiologischer Untersuchungen als die entscheidenden Übertragungswege für respiratorische Erreger.

  • Inhalation frei in der Luft schwebender infektiöser Partikel (< 5 um im Durchmesser)

Eine Erregerübertragung durch die Luft (aerogene Übertragung) galt bisher nur bei der Tuberkulose der Atemwege (Lunge, Kehlkopf) als bedeutsam und ist bei der Tuberkulose sogar der einzige natürliche Übertragungsweg, aber auch nur dann, wenn die infizierte Person eine sog. offene Tuberkulose der Atemwege hat, wobei es zur Freisetzung der Tuberkel-Bakterien über die Ausatemluft der infizierten Person kommt. Die dadurch mit den Erregern der Tuberkulose kontaminierte Luft des Raumes wird von gleichzeitig anwesenden Personen inhaliert (oder von Personen, die den Raum erst betreten, nachdem die infizierte Person ihn wieder verlassen hat). In der Luft schwebende Tuberkel-Bakterien können bis in die Alveolen (= Lungenbläschen) vordringen, und genau dort müssen diese Erreger hingelangen, um überhaupt eine Tuberkulose auslösen zu können. Ob aber andere Personen, die diese Raumluft atmen, den für das Zustandekommen einer Infektion erforderlichen Erregerkontakt haben, hängt u.a. von der Größe des Raumes und damit von seinem Luftvolumen, von der Belüftung des Raumes und damit von der Verdünnung des Erregers in der Luft und nicht zuletzt auch von der Menge des Erregers ab, die die infizierte Person z.B. beim Husten freisetzt (oder freigesetzt hat) und damit von der Wahrscheinlichkeit, dass andere Personen bei der Inhalation in Kontakt mit kontaminierter Luft kommen.

Genau dieser Übertragungsweg wurde im Frühjahr 2020 schon bald nach Auftreten von Sars-CoV-2 als bedeutender Übertragungsweg für diesen neuen Erreger postuliert. Im Verlauf von 2020 ist die Vorstellung von der sog. Aerosol-Übertragung von SARS-CoV-2 in der internationalen Fachliteratur wie ebenso in den Medien – jedoch nicht unterstützt durch entsprechende Verlautbarungen der internationalen Gesundheitsbehörden – so dominant geworden, dass nun schon seit Monaten verschiedene ,Hygienemaßnahmen‘ gefordert werden (z.B. Luftreinigungsgeräte, Lüften), um dieses angeblich hohe Risiko zu reduzieren (siehe Teil C.). Schon in Bezug auf Influenzaviren wurde seit Jahren darüber diskutiert, ob sie vielleicht auch durch die Luft übertragbar seien, aber es fand sich dafür keine Bestätigung. De facto wurden auch bei Influenza in Krankenhäusern nie Maßnahmen zum Schutz vor einer Erregerübertragung etabliert, die auf die Übertragung via Luft abzielten. Dies sahen und sehen bis heute auch z.B. die Empfehlungen des RKI nicht vor.

  1. Sehr viele Ergebnisse aus Untersuchungen über die Effektivität nicht-pharmazeutischer Interventionen zur Eingrenzung der Pandemie, wie insbesondere Masken in der Öffentlichkeit, beruhen auf mathematischen Modellierungen, deren Besonderheiten hier kurz dargestellt werden sollen:

Mathematische Modellierungen (auch mathematische Schätzungen genannt) sind von der Wettervorhersage und der Klimaforschung bekannt, werden aber seit vielen Jahren auch eingesetzt, um den Verlauf von Epidemien und den Einfluss verschiedener Präventionsmaßnahmen vorherzusagen. Sie werden besonders dann genutzt, wenn es nur wenig aussagefähige Daten aus direkten Untersuchungen gibt. Bei einem sehr großen Teil aller Studien zu SARS-CoV-2 (z.B. Effektivität von Masken) handelt es sich um mathematische Modellierungen, die nur eine sehr begrenzte Aussagekraft haben, weil ihre Ergebnisse nicht das ,wirkliche‘ Leben widerspiegeln, sondern auf Annahmen beruhen. Von diesen ,Stellschrauben‘ sind die Ergebnisse abhängig, die deshalb ein vereinfachtes Bild der Wirklichkeit wiedergeben. Solche Studien können deshalb immer nur ,Wenn-Dann-Ergebnisse‘ liefern. Es gibt auf der einen Seite des Spektrums rein theoretische Modellierungen und auf der anderen solche, in denen mit so viel klinisch­epidemiologischen Daten, wie vorhanden sind, gearbeitet wird. Immer aber hat das Ergebnis nur eine sehr begrenzte Aussagekraft, und die Qualität der wissenschaftlichen Evidenz ist bestenfalls mäßig. Die Ergebnisse solcher Studien im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 werden in ihrer Bedeutung für die Wirklichkeit allerdings oft weit überschätzt und bei positivem Ergebnis als Beweis für die Wirksamkeit von Maßnahmen genommen. Das konnte im Verlauf der Pandemie wiederholt beobachtet werden, und zwar selbst bei wissenschaftlich tätigen Ärzten und bei Bio-Wissenschaftlern.

Beantwortung der Beweisfragen

  1. Kann das Tragen von Gesichtsmasken unterschiedlicher Art das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (nennenswert) senken? Dabei soll zwischen Kindern im Besonderen und Erwachsenen im Allgemeinen und zwischen asymptomatischen, präsymptomatischen und symptomatischen Menschen unterschieden werden.
  2. Besteht überhaupt ein Infektionsrisiko, das durch das Tragen von Gesichtsmasken (oder andere Maßnahmen) abgesenkt werden könnte?
  1. Masken

Es wird in diesem Abschnitt dargestellt, welche Fachliteratur für die Effektivität von Masken in der Öffentlichkeit (z.B. Geschäfte, ÖPNV, Schulen, Büros u.v.a.m.) angeführt wird, welche veröffentlichten Untersuchungen es gibt, die gegen diese Effektivität von Masken sprechen und welche Aussagen zur Erregerübertragung ausgehend von asymptomatischen, präsymptomatischen und symptomatischen Personen möglich sind. Alle Aussagen gelten für Erwachsene, Jugendliche und Kinder gleichermaßen.

Die ,Neubewertung‘ des RKI: Womit wurden Masken begründet?

Hintergrund und Grundlage für die Einführung der Maskenpflicht überall in Deutschland war die sog. Neubewertung‘ durch das Robert-Koch-Institut (RKI) [1].

Die Neubewertung‘ des RKI führte dazu, dass Masken nicht zum Schutz der Träger (= Eigenschutz, insbesondere wie für das medizinische Personal bei der Patientenversorgung im Krankenhaus), sondern zum Schutz der Mit-Menschen (= Fremdschutz; engl. source control, d.h. zum Schutz anderer Menschen vor der Erregerquelle) getragen werden sollen,

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dies aber nicht von Personen mit Symptomen einer oberen Atemwegsinfektionen (Halsschmerzen, Schnupfen, Husten), sondern von – klinisch – gesunden Menschen (die Personen mit Symptomen sollen ohnehin zu Hause bleiben).

Das RKI empfiehlt Masken in der Öffentlichkeit (,… als einen weiteren Baustein, um Risikogruppen zu schützen [1]), damit der Träger der Maske, der vielleicht bereits unbemerkt infiziert ist und den Erreger schon im respiratorischen Sekret ausscheidet, seine respiratorischen Tröpfchen nicht ungehindert, z.B. beim Sprechen, freisetzen kann. Die Tröpfchen sollen durch die Maske zu einem wesentlichen Teil zurückgehalten werden, um so den Kontakt anderer Menschen mit dem Erreger zu verhindern.

Alle Menschen sollen also deshalb eine Maske tragen, damit die (wenigen) Menschen, die bereits infiziert sind, es aber noch nicht wissen (können), weil sie noch keine Symptome haben (präsymptomatisch) oder auch gar keine entwickeln werden (asymptomatisch), alle anderen Personen, denen sie begegnen, durch ihre Maske vor einem möglichen Erregerkontakt schützen. Letztlich sollen dadurch direkt oder indirekt insbesondere die Menschen geschützt werden, die aufgrund von hohem Lebensalter und / oder bestimmten chronischen Krankheiten ein erhöhtes Risiko für eine schwere Infektion durch SARS-CoV-2 haben, denn für alle anderen Menschen stellt das Virus bekanntlich keine Gefahr dar (das gilt nach derzeitigem Kenntnisstand auch für die neuen Varianten), weil sie entweder, wie bei einer Influenza typisch, für ein bis zwei Wochen schwerer erkranken und im Bett liegen müssen (mit z.B. Fieber, Gliederschmerzen und Husten), aber in den meisten Fällen doch nur leichte respiratorische Symptome entwickeln (wie bei einer üblichen sog. Erkältung) oder sogar überhaupt nicht erkranken.

Über den möglichen Nutzen von Masken zum Schutz der Mit-Menschen (Fremdschutz) vor klinisch gesunden, aber bereits infizierten und damit potentiell infektiösen Menschen entwickelte sich international im Frühjahr 2020 eine Diskussion in der Fachöffentlichkeit darüber, dass Masken nicht aus Eigenschutz, sondern aus Altruismus und Solidarität (= Fremdschutz) getragen werden sollen [2]. Dies führte letztlich zu der Masken-Empfehlung des RKI, bei der es also um ,Fremdschutz‘ – und nicht etwa um den Eigenschutz insbesondere von Personen aus Risikogruppen – geht. Das galt zumindest bis zum Januar 2021. Dass der Eigenschutz wegen der neuen Varianten des Virus auch eine Rolle spiele, wurde erst dann von der Politik herausgestellt, und damit wurde die Pflicht begründet, anstelle der Alltagsmasken aus Stoff nun medizinische Masken (OP-Maske oder FFP2-Makse) zu tragen. Für alle Personen, die sich beruflich nicht damit beschäftigen müssen, wie Infektionserreger übertragen werden, dürften Masken als Schutz vor einem respiratorischen Virus durchaus plausibel sein, wobei dabei sicher stets der Eigenschutz-Gedanke führend

ist.

Das RKI sagt an keiner Stelle in dem Beitrag über die ,Neubewertung‘ ausdrücklich, dass es eine wissenschaftliche Grundlage (im Sinne von wissenschaftlichen Beweisen oder Belegen = engl. evidence) für den Gebrauch von Masken in der Öffentlichkeit gibt [1]. Diese Schlussfolgerung legt der Text mit seinen mehrdeutigen Formulierungen lediglich nahe. Der Beitrag des RKI wurde, wie heute in Fachzeitschriften vielfach üblich, vorab online publiziert, und zwar schon am 14. April, also unmittelbar nach Ostern 2020. Somit stand die Stellungnahme des RKI für die Entscheidung der Bundesregierung über die Lockerungsmaßnahmen des ersten Lockdown, die für eine Woche nach Ostern 2020 angekündigt waren, rechtzeitig zur Verfügung. Gedruckt erschien der Beitrag erst am 7. Mai 2020, also etwa eine Woche nach Einführung der Maskenpflicht (und dieses Datum ist -siehe unten – noch von Bedeutung). Interessant ist, dass der Präsident des RKI am 28. April

2020, also am Tag der Maskenpflicht-Entscheidung durch die Bundesregierung, in einem Interview mit dem ,Deutschen Ärzteblatt‘ vom geringen Mehrwert‘ von Masken gesprochen hat, der aber auch nur dann zum Tragen komme, wenn sie korrekt benutzt würden [3].

Die offizielle Darstellung der Masken-Empfehlung des RKI in [1] wurde bald etwas modifiziert, denn bereits sechs Tage nach der Druckversion des Beitrags vom 7. Mai 2020, äußerte sich das RKI am 13. Mai 2020 unter der Rubrik Antworten auf häufig gestellte Fragen (FAQ)‘ zum Fremdschutz durch Masken zurückhaltend:

,Eine Schutzwirkung ist bisher nicht wissenschaftlich belegt, sie erscheint aber plausibel.‘

Allerdings blieb es im weiteren Verlauf auch dabei nicht, denn seit dem 15. Juli ist dort nun zu lesen:

,Für diesen Fremdschutz durch MNB (= Mund-Nasen-Bedeckung) gibt es inzwischen erste wissenschaftliche Hinweise.‘

Diese Darstellung ist weiterhin aktuell, zuletzt in der Fassung vom 17.02.2021.

Hinweise sind jedoch keine Beweise. Es stellt sich die Frage: Was sind ,erste wissenschaftliche Hinweise‘ und dazu noch: warum ^inzwischen‘? Die Belege sollten an sich schon mit der Publikation der Masken-Empfehlung [1] gegeben worden sein. Ich habe deshalb via E-Mail vom 19.07.2020 beim RKI nach der dieser Aussage zugrunde liegenden wissenschaftlichen Literatur gefragt und bekam als E-Mail vom 21.07.2020 eine Auflistung von Publikationen, auf die ich im weiteren Verlauf des Gutachtens eingehen werde.

Im Folgenden möchte ich die Empfehlung des RKI [1] zunächst anhand der darin zitierten Fachliteratur bewerten. Anschließend werden die neueren Publikationen vorgestellt, die also erst nach dem RKI-Beitrag erschienen sind und von Wissenschaftlern wie ebenso von den Medien als Belege für die Effektivität von Masken in der Öffentlichkeit angeführt wurden. Abschließend sind die Publikationen zusammengestellt, die keinen Nutzen von Masken gefunden haben.

Das RKI empfiehlt in seinem Beitrag

,ein generelles Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung (MNB) in bestimmten Situationen im öffentlichen Raum als einen weiteren Baustein, um Risikogruppen zu schützen und den Infektionsdruck und damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung zu reduzieren‘.

Diese Empfehlung beruhe

,auf einer Neubewertung aufgrund der zunehmenden Evidenz, dass ein hoher Anteil (Hervorhebungen für dieses Gutachten) von Übertragungen unbemerkt erfolgt, und zwar bereits vor dem Auftreten von Krankheitssymptomen‘.

Das RKI spricht in seinem Beitrag davon, dass ein ,hoher Anteil von Übertragungen unbemerkt erfolge, verweist dafür aber nicht auf eine Quelle. In der Literaturliste des Beitrags finden sich jedoch zwei Publikationen, auf die sich das RKI bei seiner Aussage vermutlich bezogen hat (und im Text wurden vielleicht nur die Literaturverweise dazu vergessen). Es handelt sich zum einen um eine mathematische Schätzung, wonach die präsymptomatische Übertragung sehr hoch, nämlich zwischen 48% und 77%, gelegen haben soll [4]. Dem Ergebnis der zweiten Publikation liegt ebenfalls eine mathematische

Schätzung mit einer sehr hohen präsymptomatischen Übertragungsrate von 79% zugrunde

[5].

Auf den Internetseiten des RKI heißt es unter FAQ > Infektionsschutzmaßnahmen > Was ist beim Tragen einer MNB in der Öffentlichkeit zu beachten?‘ vom 15. Juli und 21. August dann nicht mehr ,hoher Anteil‘, sondern nur noch gewisser Anteil‘, um schließlich in den FAQ seit dem 7. September (zuletzt in der Fassung vom 17.02.2021) von einem relevanten Anteil‘ zu sprechen (Hervorhebungen für dieses Gutachten). Literaturangaben sind dort nicht vorhanden (und sind bei den FAQ auch nicht üblich).

Eine Literaturangabe dazu macht das RKI aber in einem späteren Artikel (online vorab am 23.09.2020) [6]. In diesem Beitrag mit dem Titel ,Abwägung der Dauer von Quarantäne und Isolierung bei COVID-19′ heißt es:

,Beispielsweise demonstrierten He et al., dass präsymptomatische Übertragungen für einen Großteil (44%) von SARS-CoV-2-Übertragungen verantwortlich sind, …‘.

In der zitierten Publikation von He et al. wird eine mathematische Schätzung vorgenommen beruhend auf Annahmen, wie sich die Viruslast im respiratorischen Sekret vor Auftreten von Symptomen verteilen könnte [7]. Zu diesem Artikel wurde am 17. August 2020 (also gut 5 Wochen vor der online-Publikation des neuen RKI-Beitrags [6]) eine kritische Stellungnahme veröffentlicht, auf die seither beim Aufrufen des Artikels von He et al. direkt vor Beginn des Textes hingewiesen wird. Darin führen die Autoren Folgendes aus [8]:

‚In terms of larger COVID-19 studies that calculated the proportion of presymptomatic versus post-symptomatic spread, a study examining 468 COVID-19 cases in China found that 12.6% of transmission occurred prior to symptom onset [Ref]. Likewise, contact tracing studies of 157 locally acquired cases in Singapore identified 10 cases of presymptomatic COVID-19 transmission, but this only accounted for 6.4% of transmission events [Ref]. Although many factors are involved with transmission efficiency, it appears that asymptomatic / presymptomatic transmission measured by direct contact tracing studies [Ref] is lower than that predicted by COVID-19 transmission models [Ref]‘ ([Ref] steht für die Literaturangaben in dem zitierten

Artikel).

Daraus folgt: Bei der Auswertung realer Kontakt-Szenarien fanden sich deutlich geringere Raten präsymptomatischer Übertragungen, wie 12,6% (China; im Juni publiziert [9]) oder 6,4% (Singapur; schon im April publiziert [10]. Bei den mathematischen Schätzungen [4, 5, 7], die das RKI in [1, 6] zitiert, handelt es sich um theoretische Ergebnisse, die im Vergleich zu Ergebnissen aus der Wirklichkeit deutlich höher liegen (siehe unten).

Kontakt-Konstellationen aus Kontakt-Tracing-Untersuchungen auszuwerten, ist mühsam und langwierig. Es kommt bei der Klärung solcher Fragen aber gerade darauf an, reale Szenarien auszuwerten, denn dabei wird dann auch deutlich, um welche Art von Kontakten es sich gehandelt hat. So wurde in der Studie aus Singapur ermittelt, dass bei 7 Kontaktauswertungen 3 x (Ehe-)Paare und 1 x ein Mitglied aus einer Wohngemeinschaft von einer präsymptomatischen Erregerübertragung betroffen waren, also Situationen mit engen Dauer-Kontakten, bei den Paaren sogar mit Schleimhautkontakt [10]. In solchen Lebenssituationen ist mit präsymptomatischen (wie auch mit asymptomatischen) Übertragungen zu rechnen (und dennoch sind sie selten; siehe unten). Anders ist das bei den üblichen Kontakten im öffentlichen Raum zwischen Menschen, die sich nicht (so) nahekommen oder höchstens kurz aneinander vorübergehen oder hintereinanderstehen.

Das RKI berücksichtigt bzw. zitiert in seinem Beitrag [6] weder den kritischen Artikel [8], der dafür Mitte August lange genug vor der online-vorab-Publikation des RKI publiziert wurde, noch geht das RKI auf die sogar noch früher publizierten Untersuchungen aus China (publiziert im Juni 2020) [9] und / oder Singapur (publiziert am 1. April 2020) [10] ein, die in dem kritischen Beitrag [8] zitiert werden. Das RKI hält sich also nicht an die Regeln der evidence-based medicine, alle zur Verfügung stehenden Daten aus wissenschaftlichen Untersuchungen in seine Überlegungen einzubeziehen. Stattdessen beruft sich das RKI nur auf eine einzige Untersuchung, die eine aus einer Modellrechnung theoretisch ermittelte und sehr hohe Rate präsymptomatischer Übertragungen erzielt hat. Die aus realen Szenarien bei der Nachverfolgung von Kontakten ermittelten Übertragungsraten, die sehr viel niedriger liegen, werden nicht aufgeführt. Dadurch erscheint das Risiko einer präsymptomatischen, also ,unbemerkten‘ Übertragung hoch, und genau das war nach Angabe des RKI der Anlass für die ,Neubewertung‘ (,hoher Anteil‘). Es ist nach den schon seit Jahrzehnten etablierten Regeln der (in Deutschland sog.) Evidenz-basierten Medizin nicht nachvollziehbar, dass das RKI die kritische Stellungnahme [8] und die darin zitierten, aber schon Monate zuvor publizierten Artikel aus China [9] und Singapur [10] nicht erwähnt und damit auch nicht diskutiert hat.

Dasselbe kann man in einem Mitte September 2020 publiziertem (der Bezeichnung nach systematischen) Review anderer Autoren beobachten, der im COVID-19-Steckbrief vom RKI zitiert wird [11]. Es fehlt dort nicht nur relevante Literatur zu der fraglichen Thematik (so dass es sich de facto nicht um einen systematischen Review handelt), die über wesentlich geringere asymptomatische bzw. präsymptomatische Übertragungen berichtet, sondern es werden alle Ergebnisse zusammengenommen dargestellt, ohne nach epidemiologischem Zusammenhang zu unterscheiden: Es ist aber ein bedeutender Unterschied, ob eine Erregerübertragung in Familien stattfindet, wo enger Körperkontakt und Schleimhautkontakt die Regel ist, oder im öffentlichen Raum, wo es zu solchen Kontakten unter den Menschen in aller Regel gerade eben nicht kommt. Wichtig ist es also bei solchen Untersuchungen, die jeweiligen Settings getrennt auszuwerten.

Jedenfalls ist es im wissenschaftlichen Diskurs (und gerade bei systematischen Reviews) inadäquat, wenn selektiv zitiert wird, denn eine selektive, und damit mindestens potentiell Interessen-geleitete Auswahl von Veröffentlichungen gehört nicht zu den heute etablierten wissenschaftlichen Prinzipien. Somit fehlt die Grundlage für die Neubewertung‘ des RKI, weil die ,unbemerkte Übertragung‘ gerade eben nicht durch wissenschaftliche Daten belegt ist, und das galt bereits bei Erscheinen des RKI-Beitrags online im April 2020 [1]. Allerdings wurde zur selben Zeit international (z.B. CDC) über das Thema diskutiert, so dass sich das RKI dieser Strömung sicher auch einfach angeschlossen hat [12].

Dass nämlich infizierte Personen bereits vor Beginn der Krankheitssymptome potentiell infektiös sind (und in der Regel dabei sogar mehr Viren ausscheiden als während der symptomatischen Phase der Erkrankung), ist seit langer Zeit von anderen Virusinfektionen bekannt, deren Erreger ebenfalls über das respiratorische Sekret ausgeschieden werden (z.B. Influenza, Masern). Dass dies bei einer Infektion mit dem neuen Coronavirus auch der Fall ist, war deshalb für die Fachwelt an sich nichts Neues bzw. zu erwarten. Seit Mitte Februar wurde noch dazu im Hinblick auf das neue Coronavirus darüber in der internationalen Literatur berichtet (Zusammenstellung in [13]). Ebenso gilt dies auch für alle respiratorischen Infektionen, die asymptomatisch verlaufen (z.B. bei Influenza in ca. 1/3 der Fälle; siehe RKI-Ratgeber), also auch diese Personen sind für ihre Umgebung potentiell oder prinzipiell infektiös.

Das bedeutet aber in der Realität nur, dass es möglich ist, jedoch nicht, dass diese Personen zwangsläufig den jeweiligen Erreger auch verbreiten: Über das Ausmaß der (unbemerkten1) Erregerverbreitung bei präsymptomatischer oder asymptomatischer Virusausscheidung gibt es inzwischen weitere Daten, die zeigen, dass es sich nur um einen geringen Anteil handelt (siehe unten).

Eine Wissenschaftlerin der WHO, Dr. Maria van Kerkhove, äußerte sich bei einem Presse-Briefing der WHO in Genf schon am 08.06.2020 folgendermaßen [14]:

‚From the data we have, it still seems to be rare that an asymptomatic person actually transmits onward to a secondary individual‘.

Und weiter:

We have a number of reports from countries who are doing very detailed contact tracing. They’re following asymptomatic cases. They’re following contacts. And they’re not finding secondary transmission onward. It’s very rare‘.

Und dabei handelt es sich um solche Kontakt-Tracing-Studien, wie oben besprochen. Einen Tag danach folgte eine gewisse Klarstellung derselben WHO-Mitarbeiterin [15]:

,The majority of transmission is from people who have symptoms and are spreading it through infectious droplets. But there is a subset of people who don’t develop symptoms. To truly understand how many people don’t have symptoms, we don’t actually have that answer yet.

Selbst wenn also die WHO-Mitarbeiterin ihre klare Positionierung vom 08.06.2020 am Folgetag etwas relativiert, aber nicht revidiert hat, blieb es bei der Aussage der WHO, dass nämlich die meisten Übertragungen von Menschen ausgehen, die Symptome haben, und dass nicht klar sei, wie viele Übertragungen auf Personen zurückgehen, die (noch) keine Symptome haben.

Insgesamt ist demnach die Virusausscheidung vor Beginn der klinischen Erkrankung nichts Neues, sondern hätte auch beim neuen Coronavirus von Anfang an in die Überlegungen eingeschlossen werden können. Dargestellt wurde es vom RKI aber implizit, als sei dies unvorhersehbar gewesen (,zunehmende Evidenz‘ [1]), und wurde von den Medien aufgegriffen, wie so vieles andere, ohne nachzufragen, wie es sich damit eigentlich bei anderen Virusinfektionen verhält, was naheliegend gewesen wäre.

Es ist also schon lange bekannt, dass bei zahlreichen Virusinfektionen (im Übrigen auch bei Magen-Darminfektionen, z.B. durch Noroviren, bei denen die Erregerausscheidung über den Darm erfolgt) die Infektiosität nicht erst mit Auftreten der klinischen Symptome beginnt, vielmehr können infizierte Personen schon am Ende der Inkubationszeit Viren ausscheiden und dies noch dazu in hoher Zahl, wenn sie also noch gar nicht ahnen, dass sie eine Infektion haben (und z.B. am nächsten Tag schon krank sein werden). Für eine zahlenmäßig relevante‘ (so das RKI seit 7. September, wie auch immer der Begriff gemeint ist) Rolle der prä- oder asymptomatischen Personen bei der Übertragung des neuen Coronavirus gibt es jedoch keine Belege. Dies liegt sehr wahrscheinlich daran, dass bei infizierten Personen ohne die klinischen Symptome einer oberen Atemwegsinfektion, also ohne Husten und Niesen, eine Erregerübertragung vor allem bei engem Kontakt stattfindet, also insbesondere bei Schleimhautkontakt, wie bei Paaren und in Familien, aber eben in der Regel nicht bei den meist sehr kurzen Begegnungen von Menschen im öffentlichen Raum wie ebenso nicht in Schulen. Die Theorie der Aerosol-Übertragung wird in Teil C. vorgestellt und diskutiert.

Als wichtiges Beispiel für Übertragungen ausgehend von asymptomatischen bzw. präsymptomatischen Personen wurde im Frühjahr der Ausbruch bei der Firma Webasto bei München angeführt [16]. Die Autoren der – im New England Journal of Medicine (NEJM; neben The Lancet eine der beiden weltweit am meisten angesehenen medizinischen Fachzeitschriften) sehr prominent, wenn auch nur als ,Leserbrief‘ (dafür aber schnell, weil ohne Peer Review) publizierten – Untersuchung gingen nämlich davon aus, dass die chinesische Mitarbeiterin (der sog. Index-Fall oder auch Patient 0), die kurz zuvor aus Shanghai angereist und bereits infiziert war, während ihres Aufenthalts in Deutschland keine Symptome hatte. Dies stellte sich allerdings schon wenige Tage nach Erscheinen der Publikation als unzutreffend heraus und wurde Anfang Februar von einem Wissenschaftsjournalisten öffentlich gemacht [17]. Nach dem Gesundheitszustand der chinesischen Mitarbeiterin hatten die Autoren nämlich nur die deutschen Mitarbeiter der Firma vor Ort und nicht sie selbst befragt. Erst das Bayerische Landesamt für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit (LGL) und das RKI nahmen kurz nach Erscheinen der Publikation direkt mit ihr Kontakt auf. Bei dem Telefon-Gespräch (mit chinesischem Dolmetscher) stellte sich heraus, dass die Mitarbeiterin aus China während ihres Aufenthalts in Deutschland doch bereits (leicht) symptomatisch war und gleich zu Beginn einmalig ein Schmerz- und entzündungshemmendes Mittel (Paracetamol) eingenommen hat [18]. Diese erste Publikation zu dem Fall musste deshalb um eine genaue Beschreibung ihres Gesundheitszustandes während des Aufenthaltes in Deutschland ergänzt werden. Seither gibt es, wenn man den Artikel beim NEJM aufruft, zusätzlich ein entsprechendes Supplement. Der Titel des Artikels ist gleich geblieben und legt damit nach wie vor eine ,asymptomatische‘ Übertragung nahe. Auch und gerade mit diesem, also nur scheinbar asymptomatischen Fall wurde die Maskenpflicht in Deutschland begründet. In der wenige Monate später publizierten vollständigen Beschreibung dieses Ausbruchs war dann nicht mehr die Rede von einem asymptomatischen Kontakt [19].

Im September 2020 ist ein weiterer Artikel (systematischer Review mit Metaanalyse als Preprint, im Dezember als endgültige Publikation) über den Anteil asymptomatischer Fälle an allen Fällen und über das Ausmaß der asymptomatischen Übertragung erschienen [20]. Demzufolge waren asymptomatische Übertragungen sehr selten (zwischen 0% und 2,2%) und symptomatische Übertragungen zwar häufiger (zwischen 2,8% und 15,4%), aber in 4 der 5 Studien mit maximal 5,1% auch selten, waren somit jedenfalls deutlich weniger häufig, als man es bei symptomatischen Personen vermuten würde. Das Relative Risiko asymptomatischer Übertragungen war bei der Auswertung dieser fünf Studien, die über sekundäre Infektionen bei asymptomatischen und symptomatischen Personen berichteten, ausgehend von asymptomatischen Fällen um 42% geringer als bei Übertragungen ausgehend von symptomatischen Fällen. Die Autoren schlussfolgern, dass es unwahrscheinlich ist, dass asymptomatische Übertragungen ein bedeutender Treiber bei der Entstehung von Clustern (zeitliche und lokale Häufungen bzw. Ausbrüche) oder bei der Übertragung der Infektion in der Öffentlichkeit seien, und deshalb solle die Bedeutung asymptomatischer Fälle für die Verbreitung der Infektion mit Vorsicht betrachtet werden. Die Autoren kritisieren im Übrigen die unklaren Definitionen asymptomatischer Fälle in den Studien, die sie ausgewertet haben. Dies könne nämlich dazu führen, dass asymptomatische Fälle mit gering symptomatischen Fällen vermischt werden (siehe oben [16]). Würde das häufig vorkommen, dann wäre die die Häufigkeit echter asymptomatischer Fälle deutlich geringer und somit auch ihr Anteil an Übertragungen.

Ende November 2020 wurde eine Untersuchung aus China publiziert, die über das Ergebnis eines PCR-Screening-Programms in ganz Wuhan zwischen 14. Mai und 1. Juni 2020

berichtet [21]. Dabei wurden fast 10 Millionen (!) Menschen untersucht. Neue symptomatische Fälle wurden nicht gefunden, aber 300 asymptomatische Personen. Unter den engen Kontaktpersonen dieser asymptomatischen Personen (N = 1.174) fand sich kein positiver Fall. Es gab also keinen Hinweis auf asymptomatische Übertragungen, obwohl jeweils nur enge Kontaktpersonen untersucht wurden.

Ein systematischer Review mit Metaanalyse über Corona-Übertragungen in Haushalten erschien im Dezember 2020 und ergab erwartungsgemäß eine höhere Übertragungsrate ausgehend von symptomatischen Index-Fällen (18,0%) als ausgehend von asymptomatischen Fällen, bei denen die Übertragungsrate sogar nur 0,7% betrug [22]. Dieses Ergebnis ist deshalb von besonderem Interesse, weil (allerdings aus unterschiedlichen Gründen) Einigkeit darüber herrscht, dass das Risiko für respiratorische Erregerübertragungen in Innenräumen besonders hoch und außerhalb von Gebäuden, d.h. an der frischen‘ Luft, zu vernachlässigen ist, aber dennoch war die asymptomatische Übertragungsrate in Haushalten äußerst gering, obwohl man dabei auf relativ engem Raum mit zahlreichen direkten (auch via Haut- und Schleimhaut) und indirekten Kontakten zusammenlebt und somit einem Erregerkontakt an sich kaum entgehen kann, wenn ein Mitglied des Haushalts infiziert ist. Wenn also die Erregerübertragung ausgehend von asymptomatischen Personen eine Rolle spielen sollte, müsste sich das gerade bei engen, d.h. nahen Haut- und Schleimhaut-Kontakten in Haushalten (= Innenräume) zeigen. Wie gering dann aber erst das Risiko sein muss, dass eine Erregerübertragung ausgehend von asymptomatischen Personen bei den flüchtigen Kontakten im öffentlichen Raum stattfindet, ist nie untersucht worden. Dennoch müssen trotz dieser Datenlage weiterhin knapp 80 Millionen Menschen in Deutschland bei zahlreichen Gelegenheiten in der Öffentlichkeit, sogar außerhalb von geschlossenen Räumen (und das wird selbst von Aerosol-Physikern für sinnlos gehalten; siehe Teil C.), Masken tragen.

Im Januar 2021 erschien eine weitere mathematische Schätzung zu der Frage, wie häufig asymptomatische Personen das neue Coronavirus übertragen [23]. Die Autoren kommen auf der Basis ihrer Annahmen zu dem Ergebnis, dass mindestens 50% aller neuen SARS-CoV-2-Infektionen auf Kontakten mit asymptomatischen Personen beruhen, also ein Ergebnis wie häufig in Modellierungsstudien: hohe Übertragungsraten, aber keine realen Kontaktauswertungen.

Ein weiterer Review (sog. ,living systematic review‘, d.h. zu dem laufend Updates geplant sind) wurde im September 2020 eingereicht und im Januar 2021 akzeptiert [24]. Das internationale Autoren-Team wollte ermitteln, mit welcher Wahrscheinlichkeit infizierte Personen mit unterschiedlichem Symptomstatus für Kontaktpersonen infektiös sind, so dass es zu sekundären Fällen mit Nachweis von SARS-CoV-2 kommt. Für die Analyse der Rate an sekundären Fällen ausgehend von asymptomatischen Personen konnten 10 Studien ausgewertet werden, wobei sich insgesamt eine Übertragungsrate von 1% ergab. Bei symptomatischen Fällen lag die Übertragungsrate insgesamt bei 6% und bei präsymptomatischen Fällen bei 7%. Auch diese Auswertung von Studien aus dem wirklichen Leben zeigte wieder, dass ausgehend von asymptomatischen Personen deutlich weniger sekundäre Fälle entstehen als von symptomatischen bzw. präsymptomatischen, die aber auch selten mit sekundären Fällen assoziiert waren. Die meisten Übertragungen ließen sich darauf zurückführen, dass die sekundär betroffenen Fälle mit den Index-Fällen zusammenlebten oder dass die Erregerübertragungen auf Gruppen-Aktivitäten, wie gemeinsame Mahlzeiten oder Brettspiele, zurückgingen, allesamt also wieder Situationen mit direkten Kontakten, mit indirekten Kontakten oder mit Tröpfchenkontakt (vis-ä-vis < 1 – 2 m).

Die Wahrscheinlichkeit von Übertragungen hängt vermutlich auch von der Viruskonzentration im respiratorischen Sekret ab, wie in einer Studie, die im Frühjahr 2020 in Spanien durchgeführt wurde, dargelegt wurde [25]: So lag die Übertragungsrate zwischen 12% bei einer Konzentration von < 106 RNA-Kopien pro mL und 24% bei > 1010 RNA-Kopien pro mL im respiratorischen Sekret. Die Dauer bis zum Auftreten der ersten Symptome verkürzte sich sukzessive mit zunehmender Viruskonzentration: 7 Tage bei Personen mit initial < 107 RNA-Kopien pro mL, 6 Tage bei Personen mit Konzentrationen zwischen 1 x 107 und 1 x 109 RNA-Kopien pro mL und 5 Tage bei > 1 x 109 RNA-Kopien pro mL. Ein großer Teil (etwa zwei Drittel) der in die Studie eingeschlossenen Fälle war nicht mit sekundären Fällen assoziiert. Übertragungsereignisse gingen signifikant häufiger von Index-Fällen mit hohen Viruskonzentrationen im respiratorischen Sekret aus. Ebenso war die Exposition in einem gemeinsamen Haushalt mit einem höheren Übertragungsrisiko verbunden, wobei aber keine Assoziation mit dem Vorhandensein von Husten beim Index-Fall bestand. Die Autoren schlussfolgern aus den Ergebnissen ihrer Untersuchung, dass die Viruskonzentration im respiratorischen Sekret eine größere Rolle spielt als das Vorhandensein von typischen respiratorischen Symptomen wie insbesondere Husten. Einen Zusammenhang mit dem Gebrauch von Masken im Sinne eines reduzierten Übertragungsrisikos fanden die Autoren nicht (zu dem gleichen Ergebnis kamen die Autoren einer anderen Studie [26]). Aufgrund der aufgezeigten Bedeutung der Viruskonzentration im respiratorischen Sekret schlagen die Autoren vor, das Übertragungsrisiko ausgehend von positiv getesteten Personen mit Hilfe der gemessenen RNA-Konzentrationen in niedriges bis hohes Risiko einzuteilen.

Unterstützung bekommen sie dafür in einem begleitenden Kommentar zu ihrem Artikel [27]. Dort wird ausgeführt, dass das Vorhandensein von niedrigen RNA-Konzentrationen im respiratorischen Sekret sowohl für die positiv getestete Person als auch für deren Kontakte ein Problem darstellt, weil allen diesen Personen unnötige Quarantäne-Maßnahmen drohen. Hätte man nicht nur qualitative Testergebnisse, d.h. ,positiv‘ (= Virus-RNA-Nachweis) oder ,negativ‘ (= kein Virus-RNA-Nachweis), sondern quantitative Ergebnisse (also jeweils die Anzahl der RNA-Kopien pro mL respiratorisches Sekret der einzelnen positiv getesteten Personen), könnte man das Risiko von Übertragungen im Einzelfall einschätzen – und unnötige Quarantäne-Maßnahmen in zahlreichen Fällen vermeiden. Die Angabe der Ct-Werte (Cycling threshold: niedrige Werte = hohe Viruslast in der Ausgangsprobe) wäre, obwohl damit nur eine semi-quantitative Angabe der RNA-Kopien pro mL möglich ist, auf jeden Fall besser als die rein qualitativen Ergebnisse. Da die Ct-Werte aber auch von den in den verschiedenen Laboren vorhandenen, aber durchaus unterschiedlichen PCR-Geräten (Cycler) und noch dazu von den jeweils verwendeten Testreagenzien abhängen, können zwar die Ergebnisse aus demselben Labor miteinander verglichen werden, diese jedoch nicht mit den Ergebnissen anderer Labore, solange nicht jedes Labor an Hand von externen Referenzproben mit definierter Konzentration eine Eichkurve erstellt, wodurch eine Vergleichbarkeit der eigenen Laborergebnisse mit den Ergebnissen externer Labore erst möglich wird. Auch die WHO hat in ihrer Information vom Januar 2021 darauf hingewiesen, dass zum einen die Ct-Werte im Befund angegeben werden sollen und dass zum anderen die Testergebnisse immer im Zusammenhang mit Anamnese und klinischem Befund gesehen werden müssen [28].

Dass man seit Auftreten des neuen Coronavirus zunehmend bei klinisch gesunden Personen PCR-Tests durchführt, widerspricht im Übrigen einer alten Regel bei der (serologischen) Diagnostik von Infektionen (Antikörpernachweise), die man schon im Medizinstudium lernt, wonach man nämlich nicht ,Titer‘ behandeln solle, sondern nur Patienten, d.h. man solle eine Behandlung davon abhängig machen, ob der Patient Symptome hat, die mit dem Ergebnis

der Labor-Untersuchung in Einklang zu bringen sind, denn Laborergebnisse haben nicht selten für den individuellen Patienten keine Bedeutung. Dieses Prinzip wurde bei dem neuen Coronavirus verlassen: es werden Menschen ohne klinische Symptome untersucht und bei positiver PCR als ,infiziert‘ erklärt – und u.a. in Quarantäne geschickt und das noch dazu mit einem Test, der PCR, mit der man bekanntlich Spuren von Nukleinsäure in einer Probe nachweisen kann.

Mit einer PCR wird zudem immer nur das genetische Material des jeweiligen Virus (bei Coronaviren RNA) nachgewiesen, indem es solange vermehrt (= kopiert) wird, bis das PCR-Gerät ein positives Ergebnis anzeigt: aus dem dabei abgelesenen Ct-Wert kann man auf die Menge des Virus-Materials in der Ausgangsprobe schließen. Die Beziehung ist dabei umgekehrt proportional: niedriger Ct-Wert bedeutet viel Virus in der Ursprungsprobe und umgekehrt.

Ob aber die RNA aus infektionstüchtigen und somit replikationsfähigen (= vermehrungsfähigen) Viren stammt, kann mit der PCR nicht ermittelt werden. Um die potentielle Infektiosität zu belegen, müsste man versuchen, aus derselben Probe das Virus in einer Zellkultur anzuzüchten. Das bedeutet dann aber auch noch nicht, dass das nachgewiesene Virus auch in der Lage wäre, bei einer prinzipiell empfänglichen Person eine Infektion zu verursachen (siehe Teil C.). Wenn man also im Zusammenhang mit einer PCR von z.B. ,Virusnachweis‘ spricht, ist das an sich nicht korrekt: es handelt sich um eine Vereinfachung (man sagt zwar ,Virus‘, meint aber nur das genetische Material).

Resümee zur ,Neubewertung‘ des RKI

Das RKI gab als Grund für die Neubewertung‘ von Masken für die Bevölkerung im öffentlichen Raum an [1], dass es zunehmende Evidenz‘ gebe, dass man schon vor dem Erscheinen der ersten Symptome infektiös sein könne, also zu einem Zeitpunkt, wo noch keine Hinweise dafür vorliegen, dass man infiziert ist. Das ist jedoch schon lange von anderen Virusinfektionen bekannt und bedeutet in keinem Fall, dass der Erreger dann auch tatsächlich übertragen wird, sondern nur, dass eine Übertragung abhängig von zahlreichen anderen Faktoren möglich ist. Das RKI stützte sich als Beleg dafür, dass es sich dabei um ein hohes Risiko sog. unbemerkter Übertragungen handelt, auf mathematische Schätzungen, die mit ihren Modellen einen sehr hohen Anteil solcher Übertragungen errechnet haben. Das RKI hat aber Ergebnisse aus zuvor (also vor Erscheinen des RKI-Beitrags) publizierten Kontakt-Tracing-Untersuchungen, aus denen realistischere Angaben ermittelt wurden, weggelassen. Das ist mit den Grundsätzen wissenschaftlichen Arbeitens nicht vereinbar, und damit berücksichtigt das RKI nicht den für alle Behörden etc. in § 1 (2) IfSG formulierten Auftrag, entsprechend dem jeweiligen Stand der medizinischen und epidemiologischen Wissenschaft…‘ zu arbeiten.

Bedeutung experimenteller Maskenstudien

Seit es Masken gibt, gibt es Untersuchungen über die Filtereffektivität verschiedener Maskenmaterialien (sei es für die normalen medizinischen sog. OP-Masken, auch chirurgische Masken genannt, oder für FFP-Atemschutzmasken), und jeder Hersteller muss diverse Prüfkriterien erfüllen, um die diversen Masken auf den Markt bringen zu können. Darauf soll hier nicht näher eingegangen werden, denn es geht bei der in diesem Gutachten zur Diskussion stehenden Maskenfrage nicht darum, ob Masken an sich von ihrem Material her prinzipiell wirksam sind, was also ihre Filtereffektivität für größere und kleinere bis kleinste Partikel angeht, sondern ob sie in der gegebenen epidemiologischen Situation, für

die Ende April 2020 die Maskenpflicht eingeführt wurde – nämlich für die normale Bevölkerung im sog. öffentlichen Raum, wozu bald dann auch Schulen zählten – einen Nutzen haben. Ein solcher Nutzen, z.B. beim Einkaufen von Lebensmitteln, beim Suchen nach Kleidung in einem Modegeschäft oder beim Fahren mit dem ÖPNV, kann nicht von der jeweiligen Filtereffektivität der verwendeten Masken abgeleitet werden, sondern – auf der Basis der möglichen Übertragungswege des Erregers – nur von den konkreten möglichen Kontaktsituationen zwischen den Menschen, die neben- bzw. hintereinanderstehen oder entgegenkommend bzw. von hinten überholend aneinander vorübergehen, auch wenn der jeweilige Abstand dabei sehr gering ist (bis hin zum Gedränge).

Das wichtigste Kriterium zur Beurteilung des damit verbundenen Infektionsrisikos ist, dass diese Kontakte jeweils kurz sind, auch wenn der Abstand dabei eng sein kann, was ja in ,normalen‘ Zeiten immer wieder vorkommt. Im epidemiologischen Zusammenhang der Begegnung von einander unbekannten Menschen im öffentlichen Raum ist somit ein für eine Erregerübertragung ausreichender Kontakt mit respiratorischen Infektionserregern fast immer äußerst unwahrscheinlich. ,Fast immer‘ bedeutet hier: solange nicht jemand einer anderen Person auf kurze Distanz direkt ins Gesicht hustet (was kaum jemand in der Öffentlichkeit, anders als vielleicht im privaten Bereich, jemals erlebt haben wird) oder solange man nicht ein (längeres) Gespräch, also von mindestens 15 min Dauer, führt und dabei nicht mindestens 1 m Abstand voneinander hält. Diese Zeitdauer (wie sie auch das RKI angibt) ist aus epidemiologischen Studien abgeleitet, in denen man bei der Analyse der Kontaktsituationen erkannt hat, dass es bei respiratorischen Infektionen auf einen vis-ä-vis-Kontakt zwischen einer infizierten und einer nicht-infizierten Person ankommt, der aber auch eine gewisse und nicht allzu kurze Mindestzeit dauern muss, damit ein Erregerkontakt überhaupt stattfinden kann. Ein kurzer Kontakt, selbst wenn man beim Vorbeigehen den Atem des anderen spüren sollte, ist nicht mit einem realistischen Risiko einer Erregerübertragung verbunden. Wenn sich aber im öffentlichen Raum ein Gesprächskontakt von vermutlich längerer Dauer ergeben sollte, kann man ganz einfach entsprechend Abstand halten. Eine Maskenpflicht für alle Menschen braucht man demnach nicht, um solche potentiellen Erregerkontakte zu verhindern, und alle anderen Übertragungsrisiken (,unbemerkte‘ Übertragung und ,Aerosol‘-Übertragung) sind nicht durch die erforderlichen wissenschaftlichen Daten belegt und bleiben somit Hypothesen – ggf. bis zu entsprechenden Beweisen.

Insofern stellt sich bei der Beurteilung, ob Masken im öffentlichen Raum ,wirksam‘ sind, nicht die Frage, welche Filtereffektivität professionelle oder Stoffmasken vermutlich haben, abgesehen davon, dass man ohnehin nie eine auch nur annähernd genaue Aussage über (auch selbst genähte) Stoffmasken machen können wird. Auch die Frage, ob man Stoffmasken zum Schutz der öffentlichen Gesundheit ,besser‘ machen kann, stellt sich nicht [29]. Ebenso ist die Frage, welche Verbesserung mit der Verwendung von medizinischen Masken (OP- oder FFP2-Maske), die seit Anfang 2021 beim Einkaufen und im ÖPNV Pflicht sind, verbunden sein soll, völlig offen, denn es kommt bei der prinzipiellen Wirksamkeit von Masken (ganz gleich welcher Art) immer darauf an, wie sie verwendet werden, d.h. ob sie überhaupt korrekt getragen werden (siehe Teil B.). So, wie die Bevölkerung jedenfalls seit einem Jahr Masken trägt (ganz gleich, ob neun Monate lang die – häufig selbstgenähten -Stoffmasken oder seit Anfang 2021 medizinische Masken), sind Masken wirkungslos, weil sie nicht dicht am Gesicht anliegen und keineswegs immer Mund und Nase bedecken, und wenn noch nicht einmal Erwachsene mit Masken gleich welcher Art richtig umgehen können, wie sollen es dann Kinder schaffen. Masken, die nicht korrekt verwendet werden (wie es der

Präsident des RKI stets fordert), sind aber durch die häufigen Hand-Gesichtskontakte auch ein potentielles Kontaminationsrisiko (siehe Teil B.).

Wenn also festgestellt wird, dass Masken wirken‘, weil das Material prinzipiell Tröpfchen und Partikel zurückhalten kann, ist das keine Grundlage dafür, eine konkrete Wirksamkeit dahingehend zu belegen, dass die Übertragung des neuen Coronavirus dadurch verhindert oder mindestens reduziert und der ,Infektionsdruck und damit die Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung‘ reduziert werden können [1]. Eine generelle Maskenpflicht lässt sich mit solchen vagen Aussichten nicht begründen. Dazu bräuchte man Daten aus entsprechend aussagefähigen epidemiologischen Untersuchungen.

Die wissenschaftlichen Grundlagen des RKI

Ob das RKI solche Daten hatte oder ob sie ggf. erst nach der Veröffentlichung des RKI-Beitrags von anderen Autoren vorgelegt wurden, und welche Daten überhaupt als Belege genannt werden, wird nun im Folgenden dargestellt. Diese Ausführungen sind notwendigerweise umfangreich, weil ein wesentlicher Teil dieser Veröffentlichungen von Wissenschaftlern und von den Medien zitiert wird, um zu belegen, dass die Effektivität von Masken bewiesen sei. Um aber die Frage beantworten zu können, ob sich diese Untersuchungen dafür tatsächlich eignen, muss man sie eingehend betrachten.

  1. Studie aus Hongkong

Viel Gewicht hat das RKI in seinem Beitrag [1] einer Studie aus Hongkong zugemessen, die im Frühjahr 2020 erschien und seither in der SARS-CoV-2-Literatur international vielfach zitiert wurde [30]. Deshalb soll sie hier im Detail vorgestellt werden.

Das RKI hat in seinem Beitrag bei der Darstellung der Unterschiede von medizinischen Masken (Mund-Nasen-Schutz = MNS) und FFP-Masken auf eine ,aktuelle‘ Studie hingewiesen, in der gezeigt werden konnte,

,dass auch (ein) MNS zu einer relevanten Reduktion der Ausscheidung von Atemwegsviren über die Ausatemluft führt (…)‘ [1].

Mit ,aktueller‘ Studie wurde auf die Studie aus Hongkong verwiesen. Diese Studie wurde jedoch, wie von den Autoren in ihrem Artikel angegeben, bereits zwischen 2013 und 2016 durchgeführt wurde, und war demnach beim Erscheinen des RKI-Beitrags nicht mehr aktuell: Die Studie wurde nach Auftreten des neuen Coronavirus lediglich ,aktuell‘ publiziert, und das wusste das RKI demnach.

In dieser Untersuchung wurden medizinische Masken (professionelle OP-Masken) verwendet. Ausgewählt für die Studie wurden primär 246 Patienten, die wegen respiratorischer Symptome unterschiedlicher Ursache in die Ambulanz einer Klinik in Hongkong kamen. Die Untersuchung konzentrierte sich letztlich aber nur auf 111 Patienten mit Nachweis von Influenzaviren (N = 43), Rhinoviren (N = 54) oder saisonalen humanen Coronaviren (N = 17), wobei dreimal zwei der Viren nachgewiesen wurden (sämtlich RNA-Viren). Die Patienten wurden gebeten, als Probanden an einer Untersuchung teilzunehmen, in der das Ausmaß der Freisetzung von (1) respiratorischen Tröpfchen und (2) Aerosol mit Virus-RNA in der Ausatemluft untersucht werden sollte. Der RNA-Nachweis erfolgte mittels RT-PCR (= Real-Time-Polymerase-Chain-Reaction).

Randomisiert (= zufällig zugeteilt) bekamen die Probanden bei der ersten Untersuchung entweder eine OP-Maske (auf deren korrekten Sitz die Studienleiter achteten) oder keine Maske, um zu ermitteln, inwieweit die Maske einen Einfluss auf die Freisetzung der (jeweiligen) Viren habe, die Virusabgabe in die Umgebung also reduzieren würde. An sich war geplant, alle Probanden jeweils einmal mit und einmal ohne Maske zu untersuchen, jedoch lehnten die meisten (80%) eine zweite Untersuchung aus Zeitgründen ab: für die Untersuchung wurde nämlich die Ausatmungsluft während 30 (!) Minuten gesammelt. Die dabei gewonnenen Partikel wurden in die zwei Fraktionen (1) > 5 um (= Tröpfchen) und (2) < 5 um (= Aerosol-Partikel) unterteilt. Bei den Ergebnissen muss also berücksichtigt werden, dass in den beiden Gruppen ,mit Maske‘ und ,ohne Maske‘ in den meisten Fällen nicht dieselben Probanden untersucht wurden, obwohl dies an sich die Absicht der Untersucher war.

Ein bemerkenswertes Ergebnis der Untersuchung, das aber vom RKI nicht aufgegriffen wurde, ist folgendes: Obwohl alle Teilnehmer eine akute Virusinfektion der oberen Atemwege hatten (mit Konzentrationen von 107-8 RNA-Kopien pro Probe im Nasensekret und von ca. 104 RNA-Kopien pro Probe im Rachensekret), wurden ohne Maske nur bei 6 von 23 (mit Infektion durch Influenzaviren), bei 9 von 32 (mit Infektion durch Rhinoviren) bzw. bei 3 von 10 (mit Infektion durch Coronaviren) der genommenen Proben Tröpfchen mit Nachweis der Virus-RNA gefunden. Virus-RNA-haltige Aerosol-Partikel wurden unter denselben Bedingungen, d.h. ebenfalls ohne Maske, nur bei 8 von 23 (Influenzaviren), bei 19 von 34 (Rhinoviren) und bei 4 von 10 (Coronaviren) der Proben nachgewiesen.

Sogar ohne Maske brachten also trotz akuter Virusinfektion der oberen Atemwege (mit hohen Viruskonzentrationen im Atemwegssekret) nur wenige Proben überhaupt einen Virus-RNA-Nachweis. Dieses Ergebnis zeigt, dass – anders als man gemeinhin annimmt – eine Person mit akuter Virusinfektion der oberen Atemwege offenbar nicht notwendigerweise eine hohe Zahl von Viren freisetzt.

Und mit Maske sahen die Ergebnisse folgendermaßen aus: Ein Virus-RNA-Nachweis in Tröpfchen konnte bei 1 von 27 (mit Infektion durch Influenzaviren), bei 6 von 27 (mit Infektion durch Rhinoviren) bzw. bei 0 von 11 (mit Infektion durch Coronaviren) der genommenen Proben geführt werden. In Aerosol-Partikeln war ein Virus-RNA-Nachweis bei 6 von 27 (Influenzaviren), bei 12 von 32 (Rhinoviren) und bei 0 von 11 (Coronaviren) der Proben möglich.

Das RKI macht in seinem Beitrag aus diesen Teil-Ergebnissen eine relevante Reduktion‘ der Ausscheidung ,von Atemwegsviren über die Ausscheidungsluft‘ durch Masken [1]. Dabei gibt das RKI aber nicht an, wie gering die Viruskonzentrationen in Tröpfchen und Aerosol­Partikeln auch ohne Maske war (siehe unten). Herausgegriffen wurde vom RKI zudem nur das Ergebnis bei Probanden, die mit einem der saisonalen Coronaviren infiziert waren, als ob damit gezeigt werden könnte, dass Masken bei Coronaviren und somit auch bei SARS-CoV-2 ,wirken‘. Bei den Probanden mit den Influenza- oder Rhinovirusinfektion zeigten sich kaum Unterschiede in den Gruppen mit bzw. ohne Maske.

Das RKI hat dabei auch nicht berücksichtigt, dass eine derartige Wirkung nur erzielt werden kann, wenn Masken korrekt angelegt sind, worauf von den Studienleitern bei jedem einzelnen Probanden geachtet wurde. Niemand aber steht zur Verfügung, um den (darin völlig ungeübten) Menschen in der Öffentlichkeit zu zeigen, wie Masken korrekt getragen werden (müssen), damit sie prinzipiell wirksam sein könnten. Ob sie aber selbst dann in dem gegebenen epidemiologischen Kontext (z.B. Einkaufen, ÖPNV, Schulen, Büros) wirksam wären, müssten entsprechende Untersuchungen zeigen, die es jedoch nicht gibt.

35

Allerdings sind die Ergebnisse auch noch dadurch besonders, dass in den Proben, in denen überhaupt Virus-RNA nachgewiesen wurde (sowohl mit als auch ohne Maske), die RNA-Konzentration in Tröpfchen und in Aerosol-Partikeln durchweg extrem niedrig war (meist nur 100, also 1 RNA-Kopie pro Probe und nur vereinzelt etwas höhere Werte, die es aber auch bei den Proben mit Maske gab; die Nachweisgrenze lag bei 0,3 RNA-Kopien pro Probe), so dass durch die Maske lediglich die wenigen höheren Werte (,Ausreißer‘) ausgeglichen werden konnten – sehr niedrige Werte also angesichts der hohen Werte im respiratorischen Sekret.

In Anbetracht der effizienten Sammeltechnik und der (langen) Sammeldauer von 30 Minuten schlossen die Autoren aus ihren Ergebnissen, dass wahrscheinlich ein längerer enger Kontakt erforderlich sei, damit es überhaupt zu einer Erregerübertragung kommen kann.

Jedoch stellt sich bei der Betrachtung der Ergebnisse der Studie aus Hongkong die Frage, welche praktische Relevanz eine Maske eigentlich haben soll: Wenn nämlich (1) ein Großteil der infizierten Personen auch ohne Maske keine Virus-RNA freigesetzt hat und wenn dann (2) noch dazu bei denjenigen mit Virus-RNA-Freisetzung trotz hoher Viruskonzentrationen im Nasen-Rachensekret die RNA-Konzentrationen äußerst gering sind, spricht insgesamt wenig für einen Nutzen von Masken. Die Autoren stellen jedoch trotz der eigenen klaren Analyse fest, dass ihre Ergebnisse nahelegen, dass Masken (als OP-Maske wie in der Studie verwendet) von kranken Personen verwendet werden könnten. Sie sprechen aber auch nur von kranken, also symptomatischen Personen und keineswegs von jedem Bürger im öffentlichen Raum.

Um diese Frage, also ob die breite Anwendung von Masken im öffentlichen Raum, wenn auch nur in bestimmten Situationen, für jeden Bürger sinnvoll sind, ging es allerdings auch in dieser Studie nicht – entgegen dem Eindruck, den man beim Lesen des RKI-Beitrags gewinnen kann [1]. Die Autoren beurteilen ihre eigenen Ergebnisse durchaus kritisch (das gehört allerdings zu den üblichen Regeln in wissenschaftlichen Artikeln, dass also die Autoren selbst auf Einschränkungen ihrer Untersuchung oder von deren Aussagekraft hinweisen müssen, denn keine Studie kann perfekt sein), und zwar, weil bei einem großen Anteil der Probanden – unabhängig von der Art ihrer Virusinfektion – auch ohne Maske keine Virus-RNA-Freisetzung nachgewiesen werden konnte, und dies trotz der (langen) Messdauer von 30 Minuten. Ein weiteres Defizit sehen sie darin, dass nur in Einzelfällen und nur bei Influenzavirus untersucht wurde, ob die (in niedriger Konzentration) freigesetzte Virus-RNA aus intakten Viren stammte und diese für Zellkulturen infektiös waren.

Fazit aus der Hongkong-Studie

Als Grundlage für die Empfehlung von Masken ist die Studie nicht geeignet, denn:

Geringe Virusfreisetzung. Obwohl genau dafür als Beleg im Beitrag des RKI zitiert, liefert die Studie keinen Hinweis darauf, dass das generelle Tragen von Masken (ob professionelle OP-Masken oder sog. Community-Masken) im öffentlichen Raum (z.B. Geschäfte, ÖPNV, Schulen, Büros) das Risiko einer Infektion für die Personen reduzieren kann, denen man währenddessen begegnet – dies allerdings mit Kontaktzeiten, die im Vergleich zu der Messdauer in der Studie von 30 min in aller Regel deutlich kürzer sind. Die Studienergebnissen zeigen hingegen, dass das Risiko, mit ausgeschiedenen Viren anderer Menschen in Kontakt zu kommen, selbst wenn sie akut infiziert sind und entsprechende klinische Symptome haben, noch einmal sehr viel geringer und wahrscheinlich zu vernachlässigen ist, wenn man nicht direkt angehustet wird, eine Situation, die die meisten Menschen in der Öffentlichkeit kaum je wirklich erlebt haben werden, auch wenn gerade eine

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solche Situation als Risiko und damit als (eine) Begründung für Masken angeführt wird. Schließlich ist es nicht nachvollziehbar, dass das RKI ausgehend von einer Studie, in der gerade einmal maximal 11 Probanden mit Nachweis saisonaler Coronaviren untersucht wurden und in der die Studienleiter auch noch den korrekten Sitz der Masken überprüften bzw. ggf. korrigierten, davon spricht, dass Masken eine relevante Reduktion‘ der Virus­Freisetzung bewirkten. Erst dadurch wurde dieses wenig aussagefähige Teilergebnis der Studie zu einer Begründung dafür erklärt, dass Masken ,wirken‘. Wie aber das RKI von einem Ergebnis ausgehend von nur 11 Probanden (noch dazu mit akuter respiratorischer Infektion) auf eine ähnliche Wirkung beim Tragen von Masken durch eine Bevölkerung von knapp 80 Millionen (ohne Symptome) schließen kann, soll hier nicht hinterfragt werden.

Kurze Kontakte. Bei Begegnungen im öffentlichen Raum handelt es sich von der Lebenserfahrung her nur in wenigen Fällen um enge (< 1 m) und längerdauernde (> 15 min) face-to-face-Kontakte, die sich aber (im Gegensatz zur Patientenversorgung im Krankenhaus) in aller Regel nicht über 15 min oder mehr erstrecken. Meist geht man in der Öffentlichkeit nur kurz aneinander vorüber (z.B. Gang im Supermarkt) oder steht hintereinander (z.B. Kasse im Supermarkt) oder nebeneinander (z.B. ÖPNV). Und selbst wenn die Fahrt mit dem ÖPNV nicht nur wenige Minuten dauert, kann man sich erfahrungsgemäß nahezu immer so positionieren, dass man keinen face-to-face-Kontakt mit anderen Fahrgästen hat, auch wenn es voll sein sollte (zur Möglichkeit der Erregerübertragung durch Aerosol-Partikel siehe Teil C.). Abstand bei Gesprächen zu wahren, z.B. bei Bankgeschäften oder bei einer Beratung, z.B. in einem Buchladen, ist immer möglich – und macht Masken überflüssig.

Abstand. Dass der bei der Tröpfchenübertragung entscheidende face-to-face-Kontakt im Verlauf der Pandemie irgendwann quasi ,verloren‘ gegangen ist (zu Beginn jedenfalls war beim RKI und in den Medien noch ständig von mindestens 15-minütigem face-to-face-Kontakt als Voraussetzung für eine Erregerübertragung die Rede) und durch einen Rundum­Abstand von mindestens 1,5 m ersetzt wurde (zur selben Zeit wie die Einführung der Maskenpflicht), ist ein wichtiger Faktor für die zahlreichen Missverständnisse und Fehlinterpretationen (siehe Beweisfrage 4.): Nicht selten reagieren manche Menschen ängstlich, wenn jemand von irgendeiner Seite ,zu nahe‘ kommt. Da die Diskussion über die Rolle von ,Aerosolen‘ erst später aufkam, konnte das RKI diesen Aspekt, der sich mit dem geforderten 1,5 m-Abstand und den ,Alltagsmasken‘ nicht in Einklang bringen lässt, in seinem Beitrag noch nicht berücksichtigen [1].

  1. Einschätzung der WHO von 2019

Als weitere Quelle hat sich das RKI bei seiner ,Neubewertung‘ auf die WHO (World Health Organisation) berufen. Deshalb sollen hier nun deren Darstellungen zu der Frage folgen, welche Rolle Masken bei der Eindämmung der Pandemie spielen könnten.

Die WHO hatte 2019 in einem Übersichtsbeitrag zu sog. nicht-pharmazeutischen Maßnahmen (soll heißen: ohne Medikamente bzw. Impfung) zur Eindämmung von epidemischer und pandemischer Influenza nicht-medizinische Masken nur mit Vorbehalt zum Schutz der Allgemeinbevölkerung bei schweren Epi- und Pandemien und chirurgische Masken für symptomatische Personen bei Kontakt mit anderen Menschen empfohlen [31]. Gleichzeitig hat die WHO aber festgestellt, dass es dafür keine wissenschaftliche Belege gebe, d.h. dass man aufgrund der wissenschaftlichen Datenlage nicht wisse, ob diese Maßnahme effektiv sei, um Erregerübertragungen zu reduzieren, vielmehr beruhe die potentielle Effektivität auf Plausibilität.

Wenn eine Maßnahme nur plausibel ist, kann daraus keine wissenschaftlich begründete Wirksamkeit abgeleitet werden. Als plausibel kann man etwas bezeichnen, das für die meisten, die darüber nachdenken, irgendwie einleuchtend und nachvollziehbar ist – und deshalb könnte eine plausible Maßnahme vielleicht wirksam sein. Damit würde eine solche Theorie Anlass geben können, sie in einer wissenschaftlichen Untersuchung zu überprüfen. Eine solche Untersuchung ersetzen kann Plausibilität aber nicht. Das ist auch für wissenschaftliche Laien nachvollziehbar, sonst könnte man gleich auf jede wissenschaftliche Untersuchung verzichten, weil vieles plausibel ist. Zur Verhängung einer Maskenpflicht für (fast) die gesamte Bevölkerung in Deutschland kann Plausibilität nicht ausreichend sein.

Inzwischen sind von der WHO zwei Updates publiziert worden, die später vorgestellt werden (siehe unten).

  1. Einschätzung des ECDC

Das ECDC (European Centre for Disease Prevention and Control) ist die wissenschaftliche Gesundheitsbehörde der europäischen Union (EU). Die Empfehlungen des ECDC haben deshalb für die einzelnen europäischen Nationalstaaten, aber auch über die EU hinaus international Bedeutung, und natürlich berücksichtigt das RKI auch die Verlautbarungen des

ECDC.

Das ECDC machte im April 2020 zur potentiellen Effektivität von Masken gegen die Übertragung des neuen Coronavirus nur vage Angaben [32] und hat sich u.a. auf die Stellungnahme der WHO von 2019 berufen [31]. Es gebe, so das ECDC, begrenzte indirekte Belege dafür, dass nicht-medizinische Masken (aus verschiedenen Materialien) die Freisetzung respiratorischer Tröpfchen in die Umgebung beim Husten reduzieren können, die verfügbare Datenlage lege aber nahe, dass nicht-medizinische Masken bei der Kontrolle der Erregerquelle (,source control‘ = Fremdschutz) weniger effektiv seien als medizinische Masken.

Das ECDC sagt aber auch, dass man nicht etwa aus der Tatsache schließen könne, dass in asiatischen Ländern, in denen das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit häufig sei, deshalb die Corona-Infektionsraten in manchen dieser Länder niedriger seien, und zwar, weil es dort neben dem Gebrauch von Masken zahlreiche weitere Maßnahmen gebe, die praktiziert werden, um das Infektionsrisiko zu reduzieren. Beispielsweise sei in diesen Ländern das Bewusstsein für die sog. respiratorische Etikette und für die Händehygiene stärker ausgeprägt als anderswo.

Der Gebrauch von (nicht-medizinischen) Masken in der Öffentlichkeit könne in erster Linie als Mittel der ,source control‘ dienen, solle aber nur als eine zusätzliche Maßnahme in Betracht gezogen werden, jedoch nicht als Ersatz für die zentralen Präventionsmaßnahmen, zu denen u.a. sorgfältige Händehygiene sowie die Vermeidung von eigenen Hand­Gesichtskontakten (Augen, Nase, Mund) gehörten. Das ECDC hat in seiner Veröffentlichung zahlreiche Argumente für bzw. gegen den Gebrauch von Masken aufgeführt.

Zusammenfassend sagt das ECDC in der Veröffentlichung vom April 2020, dass bei der Empfehlung für den Gebrauch von Masken in der Öffentlichkeit die Lücken der wissenschaftlichen Datenlage und die möglichen negativen Auswirkungen sorgfältig in Betracht gezogen werden müssten. Sie sollen nur als ergänzende Maßnahme erwogen werden, dürften aber nicht dazu führen, dass die etablierten Maßnahmen insbesondere der sorgfältigen Händehygiene und der Vermeidung eigener Hand-Gesichtskontakte (Augen, Nase,   Mund)  beeinträchtigt werden.  Also  auch  hier ist  keine  Rede  von einer

wissenschaftlichen Grundlage für den Einsatz von Masken in der Öffentlichkeit und keine klare Empfehlung für den Einsatz von Masken in der normalen Bevölkerung.

Im Februar 2021 hat das ECDC ein erstes Update dazu veröffentlicht und äußert darin die gleiche Einschätzung wie im Frühjahr 2020 [33]. Schon im ersten Satz der Schlüsselbotschaften heißt es:

,The role of face masks in the control and prevention of COVID-19 remains an issue of debate.‘

Das ECDC sagt weiter in der Zusammenfassung:

  1. Die Belege für die Effektivität medizinischer Masken in der Bevölkerung zur Prävention von COVID-19 seien mit einem kleinen bis mäßigen protektiven Effekt vereinbar, es gebe aber immer noch bedeutende Unsicherheiten über die Größe des Effekts.
  2. Bezogen auf nicht-medizinische Masken, Gesichtsvisiere und FFP2-Masken in der Öffentlichkeit sei die Effektivität spärlich und mit sehr geringer Sicherheit verbunden. Es seien hochwertige Studien erforderlich, um die Relevanz des Gebrauchs von medizinischen Masken in der COVID-19-Pandemie zu bewerten.

Letztlich empfiehlt das ECDC dennoch in bestimmten Situationen das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit, z.B.: wenn es Übertragungen in der Allgemeinheit gibt und in dieser Situation bei Aufenthalt in geschlossenen öffentlichen Bereichen oder auch in Haushalten für symptomatische Personen und dann ebenfalls für die anderen Personen des Haushalts.

Das ECDC hält aber auch fest, aufgrund der gegebenen (also: fehlenden) wissenschaftlichen Belege keine Empfehlung geben zu können, ob in der Öffentlichkeit eher medizinische oder nicht-medizinische Masken verwendet werden sollten.

Weiter heißt es beim ECDC, dass die sehr begrenzte wissenschaftliche Evidenz in Bezug auf die Verwendung von FFP2-Masken deren verpflichtenden Gebrauch in der Öffentlichkeit anstelle anderer Maskentypen nicht unterstütze. Obwohl nicht zu erwarten sei, dass FFP2-Masken den anderen Maskentypen unterlegen seien, sollten die Schwierigkeiten, ihren korrekten Sitz und Gebrauch in der Öffentlichkeit zu erreichen, wie auch die potentiellen Nachteile durch erschwertes Atmen in Betracht gezogen werden.

Weiterhin heißt es wie bereits in dem Report vom April 2020, dass Masken die anderen präventiven Maßnahmen nicht ersetzen dürften: (1) physischer Abstand, (2) bei Krankheit zu Hause bleiben, (3) Arbeit via Telekommunikation, falls möglich, (4) respiratorische Etikette, (5) sorgfältige Händehygiene, (6) Kontakt der Hände mit dem Gesicht (Augen, Nase, Mund) vermeiden.

Und schließlich: Der angemessene Gebrauch von Masken und die Verbesserung der Compliance mit ihrem Gebrauch, seien, wenn sie als Präventionsmaßnahme für die öffentliche Gesundheit empfohlen werden, der Schlüssel für die Effektivität dieser Maßnahme und können durch Schulungskampagnen verbessert werden.

  1. Empfehlungen der CDC

Als weitere Gesundheitsbehörde von internationaler Bedeutung führt das RKI die US-amerikanischen CDC (Centers for Disease Control and Prevention) an, zitiert dazu aber keine Veröffentlichung. Die CDC äußern sich ähnlich wie WHO und ECDC, berufen sich aber zum damaligen Zeitpunkt gar nicht erst auf wissenschaftliche Belege, außer in Bezug auf die frühzeitige Erregerausscheidung am Ende der Inkubationszeit [34]: Auch von dieser Seite gab es also keine wissenschaftliche Unterstützung des RKI bei seiner Maskenempfehlung.

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Ein wissenschaftliches Update wurde von den CDC im November 2020 veröffentlicht, jedoch sind sowohl die darin enthaltenen Informationen als auch die wissenschaftliche Basis sehr begrenzt, weil es keine aussagefähigen Daten für die ,Reale-Welt-Wirksamkeit gibt [35]. Dennoch aber empfehlen die CDC am Schluss des Beitrags das Tragen von Masken und gehen sogar so weit festzustellen, dass die Verwendung von Masken in der Öffentlichkeit künftige Lockdowns verhindern könne, insbesondere wenn dies mit anderen nicht­pharmazeutischen Interventionen, wie Abstand, Händehygiene und adäquatem Lüften, verbunden werde.

Die CDC empfehlen also ein ,Bündel‘ von Maßnahmen, ohne dass die einzelnen Maßnahmen des Bündels in ihrer Effektivität nachvollziehbar belegt sind, wie es neben den Masken ebenso für Lüften (siehe Teil C.) und Abstand (siehe Beweisfrage 4) gilt. Die Bedeutung der Händehygiene ist sehr wahrscheinlich hoch, obwohl man auch feststellen muss, dass man sich in der Öffentlichkeit nie häufig genug die Hände waschen (oder desinfizieren) kann, damit es effektiv, also protektiv sein kann, weshalb die Vermeidung eigener Hand-Gesichtskontakte, wenn man unterwegs ist, als deutlich wichtiger zu betrachten ist als das Waschen oder Desinfizieren der Hände.

Wie alle anderen internationalen Gesundheitsbehörden halten auch die CDC an der Masken­Empfehlung fest, obwohl einerseits die erforderlichen wissenschaftlichen Daten fehlen und andererseits Masken von den nicht darin geübten Bürgern nicht korrekt verwendet werden (können), so dass sie zum Kontaminationsrisiko werden (siehe Teil B.). Angesichts dieser erheblichen Einschränkungen wird dennoch von den CDC nicht einmal ansatzweise eine Abwägung der Maßnahme mit ihren potentiellen Nachteilen für alle Menschen und im Besonderen für Kinder jeden Alters versucht.

  1. Aktualisierter Cochrane-Review

Cochrane-Reviews sind aktuelle (oder ggf. aktualisierte, wenn die Ursprungsarbeit schon früher erschien) systematische Übersichtsarbeiten (meist mit Metaanalyse, d.h. einer statistischen Auswertung verschiedener Studien zum selben Thema) und sind deshalb für jeden Autor von Bedeutung, wenn es um die wissenschaftliche Grundlage einer Fragestellung geht. Somit zieht das RKI für seine Maskenempfehlung auch den entsprechenden Cochrane-Review heran.

In einem 2020 aktualisierten Cochrane-Review werden u.a. Studien zur Effektivität von Masken bei der Reduktion der Verbreitung respiratorischer Viren ausgewertet [36, 37]. Als Preprint stand dieser Review dem RKI für seine Veröffentlichung zur Verfügung [36], die endgültige Publikation erschien erst Ende 2020 [37]. In den darin ausgewerteten Studien ging es jedoch nicht um das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit, wie es in Deutschland für alle Bürger in bestimmten Situationen (Geschäfte, ÖPNV, manchmal sogar auch im Freien) zur Pflicht gemacht wurde.

Vielmehr wurden Untersuchungen in ganz anderen Settings ausgewertet, und somit ist es irreführend, wenn es im Text des RKI-Beitrags, in dem es ja explizit um den Gebrauch von Masken in der Öffentlichkeit geht, dazu heißt [1]:

,In einer Aktualisierung ihres Cochrane Reviews aus dem Jahre 2003 empfehlen die Autoren, basierend auf Beobachtungsstudien während des SARS-Ausbruchs, den Einsatz von Masken ebenfalls in Kombination mit anderen Maßnahmen‘.

Einbezogen wurde in den aktuellen Review von 2020 z.B. eine Untersuchung bei einem großen religiösen Treffen in Australien, bei dem überprüft werden sollte, ob das Tragen von

Masken (professionelle chirurgische Masken) bei Teilnehmern mit respiratorischer Infektion die Erregerübertragung innerhalb solcher Massenveranstaltungen mit engem Kontakt (z.B. Aufenthalt in Zelten) zwischen den Teilnehmern reduzieren könne.

In eine andere Studie wurden von niedergelassenen Ärzten in Frankreich bei Hausbesuchen Haushalte aufgenommen, in denen es Influenzafälle gab. Die erkrankten Personen sollten eine (professionelle chirurgische) Maske tragen, die restlichen Mitglieder des Haushalts nicht. Ermittelt werden sollte die Rate der Übertragungen auf andere Mitglieder des Haushalts. Ebenso ging es in einer weiteren Studie aus Australien um den Effekt von Masken in Haushalten mit erkrankten Mitgliedern. Daneben gab es weitere Studien, in denen der Effekt von Händehygiene zusammen mit Masken untersucht wurde, so z.B. bei zwei Untersuchungen in Studentenwohnheimen, also in einer gewissermaßen großen Wohngemeinschaft.

Sämtlich waren es also Studien, die nichts – auch nicht im weiteren Sinne – mit dem Tragen von Masken in der Öffentlichkeit (Geschäfte, ÖPNV, Schulen etc.) zu tun haben. Die meisten der im Cochrane-Review zitierten Studien wurden darüber hinaus bei medizinischem Personal durchgeführt und spielen deshalb bei der Frage, ob Masken in der Öffentlichkeit einen Sinn haben, keine Rolle.

Zusammenfassende Beurteilung der vom RKI zitierten wissenschaftlichen Grundlage für die Maskenempfehlung im öffentlichen Raum

Masken nicht evidence-based. Es gibt aus der im Beitrag des RKI zitierten Fachliteratur keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Masken (ganz gleich welcher Art), die von der normalen Bevölkerung im öffentlichen Raum (Geschäfte, ÖPNV, Schulen etc.) getragen werden, die Erregerübertragung bei respiratorischen Infektionen reduzieren können. Ob es also möglich ist, damit

,eine nachhaltige Reduktion der Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung und sinkende Neuerkrankungszahlen zu erreichen‘,

wie es im RKI-Beitrag heißt, ist unbewiesen, und ebenso fehlen wissenschaftliche Belege dafür, dass der zusätzliche Gebrauch von Masken in der Bevölkerung bewirken könnte, dass sich damit mehrere Komponenten (…) gegenseitig ergänzen‘ [1].

Denn auch das, also das behauptete Zusammenwirken verschiedener Maßnahmen (in einem sog. ,Bündel‘), muss bewiesen sein und kann nicht einfach nur angenommen oder für plausibel gehalten werden. Die sog. AHA-Formel wurde erst später (von einer Werbeagentur – ähnlich wie in Österreich der ,Baby-Elefanten‘-Abstand) eingeführt.

An sich folgerichtig heißt es im RKI-Beitrag u.a. sehr zurückhaltend [1]:

Eine teilweise Reduktion dieser unbemerkten Übertragung von infektiösen Tröpfchen durch das Tragen von MNB könnte (Hervorhebung in diesem Gutachten) auf Populationsebene zu einer weiteren Verlangsamung der Ausbreitung beitragen‘,

eine Formulierung, die im wissenschaftlichen Diskurs wegen offensichtlich fehlender Belege für die folgenschwere Masken-Empfehlung des RKI, nicht adäquat ist.

Unbemerkte Übertragungen. Das RKI führt keine Belege für die Aussage am Anfang des Beitrags an, dass es eine zunehmende Evidenz dafür gebe, ,dass ein hoher Anteil von Übertragungen unbemerkt erfolgt‘. Man muss festhalten: Genau diese angebliche Möglichkeit der unbemerkten Übertragung war der Grund für die Neubewertung‘ von Masken in der Öffentlichkeit durch das RKI. Schon damals aber gab es keine Belege dafür.

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Normalerweise entwickelt sich die Wissenschaft, und die daraus abgeleiteten Maßnahmen orientieren sich an diesen Entwicklungsschritten. Beim Thema der unbemerkten Übertragung verharrt aber das RKI bei der vor nahezu einem Jahr festgelegten, aber schon damals nicht erschöpfenden Darstellung: Die wissenschaftlichen Grundlagen wurden im Frühjahr 2020 nicht und werden weiterhin nicht einbezogen.

Epidemiologischer Zusammenhang entscheidend. Zwar führt das RKI in dem Beitrag an, dass

,Ausbruchsuntersuchungen und Modellierungsstudien‘ (zeigten), dass ,die rasche Ausbreitung von SARS-CoV-2 auf einem hohen Anteil von Erkrankungen beruhe, die initial mit nur leichten Symptomen beginnen, ohne die Erkrankten in ihrer täglichen Aktivität einzuschränken. Bereits 1 – 3 Tage vor Auftreten der Symptome kann es zu einer Ausscheidung von hohen Virusmengen kommen. Eine teilweise Reduktion dieser unbemerkten Übertragung von infektiösen Tröpfchen durch das Tragen von MNB könnte (Hervorhebung für dieses Gutachten) auf Populationsebene zu einer weiteren Verlangsamung der Ausbreitung beitragen.‘ [1].

Doch handelt es sich dabei, wie bereits oben erwähnt, um bekannte Tatsachen, die nichts mit den angeblich neuen wissenschaftlichen Belegen für die Wirksamkeit von Masken im öffentlichen Raum zu tun haben.

Außerdem spiegeln Ausbrüche in umschriebenen Settings, z.B. in Pflegeheimen oder in Unterkünften für Asylbewerber bzw. für Mitarbeiter in Schlacht- oder landwirtschaftlichen Betrieben, eine völlig andere epidemiologische Situation wider als der Aufenthalt von Menschen im öffentlichen Raum (sie dürften deshalb auch nicht mit der Gesamtzahl der jeweils positiv getesteten Personen in die Berechnung der Inzidenz-Zahlen aufgenommen werden, sondern es dürfte von jedem Ausbruch immer nur ein Fall, der sog. Index-Fall, gezählt werden, aber das ist eine andere Problematik). Modellierungsstudien können, wie eingangs dargestellt, keine Erkenntnisse über die zu erwartende Wirklichkeit liefern [38].

Trotz all dieser offensichtlichen Einschränkungen in der Aussagefähigkeit der angeführten angeblichen Belege endet der Beitrag des RKI mit der Aussage [1]:

,In dem System verschiedener Maßnahmen ist (Hervorhebung für dieses Gutachten) ein situationsbedingtes generelles Tragen von MNB (oder MNS, wenn die Produktionskapazität dies erlaubt) in der Bevölkerung ein weiterer Baustein, um Übertragungen zu reduzieren‘.

Das RKI wechselt von ,kann‘ und ,könnte‘ zu ,ist‘ oder: vom Möglichen zum Tatsächlichen -mit erheblicher Auswirkung. Nachdem sich nämlich das RKI auf den ersten beiden Seiten nur eher vorsichtig zu den möglichen positiven Auswirkungen geäußert hat (,könnte‘, ,kann‘), spricht es in diesem letzten Satz mit ,ist‘ aber so, als ob das Tragen von Masken tatsächlich, also durch die Ergebnisse wissenschaftlicher Untersuchungen bestätigt, ein solcher Baustein wäre, dies allerdings, ohne dass dafür eine wissenschaftliche Grundlage angeführt würde (und könnte).

Diese Formulierung am Ende des Beitrags mag für all die Leser (z.B. Journalisten) gewählt worden sein, die nur den letzten Satz (oder Absatz) eines Artikels lesen, weil dort oft ein (leicht lesbares) kurz gefasstes Resümee gegeben wird. Bei den Lesern hängen bleibt damit der Eindruck, dass eine positive Wirkung der Maskenempfehlung für den öffentlichen Raum eine ,Tatsache‘ darstellt – was jedoch gerade nicht der Fall ist, wie gezeigt wurde und anhand später publizierter Fachliteratur noch weiter gezeigt werden wird. Für die Politik war

diese Aussage jedoch essentiell, um die Maskenpflicht verhängen zu können, weil damit das RKI als die entscheidende wissenschaftliche Behörde Deutschlands für die Prävention von Infektionen, der zumindest die Verwaltungsgerichte in aller Regel eine hohe Bedeutung zumessen, die entscheidende Begründung der Maskenpflicht geliefert hat.

Fazit

Zum Zeitpunkt der Publikation des RKI wurden weder vom RKI noch von der WHO (2019) noch von ECDC oder CDC wissenschaftliche Daten für eine positive Wirkung von Masken in der Öffentlichkeit (i.S. einer reduzierten Ausbreitungsgeschwindigkeit von COVID-19 in der Bevölkerung‘ [1]) vorgelegt, weil es – und dies gilt auch noch derzeit, also etwa ein Jahr später (siehe unten) – solche Daten nicht gibt [1, 31 – 35]. Ebenso stützt auch das Update des Cochrane-Reviews die Anwendung von Masken im öffentlichen Raum nicht [36, 37]. Dies wurde bereits durch zwei weitere Reviews der relevanten Literatur vom April 2020 bestätigt [39, 40]. Dasselbe gilt erst recht für die schon vor mehreren Jahren durchgeführte Studie aus Hongkong [30].

Weitere Publikationen zur Effektivität von Masken

Erst im Anschluss an die Neubewertung‘ des RKI [1] erschienen eine Reihe von Veröffentlichungen, die zum größeren Teil auch in den Medien aufgegriffen wurden. Sie werden im Folgenden besprochen.

  1. Die Einschätzung der WHO von 2020

In der Empfehlung der WHO vom Juni 2020 heißt es zu Masken in der Öffentlichkeit (wie bereits in einer vorangegangenen Empfehlung dazu vom April), dass es keine wissenschaftlichen Daten gebe, dass das Tragen von Masken (medizinische Masken bis hin zu sog. Community-Masken) durch (anscheinend) gesunde Personen, also Menschen ohne Symptome einer oberen Atemwegsinfektion, im öffentlichen Setting vor Infektionen mit respiratorischen Viren, incl. solche durch das Coronavirus, schützen könne [41]. Die WHO hat sich mit dieser neuen Empfehlung also ein weiteres Mal nicht für das generelle Tragen von Masken in der Öffentlichkeit ausgesprochen, auch wenn dies in den Medien anders interpretiert wurde.

In der Empfehlung vom Juni 2020 geht die WHO allerdings (neben dem Gebrauch von Masken im medizinischen Bereich) erstmals ausführlich auf den Gebrauch von Masken durch die Bevölkerung im öffentlichen Raum ein und macht dazu differenzierte Angaben. Danach solle in bestimmten Situationen des öffentlichen Lebens das Tragen von Masken gefördert werden – von der WHO also nicht als ,Vorschrift‘ oder ,Pflicht‘ gedacht. Wichtig ist aber, dass die WHO diese Empfehlung nur gibt für Gebiete (z.B. Landkreise) mit (1) bekannter oder vermuteter ausgedehnter Übertragung außerhalb von lokalisierbaren Ausbrüchen, sozusagen viele Infektionen in der Fläche, nicht an einzelnen Hotspots, und in einer solchen epidemiologischen Situation (2) bei Gelegenheiten (z.B. ÖPNV), in denen Abstandhalten schwierig ist. Dann könne dies eine zusätzliche Maßnahme und Teil eines umfassenden Vorgehens sein, um die Coronavirus-Übertragung zu unterdrücken. Die WHO stellt aber gleichzeitig fest, dass es dafür keine direkten wissenschaftlichen Belege gebe (also wie in der früheren Empfehlung von 2019 [31] handelt es sich lediglich um Plausibilität) und dass neben möglichen Vorteilen auch Nachteile bedacht werden müssen.

Ein Update der Veröffentlichung vom Juni 2020 erschien im Dezember 2020 [42]. Es ist jedoch nicht grundlegend anders als die Guideline vom Juni. Für die Normalbevölkerung

werden ausschließlich nicht-medizinische Masken empfohlen. Medizinische Masken sollen Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Komplikationen verwenden, wenn ein Abstand von mindestens 1 m nicht eingehalten werden kann. Wer für Personen sorgt, bei denen der Verdacht auf COVID-19 besteht oder bei denen die Infektion festgestellt worden ist, soll eine medizinische Maske tragen, solange man im selben Zimmer ist.

Zu Kindern äußert sich die WHO folgendermaßen:

  • Kinder bis 5 Jahre sollen keine Maske zum Fremdschutz tragen.
  • Bei Kinder zwischen 6 und 11 Jahren soll die Entscheidung am Risiko festgemacht werden: Fähigkeit des Kindes, die Maske korrekt zu verwenden und Verfügbarkeit von Erwachsenen für die Supervision, lokale soziale und kulturelle Umgebung, spezielle Settings, wie Haushalte mit älteren Angehörigen oder Schulen
  • Ab dem Alter von 12 Jahren gelten dieselben Grundsätze wie bei Erwachsenen
  • Spezielle Entscheidungen sind für immunsupprimierte Kinder, für Kinder mit cystischer Fibrose oder mit gewissen anderen Erkrankungen (z.B. Karzinom) erforderlich und ebenso für Kinder jeden Alters mit Entwicklungsverzögerungen, Behinderungen oder anderen spezifischen gesundheitlichen Bedingungen, die das Tragen von Masken behindern.

Die WHO weist wie das ECDC darauf hin, dass der Gebrauch von Masken allein, auch wenn sie korrekt verwendet werden, nicht ausreichend ist, um ein adäquates Schutzniveau für nicht-infizierte Personen zu gewährleisten oder die Übertragung ausgehend von einer infizierten Person (Fremdschutz) zu verhindern. Händehygiene, physischer Abstand von mindestens 1 m, respiratorische Etikette, adäquate Belüftung von geschlossenen Räumen, Testen, Kontaktnachverfolgung, Quarantäne, Isolation und andere Infektionsschutzmaßnahmen und Infektionskontrollmaßnahmen seien, ob Masken benutzt werden oder nicht, entscheidend, um die Erregerübertragung von Mensch zu Mensch zu verhindern.

Die WHO gibt sehr eine ausführliche Anleitung dafür, worauf für den korrekten Gebrauch von Masken zu achten ist:

  • Händehygiene vor Anlegen der Maske durchführen (keine Angabe, was genau damit gemeint ist, d.h. Händewaschen oder Händedesinfektion)
  • Masken auf Schäden untersuchen und keine beschädigten Masken verwenden
  • Maske sorgfältig aufsetzen und darauf achten, dass Nase und Mund vollständig bedeckt sind, den Nasenbügel und die Bänder so anpassen, dass Lücken zwischen Gesicht und Maske minimiert werden. Wenn Ohrbänder verwendet werden, sicherstellen, dass sie sich nicht überkreuzen, weil dadurch die Lücke zwischen Gesicht (Wange) und Maske vergrößert wird.
  • Während die Maske getragen wird, soll vermieden werden, sie zu berühren. Wenn sie aber aus Versehen berührt wurde, soll Händehygiene durchgeführt werden
  • Maske mit angemessener Technik abnehmen, d.h. nicht die Vorderseite berühren, sondern stattdessen die Bänder von hinten lösen
  • Maske durch eine neue, trockene Maske ersetzen, sobald sie feucht geworden ist
  • Entweder die Maske wegwerfen oder in einen sauberen, wiederverschließbaren Plastikbeutel legen, wo sie bleiben kann, bis sie gewaschen und gesäubert wird. Die Maske nicht an den Bändeln um Arm oder Handgelenk tragen oder unter das Kinn bzw. in den Nacken schieben
  • Händehygiene unmittelbar nach Entsorgung der Maske durchführen
  • Masken zum 1x-maligen Gebrauch nicht wiederverwenden
  • Einweg-Masken nach jeder Benutzung korrekt entsorgen

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  • Maske nicht beim Sprechen abnehmen
  • Maske nicht mit anderen Personen gemeinsam benutzen
  • Stoffmasken vorzugsweise bei 60°C mindestens einmal pro Tag waschen. Wenn es nicht möglich ist, die Maske in heißem Wasser zu waschen, dann die Maske mit Seife in kaltem Wasser waschen und anschließend für 1 min in kochendes Wasser geben

Zur wissenschaftlichen Evidenz bezogen auf den protektiven Effekt von Masken in der Öffentlichkeit sagt die WHO:

,At present there is only limited and inconsistent scientific evidence to support the effectiveness of masking healthy people in the community to prevent infection with respiratory viruses, including SARS-CoV-2′

[Ref.: Chou R et al., Living Systematic Review, in diesem Gutachten Nr. 88 – 93].

Trotz der von der WHO angeführten begrenzten und widersprüchlichen wissenschaftlichen Evidenz für eine Effektivität von Masken bei gesunden Menschen in der Öffentlichkeit, wird die Verwendung von Masken in der Öffentlichkeit zusätzlich zu allen anderen Maßnahmen (siehe oben) bei bekannter oder vermuteter Übertragung in der Bevölkerung oder bei Ausbrüchen geraten. Wenn Entscheidungsträger den Gebrauch von Masken für die allgemeine Bevölkerung in Betracht ziehen, sollen sie ihre Entscheidung auf das gegebene Risiko stützen.

  1. Innerhalb von geschlossenen Räumen (Indoor-Settings)
  • Bei schlechter Belüftung unabhängig vom physischen Abstand; begrenzte oder keine Öffnung von Fenstern oder Türen für natürliche Belüftung; das Belüftungssystem funktioniert nicht richtig oder kann nicht beurteilt werden
  • Bei adäquater Belüftung, wenn der physische Abstand von mindestens 1 m nicht eingehalten werden kann
  • In Haushalten, wenn ein Besucher da ist, der nicht zum Haushalt gehört und wenn die Belüftung schlecht ist, begrenzte Öffnung von Fenstern und Türen für eine natürliche Belüftung oder wenn das Belüftungssystem nicht richtig funktioniert unabhängig davon, ober der physische Abstand von mindestens 1 m eingehalten werden kann
  • In Haushalten mit adäquater Belüftung, wenn der physische Abstand von mindestens 1 m nicht eingehalten werden kann
  1. Außerhalb von geschlossen Räumen (Outdoor-Settings)
  • Wenn der physische Abstand von mindestens 1 m nicht eingehalten werden kann
  • Personen mit erhöhtem Risiko für schwere Komplikationen bei COVID-19 sollen in jedem Setting, wo der physische Abstand nicht eingehalten werden kann, eine medizinische Maske tragen
  1. Bei sportlichen Aktivitäten
  • Personen, die Sport treiben, sollen dabei keine Maske tragen, weil Masken die Fähigkeit, leicht zu atmen, beeinträchtigen
  • In Innenräumen soll auf eine gute Lüftung geachtet werden und zusätzlich auf sorgfältige desinfizierende Reinigung der Umgebung, insbesondere von Oberflächen mit häufigem Handkontakt.

Die Entscheidungsträger sollen, wenn Masken für die Bevölkerung im öffentlichen Raum empfohlen werden, folgende Punkte berücksichtigen:

  • Der Zweck der Maske soll klar kommuniziert werden, d.h. wo, wann, wie und welcher Maskentyp getragen werden soll. Es solle erklärt werden, was mit Masken erreicht

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werden könne und was nicht. Ferner solle klargestellt werden, dass die Maske nur ein Teil eines Maßnahmenpaketes sei zusammen mit Händehygiene, physischer Distanz u.a., die alle notwendig seien und sich gegenseitig verstärken sollen.

  • Die Menschen sollen darüber informiert und darin trainiert werden, wann und wie Masken sicher verwendet, d.h. angelegt, getragen, abgelegt, gereinigt und entsorgt werden.
  • Die Umsetzbarkeit des Gebrauchs, Versorgungs- und Nachschubfragen, soziale und psychologische Akzeptanz (sowohl des Tragens und des Nicht-Tragens verschiedener Maskentypen unter unterschiedlichen Bedingungen) sollen berücksichtigt werden.
  • Es sollen fortlaufend wissenschaftliche Daten und Evidenz über die Effektivität des Maskengebrauchs (incl. verschiedener Maskentypen oder von anderen Gesichtsbedeckungen wie Tücher) gesammelt werden.
  • Die Auswirkungen (positiv, neutral oder negativ) des Maskengebrauchs in der allgemeinen Bevölkerung sollen ausgewertet werden (incl. Verhaltens- und Sozialwissenschaft).

Potentielle Vorteile von Masken bei gesunden Menschen in der Öffentlichkeit

  • Freisetzung respiratorischer Tröpfchen mit infektiösen Viruspartikeln reduziert, einschließlich von infizierten Personen, bevor sie Symptome entwickeln
  • Reduziertes Potential für Stigmatisierung und größere Akzeptanz des Maskentragens, um die Infektion von anderen Personen zu verhindern oder bei Personen, die Patienten mit COVID-19 in nicht-medizinischen Settings versorgen
  • Die Menschen bekommen das Gefühl vermittelt, dass sie dazu beitragen können, die Verbreitung des Virus zu stoppen
  • Förderung gleichlaufender Verhaltensmuster zur Prävention von Übertragungen, wie Händehygiene und Vermeidung der Berührung von Augen, Nase und Mund
  • Prävention der Übertragung anderer respiratorischer Erkrankungen wie Tuberkulose und Influenza sowie Reduzierung der Belastung durch diese Krankheiten während der Pandemie

Potentielle Nachteile von Masken bei gesunden Menschen in der Öffentlichkeit

  • Kopfschmerzen und Schwierigkeiten beim Atmen abhängig von der Art der Maske
  • Entwicklung von Hautläsionen im Gesicht, nicht-allergische Kontakt-Dermatitis oder Verschlechterung von Akne bei häufigem Gebrauch für viele Stunden
  • Schwierigkeit, klar verständlich zu kommunizieren, insbesondere mit Personen, die taub oder schwerhörig sind oder von den Lippen ablesen
  • Unbehagen
  • Falsches Gefühl von Sicherheit, das möglicherweise dazu führt, dass man sich weniger an andere entscheidende Präventionsmaßnahmen hält, wie physischer Abstand und Händehygiene
  • Schlechte Compliance mit dem Maskentragen, besonders bei jüngeren Kindern
  • Fragen des Abfallmanagements, ungeeignete Maskenentsorgung, die zu vermehrtem Abfall in der Öffentlichkeit und zu Umweltgefährdungen führt
  • Schäden und Schwierigkeit beim Maskentragen, insbesondere für Kinder, bei Personen mit Entwicklungsverzögerungen, mit geistigen Behinderungen, mit kognitiven Einschrän­kungen, mit Asthma oder chronischen respiratorischen oder Atemproblemen, bei Personen, die Verletzungen im Gesicht oder vor kurzem eine kieferchirurgische OP hatten bei und Personen, die in heißen und feuchten Klimazonen leben

Resümee der WHO-Verlautbarungen

Obwohl die WHO auch in der aktuellsten Stellungnahme vom Dezember 2020 (im Übrigen wie zuvor im Juni 2020) ausdrücklich feststellt, dass die wissenschaftlichen Belege, die für eine Effektivität von Masken in der Öffentlichkeit bei der Prävention respiratorischer Infektionen (einschließlich durch SARS-CoV-2) sprechen, zum gegenwärtigen Zeitpunkt nur begrenzt und noch dazu widersprüchlich sind, spricht sie dennoch eine Empfehlung für Masken in bestimmten epidemiologischen Situationen für die normale Bevölkerung aus.

Bei der Masken-Empfehlung der WHO handelt es sich also nicht um eine wissenschaftlich begründete Empfehlung. Ob tatsächlich politisches Lobbying dahinter stand, muss hier nicht diskutiert werden, aber es muss festgehalten werden, dass die WHO als wissenschaftliche Gesundheitsbehörde der UNO für die gesamte Welt ihre Maskenempfehlung gerade nicht auf einer wissenschaftlichen Basis getroffen hat. Dies zeigen die Ergebnisse der in diesem Gutachten ausgewerteten wissenschaftlichen Fachliteratur:

Danach gibt es keine wissenschaftlichen Belege dafür, dass Masken, die von gesunden Menschen in der Öffentlichkeit, z.B. beim Einkaufen, im ÖPNV, in Büros und Schulen, getragen werden müssen, einen nachvollziehbaren und quantifizierbaren Beitrag dabei leisten, die Ausbreitung des neuen Coronavirus auch nur zu reduzieren.

Die möglichen Vorteile, die die WHO im Zusammenhangmit dem Tragen von Masken anführt, sind deshalb zum einen die mehr oder weniger evidente (im deutschen Sinne, also: offensichtliche) Feststellung, dass dadurch die Verbreitung virushaltiger respiratorischer Tröpfchen reduziert werden könne. Zum anderen handelt es sich bei den angeführten potentiellen Vorteilen lediglich um mögliche Auswirkungen auf psychologischer Ebene.

Die WHO empfiehlt für die Bevölkerung ausschließlich nicht-medizinische Masken und nach wie vor nur in besonderen epidemiologischen Situationen und damit auch nur in umschriebenen Regionen mit hohen Infektionszahlen in der Fläche sowie lokal bei Ausbrüchen, ohne aber einen Anhalt für das Ausmaß der Fallzahlen zu geben, auf jeden Fall aber nicht als allgemeine (landesweite) Maskenpflicht, wie es Deutschland seit dem Frühjahr 2020 erlebt. Als Grundlage für die generelle Maskenpflicht kann die WHO-Empfehlung deshalb ebenfalls nicht herangezogen werden.

  1. Lancet-Review

Auch der Anfang Juni 2020 erschienene systematische Review mit Metaanalyse publiziert im angesehenen Medizinjournal ,The Lancet‘ liefert keine Hinweise für eine Wirksamkeit von Masken im öffentlichen Raum [43]. Aber gerade diese Publikation wurde und wird weiterhin als Beleg angeführt, wenn es darum geht, ob Masken in der Öffentlichkeit wirksam seien. Für eine solche Aussage gibt es aber in dem Artikel selbst keine Grundlage.

Dieser sog. ,urgent Review‘ war die Grundlage für die WHO-Empfehlung vom Juni 2020 [41] (und wurde im Übrigen von der WHO in Auftrag gegeben und gefördert). Darin geht es -neben physischer Distanz und Augenschutz – zwar auch um Masken, aber nicht um das Tragen von Masken im öffentlichen Raum zum Fremdschutz. In den meisten dort behandelten 44 vergleichenden Studien, die in die Metaanalyse eingeschlossen werden konnten, geht es vielmehr um SARS bzw. MERS, in 7 davon um COVID-19, aber – und das ist hier entscheidend (nicht die Erreger) – in keinem Fall um eine Untersuchung, die Rückschlüsse auf das Tragen von Masken im öffentlichen Raum aus Gründen des Fremdschutzes zuließe.

Wenn man die Zusammenfassung des ,Lancet-Review‘ liest und danach die Abbildung 4 mit der Metaanalyse der Studien anschaut, in denen das Tragen von Masken ausgewertet wurde, könnte man auf den ersten Blick sagen: Masken sind in ihrer Wirksamkeit gut belegt. Wenn man sich aber nur ein bisschen in die Abbildung vertieft, sieht man, dass fast alle Einzelstudien im Krankenhaus-Setting durchgeführt wurden und nur drei im Non-Healthcare-Setting (alle zu SARS-1) [44 – 46], dies aber auch nicht wie bei der Maskenpflicht in Deutschland zum Fremdschutz in der Öffentlichkeit, sondern zum Eigenschutz in der Familie (1 x) [44] oder beim Verlassen der Wohnung (1 x) [45]. Als protektive Faktoren wurden in dieser Studie im Übrigen auch der Besuch von Bauernmärkten und der Besitz von Haustieren ermittelt, also Faktoren, die man eher als risikoerhöhend ansehen könnte oder, anders ausgedrückt, für deren Schutzwirkung es keine rationale Erklärung gibt. Daraus kann man schließen, dass sog. Confounder (Störfaktoren) vorhanden waren, womit nebenbei auch die anderen Ergebnisse der Studie in Frage gestellt werden. Die dritte Studie [46] konnte gar keine Wirkung von Masken zeigen, weil 95% der Teilnehmer angaben, bei Kontakt mit SARS-Patienten nie eine Maske getragen zu haben. Wie also diese Studie überhaupt in die Auswertung der Maskeneffektivität des Lancet-Reviews aufgenommen werden konnte, ist unklar. An dieser Stelle soll nochmals betont werden, dass diese drei Studien die einzigen des Lancet-Reviews waren, in denen es überhaupt um das Tragen von Masken bei der normalen Bevölkerung außerhalb von Krankenhäusern ging. Dieser Review ist also nicht geeignet für eine Aussage über die Effektivität von Masken für die Menschen im öffentlichen Raum.

Alle anderen in den Review eingeschlossenen Studien kommen aus dem Bereich von medizinischen Einrichtungen. Man kann aber nicht von der Patientenversorgung im Krankenhaus, wo das Tragen von Masken für das Personal in bestimmten Situationen aus Arbeitsschutzgründen bei engem und längerdauerndem Patientenkontakt (Eigenschutz = kein Kontakt mit Blut und Körperflüssigkeiten der Patienten unabhängig davon, ob ein Infektion bei den Patienten bekannt ist und, wenn ja, welche) seit eh und je empfohlen wird, auf eine umgekehrte Wirksamkeit (Fremdschutz) von Masken bei den flüchtigen Begegnungen im öffentlichen Raum ausgehen. Bei der Patientenversorgung kommt es nämlich zu ganz anderen potentiellen Erregerkontakten als bei der Begegnung von Menschen beim z.B. Einkaufen, im ÖPNV, in Schulen oder unter Kollegen im Büro. Medizinisches Personal, das Patienten mit respiratorischen Infektionen oder anderen potentiell infektiösen Erregern im Nasen-Rachenraum versorgen muss, hat zum einen dabei einen engen Kontakt (< 1 m), und zum anderen handelt es sich noch dazu um einen vis-ä-vis-Kontakt, also von Angesicht zu Angesicht.

Hinzu kommt als weiteres wichtiges Kriterium, dass Kontakte bei der Patientenversorgung typischerweise länger dauern und wiederholt stattfinden, und so wird seit vielen Jahren und auch vom RKI eine Dauer von mindestens 15 min eines solchen engen vis-ä-vis-Kontakts als Voraussetzung für eine mögliche Erregerexposition des Personals angeführt. Eine solche Dauer kommt im öffentlichen Raum bei den dort üblichen kurzen Kontakten nicht vor, schon gar nicht als vis-ä-vis-Kontakt. Will man sich mit jemanden, den man unterwegs trifft, länger unterhalten, kann man ganz einfach Abstand wahren, und dann kann es zu keinem Kontakt mit dem respiratorischen Sekret des Gegenüber kommen. Genauso geschieht es bei der Patientenversorgung: Muss man den Patienten nicht mit engem Kontakt versorgen, sondern will nur etwas mit ihm besprechen, bleibt man etwas entfernt von seinem Bett stehen, braucht keine Maske anzulegen und kann mit ihm ganz normal reden, auch wenn er gerade eine akute respiratorische Virusinfektion hat.

Die Menschheit hat auch in den saisonalen Influenza-Zeiten immer so gelebt, und es stellt sich die Frage, ob nun bei dem neuen Coronavirus alles anders sein soll und außerdem: ob nur bei nur bei diesem Virus oder bei allen anderen respiratorischen Viren. Dieses neue Virus ist aber auch nicht annähernd vergleichbar mit einem gefährlichen Erreger wie dem Pocken- oder Ebolavirus, sondern ist nach aktuellen Untersuchungen vergleichbar mit einer schwerer verlaufenden Influenza, wie wir sie in den letzten Jahren mehrfach erlebt haben (z.B. 2016 / 2017 und 2018 / 2019) [47].

Der ,Lancet-RevieW trägt zur Wirksamkeit von Masken als Fremdschutz in der Öffentlichkeit nichts bei (ebenso wenig als Eigenschutz), denn auch diese systematische Übersichtsarbeit hat keine Untersuchungen zu Tage gefördert, die überhaupt irgendeine oder sogar eine stützende Aussage zum Tragen von Masken im öffentlichen Raum aus Gründen des Fremdschutzes erlauben würden – nichtsdestoweniger wird diese Publikation in den Medien und von zahlreichen Medizinern dafür aber angeführt. Das mag auch daran liegen, dass sich die Autoren in der Zusammenfassung ihrer Ergebnisse und deren Beurteilung, wenn das überhaupt gelesen und nicht nur die Abbildung 4 angeschaut wurde, nicht wirklich klar und eindeutig ausgedrückt haben. So heißt es dort:

,Although direct evidence is limited, the optimum use of face masks, in particular N95 or similar respirators in health-care settings and 12-16-layer cotton or surgical masks in the community, could depend on contextual factors; action is needed at all levels to address the paucity of better evidence‘.

Im Klartext ist also das Resümee der Autoren dieses Review: Es gibt keine wissenschaftlichen Belege für eine Wirksamkeit von Masken in der Öffentlichkeit, ggf. könnte ihr Einsatz vom epidemiologischen Zusammenhang abhängig gemacht werden, in jedem Falle aber gibt es einen Mangel an wissenschaftlicher Evidenz, und dieser Mangel muss deutlich gemacht werden.

Die WHO schließt den Einsatz von Masken in der Öffentlichkeit nicht aus (dies gilt ebenso für Kinder [48]). Genau dies war schon 2019 die prinzipielle Aussage der WHO. Gleich geblieben ist auch, dass die WHO explizit sagt, dass es keine wissenschaftlichen Belege für das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit gibt. Bleibt also wieder nur Plausibilität (siehe oben).

  1. Deutsche Gesellschaft für Pneumologie (DGP)

Die DGP kommt in einer Stellungnahme vom Mai 2020 zur Auswirkung von Masken auf den Eigen- und Fremdschutz zu einer positiven Bewertung [49]. Die DGP gibt darin zum einen eine Übersicht über verschiedene experimentelle Studien zur theoretischen Wirksamkeit von Masken. Zitiert werden zum anderen einige Einzelstudien aus dem Cochrane-Review [36]. Wie dazu oben ausgeführt, sind darin aber Studien, die eine Wirksamkeit von Masken im öffentlichen Raum zum Fremdschutz zeigen, nicht eingeschlossen, weil es solche Untersuchungen nicht gibt. Bei allem also handelt es sich nicht um Szenarien, die auch nur andeutungsweise mit dem Zusammentreffen von Menschen im öffentlichen Raum vergleichbar wären. Die DGP zieht jedoch am Ende den aus wissenschaftlicher Sicht nicht nachvollziehbaren Schluss, dass

,nicht-medizinische, aus Stoffen hergestellten Masken (…) einen Fremdschutzeffekt (haben)‘.

Diese Schlussfolgerung ist jedoch durch keine der in der DGP-Stellungnahme zitierten Untersuchungen belegt.

  1. Sog. ,Jena-Studie‘

In einer erstmals Anfang Juni 2020 publizierten Modellierungsstudie wird über den Effekt der Maskenpflicht am Beispiel der Stadt Jena sowie anderer Städte und Regionen in Deutschland berichtet [50]. Im August 2020 wurde die Studie leicht modifiziert nochmals publiziert [51] und erschien zum dritten Mal in der zweiten, bereits modifizierten Fassung im Dezember 2020 [52]. Die dritte Publikation wurde im Juli bei der Zeitschrift eingereicht, also nur kurz nach Erscheinen der ersten (und kurz vor Erscheinen der zweiten), wurde im November letztlich angenommen und im Dezember 2020 publiziert. Von den Medien wurde sie im Dezember wie eine neue Studie vorgestellt, was sie aber vom Untersuchungsgegenstand her nicht ist.

Die sog. Jena-Studie wird – neben dem ,Lancet-Review‘ – in den Medien gerne als klarer Beleg für die Wirksamkeit von Masken angeführt, im Übrigen auch – tatsächlich – zusammen mit einer Studie an Goldhamstern (,Hamster‘-Studie; siehe unten), also einer tierexperimentellen Arbeit.

Die Autoren der ,Jena-Studie‘ sind sämtlich MakroÖkonomen, die mit derselben Methodik (,synthetische Kontrollmethode‘) Untersuchungen im Auftrag der Politik durchführen, um die Auswirkungen politischer Entscheidungen (sog. ,Reformen‘) mathematisch zu ,modellieren‘. In der Untersuchung wurde die Entwicklung der Corona-Fallzahlen nach Einführung der Maskenpflicht in Jena mit der in vergleichbaren Städten (= synthetisches Jena) ohne Maskenpflicht verglichen. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass die Maskenpflicht zu einer ca. 40%igen Reduktion der täglichen Zuwachsrate an Corona-Infektionen geführt habe.

Unberücksichtigt bleibt in der Studie jedoch der epidemiologisch entscheidende Aspekt, dass bereits ab dem 1. März 2020 (also etwa 5 Wochen vor der Einführung einer Maskenpflicht im öffentlichen Raum in der Stadt Jena) die Ausbreitungsrate des neuen Coronavirus zurückging und dass am 10. März der R-Wert – nach Angaben des RKI – schon unter 1 lag [53, 54]. Ab Ende März gab es in Jena keine relevanten Infektionszahlen mehr. Daraus folgt, dass die Einführung der Maskenpflicht (ab 6. April zunächst in Jena, etwa drei Wochen später dann auch im gesamten Bundesgebiet) in eine Phase der Corona-Epidemie fiel, in der es schon zu einem kontinuierlichen und deutlichen Rückgang der Infektionszahlen gekommen war, eine Entwicklung, die sich anschließend weiter fortsetzte. Einen Effekt der Maskenpflicht auf den Rückgang der Infektionszahlen kann man daraus also nicht ableiten, weil sich beides überlagert, dies aber in der Modellierungsstudie nicht berücksichtigt wurde.

Besonders wichtig für die Beurteilung der ,Jena-Studie‘ ist, dass sich das Infektionsgeschehen in Jena nach den Daten des RKI noch dazu nur auf wenige Tage im März konzentriert hat und der überwiegende Teil vor Mitte März stattfand: Es gab (1) ca. 3 -5 positive Fälle Ende Februar, (2) zwischen 43 und 53 positive Fälle am Wochenende um den 7. – 9. März und (3) zwischen 59 und 73 positive Fälle in der Zeit vom 11. bis 14. März, (4) anschließend eine deutlich rückläufige Zahl positiver Fälle an jeweils einzelnen Tagen vor Ende März und (5) nochmals 3 – 5 positive Fälle Ende März. Der jeweils enge zeitliche Zusammenhang der Ereignisse (2) und (3) deutet darauf hin, dass es sich dabei um Ausbruchssituationen gehandelt hat und nicht um eine sukzessive Infektionsausbreitung ,in der Fläche‘. Ende März jedenfalls war das Infektionsgeschehen in Jena schon so stark abgeklungen, dass man einen Effekt durch die Maskenpflicht ab dem 6. April nicht mehr erwarten konnte, weil es kein dadurch prinzipiell beeinflussbares Infektionsgeschehen mehr gab.

Außerdem muss berücksichtigt werden, dass das Meldedatum der Fälle, das in der Studie verwendet wurde, keine auch nur annähernd sichere Aussage zulässt über den Zeitpunkt der Infektion, der sich nur über das Erkrankungsdatum (= Beginn der klinischen Symptomatik) genau genug festlegen lässt, wie es das RKI in seinen Modellierungsstudien praktiziert [54]. Gemäß RKI beträgt nämlich die Zeit zwischen Infektion und Meldedatum 14 – 21 Tage, und dieser Zeitraum setzt sich zusammen aus: (1) der Inkubationszeit, (2) dem Zeitverzug, bis der Patient wegen zunehmender Symptome zum Arzt geht, (3) der Zeit für die Durchführung des Tests (incl. Transport ins Labor und Auswertung im Labor), (4) den administrativen Verzögerungen bei der Meldung der Testergebnisse an das RKI sowie (5) der Publikation durch das RKI [55]. Die ,Jena-Studie‘ geht jedoch nur von einer Verzögerung von etwa 8 Tagen [50] bzw. etwa 10 Tagen [51, 52] aus.

Mit anderen Worten: Der in dieser Untersuchung der Maskenpflicht zugeschriebene Effekt beim Rückgang der Infektionszahlen wird zum einen überlagert vom deutlichen Rückgang der positiven Tests, der überall in Deutschland einige Wochen vor Einführung der Maskenpflicht in Jena und anderswo begonnen hatte. Zum anderen muss berücksichtigt werden, dass die jeweils dem RKI gemeldeten Infektionen 14 – 21 Tage zuvor entstanden sind, die Maskenpflicht also mindestens in den ersten 2 – 3 Wochen keinen Einfluss auf die Infektionszahlen gehabt haben könnte.

Ein weiterer wichtiger Aspekt für die Beurteilung eines Effekts der Maskenpflicht ist, dass in den gemeldeten Infektionszahlen immer auch Infektionen verborgen sein können, die aus Ausbruchsgeschehen, z.B. in Heimen, Krankenhäusern oder Gemeinschaftsunterkünften, stammen. Institutionelle Ausbrüche werden aber durch eine Maskenpflicht im öffentlichen Raum nicht beeinflusst, so dass ein Rückgang der Infektionszahlen in einem Ort bzw. in einer Region daran liegen kann, dass zuvor Ausbruchsgeschehen die Zahl der Infektionsfälle erhöht haben, danach aber die Fallzahlen durch das Fehlen weiterer Ausbrüche niedriger waren als vor der Einführung der Maskenpflicht. Genau das scheint auch in Jena eine wichtige Rolle gespielt zu haben, wenn man die Ereignisse (2) und (3), wie oben dargestellt, in Jena betrachtet: Es handelte sich dabei mit hoher Wahrscheinlichkeit um zeitlich begrenzte Ausbrüche mit jeweils hohen Zahlen von Personen mit positiven Testergebnissen. Ausbrüche z.B. in Institutionen wie Alten-/Pflegeheimen haben jedoch immer individuelle Ursachen, die im konkreten epidemiologischen Kontext zu suchen sind, können aber durch eine Maskenpflicht beim Einkaufen oder bei der Nutzung des ÖPNV nicht beeinflusst werden. Ohne Berücksichtigung also, aus welchem epidemiologischen Zusammenhang die aus den verschiedenen Orten gemeldeten Infektionszahlen stammen (d.h. ob Ausbrüche darunter waren oder nicht), bleibt der Effekt von Masken in der Öffentlichkeit auf das Auftreten von ,Neuinfektionen‘ (= positive Testergebnisse) notgedrungen unklar.

Insgesamt bringt auch diese Modellierungsstudie keine Ergebnisse, die eine Maskenpflicht stützen würden, weil neben der Einführung der Maskenpflicht die aufgeführten möglichen Einflussfaktoren (wahrscheinliche Ausbrüche) insbesondere aus der Zeit davor unberücksichtigt blieben. Bei diesen Einschränkungen der Studie kann leicht ein Zirkelschluss zustande kommen, weil die Autoren als Ökonomen nicht über medizinisch­epidemiologischen Sachverstand verfügen und deshalb wichtige potentielle Einflussfaktoren, wie die Frage von Ausbrüchen und ihren möglichen Ursachen, nicht in ihre Überlegungen einbezogen haben.

Es gibt zahlreiche Beispiele aus anderen Ländern, wo, wie z.B. in Spanien, trotz strengster Maskenpflicht zwischen Juli und Ende Oktober 2020 die Fallzahlen der positiv getesteten Personen extrem anstiegen, während sie in Schweden ohne Maskenpflicht im selben

Zeitraum deutlich niedriger waren [55]. Dafür gibt es weitere Beispiele aus anderen Ländern: trotz Maskenpflicht stiegen die Zahlen der positiven Testergebnisse stark an [56, 57]. Man kann aber ähnliches auch für Deutschland aus den Daten des RKI sehen (Einführung der Maskenpflicht am 28. April) (z.B. in den täglichen Situationsberichten). Ebenso sagte der Leiter der österreichischen AGES (Agentur für Gesundheit), dass weder die Einführung der Maskenpflicht noch ihre Aufhebung messbare Auswirkungen auf das Infektionsgeschehen in Österreich gehabt haben [58]. In den letzten zwei Monaten des Jahres 2020 hat auch in Schweden die Zahl der positiv getesteten Personen deutlich zugenommen, allerdings nicht in dem Maße wie in Österreich, wo die Maskenpflicht fast durchgängig seit dem Frühjahr 2020 gilt [58]. Auch bei all diesen empirischen Daten aus zahlreichen Ländern können Einflussfaktoren unentdeckt geblieben sein, aber auffällig ist, dass sich in keinem der Länder ein Effekt der Maskenpflicht auf die Fallzahlen zeigte.

  1. Mathematische Schätzung: Wuhan, New York und Italien

Hierbei handelt es sich um eine weitere Modellierungsstudie, die für Wuhan (China), hauptsächlich aber für Italien und für New York City zeigen wollte, dass mit Einführung der Maskenpflicht in der Öffentlichkeit die Zahl der Neuinfektionen erheblich zurückging [59]. Diese Studie wurde offenbar rasch wegen mangelnder statistischer Methoden kritisiert (und die Zeitschrift wurde aufgefordert, den Artikel zurückzuziehen, was nicht geschah) [60]. Ein kritischer Leserbrief zu dieser Studie wurde von der Zeitschrift akzeptiert und publiziert [61].

Aus epidemiologischer Sicht gibt es grundlegende Einwände gegen diese Studie, durch die ihre Ergebnisse nicht aussagefähig werden, egal, wie gut man sie ggf. berechnet haben sollte. Wie in der ,Jena-Studie‘ nämlich, haben auch diese Autoren (ebenfalls keine Mediziner bzw. Infektionsepidemiologen, sondern Chemiker, darunter ein Co-Chemie-Nobelpreisträger von 1995, sowie Physiker bzw. Geologen) übersehen, dass die Auswirkungen einer Maßnahme nicht sofort, sondern wegen des Intervalls zwischen dem Zeitpunkt der Infektion und dem Meldedatum frühestens ca. 2 – 3 Wochen danach erkennbar sein könnten.

Die Autoren meinten zudem nicht nur zu zeigen, dass die Maskenpflicht den größten Effekt von allen Maßnahmen hatte, sondern sind darüber hinaus davon überzeugt, dass sie mit ihrer Studie die ,Aerosol‘-Übertragung des neuen Coronavirus als dominanten Übertragungsweg belegt haben. Woraus konkret sie das schließen, führen sie nicht aus, möglicherweise aber aus der Tatsache, dass Masken respiratorische Tröpfchen mechanisch aufhalten und damit verhindern, dass daraus (also aus den kleineren, die nicht gleich sedimentieren) Aerosol-Partikel entstehen, die schwebefähig sind und ggf. Viren enthalten können. Sie behaupten ferner, dass der aerogene Übertragungsweg der effizienteste sei, weil Aerosol-Partikel schon beim normalen Einatmen tief in die Lunge gelangten, und außerdem, dass dieser Übertragungsweg typischerweise eine niedrige ,Infektionsdosis‘ benötige. Außerdem hätten freischwebende Viren eine große Mobilität und eine ausreichend lange ,Überlebenszeit‘ für ihre Verbreitung.

Allerdings sind das zum einen durchweg unbelegte Annahmen und keine wissenschaftlichen Beweise und darüber hinaus Annahmen, die nicht mit den Erkenntnissen vereinbar sind, in welche anatomischen Regionen das neue Coronavirus gelangen muss: denn es vermehrt sich in den oberen Atemwegen und hauptsächlich in der Nasenschleimhaut, aber nicht in der Lunge [62] (siehe Teil C.). Ferner war bis dahin nichts über die sog. ,Infektionsdosis‘ bekannt (also: mit wie vielen Erregern muss eine prinzipiell empfängliche Person in Kontakt kommen, damit eine Infektion entstehen kann), und somit gab es keine Hinweise dafür, dass eine

geringe Viruszahl für eine Infektion ausreicht (inzwischen ist dazu etwas mehr bekannt; siehe Teil C.). Schließlich gehören Coronaviren als Viren mit Lipidhülle zu den gegen Umwelteinflüsse empfindlichsten Viren, alles in allem keine guten Voraussetzungen, um auch nur eine etwas längere Zeit infektionstüchtig ungeschützt in der Luft ,zu überleben‘ oder – wissenschaftlicher ausgedrückt: infektionstüchtig und replikativ (= vermehrungsfähig) zu bleiben. Die Autoren sind Naturwissenschaftler und haben sich solche Fragen offenbar nicht gestellt bzw. als Nicht-Mediziner nicht stellen können.

Auch haben die Autoren z.B. nicht dargestellt, wie u.a. in dem kritischen Leserbrief ausgeführt [61], (1) aus welchem epidemiologischen Zusammenhang die Infektionen stammen, d.h. ob sie im privaten Bereich oder bei der Patientenversorgung erworben wurden und, wenn Letzteres, ob das Personal ausreichend Schutzausrüstung zur Verfügung hatte. Und sie haben (2) ferner nicht berücksichtigt, dass andere Faktoren außer der Maskenpflicht auch eine Rolle gespielt haben können (sog. Confounder), und (3) außerdem ebenfalls nicht, wie die Masken von der Bevölkerung überhaupt angenommen wurden, denn selbst bei einer Tragepflicht kann man nicht davon ausgehen, dass alle Menschen sie auch verwenden und – ebenfalls wichtig – sie auch richtig tragen.

  1. Mathematisch-theoretische Studie

Bei einer weiteren Arbeit handelt es sich um eine Ende April 2020 publizierte rein mathematisch-theoretische Modellierungsstudie [63]. Die Autoren (alles Mathematiker und Statistiker) drücken sich – ähnlich wie das RKI in [1] – durchweg eher sehr vorsichtig aus, was die Effektivität von Masken angeht, behaupten letztlich aber doch, dass Masken zusammen mit anderen Interventionen (sog. ,social distancing‘ und insbesondere Hygienemaßnahmen) bewirken könnten, dass die Mortalität und die Belastung des Medizinsystems abnehmen. Masken seien zwar kein Allheilmittel‘, so die Autoren, könnten aber einen Synergieeffekt zusammen mit anderen nicht-pharmazeutischen Interventionen haben. Sie schreiben weiter, dass Masken allein, wenn sie nicht sehr effektiv sind und nahezu von allen benutzt werden, nur einen kleinen Effekt bei schwereren Epidemien hätten, der jedoch bezogen auf die absolute Zahl der geretteten Leben dennoch nicht unbedeutend sei. Der relative Nutzen eines generellen Maskengebrauchs könnte mit anderen Maßnahmen für die Öffentlichkeit zusammenwirken. Masken dürften deshalb nicht als Alternative, sondern als Ergänzung zu anderen Public-Health-Maßnahmen betrachtet werden. Sie sagen dann weiter, dass ihre Simulationen zeigten, dass selbst schwach wirksame Masken, wenn sie breit eingesetzt werden würden, dabei helfen könnten, viele Todesfälle zu verhindern. Ihre theoretischen Ergebnisse legten einen signifikanten – wenn auch potentiell sehr variablen – Wert selbst bei Verwendung von Masken mit geringer Effektivität nahe, wenn sie breit verwendet werden.

Gegen Ende der ,Diskussion‘ stellen sie fest, dass ihre theoretischen Ergebnisse‘ mit Vorsicht interpretiert werden müssen wegen einer Kombination aus potentiell hohen Raten der Non-Compliance mit dem Gebrauch von Masken, ferner der Unsicherheit in Hinsicht auf ihre (intrinsische) Effektivität (besonders bei selbstgenähten Masken), respiratorische Tröpfchen und / oder Aerosol-Partikel aufzufangen, und schließlich wegen des, wie sie wirklich schreiben, sogar überraschenden Ausmaßes an Unsicherheit, was die grundlegenden Übertragungsmechanismen bei respiratorischen Infektionen angehe. Dennoch aber schließen sie ihren Beitrag mit der Aussage, dass – trotz Unsicherheit – (1) der potentielle Nutzen, (2) das Fehlen offensichtlicher Schäden sowie (3) das Vorsorgeprinzip dazu führe, dass sie nachdrücklich einen möglichst universellen Gebrauch von Masken in der Öffentlichkeit empfehlen (und zwar Alltagsmasken, außer wenn

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medizinische Masken verwendet werden könnten, ohne das Medizinsystem zu beeinträchtigen). Damit stellen die Autoren überraschende Behauptungen auf: (1) ohne Belege wird ein potentieller Nutzen von Masken einfach angenommen, (2) dass Masken quasi nebenwirkungsfrei seien, gehört zu den weiteren unbewiesenen Annahmen und schließlich kann (3) das Vorsorgeprinzip nicht als Begründung für Maßnahmen, die lediglich auf Plausibilität beruhen, angeführt werden.

Vorsorge bedeutet i.Ggs.z. Nachsorge, dass man potentielle Gefahren bzw. Risiken nicht nur vor ihrem Eintreten erkennt und in ihrer Bedeutung bewertet, sondern auch schon zu diesem Zeitpunkt – trotz ggf. unvollständigen Wissens – auf potentielle Risiken reagiert, damit sie entweder gar nicht eintreten oder, wenn doch, dann aber nur in abgeschwächter Form. Das sog. Vorsorgeprinzip (precautionary principle) stammt primär aus der Umweltpolitik und wurde 1992 auf der UN-Konferenz über Umwelt und Entwicklung in Rio de Janeiro folgendermaßen konkretisiert:

Angesichts der Gefahr irreversibler Umweltschäden soll ein Mangel an vollständiger wissenschaftlicher Gewissheit nicht als Entschuldigung dafür dienen, Maßnahmen hinauszuzögern, die in sich selbst gerechtfertigt sind.

Die Idee hinter dem Vorsorgeprinzip ist also, dass auch schon dann mit Maßnahmen zum Schutz vor potentiellen Risiken begonnen werden solle, wenn noch nicht genau bekannt ist, worauf genau diese Risken beruhen und ob sie sich überhaupt und, wenn ja, wie ausgeprägt verwirklichen werden [64, 65]. Ausgedehnt wurde das Vorsorgeprinzip auch auf die Gesundheits- und Sicherheitspolitik. Immer geht es dabei um

Fragen über individuelles und soziales Entscheiden unter Bedingungen des Risikos und der Ungewissheit [64].

Ein Handeln nach dem Vorsorgeprinzip erfordert eine strenge Nutzen-Risiko-Abwägung, damit nicht die eingesetzten Mittel bzw. Maßnahmen zur Reduktion bzw. Eliminierung der potentiell drohenden Gefahr zu einer Belastung der Gesellschaft führen, die möglicherweise schädlicher ist als die Verwirklichung der potentiellen Gefahr. Es dürfen also bei einem Tätigwerden nach dem Vorsorgeprinzip nicht nur die negativen Folgen des potentiellen Risikos berücksichtigt werden, sondern es müssen gleichzeitig und gleichwertig die möglichen negativen Folgen der zur Anwendung anstehenden Mittel bzw. Maßnahmen in die Entscheidung einbezogen werden. Dafür muss eine solide wissenschaftliche Basis geschaffen sein, aufgrund derer sowohl Nutzen als auch Risiken des einen wie des anderen Aspekts bewertet werden können, wenn auch nicht abschließend.

Nach dem Vorsorgeprinzip zu handeln, erfordert also einige Vorarbeit mit Beschreibung des potentiellen Risikos und so viel wissenschaftlicher Basis wie möglich, um einen Effekt der angestrebten Maßnahmen auf das drohende Risiko belegen zu können. Plausible Überlegungen als Begründung für die gewählten Maßnahmen reichen nicht, wenn man sein Handeln mit dem Vorsorgeprinzip begründen will. Genau das trifft zu, wenn man ohne weitere wissenschaftliche Begründung auf das Vorsorgeprinzip verweist und das Tragen von Masken als eine Maßnahme deklariert, die vor der Verbreitung des Coronavirus schützen kann [63].

Ganz so einfach ist es nicht, sonst könnte man mit Verweis auf das Vorsorgeprinzip jede Maßnahme durchsetzen. Die Bundesregierung hat plötzlich Anfang des Jahres 2021 begonnen, die Corona-Maßnahmen wegen der neuen Virus-Varianten mit dem Vorsorgeprinzip zu begründen, nachdem in 2020 davon nicht die Rede war. Allerdings gab

es von Seiten der Politik keine weiteren Erklärungen dazu, als spreche der Begriff ,Vorsorgeprinzip‘ für sich und mache jede Begründung überflüssig.

Es sieht bei dieser Modellierungsstudie etwas ähnlich aus wie beim Beitrag des RKI [1]: Am Schluss steht eine Aussage, die sich mit den Überlegungen der Autoren zuvor, dass nämlich die Aussagekraft ihrer theoretischen Ergebnisse für die Realität völlig offen ist, nicht in Einklang bringen lässt. Liest man nur den letzten Absatz der Publikation erfährt man nichts über die differenzierteren Überlegungen der Autoren.

  1. ,Hamster-Studie‘

In einer tierexperimentellen Studie mit Goldhamstern sollte untersucht werden, inwieweit chirurgische Masken den Kontakt mit respiratorischen Tröpfchen reduzieren könnten [66]. Diese Studie wurde von den Medien offenbar ernsthaft als Beleg für die Wirksamkeit von Masken im öffentlichen Raum aufgefasst und soll deshalb hier erwähnt werden.

Ohne ins Detail der Methodik zu gehen, ging man folgendermaßen vor: Die eine Gruppe bestand aus künstlich mit dem neuen Coronavirus infizierten Hamstern, die andere Hamstergruppe war ohne Infektion. Die jeweiligen Käfige standen dicht beieinander und wurden entweder durch eine Wand aus dem Material chirurgischer Masken getrennt oder nicht. Mit dem Maskenmaterial sollte eine infizierte Person mit chirurgischer Maske simuliert werden. Es gab also zwischen den Tieren beider Gruppen keinen direkten oder indirekten Kontakt, so dass eine Erregerübertragung, sollte sie stattfinden, durch Tröpfchen respiratorischen Sekrets oder Aerosol-Partikel zustande gekommen sein musste. Im Ergebnis kam es bei Verwendung des chirurgischen Maskenmaterials zu signifikant weniger Corona-Infektionen bei den exponierten, also den primär nicht infizierten Tieren, woraus die Untersucher auf die Effektivität dieses Schutzes schlossen.

Es stellt sich aber die Frage, ob man aus dem Ergebnis einer solchen Tier-Studie auf die Effektivität von (chirurgischen) Masken beim Menschen schließen kann, noch dazu, wenn sie von Millionen Menschen in der Öffentlichkeit getragen werden, denn die beiden Settings sind ja ganz offensichtlich in keiner Weise miteinander vergleichbar. In der Öffentlichkeit wurden 2020, als die Studie durchgeführt wurde, auch keine chirurgischen Masken getragen, sondern alles, was man mochte, bis hin zu irgendeinem Tuch war erlaubt. Zum anderen hängt die prinzipielle Effektivität von Masken nicht nur von deren Material ab, sondern maßgeblich davon, wie sie getragen werden, d.h. wie gut sie überall am Gesicht anliegen. Im öffentlichen Raum kann man leicht sehen, dass es sehr unterschiedliche und in aller Regel keine auch nur annähernd korrekte Trageweisen gibt. Selbst wenn also unter den kontrollierten Bedingungen in der Tierstudie ein deutlicher Effekt beobachtet wird, bedeutet das nicht, dass man das Ergebnis auf die Bevölkerung übertragen könnte. Die Autoren selbst kommen jedoch überraschenderweise zu dieser Schlussfolgerung – und deshalb haben auch Journalisten in dieser Weise berichtet, obwohl auch sie erkennen könnten, dass es sich um sehr unterschiedliche und nicht miteinander vergleichbare Bedingungen handelt.

  1. RKI: ,Erste wissenschaftliche Hinweisen‘ für den Fremdschutz

Das RKI nannte zu der Frage nach dem Hintergrund der ,ersten wissenschaftlichen Hinweise‘ vom 19.07.2020 in seiner Antwort vom 21.07.2020 zum einen zwei experimentelle

Laborstudien (von 2008 und 2013, die also schon ziemlich lange bekannt sind), in denen die prinzipielle Fähigkeit von textilen MNB, Tröpfchen zurückzuhalten, gezeigt wurde, allerdings bei großem Einfluss auf die Wirksamkeit durch das verwendete Material [67, 68]. Für Hinweise auf den ,infektionspräventiven Effekt auf Populationsebene‘ hat das RKI die drei hier besprochenen Modellierungsstudien angegeben [50 – 52, 59, 63] (wobei [50 – 52], wie oben ausgeführt, drei Publikationen zur selben Untersuchung sind).

Mit experimentellen und Modellierungsstudien wollte also das RKI (zum Zeitpunkt der Anfrage im Juli 2020) seine damals neue und bis heute in den FAQ vorhandene Aussage von den ,ersten wissenschaftlichen Hinweisen‘ für die Wirkung von Masken als Fremdschutz belegen.

Anfang 2021 wurde eine Anfrage aus der Bevölkerung an das RKI gemäß Informationsfreiheitsgesetz gestellt. Das RKI wurde darin gebeten, die wissenschaftlichen Grundlagen (1) für die Aussage, dass von asymptomatisch mit SARS-CoV-2 infizierten Personen ein relevanter Anteil von Übertragungen ausgehe, und (2) für die Maskenpflicht anzugeben. Das RKI antwortete mit einer Auflistung von insgesamt 8 Zitaten: 2 zur asymptomatischen Übertragung und 6 zur Effektivität von Masken. Davon sind die folgenden Literaturangaben in diesem Gutachten enthalten. (1) Asymptomatische Übertragung [11, 23] und (2) Masken-Effektivität [29, 43, 71, 75] (eine weitere experimentelle Studie von Konda A. et al. zur Filtrationsleistung von Aerosol-Partikeln durch verschiedene Stoffe ist in der Übersichtsarbeit [29] enthalten). Eine der Literaturangaben wurde hier nicht behandelt, weil es sich um eine Untersuchung aus dem Krankenhausbereich bei medizinischem Personal handelt (Stoffmasken im Vergleich zu medizinischen Masken). Alle 6 Zitate zur Effektivität von Masken hat das RKI offensichtlich vom BfArM aus dessen Stellungnahme zum Umgang mit Masken herauskopiert (es sind dieselben Zitierfehler vorhanden, und auch die Reihenfolge der Zitate entspricht den Angaben des BfArM). Der Beitrag des BfArM wird in Teil B. behandelt.

Etwas mehr als ein halbes Jahr nach der Anfrage vom Juli (siehe oben) zur Effektivität von Masken zum Fremdschutz zeigt das RKI mit seiner aktuellen Auskunft, dass es keine wissenschaftlichen Belege für die Effektivität von Masken für gesunde Menschen in der Öffentlichkeit zum Fremdschutz gibt sowie dass ebenso keine wissenschaftlichen Belege dafür vorhanden sind, dass Erregerübertragungen ausgehend von asymptomatischen Personen einen relevanten Anteil an der Verbreitung von SARS-CoV-2 haben.

Zusätzliche Publikationen zum Effekt von Masken

Nachdem bis hierhin Publikationen besprochen wurden, die insbesondere in den Medien, aber auch von Wissenschaftlern stets genannt wurden, wenn es um die angeblich gesicherte Wirksamkeit von Masken in der Öffentlichkeit ging, und die damit also eine relative Popularität erreicht haben, sollen im Folgenden weniger bekannte Veröffentlichungen vorgestellt werden.

Die Publikationen wurden vorwiegend über die Literaturlisten anderer Publikationen gefunden, so z.B. auch die aktuellen der internationalen Gesundheitsbehörden, um die von den jeweiligen Autoren angeführten als Beleg ihrer Einschätzungen zitierten Publikationen auf ihre Aussagefähigkeit zu überprüfen. Sie werden jeweils in der zeitlichen Reihenfolge, wie sie bei den Zeitschriften eingereicht bzw. publiziert wurden (je nach Angabe), kurz besprochen.

  1. a) Publikationen ,pro Masken‘

Vorgestellt werden insgesamt 17 Publikationen, die einen positiven Effekt von Masken feststellen, von denen es sich bei 10 um mathematische Schätzungen handelt, also um Modellierungs- bzw. Simulationsstudien (= ,Wenn-Dann-Ergebnisse‘).

  1. Narrative Übersicht (Leserbrief, und deshalb ohne Peer-Review = Gutachten von Experten aus dem gleichen Fachgebiet, eingereicht im April 2020) [69]: Es handelt sich um eine kleine Literaturübersicht, wobei die meisten der behandelten Studien aus dem Klinikbereich stammen, wenn es sich überhaupt um Maskenuntersuchungen und nicht um andere Fragestellungen oder um allgemeine Verlautbarungen von internationalen Gesundheitsbehörden ohne Angabe von Fachliteratur handelt. Letztlich werden Masken von den Autoren befürwortet, obwohl sie dafür keine wissenschaftlichen Daten angeführt haben.
  2. Mathematische Schätzung (eingereicht im April 2020) [70]: In dieser mathematischen Modellierungsstudie sollte die mögliche Effektivität von Masken in Kombination mit Lockdown-Perioden auf die Infektionsdynamik des neuen Coronavirus bestimmt werden. Die Autoren kommen zu folgenden Schlussfolgerungen: (1) Die Basisreproduktionszahl R0 kann unter 1 gesenkt werden, wenn in der Öffentlichkeit immer Masken getragen werden, also nicht nur bei Zeichen einer respiratorischen Infektion. (2) Werden Lockdown-Perioden mit 100%iger Maskenverwendung eingeführt, gibt es keine Infektionsausbreitung mehr, sekundäre und tertiäre ,Wellen‘ werden ,geglättet‘. Damit ist die Epidemie unter Kontrolle. Dieser Effekt ist auch gegeben, wenn die verwendeten Masken nur zu 50% darin effektiv seien, das ausgeatmete Virus aufzuhalten (bei einem gleichen oder geringeren Effekt während der Inhalation). (3) Auch ohne Lockdown­Perioden haben Masken-Träger Vorteile, selbst wenn es nur eine geringere Masken­Akzeptanz gibt. Die Autoren schlussfolgern insgesamt, dass Masken in Kombination mit Abstandhalten oder Lockdown-Perioden ein akzeptabler Weg sein können, die Corona-Pandemie zu managen und die ökonomischen Aktivitäten wieder zu öffnen. Eine ,Schlüssel-Botschaft‘ ihrer Analyse, um die breite Annahme von Masken zu unterstützen, sei: ,Meine Maske schützt Dich, Deine Maske schützt mich‘.
  3. Mathematische Schätzung (eingereicht im April 2020) [71]: Der Beitrag wurde zu einer Zeit bei der Zeitschrift eingereicht, als Masken vielerorts knapp und noch nicht einmal für medizinisches Personal oder Personal in Heimen ausreichend vorhanden waren. Die Autoren wollten einen Beitrag dazu leisten, die epidemiologische Bedeutung von Masken in der Öffentlichkeit zu untersuchen. Nach den darin durchgeführten Berechnungen können Masken sogar bei einem nur begrenzten Effekt sowohl Infektionen als auch Todesfälle reduzieren und können den Gipfel der Epidemie hinauszögern. Sie kommen zu dem Schluss, dass Masken gerade bei einem Erreger, der häufig asymptomatisch vorhanden sei, eine effektive Interventionsstrategie darstelle. Wichtig sei die optimale Verteilung von Masken, so dass sie überhaupt zur Verfügung stehen. Offensichtlich sind die Autoren bei den Berechnungen von unterschiedlicher Masken-Effektivität ausgegangen, ohne dass klar wird, auf welche Wirkungsgrade sie sich gestützt haben und auf welcher Grundlage sie angenommen wurden. Es handelt sich also um Berechnungen auf theoretischer Basis.
  4. Narrative Übersicht (Version 1 eingereicht im April 2020, bis Ende Dezember 2020 als Version 4 ohne abgeschlossenes Peer-Review-Verfahren, endgültig publiziert im Januar 2021 [72]: ,Narrativ‘ bedeutet, es wurde für die Auswertung nicht nach allen Untersuchungen zu dem Thema gesucht. Diese Publikation, deren Titel die Wirksamkeit von Masken  nahelegt, wird  sehr häufig zitiert,  ist aber durch  die selektive

Literaturauswahl kein ,evidence review‘, wie es im Titel heißt. Wissenschaftlich fundierte Rückschlüsse können daraus nicht gezogen werden.

  1. Mathematische Schätzung (eingereicht im Mai 2020) [73]: Die Autoren heben hervor, dass sie einen anderen Ansatz verfolgen als die meisten Modellierungsstudien, die sich hauptsächlich auf die Dynamik der Übertragung des Virus und auf die resultierende Reproduktionszahl (R0) konzentrierten. Vielmehr wollten sie die betroffenen Menschen einschließen, indem sie verschiedene Personengruppen (z.B. empfängliche, symptomatische, hospitalisierte) betrachten wollten, um die optimale Kontrolle der Infektion mit verschiedenen nicht-pharmazeutischen Maßnahmen darzustellen. Im Ergebnis waren in ihrem Modell die folgenden Maßnahmen am wirksamsten: zu Hause bleiben, Hände waschen, frühzeitige Entdeckung von Fällen (mittels PCR) und Masken. Die Einführung aller Strategien zur selben Zeit für mindestens 50 Tage könne die Zahl neuer Fälle stark reduzieren.
  2. Narrative Übersicht (eingereicht im Mai 2020) unter der Rubrik ,Viewpoint‘ in dem angesehenen Wissenschaftsmagazin ,Science‘ [74]: Wiederholt wurde auf diese Veröffentlichung als ,Studie‘ mit Beleg für die Wirksamkeit der Masken verwiesen. Es handelt es sich dabei aber nicht um eine Studie, sondern um einen einfachen Meinungsbeitrag. Es ist eine kleine Übersichtsarbeit (von 2 V Druckseiten), in der vorwiegend Hypothesen auf- sowie einige Fragen gestellt und nur wenige Studien (darunter eine tierexperimentelle mit Goldhamstern; siehe oben) erwähnt, aber nicht und schon gar nicht erschöpfend diskutiert werden. Ziel dieser Publikation war offenbar (das ist im wissenschaftlichen Kontext legitim), einige Frage anzustoßen, aber die Autoren versuchen nicht, feststehende Antworten zu geben. Diese Publikation ist also nicht geeignet, eine Wirksamkeit von Masken in der Öffentlichkeit zu belegen.
  3. Narrative Übersicht (eingereicht im Mai 2020) [75]: Die (sehr zahlreichen) Autoren haben eine sehr begrenzte Literaturübersicht angefertigt, die aber keine Aussage über die Effektivität von Masken in der Öffentlichkeit zulässt, da zahlreiche experimentelle Maskenstudien und Maskenuntersuchungen aus dem Krankenhausbereich darunter waren. Untersuchungen zum Tragen von Masken in der Öffentlichkeit waren nicht dabei, aber es gibt solche Untersuchungen auch nicht. Die Autoren kommen aber dennoch zu dem Schluss, dass Masken immer dann, wenn Abstand nicht möglich ist, getragen werden sollen (z.B. im ÖPNV), weil dadurch sehr wahrscheinlich die Verbreitung virushaltiger Tröpfchen und damit die Übertragung von SARS-CoV-2 reduziert werden könne. Ferner sagen die Autoren, dass es unstrittig sei, dass infizierte Personen schon Tage vor dem Auftreten von Symptomen den Erreger übertragen können. Das war Mitte Mai 2020, als der Artikel eingereicht wurde, zwar die vorherrschende Auffassung, aber auch schon damals ohne wissenschaftliche Belege, sondern beruhte auf Annahmen und irreführenden Publikationen [16], wurde aber bereits damals auch schon in Frage gestellt bzw. korrigiert [17 – 19]. Dieser Artikel leistet keinen Beitrag dazu, die Effektivität von Masken für gesunde Menschen in der Öffentlichkeit zu stützen (wird aber von RKI und BfArM dafür angeführt; siehe oben).
  4. Mathematische Schätzung (Leserbrief, d.h. kein Peer-Review, eingereicht im Juni 2020) [76]: Eingeschlossen wurden 42 geographische Regionen auf sechs Kontinenten. Es sollte geprüft werden, ob es eine Beziehung gibt zwischen dem in einigen, insbesondere in asiatischen Ländern häufigen Gebrauch von Masken im Gegensatz zu anderen, z.B. europäischen Ländern, wo der Gebrauch von Masken in der Frühphase der Pandemie (vom 21. Januar bis zum 11. März) nicht etabliert und auch noch nicht vorgeschrieben war. Die Frage dieser Untersuchung war, ob der frühzeitige Gebrauch von Masken in der Corona-Pandemie dabei geholfen haben könnte, die Pandemie einzudämmen. Das Ergebnis der Autoren war, dass die Zahl der Fälle in manchen

asiatischen Ländern (Masken wurden zeitiger eingesetzt) niedriger war als in anderen Ländern (späterer Maskengebrauch). Masken seien danach, so die Autoren, ein unabhängiger Faktor gewesen, um die Pandemie zu kontrollieren. Sie kommen dennoch aber nur zu dem Schluss, dass es angemessen sei anzunehmen, dass der Gebrauch von Masken die Pandemie abschwächen könne, weil sie die Freisetzung von Aerosol­Partikeln und Tröpfchen reduzieren könnten. Sie glauben, schreiben sie, dass ein breiterer Gebrauch von Masken der Schlüssel zur Kontrolle der Pandemie sei und dies unabhängig von Händehygiene, sog. social distancing und anderen Maßnahmen.

  1. Mathematische Schätzung (eingereicht im Juli 2020) [77]: Bei Angestellten in Geschäften mit regelmäßigem Kundenkontakt wurde der Gebrauch von Masken untersucht, der Gebrauch von Masken in der Öffentlichkeit, wie er in Deutschland Pflicht ist, ist mit diesem Setting jedoch nicht vergleichbar. Die Ergebnisse können also nicht auf die Fragestellung der Effektivität von Masken im öffentlichen Raum für nahezu jeden Bürger übertragen werden. Außerdem sagen die Autoren selbst, dass ihre Ergebnisse mit großer Vorsicht interpretiert werden sollen.
  2. Mathematische Schätzung (eingereicht im August 2020) [78]: Basis waren US-Staaten mit und ohne Maskenpflicht zwischen 8. April und 15. Mai 2020. Die Compliance mit dem Gebrauch von Masken konnte aber nicht bestimmt werden, wie die Autoren ausführen, so dass unklar ist, wie oft überhaupt Masken getragen wurden (und ob sie korrekt getragen wurden, schon gar nicht). Außerdem wurden nur die 5 Tage vor der Verhängung der Maskenpflicht als Referenzperiode genommen, was bei weitem zu wenig für einen Vorher-Nachher-Vergleich ist, denn es dauert deutlich länger, bis sich der Effekt einer neuen Maßnahme zeigen kann (ca. 10 – 14 Tage). Schon deshalb wäre also die Untersuchung nicht aussagefähig. Die Autoren schlussfolgern allerdings auch nur, ihre Ergebnisse legten nahe, dass eine Maskenpflicht in der Öffentlichkeit dabei helfen könnte, die Verbreitung von COVID-19 abzumildern, beurteilen also die Aussagefähigkeit ihrer Untersuchung entsprechend zurückhaltend.
  3. Mathematische Schätzung (eingereicht im August 2020) [79]: Alle Autoren kommen aus der Augenheilkunde und haben für ihre Untersuchung die unterschiedlichsten Länder der Welt eingeschlossen und miteinander verglichen. In die Studie aufgenommen wurden Länder wie Afrika, Lateinamerika, Asien und Osteuropa mit sehr unterschiedlichen Infektionsraten, Bevölkerungsstrukturen und Klimabedingungen. Wirkungen aber, die auf regionalen geographischen Beobachtungen und damit verbundenen Besonderheiten (z.B. klimatischen) basieren, sind für einen Vergleich mit- bzw. untereinander ungeeignet. Für diese Modellierungsstudie gelten die entsprechenden Einschränkungen: Es gibt verschiedene Ursachen für Anstiege von Fallzahlen (z.B. Ausbrüche), eine unterschiedliche Compliance mit Masken, was retrospektiv nicht überprüfbar ist, und andere Faktoren (sog. Confounder, also Variablen, die sowohl Einfluss haben auf das Auftreten von Risikofaktoren als auch auf das Ergebnis einer Beobachtung), die in einer solchen Studie nicht erkannt werden können.
  4. Mathematische Schätzung (eingereicht im September 2020) [80]: Es wurde die Compliance mit dem Tragen von Masken in 24 Ländern ausgewertet, um den möglichen Einfluss auf die Fallzahlen zu bestimmen. Die Autoren sagen selbst in ihrem Resümee, dass es möglich ist, dass der geschätzte Rückgang der neuen Fälle nicht auf das Tragen von Masken, sondern auf andere Variablen zurückgeht, die in dem Modell nicht berücksichtigt werden konnten. Im Ergebnis schlussfolgern die Autoren sehr vorsichtig, dass wegen solcher Störfaktoren und auch wegen der Variationen bei den Maskentypen sowie bei ihrem Gebrauch randomisierte kontrollierte Studien über die Anwendung von Masken im öffentlichen Raum erforderlich seien, um den wahren Effekt des Tragens von Masken auf die Abschwächung der Übertragung respiratorischer Erreger zu bestimmen.
  1. Mathematische Schätzung (Preprint, eingereicht im September bei ,Science‘) [81]: Nach Angaben der Autoren sollte mit dieser Untersuchung die Problematik mit der Verwendung von Annahmen bei komplexen mathematischen Modellierungen dadurch vermieden werden, dass einfach nur die Krankheitsfälle, Klinikeinweisungen und Todesfälle sowie das jeweilige Datum gegeneinander aufgetragen wurden. Es wurden jedoch auch hier mögliche andere (Stör-)Faktoren außer Acht gelassen und nur die politischen Maßnahmen, wie Schulschließungen etc., einbezogen. Es ist ferner nicht angegeben, woher die jeweiligen Fallzahlen stammen, und man erfährt nicht, in welchem epidemiologischen Zusammenhang die Fälle sich ereignet haben, also z.B. in der Öffentlichkeit oder in Krankenhäusern bzw. Pflegeheimen und, wenn Letzteres, ob die Mitarbeiter dort adäquate Schutzmaßnahmen, wie Schutzkleidung, bei der typischerweise engen und langdauernden Versorgung der Patienten zur Verfügung hatten, oder welcher Anteil der Fälle aus Ausbrüchen stammt. Ferner gehen die Autoren davon aus, dass das Virus für die Bevölkerung neu war, was immunologisch nicht richtig ist, wie man weiß, da mehr als 80% nur leicht oder gar nicht erkranken, wir also über eine Hintergrundimmunität verfügen durch den Kontakt mit ähnlichen Viren bzw. durch unsere natürliche Immunität. Ein exponentielles Wachstum gab es nirgendwo, weil sich solche Infektionen immer in Form einer Gompertz-Kurve ausbreiten (und exponentielles Wachstum immer ein natürliches Ende hat, sogar z.B. Bakterienwachstum in einer Nährlösung). Im Übrigen handelt es sich bei dieser Arbeit um eine der zahlreichen Vor­Veröffentlichungen (Preprints: Stand Anfang Januar 2021), also um die bei der Zeitschrift eingereichten Manuskripte der Autoren, die noch nicht durch einen sog. Peer-Review gegangen sind, wodurch sich noch einiges ändern kann, denn die wenigsten Manuskripte gehen einfach so durch das Gutachterverfahren und werden ohne, dass die Autoren Änderungen vornehmen müssen, publiziert.
  2. Systematische Übersicht (Zusammenfassung eines sog. Rapid Review‘ von Autoren des RKI, veröffentlicht im September 2020 auf den Internet-Seiten des RKI) [82]: In dieser Arbeit wurden insgesamt 27 mathematischen Modellierungsstudien hinsichtlich der Wirksamkeit nicht-pharmazeutischer Interventionen bei der Kontrolle der COVID-19-Pandemie ausgewertet.

Diese Arbeit aus dem RKI ist zum einen noch nicht in einer Fachzeitschrift publiziert, aber auch das gesamte Manuskript ist noch nicht als Preprint veröffentlicht, sondern es gibt nur eine Zusammenfassung davon auf den Internetseiten des RKI. Zum anderen werden in dieser Übersicht zahlreiche Arbeiten als Preprints zitiert, die also ihrerseits ebenfalls noch nicht unabhängig begutachtet in Fachzeitschriften erschienen sind. Dennoch schreibt das RKI unter den Link auf der entsprechenden Internetseite aber Folgendes (zuletzt eingesehen am 03.04.2021):

,/m Rahmen eines Rapid Review hat das Robert Koch-Institut (RKI) in Fachzeitschriften veröffentlichte Studien zur Wirksamkeit von nicht-pharmazeutischen Interventionen (NPIs) zur Eindämmung der…‘ (Hervorhebung für dieses Gutachten).

Das RKI gibt damit vor, dass die behandelten Untersuchungen bereits in Fachzeitschriften veröffentlicht seien. Dies trifft jedoch von den 6 Zitaten, in denen u.a. die Effektivität von Masken untersucht wurde, bei 4 Zitaten nicht zu, weil sie sich (auch) noch im Preprint-Stadium befinden. Bei dieser vorläufigen Publikation fehlt außerdem die Zitierung von Arbeiten, die sich kritisch mit den Corona-Maßnahmen auseinandersetzen. Darüber hinaus werden darin insgesamt auffällig viele Preprints zitiert. Das erkennt man jedoch erst, wenn man in die Literaturliste schaut. Mit solchen noch nicht begutachteten und damit auch von den Zeitschriften noch nicht akzeptierten Manuskripten in einer Literaturübersicht zu arbeiten, ist nicht unproblematisch, weil sich bis zur endgültigen

Publikation durchaus wesentliche Aspekte einer Arbeit ändern können (wenn die Arbeit überhaupt letztlich zur Publikation angenommen wird).

In den Medien z.B. wurde bereits auf diese bisher nicht als Gesamt-Manuskript, also nicht im Detail überprüfbar zur Verfügung stehende Arbeit in der Weise Bezug genommen, dass die Empfehlungen des RKI zum einen auf einer umfassenden Auswertung der jeweils aktuell zur Verfügung stehenden wissenschaftlichen Erkenntnisse beruhten und zum anderen deshalb die Empfehlung zum Tragen von Masken als Schutzmaßnahme gegen SARS-CoV-2 durchaus evidenzbasiert sei. Diese Schlussfolgerungen sind auf der Basis des Rapid Review‘ aus dem RKI aber weder möglich noch wissenschaftlich zulässig.

  1. Mathematische Schätzung (Zusammenfassung, Autoren aus dem RKI, veröffentlicht im September 2020 auf den Internet-Seiten des RKI) [83]: Auch in diesem Beitrag des RKI wurde selektiv zitiert. Er wurde zwar von der Zeitschrift ,Lancet Public Health‘, bei der er eingereicht wurde, noch nicht unabhängig begutachtet, ist aber wie [82] ebenfalls auf den RKI-Seiten bereits in einer Zusammenfassung veröffentlicht. Darin sollen in einer Modellierungsstudie anhand der öffentlich zugänglichen Datenbanken die Auswirkungen der jeweils eingesetzten nicht-pharmazeutischen Maßnahmen zur Eindämmung der Infektion innerhalb der 37 OECD-Mitgliedsstaaten von Januar – Juli 2020 untersucht werden. Die Autoren kommen zu dem Schluss, dass Beschränkungen von Zusammenkünften und Versammlungen am wirksamsten sind. Darüber hinaus könnten das Tragen von Masken, Schul- und Arbeitsschließungsvorschriften sowie das Testvolumen die Anzahl der positiven Fälle eindämmen. In der Literaturliste fehlen allerdings Publikationen, in denen die Corona-Maßnahmen kritisch und ohne Einfluss auf das Infektionsgeschehen beurteilt wurden. Auf Anfrage beim RKI mit der Bitte um Zusendung des vollständigen Manuskripts wurde mitgeteilt, dass es zahlreiche Anregungen aus der Fachöffentlichkeit‘ zu dem Manuskript gegeben habe, weshalb es überarbeitet und neu eingereicht werde. Es bleibt abzuwarten, ob die Literaturliste nach der Überarbeitung vervollständigt sein wird.

Diese beiden RKI-Publikationen von Pozo-Martin et al. [82, 83] helfen der Bundesregierung, die getroffenen Corona-Maßnahmen zu rechtfertigen. Vermutlich deshalb wurden sie bereits als Kurzfassung auf die RKI-Seiten gestellt, jedoch ohne die vollständigen Manuskripte ebenfalls zu veröffentlichen. Leser, die nicht vertraut sind mit den Publikationsregeln, können die Problematik, die mit solchen als Zusammenfassung noch dazu unvollständigen Vor-Veröffentlichungen verbunden sind, nicht erkennen (so z.B. Journalisten, die sie so behandeln, als handele es sich um abgeschlossene Publikationen).

  1. Mathematische Schätzung (Preprint, eingereicht im Oktober 2020) [84]: Alle Autoren stammen aus der Ökonomie. Untersuchungsgegenstand dieser mathematischen Schätzung war zum einen der Effekt der Innenraum-Maskenpflicht in Ontario, der bevölkerungsreichsten Provinz Kanadas, zwischen März und Mitte August 2020. Dort wurde die Maskenpflicht in den insgesamt 34 Regionen über etwa zwei Monate gestaffelt eingeführt, so dass die Regionen mit früherer Maskenpflicht mit denen verglichen werden konnten, bei denen die Maskenpflicht später kam. In einem zweiten Ansatz wurden für alle 10 Provinzen Kanadas die Auswirkungen aller nicht-pharmazeutischen Interventionen (NPI) incl. Masken berechnet. Dabei wurden die Unterschiede zwischen den Provinzen sowohl in Bezug auf die Maskenwirksamkeit als auch auf die Wirksamkeit der anderen NPI analysiert. Die Schätzung der Unterschiede zwischen den Regionen mit bzw. (noch) ohne Masken in der Provinz Ontario ergab (schon) zwei Wochen nach Einführung der Maskenpflicht eine Reduktion der wöchentlichen neuen positiven

Coronafälle um 25 – 30%. Auf der Ebene der aller Provinzen wurde dieses Ergebnis bestätigt und lag mit 36 – 46% sogar noch höher. Dieser zeitliche Abstand zur Anordnung der Maskenpflicht ist sehr eng, denn nach etwa zwei Wochen beginnen sich erst die ersten Effekte einer Maßnahme zu zeigen, wenn es sie denn geben sollte. Offenbar aber gab es in der Zeit danach keine weitere Reduktion der positiven Fälle, sonst hätten die Autoren darüber berichtet, und dadurch wird das Ergebnis aus epidemiologischer Sicht noch fragwürdiger. Wie üblich in mathematischen Modellierungsstudien konnten auch hier – notgedrungen – mögliche andere (Stör-)Faktoren nicht einbezogen werden, sondern nur die politischen Maßnahmen, also in diesem Fall die Maskenpflicht.

  1. Narrative Übersicht (erstmals eingereicht im Oktober, überarbeitete Fassung vom November, publiziert im Dezember 2020) [85]: Es ist eine Übersichtsarbeit, die vorwiegend neuere (und nicht etwa alle) Publikationen zu Masken betrachtet. Deshalb bezeichnen die Autoren die Arbeit als ,narrativen Update‘. Es ist ein Text, der eine Behauptung an die andere reiht und auch keine neuen Arbeiten aufbieten kann, weil es keine entsprechenden Untersuchungen gibt.
  1. b) Publikationen ,contra Masken‘

Im Folgenden werden 7 Publikationen vorgestellt, die keinen positiven Effekt von Masken in der Öffentlichkeit nachgewiesen haben, auch wenn sie teilweise im Ergebnis die Anwendung von Masken empfehlen (wiederum in der zeitlichen Reihenfolge, wie sie – je nach den Angaben in der Publikation – eingereicht bzw. publiziert wurden).

  1. Systematische Übersicht (eingereicht im Mai 2020) [86]: Ausgewertet wurden 9 randomisierte kontrollierte Studien, durchgeführt außerhalb von medizinischen Einrichtungen (Haushalte, Studentenwohnheime). Eine Wirksamkeit von Masken als alleinige Maßnahme zur Prävention von Influenza-ähnlichen Erkrankungen (Influenza-like illness = ILI) fand sich nicht. In 6 dieser Studien wurden jeweils 3 Gruppen verglichen: (1) Händehygiene allein, (2) Masken und Händehygiene und (3) keine Maßnahme. Es fand sich eine signifikante Reduktion von ILI nur beim Gebrauch von Masken zusammen mit Händehygiene, aber nicht mit Masken allein. Die Autoren stellen aber fest, dass der genaue Schutz von Masken über andere Maßnahmen hinaus, wie Händehygiene, unklar

bleibt.

  1. Systematische Übersicht mit Metaanalyse (2019 von der WHO in Auftrag gegeben und gefördert, publiziert im Mai 2020) [87]: Die Arbeit sollte zur Vorbereitung auf die Erarbeitung einer Guideline zur Anwendung sog. nicht-pharmazeutischer Interventionen in der allgemeinen Bevölkerung bei pandemischer Influenza dienen. Darin wurden 10 randomisierte kontrollierte Studien zu Masken ausgewertet, um deren Effekt auf die Übertragung von laborbestätigten Influenzainfektionen zu ermitteln. Es ergaben sich keine Belege für eine Wirksamkeit von Masken bei der Reduktion von Influenzaübertragungen und zwar weder, wenn sie von infizierten Personen zum Schutz von Kontaktpersonen getragen wurden (Fremdschutz), noch wenn sie nicht-infizierte Personen zu ihrem eigenen Schutz verwendeten. Die Autoren stellen auch fest, dass der korrekte Gebrauch von Masken essentiell sei, weil anderenfalls das Übertragungsrisiko erhöht sein könne.
  2. ,Living Rapid Review‘ (erster Teil im Juni 2020 erschienen) [88]: In der Folge sind insgesamt fünf Updates publiziert worden (zuletzt im März 2021) [89 – 93]. Geprüft werden soll in dieser kontinuierlich aktualisierten Übersicht die Effektivität von Masken bei der Reduktion von respiratorischen Virusinfektionen, incl. SARS-CoV-2, einerseits im Rahmen der Patientenversorgung in medizinischen Einrichtungen und andererseits in der

Bevölkerung. Dabei fanden sich bisher keine Belege für die Wirksamkeit von Masken außerhalb des medizinischen Bereichs.

  1. ,Umbrella Review‘ (erschienen im Juli 2020) [94]: In dieser Arbeit wurden alle verfügbaren systematischen Reviews randomisierter kontrollierter Studien zusammen ausgewertet (in üblichen systematischen Reviews werden dagegen die Originalstudien ausgewertet). Untersuchungsgegenstand war jeweils der Gebrauch von Masken zum Schutz vor respiratorischen Infektionen bei medizinischem Personal und normaler Bevölkerung in der Öffentlichkeit. Es fand sich keine Evidenz für Masken als Fremdschutz, und auch für die Träger selbst ergab sich nur möglicherweise eine Reduktion des Infektionsrisikos (Eigenschutz).
  2. Mathematische Schätzung (Preprint, eingereicht im Oktober 2020) [95]: Es wurden acht verschiedene sog. nicht-pharmazeutische Maßnahmen (neben dem Tragen von Masken z.B. Begrenzung von Versammlungen, Schließung von Geschäften, Schulschließungen) in 41 Ländern auf ihren Effekt auf die Reduktion des R-Wertes untersucht. Dabei zeigte sich jedoch, dass beim Einschluss von Masken in die Auswertung (zusammen mit den anderen Maßnahmen) keine weitere Reduktion des R-Wertes resultierte, Masken also keinen Effekt haben.

Im Dezember 2020 wurde die Studie in Science publiziert, jedoch ist seither die Auswertung der Masken nicht mehr vorhanden [96]. Der Artikel erklärt dies nicht. Wenn man also den Preprint nicht gelesen hat, merkt man nicht, dass die dort an erster Stelle aufgeführte Maßnahme in der endgültigen Publikation fehlt. Erwähnt wird am Schluss nur, dass es schwierig sei, den Effekt von Masken im öffentlichen Raum zu schätzen, weil durch die anderen in Kraft gesetzten Maßnahmen nur ein begrenztes öffentliches Leben da war. Im Preprint hieß es zu Masken [95]:

‚Mandating mask-wearing in various public spaces had no clear effect, on average, in the countries we studied. This does not rule out mask-wearing mandates having a larger effect in other contexts. In our data, mask-wearing was only mandated when other NP/s had already reduced public interactions. When most transmission occurs in private spaces, wearing masks in public is expected to be less effective. This might explain why a larger effect was found in studies that included China and South Korea, where mask-wearing was introduced earlier. While there is an emerging body of literature indicating that mask-wearing can be effective in reducing transmission, the bulk of evidence comes from healthcare settings. In non-healthcare settings, risk compensation may play a larger role, potentially reducing effectiveness. While our results cast doubt on reports that mask wearing is the main determinant shaping a country’s epidemic, the policy still seems promising given all available evidence, due to its comparatively low economic and social costs. Its effectiveness may have increased as other NPIs have been lifted and public interactions have recommenced.‘

  1. Randomisierte kontrollierte Studie (durchgeführt in April und Mai, publiziert im November 2020) [97]: In Dänemark wurde in dieser Studie untersucht, ob die Empfehlung, zusätzlich zu den anderen bekannten Schutzmaßnahmen (Abstandhalten etc.) bei jedem Verlassen der Wohnung eine chirurgische Maske zu tragen, das Risiko für eine Infektion mit dem neuen Coronavirus in einer Bevölkerung mit mäßig hohen Infektionsraten reduzieren kann. Zur Zeit der Studie war in Dänemark das Tragen von Masken in der Öffentlichkeit selten und wurde auch nicht öffentlich empfohlen. An der Studie teilnehmen konnte, wer beruflich keine Masken tragen und mindestens drei Stunden pro Tag außer Haus und unter Menschen gehen musste. Durch die Randomisierung wurden insgesamt 3.030 Studienteilnehmer der Maskengruppe zugeteilt

und 2.994 Teilnehmer der Kontrollgruppe. Eine Infektion mit SARS-CoV-2 konnte durch Antikörpernachweis, PCR-Test oder Krankenhausdiagnose festgestellt werden. In der Maskengruppe wurde bei 42 Teilnehmern (1,8 %) eine Infektion durch das neue Coronavirus festgestellt, in der Kontrollgruppe bei 53 Teilnehmern (2,1 %), der Unterschied war mit 0,3 % also gering (und nicht statistisch signifikant). Die Untersuchung zielte auf den Eigenschutz ab und war demnach – anders als bei der Maskenpflicht in Deutschland bis zum Januar 2021 – nicht auf den Fremdschutz ausgerichtet, so dass diese Studie keinen Beitrag zur Beantwortung der Frage leisten kann, ob das Tragen von Masken durch gesunde Menschen einen Fremdschutzeffekt hat, also ob dadurch andere Menschen vor einem Erregerkontakt geschützt werden können. Ebenso wenig aber eignet sich die Studie dafür, den Eigenschutz durch medizinische Masken zu stützen, auf den die Politik in Deutschland unter dem Eindruck der neuen Varianten (,Mutanten‘) seit Januar ebenfalls setzt. Auch für diese Entscheidung, dass seither beim Einkaufen und im ÖPNV OP- oder FFP2-Masken (in Bayern nur FFP2) verwendet werden müssen, gibt es keine wissenschaftliche Grundlage.

  1. Experimentelle Studie (publiziert im Dezember 2020) [98]: Von der Deutschen Bahn AG (DB) und dem Deutschen Zentrum für Luft und Raumfahrt (DLR) wurde aus Anlass der Corona-Pandemie das Projekt Luftqualität in Schienenfahrzeugen‘ durchgeführt. Dabei sollten mit einem experimentellen Verfahren in einem stationären Versuchswagen (Typ ICE 2) die Ausbreitungswege von Partikeln in der Größenordnung von Aerosol-Partikeln (simuliert durch die Freisetzung von CO2 als Tracergas bzw. künstliche Speichelpartikel mit einem Durchmesser zwischen ca. 3 – 4 um aus einer Quelle in Kopfhöhe einer sitzenden Person in den Zugwaggons) untersucht werden. Die Messungen wurden jeweils ohne und mit (chirurgischer) Maske durchgeführt. Ergebnis (schon) ohne Maske war, dass die Ausbreitung vor allem direkt und unmittelbar an der Quelle stattfindet. Eine Verbreitung im ganzen Waggon oder eine indirekte über das Belüftungssystem gab es nicht. Interessant ist (1) das Ergebnis, dass ein an einem Tisch der Erregerquelle unmittelbar gegenübersitzender Fahrgast (also naher face-to-face-Kontakt mit ca. 1 – 2 m Abstand) nur mit 0,2% der freigesetzten Partikel in Kontakt kommt, an den Sitzplätzen davor und daneben auf der anderen Gangseite kamen dagegen nur 0,01% an. Mit anderen Worten: Selbst für die direkt gegenübersitzende Person bestünde praktisch kein Risiko, mit einem freigesetzten Erreger in Kontakt zu kommen. Ein anderer wichtiger Punkt ist, dass (2) die Belüftungsanlage mit einer sehr hohen Luftwechselrate und außerdem mit einem hohen Frischluftanteil arbeitet, so dass etwa alle 5 min die gesamte Luft im Waggon einmal ausgetauscht ist (d.h. 12 Luftwechsel pro h). Das wiederum bedeutet, dass es für die Fahrgäste in Anbetracht der ständigen Verdünnung durch die zugeführte Luft zu keinem relevanten Erregerkontakt kommen könnte, auch deshalb, weil die Kontaktzeit viel zu gering ist, um bei der, wie die Ergebnisse zeigen, geringen Ausbreitung der Partikel weg von der Erregerquelle zu einer Infektion führen zu können, wenn es sich um infektiöse Partikeln handeln würde.

DB und DLR hätten an sich aus ihren Ergebnissen (die auf die ICE 1/2-Flotte sehr gut, aber auch auf viele andere Schienenfahrzeugtypen gut übertragbar seien) schließen müssen, dass Masken in Zügen nicht erforderlich sind, weil es (1) kaum zu einer Aerosolausbreitung kommt und (2) durch die Belüftungsanlage die gesamte Luft des Waggons innerhalb weniger Minuten ausgetauscht ist, so dass potentiell infektiöse Partikel in kürzester Zeit entfernt werden. Das bedeutet, dass die Konzentration infektiöser Partikel durch den hohen Luftwechsel mit Frischluftzufuhr ständig und sehr effektiv reduziert wird, also eine Verdünnung der Partikel in der Luft des Waggons stattfindet, die das potentielle Übertragungsrisiko kontinuierlich, sehr rasch und in hohem

Maße reduziert. Durch die Maske wird dieses Risiko nur noch unwesentlich und nur für den unmittelbaren Sitznachbarn reduziert. Aus diesen Gründen wurde diese Studie hier entgegen der Interpretation von DB und DLR in die Gruppe der Contra-Masken-Studien aufgenommen, weil die Ergebnisse dagegensprechen, dass Masken einen Effekt im Sinne eines Infektionsschutzes haben. Ob aber die ,Aerosol‘-Übertragung, die in der Studie als gegeben angenommen wurde, bei der Übertragung des Coronavirus überhaupt eine Rolle spielt, ist die entscheidende Frage, die in Teil C. diskutiert wird.

Resümee der wissenschaftlichen Grundlage für Masken

Trotz fehlender wissenschaftlicher Evidenz haben in der ersten Jahreshälfte 2020 sowohl WHO, ECDC, CDC und RKI – allesamt in der Regel hochgeachtete nationale und internationale wissenschaftliche Gesundheitsbehörden – das Tragen von Masken im öffentlichen Raum mehr oder weniger empfohlen, wenn auch, wie bei der WHO [41, 42], beschränkt auf spezielle epidemiologische Situationen, von allen aber mit deutlichen ,Warnhinweisen‘ versehen, mit der Folge, dass sich die Politik auf eben diese, aber ohne wissenschaftliche Grundlage vorgenommenen Einschätzungen beruft, die ,Warnhinweise‘ aber auf die Notwendigkeit, trotzdem Abstand zu wahren, begrenzt.

Man muss feststellen, dass alle nationalen und internationalen Gesundheitsbehörden, wenn auch zurückhaltend, entgegen der wissenschaftlich etablierten Standards der Evidence-based Medicine eine Einschätzung zum Tragen von Masken im öffentlichen Raum mit großer Tragweite abgegeben haben, die lediglich auf sog. plausiblen Überlegungen beruht, was jedoch nicht ausreichen kann, um der Politik in einer solchen Lage, d.h. für den Einsatz bei Millionen von Menschen, eine wissenschaftliche fundierte Entscheidungsbasis zu vermitteln. Eine klare wissenschaftliche Stellungnahme, wie man sie von diesen Behörden erwarten kann, sieht anders aus.

Nicht überraschend ist es deshalb, dass die seit dem Frühjahr 2020 publizierte Fachliteratur keine Belege für das Tragen von Masken durch die Bevölkerung in der Öffentlichkeit gezeigt hat, auch wenn die Autoren mathematischer Schätzungen dies behaupten und die Autoren von Meinungsbeiträgen in z.B. narrativen Reviews dafür keine Daten vorlegen (können). Zahlreiche Mediziner verschiedener Fachgebiete und Wissenschaftler aus anderen Disziplinen verweisen gerne auf solche ,positiven‘ Publikationen, und zwar insbesondere häufig auf Modellierungsstudien, die für Personen mit nicht besonders fundierten mathematischen Grundlagen (bei Medizinern nicht ganz selten) ohnehin nicht nachvollziehbar sind und damit abschreckend wirken, aber vielleicht gerade dadurch nahelegen, dass es sich um besonders aussagefähige ,Wissenschaft‘ handeln müsse.

Die wissenschaftliche Qualität der Pro-Masken-Publikationen ist (sehr) niedrig, weil es sich hauptsächlich um mathematische Schätzungen, narrative Reviews und Meinungsbeiträge handelt, aber aussagefähige systematische Reviews fehlen. Dagegen ist die Qualität der Evidenz der Contra-Masken-Publikationen hoch wegen mehrerer systematischer Reviews (incl. Metaanalyse).

Was die Häufigkeit seiner Zitierung für eine Bestätigung der Masken-Wirksamkeit angeht, steht der sog. ,Lancet-Review‘ an der Spitze [43],: Geradezu reflexartig wurde und wird seit seinem Erscheinen Anfang Juni 2020 diese Publikation von zahllosen Medizinern als Beleg genannt. Man wähnt sich damit auf der ganz sicheren Seite, wohl weil diese Zeitschrift (zusammen mit dem NEJM) zu den beiden hochrangigsten medizinischen Fachzeitschriften der Welt gehört. Dadurch gilt für Mediziner als sicher: Was dort publiziert ist, hat Hand und Fuß, ist durch einen unerbittlichen Peer-Review auf Herz und Nieren geprüft und kann

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vertrauensvoll übernommen werden. Diese Einschätzung ist bei diesem Artikel ganz offensichtlich nicht angemessen. Noch dazu ist das leicht zu erkennen, und zwar, ohne dass man wissen muss, wie Metaanalysen mathematisch funktionieren. Die WHO hatte diesen urgent Review‘ in Auftrag gegeben (und gefördert), weil sie die Ergebnisse offenbar dringend (deshalb wohl auch ein urgent Review) für eine neue Bewertung der Masken­Frage für das neue Coronavirus benötigte. Bereits 2019 hatte die WHO bezogen auf Influenza-Pandemien einen ähnlichen Review in Auftrag gegeben [87]. Da aber Influenza offenbar für Entscheidungen zum neuen Coronavirus nicht als ausreichend bzw. aussagefähig betrachtet wurde und vielleicht auch, weil dieser Review keinen protektiven Effekt von Masken gezeigt hat, wurde von der WHO ein ,urgent Review‘ angefordert, in dem ausschließlich Publikationen zu den drei besonderen, weil nicht-saisonalen Coronaviren SARS, MERS und SARS-CoV-2 ausgewertet werden sollten (wobei SARS-CoV-2 wahrscheinlich ein saisonales werden wird).

Dafür brauchte die WHO eine Publikation in einem über jeden Zweifel erhabenen Journal. Je anerkannter eine Fachzeitschrift, umso leichter werden die Botschaften der darin publizierten Artikel von der Leserschaft angenommen und verbreitet. Inwieweit dann aber das Ergebnis der Literaturrecherche den Erwartungen der WHO entsprach, ist unbekannt. Man kann es wohlwollend betrachtet so ausdrücken: Sowohl die Autoren des Lancet-Review als auch die WHO mit ihrer Masken-Empfehlung vom 5. Juni 2020 haben zumindest versucht, sich gewissermaßen mit wissenschaftlichem Anstand aus der Affäre zu ziehen. Übrig bleibt aber dennoch, dass sich die WHO wohl dem, wie berichtet wurde, politischen Druck gefügt hat, allerdings dann aber doch die klare Aussage macht, dass die wissenschaftliche Evidenz für die Effektivität von Masken getragen von gesunden Menschen in der Öffentlichkeit fehlt. Der Lancet-Review sagt dies auch, wenn auch gewissermaßen versteckt.

Die WHO hatte im Herbst 2019 einen Review zu nicht-pharmazeutischen Maßnahmen incl. Masken in Auftrag gegeben, der keine Wirksamkeit von Masken gezeigt hat [87]. Zudem war im Jahr 2017 bereits ein systematischer Review mit Metaanalyse publiziert worden, in dem die Effektivität von Händehygiene und Masken untersucht wurden [99]. Diese Metaanalyse weist nur für die Händehygiene auf einen signifikanten protektiven Effekt hin, aber nicht für Masken. Die darin ausgewerteten Studien aus dem sog. Community-Setting wurden in Familien mit an Influenza erkrankten Personen durchgeführt. Und auch der ,Lancet-Review‘ [43] hat keine Wirksamkeit zeigen können. Auch die in der Zeit danach veröffentlichten Untersuchungen oder Meinungsbeiträge konnten keine Belege für die Effektivität von Masken in der Öffentlichkeit zeigen (siehe oben). Somit gibt es nach den wissenschaftlich akzeptierten Kriterien keinen Anhalt dafür, dass Masken getragen von gesunden Menschen in der Öffentlichkeit einen positiven Einfluss auf das Infektionsgeschehen haben (möglicherweise aber einen negativen Effekt; siehe Teil B.)

Dass dennoch in Deutschland die Maskenpflicht verhängt wurde, ist nicht mit den Anforderungen des IfSG in § 1 (2) in Einklang zu bringen, wonach Infektionsschutzmaßnahmen evidenzbasiert sein sollten. Politische Entscheidungen sieht das IfSG nicht vor, und dennoch werden seit dem ersten Lockdown im März 2020 politische Entscheidungen getroffen, die keine wissenschaftliche Grundlage haben.

Es ist klar, dass aufgrund des weltweiten Mangels an professionellen Masken (von denen es im Frühjahr 2020 in Kliniken und Pflegeheimen bei weitem nicht genug gab, so dass sie für die Nutzung der Bevölkerung in Deutschland ohnehin nicht in Frage kamen) die allgemeine Maskenpflicht in Deutschland nur eingeführt werden konnte mit dem Hinweis, dass selbstgenähte Masken oder auch nur ein Tuch vor Mund und Nase ebenfalls ausreichten.

Über die Qualität von nicht-medizinischen Masken können naturgemäß keine Aussagen gemacht werden, weil jeder Bürger verwenden konnte, was er wollte. Schon deshalb also kann es, wie im Beitrag des RKI angeführt, dazu keine Daten geben [1]. Transparent wäre es gewesen, auf das Fehlen von wissenschaftlichen Daten für den generellen Einsatz von Masken im öffentlichen Raum ausdrücklich hinzuweisen. Wenigstens hätte aber im letzten Satz des RKI-Artikels [1], wie überall zuvor im Text, nur davon gesprochen werden sollen, dass der Masken ein Baustein sein könnten, um Übertragungen zu reduzieren, nicht aber, dies als Tatsache zu formulieren.

Alle Ausweitungen der Maskenpflicht, wie z.B. in Schulen, in Parlamenten und auf Wanderwegen (z.B. wie durch die Höllentalklamm im Zugspitzgebiet wegen Engstellen auf dem Weg), in Fußgängerzonen der Innenstädte oder auf Parkplätzen vor Geschäften wegen möglichem Gedränge oder auch in manchen Gemeinden beim Fahrradfahren innerorts basieren nicht zuletzt auf der unwissenschaftlich geführten ,Aerosol‘-Diskussion, die von Bio­Wissenschaftlern propagiert und von Aerosol-Physikern wie ebenso von Herstellern raumlufttechnischer Anlagen (,Klimaanlagen‘) aufgegriffen wurde (siehe Teil C.).

Anfang September 2020 beschäftigte sich ein Artikel (im Politik-Magazin Cicero) mit dem Schicksal der Schulkinder beim Tragen der Masken [100]. Der Autor (Sozialwissenschaftler und Bildungsforscher) hält es für sicher, dass keine Studie, in der Kinder über Stunden, Tage und Wochen Masken tragen sollten, von einer Ethikkommission in Deutschland zugelassen worden wäre. Es haben sich aber sogar Pädiater dafür ausgesprochen, dass Schulkinder Masken tragen sollen bzw., ohne Schaden zu nehmen, tragen können, selbst während des Unterrichts [101]. In einem ,Offenen Brief hat dazu ein Pharmazeut Stellung bezogen und sein Unverständnis darüber zum Ausdruck gebracht, dass die Stellungnahme der pädiatrischen Fachgesellschaften jegliche wissenschaftliche und ethische Qualität vermissen lasse [102]. Er stellt die Frage, ob die Maske nicht eher ein politisches Instrument als eine sinnvolle medizinische Maßnahme sei und die Verfasser und Unterzeichner weniger als Mediziner, sondern mehr als politische Funktionäre einen politischen Auftrag erfüllten. Dann, so der Autor weiter,

wäre es jedoch angemessen, diesen Auftrag transparent darzustellen und zu erklären, dass das Tragen von Masken für Kinder politisch gewollt ist und die dabei möglicherweise bestehenden Risiken in Kauf genommen werden‘.

Schon einige Monate zuvor hatte dieser Autor einen Artikel in der Deutschen Apotheker Zeitung veröffentlicht, in dem er u.a. kritisiert, dass alle bislang für die Effektivität von Masken wichtigen Normen außer Kraft gesetzt sind, und nur noch irgendein Stück Stoff vor Mund und Nase wichtig sei, ohne dass auf die Filtereffektivität (angesichts unterschiedlicher Partikelgrößen) geachtet und auf den richtigen Umgang mit den Masken Wert gelegt werden müsste oder das tatsächliche Übertragungsrisiko eine Rolle spielt [103].

Masken wurden als einzige sichtbare Maßnahme seit Einführung der Tragepflicht von der Politik und den sie beratenden Wissenschaftlern hochgehalten und meist streng eingefordert, obwohl sie erkennbar über die Monate keinen Effekt hatten. Anstatt sie – als offensichtlich nutzlos, potentiell schädlich und gerade nicht durch annähernd als wissenschaftlich zu bezeichnende Daten bestätigt – abzuschaffen, wurde die Maskenpflicht sukzessive aber noch erweitert bis hin z.B. zu der irrationalen Tragepflicht im Freien auf belebten Plätzen oder in Fußgängerzonen (wogegen sich auch Virologen und Aerosol-Physiker aussprechen), zur Tragepflicht für Schüler sogar während des gesamten Unterrichts und der FFP2-Maskenpflicht in Geschäften und im ÖPNV in Bayern.

Die Tatsache, dass Schüler nun gezwungen sind, stundenlang Masken zu tragen, und das teilweise sogar in der Pause auf dem Schulhof und im Sportunterricht, ist schon angesichts der völlig fehlenden medizinischen Evidenz nicht nachvollziehbar. Hinzu kommt, dass es keine systematischen Untersuchungen über mögliche schädliche Nebenwirkungen gibt und dass solche Untersuchungen noch nicht einmal von den Fachgesellschaften der Kinderärzte gefordert werden. Dass die Nebenwirkungen keineswegs harmlos oder selten sind, zeigt eine (bereits im Dezember 2020 als Preprint und inzwischen endgültig publizierte) Untersuchung der Universität Witten-Herdecke, in der vorläufige Ergebnisse aus einem Online-Register, in das z.B. Eltern, Lehrer oder Ärzte die Beschwerden von Kindern im Zusammenhang mit Tragen von Masken eintragen können, vorgestellt werden [104]. Die Angaben von zu diesem Zeitpunkt (innerhalb 1 Woche nach Start des Registers) ca. 18.000 teilnehmenden Eltern über fast 26.000 Kinder umfassten bei einer durchschnittlichen Tragezeit von 4,5 h pro Tag die folgenden Beschwerden (mit den jeweiligen prozentualen Häufigkeiten): Reizbarkeit (60%), Kopfschmerzen (53%), Konzentrationsschwierigkeiten (50%), Niedergeschlagenheit (49%), Abneigung gegen Schule bzw. Kindergarten (44%), Unwohlsein (42%), Lernschwierigkeiten (38%) und Schläfrigkeit bzw. Müdigkeit (37%).

S3-Leitlinie der AWMF. Trotz fehlender Bestätigung der Effektivität von Masken in der Öffentlichkeit aus wissenschaftlichen Untersuchungen wurde unter Beteiligung zahlreicher Fachgesellschaften am 1. Februar 2021 eine S3-Leitlinie der AWMF veröffentlicht, in der das Tragen von Masken mit dem Empfehlungsgrad ,Starke Empfehlung A‘ als ,evidenzbasierte Empfehlung‘ ausgesprochen wurde, obwohl die Qualität der Evidenz als ,niedrig‘ eingestuft wurde [105]. In der Präambel dieser S3-Leitlinie heißt es u.a.:

,(…) Ziel dieser Leitlinie ist es, allen Beteiligten wissenschaftlich fundierte und konsentierte Handlungsempfehlungen zur Verfügung zu stellen.

Die Leitlinie empfiehlt anpassbare und geeignete Maßnahmenpakete zur Verminderung des Infektionsrisikos und zur Ermöglichung eines möglichst sicheren, geregelten und kontinuierlichen Schulbetriebs in Pandemiezeiten. (…)

Diese Empfehlungen wurden von einer repräsentativen Gruppe von Expert*innen aus wissenschaftlichen Fachgesellschaften, am Schulgeschehen Beteiligten und Entscheidungsträger*innen nach einer strukturierten Vorgehensweise erarbeitet. Sie beruhen auf den aktuell verfügbaren Studien zur Wirksamkeit von Maßnahmen zur Kontrolle und Prävention der Übertragung von SARS-CoV-2 in Schulen.

(.)‘

Unter den Anmerkungen heißt es weiter:

Standard-Maßnahmenpaket. Für die Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen ist stets ein Maßnahmenpaket notwendig: Maßnahmen müssen aufeinander abgestimmt umgesetzt werden, um zu wirken. Ausgangspunkt ist ein Standard-Maßnahmenpaket, das sich an den allgemein in der Bevölkerung geltenden AHA+L-Regeln orientiert und das konkret Abstand, Hygiene, das Tragen einer angemessenen Maske und Lüften vorsieht.

(.)‘

Evidenzgrundlage. Die Evidenz zu den Wirkungen der Maßnahmen hinsichtlich einer SARS-CoV-2-Übertragung wurde mit einem Cochrane Rapid Review systematisch erhoben [Ref]. Die gewonnenen Erkenntnisse beruhen zu großen Teilen

auf Modellierungsstudien mit Qualitätsmängeln [Ref]. Für die möglichen Wirkungen von konkreten Maßnahmen wurden besonders aussagekräftige Einzelstudien aus dem Cochrane Rapid Review herangezogen [Ref]. Für alle betrachteten Wirkungen ist die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz sehr niedrig oder niedrig.‘

Die Empfehlung zu Lüften und Reduktion der Aerosolkonzentration in Unterrichtsräumen‘ zeigt eine sehr niedrige Evidenz, aber der Empfehlungsgrad ist wie bei der Maskenempfehlung ,Starke Empfehlung A‘.

Der in der ,Präambel‘ formulierte Anspruch an die wissenschaftliche Grundlage der Leitlinie ist – wie bei wissenschaftlich begründeten Leitlinien üblich – hoch. Dazu stehen die konkreten Empfehlungen der Leitlinie in starkem Kontrast, denn trotz fehlender aussagekräftiger wissenschaftlicher Belege (Qualität der Evidenz: ,sehr niedrig‘ oder ,niedrig‘) werden sowohl Masken als auch Lüften mit dem Empfehlungsgrad ,Starke Empfehlung A‘ bei gleichzeitig hoher Konsensstärke (100% bei Masken und 93% bei Lüften) empfohlen. Entgegen der Darstellung in der ,Präambel‘ handelt es sich bei beiden Empfehlungen nicht um ,wissenschaftlich fundierte (.) Handlungsempfehlungen‘, lediglich der Konsensgrad der Beteiligten war hoch, was aber die fehlende Wissenschaftlichkeit der empfohlenen Maßnahmen nicht ausgleichen kann. Sonst wäre man wieder zurück in der Zeit vor der evidenzbasierten Medizin (etwa Anfang der 1990er Jahre, also vor ca. 30 Jahren), wo die Experten ihre Meinungen darlegten und darüber dann ggf. abgestimmt wurde, wenn nicht sowieso Einigkeit bestand. Wissenschaftliche Grundlagen spielten damals kaum eine Rolle, sondern es kam auf die ,Erfahrung‘ der einzelnen Experten und deren Prestige in der Gruppe der jeweiligen Kollegen an. Allerdings folgt die S3-Leitlinie fast exakt diesem alten Muster. Der einzige Unterschied ist, dass die zugrunde liegende wissenschaftliche Evidenz zur Kenntnis genommen und in ihrer Aussagekraft eingestuft wurde. Erstaunlich ist, dass der Empfehlungsgrad davon in keiner Weise beeinflusst wurde (möglicherweise bei den Diskussionen, aber nicht beim Ergebnis, und das ist das einzige, das für eine Leitlinie zählt).

Im Ergebnis ist also die S3-Leitlinie der AWMF nicht vereinbar mit dem Anspruch an derartige Leitlinien, sondern stellt vielmehr eine Pervertierung dessen dar, was eine wissenschaftlich fundierte Leitlinie ausmacht. Sie ist letztlich eine Irreführung derjenigen, die sich mit der Bedeutung von (hochwertigen) Leitlinien (S3) nicht auskennen. Den Entscheidungen der Politik kommt sie damit sehr entgegen und ist möglicherweise aufgrund von subjektiv empfundenem politischem Druck zustande gekommen.

Im Juli 2020 wurde eine Studie der Universität Leipzig zu kardiopulmonalen Nebenwirkungen durch Masken bei Erwachsenen veröffentlicht [106]. Die Autoren kommen danach zu dem Schluss, dass bei gesunden Personen Atmung, kardiopulmonale Leistungsfähigkeit und Wohlbefinden beim Tragen von chirurgischen Masken reduziert seien. Erhebliche Einschränkungen wurden jedoch diesbezüglich im Zusammenhang mit FFP2-Masken beobachtet. Diese negativen Effekte müssten gegen den potentiellen Schutzeffekt von Masken vor der Virusübertragung abgewogen werden und sollten Einfluss haben auf medizinische Empfehlungen und politische Entscheidungen.

Eine weitere Untersuchung (durchgeführt in der ersten Juni-Hälfte 2020, also innerhalb der ersten ca. sechs Wochen der bundesdeutschen Maskenpflicht) beschäftigte sich mit den psychischen, psychosozialen und psychovegetativen Auswirkungen des Maskentragens [107]. Die Autorin kommt zu folgendem Schluss: Schon die Tatsache, dass ca. 60% der (ca. 1.000) Studienteilnehmer bereits zu diesem frühen Zeitpunkt der Maskenpflicht unter schweren (psychosozialen) Folgen litten, z.B. stark reduzierte Teilhabe am Leben in der Gesellschaft (aufgrund des Bestrebens, das Maskentragen zu vermeiden), sozialer Rückzug,

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herabgesetzte gesundheitliche Selbstfürsorge (bis hin zur Vermeidung von Arztterminen) oder die Verstärkung vorbestandener gesundheitlicher Probleme (posttraumatische Belastungsstörungen, rezidivierender Herpes simplex, Migräne), weise darauf hin, dass die Ergebnisse der Studie dringend eine Prüfung der Nutzen-Risiko-Relation der Masken­Verordnung erforderlich machten.

Der Einsatz der Masken durch die Politik als wichtige Maßnahme zur Eingrenzung der Pandemie und die Beobachtungen, die man in den Medien bei Politikern und in der (normalen) Öffentlichkeit zum Umgang mit den Masken machen kann, zeigen, dass es wohl weder darum geht, dass Masken in ihrer Wirksamkeit wissenschaftlich belegt sein müssen, noch darum, dass man sie so handhabt, dass von ihnen kein Kontaminationsrisiko ausgeht. Das RKI hätte schon längst bzw. wiederholt eindringlich darauf hinweisen können und müssen, was man aus Infektionsschutzgründen unter korrektem Umgang mit Masken versteht, aber es gibt nur gelegentlich einen kurzen Hinweis darauf. Auch dieser Aspekt zeigt, dass es bei der Maskenpflicht weniger um den behaupteten Nutzen im Sinne des Infektionsschutzes geht, sondern um ihre (psycho)soziale Funktion, wie es sehr klar in einer Publikation aus der Zeit der sog. Spanischen Grippe ausgedrückt wurde [108]:

‚If doubt arises as to the probable efficacy of measures which seem so lacking in specificity it must be remembered that it is better for the public morale to be doing something than nothing and the general health will not suffer for the additional care which is given it.‘

Auch heute scheint die Maske die entscheidende Funktion zu haben, der Bevölkerung zu zeigen, dass die Regierung etwas tut, um sie vor der vermuteten Infektionsgefahr zu schützen. Zum anderen soll sie für die Bevölkerung eine Art Beruhigung der Art darstellen, dass sie mit dem Tragen der Maske zum eigenen und zum Wohlergehen der anderen beitragen kann. Die Maske wird also sowohl von der Politik als auch von der Bevölkerung, die den Maßnahmen der Politik vertraut, benötigt, um die geistig-seelische Verfassung zu stabilisieren – natürlich auch die der Politiker, die quasi nackt, also ohne ,Schutzmaßnahme‘ für die Bevölkerung in Zeiten der Pandemie, dastünden, wenn sie die Maske nicht hätten, und deshalb an ihr festhalten, obwohl die Erfahrung seit dem Frühjahr 2020 zeigt, dass sie den gewünschten Effekt nicht haben kann, denn die Zahl der positiv getesteten Menschen ist unbeeinflusst hoch bzw. stieg und steigt weiterhin von Zeit zu Zeit sogar noch in ungekannte Höhen – trotz maximal ausgedehnter Maskenpflicht. Dass die Maskenpflicht aus psychologischen Gründen und wegen ihrer symbolischen Bedeutung wichtig sei, haben bereits im Juli 2020 zur Wiedereinführung der strengen Maskenpflicht in Österreich unabhängig voneinander sowohl der Bundeskanzler als auch der Gesundheitsminister von Österreich in der ZIB 2 im ORF 2 und auf einer Pressekonferenz geäußert [109].

  1. Hygiene

Anfang Juni hat die Bundesregierung die AHA-Regeln veröffentlicht [110]. Das ,H‘ steht dabei für ,Hygiene‘, und das bedeutet (1) Husten oder Niesen in die Armbeuge und (2) häufig und gründlich die Hände waschen für mindestens 20 – 30 Sekunden. Es fehlt (3) der korrekte Umgang mit Masken. Bis zur Einführung der AHA-Regeln waren etwa sechs Wochen nach Verhängung der Maskenpflicht vergangen, und bis dahin war genügend bekannt über den unzureichenden und damit potentiell infektionsgefährdenden Umgang der Bevölkerung mit den Masken. In diesem Abschnitt werden deshalb die Risiken aus der Sicht des Infektionsschutzes, die mit dem verpflichtenden Gebrauch von Masken für fast die gesamte Bevölkerung verbunden sind, besprochen, wenn die Politik schon darauf setzt.

Gebrauch von Masken nicht selbsterklärend

Die Bevölkerung hat nie gelernt, Masken korrekt zu gebrauchen, und wurde auch nach Verhängung der Maskenpflicht nicht darin trainiert. Nie hat sich das RKI dazu, z.B. in Pressekonferenzen, konkret geäußert. Stets blieb es bei der für die Bevölkerung eher nichtssagenden Formulierungen, sie müssten korrekt benutzt werden. Anstelle der ständig wiederholten Aufforderung, zu Hause zu bleiben, hätte man den Menschen eine kontinuierliche Fortbildung im Umgang mit Masken bieten und ihnen dabei verdeutlichen müssen, dass und warum bestimmte Regeln beim Gebrauch von Masken eingehalten werden müssen. Neben der fehlenden wissenschaftlichen Basis für die Maskenpflicht (siehe Teil A.) ist also dieser Aspekt von Bedeutung: Wenn schon Masken, dann muss der richtige Umgang eine zentrale Rolle bekommen, damit nicht durch die Masken selbst das Risiko für die Verbreitung des Erregers erhöht wird. Es ist schwer genug, die erforderlichen Regeln dem medizinischen Personal zu vermitteln bzw. diese Regeln in deren Köpfen so zu verankern, so dass man als Mitarbeiter im Bereich der Krankenhaushygiene nicht wiederholt daran erinnern muss (das muss man aber). Warum das wichtig ist, soll im Folgenden erklärt werden.

Das RKI weist an zwei Stellen des (kurzen) Artikels, mit dem Masken in der Öffentlichkeit begründet wurden, eindringlich auf die Problematik im Zusammenhang mit der Anwendung von Masken (MNB) hin [1]:

  1. … dass ,der Einsatz von MNB die zentralen Schutzmaßnahmen, wie die (Selbst-)Isolation Erkrankter, die Einhaltung der physischen Distanz von 1,5 m, die Hustenregeln und die Händehygiene zum Schutz vor Ansteckung nicht ersetzen kann. Diese zentralen Schutzmaßnahmen müssen also weiterhin strikt eingehalten werden‘.
  2. ,Auch die hygienische Handhabung und die Pflege von MNB sind zu beachten. Aus diesem Grund ist darauf zu achten, dass die MNB – insbesondere beim Auf- und Absetzen – nicht berührt (Hervorhebung für dieses Gutachten) wird, um eine Kontamination durch die Hände zu verhindern. Generell geht eine längere Tragedauer auch mit einer erhöhten Kontaminationsgefahr einher.‘ (hier verweist das RKI auf die Hinweise des BfArM = Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte; siehe unten

[111]).

Selbstverständlich ist der richtige Umgang mit Masken für die Bevölkerung jedoch nicht. Es ist eher verwirrend, wenn das RKI schreibt, dass man die Masken nicht berühren soll, auch nicht – oder sogar ,insbesondere beim Auf- und Absetzen‘. In dieser Kürze klingt es nicht nachvollziehbar. Was damit gemeint ist, wissen nur Fachkundige. Das BfArM macht nähere Ausführungen dazu (siehe unten). Der Bürger müsste sich also die wichtigen Informationen aus den Verlautbarungen verschiedener Bundesoberbehörden zusammensuchen.

Richtiger Umgang mit Masken wichtig

Die Maskenpflicht gibt es gemäß RKI, das die Pflicht zur Verwendung von Masken in der Öffentlichkeit durch seine Publikation erst ermöglicht hat [1], weil jeder Bürger unerkannt das neue Coronavirus im Nasenrachenraum tragen kann und weil es so angeblich zu unbemerkten‘ Übertragungen des Erregers auf Mit-Menschen bei Begegnungen im öffentlichen Raum kommen kann (siehe Teil A.). Nahezu alle Menschen in Deutschland müssen also Masken tragen, weil wir nicht wissen können, ob wir gerade das Virus im Nasenrachenraum haben, auch wenn wir keine Symptome einer oberen Atemwegsinfektion

haben, und deshalb, d.h. wegen dieses Unwissens, auch nicht zu Hause bleiben können, um andere Menschen vor einem Kontakt mit ,unserem‘ Virus zu schützen. Die Maske – welchen Typs auch immer, also ursprünglich nur die sog. Alltagsmaske aus Stoff (MNB), seit Januar 2021 die medizinische Maske als OP- oder FFP2-Maske – soll verhindern, dass das vielleicht bei uns vorhandene Virus in die Umgebung abgegeben wird.

Allen Maskentypen ist gemeinsam, dass sie richtig verwendet werden müssen, um nicht quasi selbst zu einem Infektionsrisiko zu werden. Denn wenn wir das Virus unerkannt beherbergen bzw. wenn es sich in unserer Nasen-Rachenschleimhaut, ohne Symptome zu verursachen, vermehrt bzw. vermehrt hat, dann sind wir gemäß der Theorie der ,unbemerkten‘ Übertragung mit unserem Nasenrachensekret eine potentielle Erregerquelle, von der aus es zu einer Verbreitung des Virus aus unserem Körper auf andere Menschen kommen könnte. Also kann die Maske, um gerade das zu verhindern, nicht der einzige Schutz sein, und zwar, weil der Mensch – warum auch immer – sich sehr häufig mit den Händen ins Gesicht fasst, wobei es sich um eine allseits bekannte Tatsache handelt, die jeder jederzeit an sich selbst und an den Mit-Menschen im täglichen Leben überprüfen kann [112]. Und wenn man eine Maske trägt, sind die Hände noch häufiger im Gesicht, weil die Maske stört. Beispielsweise schwitzt man darunter, es juckt, die Brille beschlägt, die Maske wird zurecht gerückt, oder man bekommt nicht gut genug Luft (das auch schon bei den Alltagsmasken, nicht nur bei FFP2-Masken). Die Menschen sind also ständig mit ihren Händen an der Maske, die man aber gemäß RKI – richtigerweise – nicht berühren soll.

So oder so kann man also selbst oder können die Mit-Menschen über die meist unbemerkten Hand-Gesichtskontakte gerade dort in Kontakt mit Infektionserregern kommen, wo die Erreger respiratorischer Infektionen hingelangen müssen, um eine Infektion erzeugen zu können, nämlich an die Schleimhäute der oberen Atemwege, incl. der Augen (bzw. wo sie sich befinden, falls man schon infiziert ist). Seit Jahrzehnten weiß man im Übrigen, dass respiratorische Viren (ob hüllenlos, wie Rhinoviren, oder behüllt wie Influenza- und Coronaviren) auch außerhalb des Körpers für gewisse Zeit (abhängig vom Ausmaß ihrer Einbettung in Reste von respiratorischem Sekret) in Zellkulturen anzüchtbar und damit potentiell infektiös bleiben können [113 – 115].

Weil man sich also bei verschiedenen Gelegenheiten (im eigenen Haushalt, bei der Arbeit wie auch in der Öffentlichkeit) nahezu ständig die Hände kontaminieren kann und unvermeidlich häufige eigene Hand-Gesichtskontakte hat, gehört Händewaschen nach Ansicht aller Gesundheitsbehörden der Welt wie ebenso z.B. nach den Ergebnissen des Cochrane-Review-Updates [1, 33, 35, 37, 42, 111], zu den anerkanntermaßen unverzichtbaren Maßnahmen, um die Übertragung respiratorischer Infektionserreger zu reduzieren. Gerade das kann man aber nicht, wenn man z.B. beim Einkaufen unterwegs ist oder den ÖPNV nutzt. Ebenso steht nicht immer Händedesinfektionsmittel zur Verfügung.

Händehygiene: Händewaschen

Wenn alle Gesundheitsbehörden der Welt auf die Bedeutung des Händewaschens hinweisen, ist dabei immer gründliches Händewaschen mit Wasser und Seife über 20 – 30 sec gemeint. Für die Allgemeinbildung der Bevölkerung über individuellen Infektionsschutz -zusätzlich zur Betonung der generellen Notwendigkeit von häufigem Händewaschen – ist zudem der Hinweis notwendig, dass man sich mit den Händen möglichst nicht ins Gesicht fassen soll, solange man die Hände nicht waschen konnte. Genau das sagen auch die internationalen Gesundheitsbehörden deutlich, das RKI sagt es auch, aber seltener und nicht an prominenter Stelle und auch nicht bei den AHA-Regeln. Allerdings ist es nicht leicht, man

kann es aber trainieren: Wenn man weiß, dass es wichtig ist, kann man sich selbst beobachten und die eigenen Hand-Gesichtskontakte reduzieren.

Deshalb sollte man bei Informationskampagnen für die Bevölkerung nicht nur auf die Notwendigkeit von häufigem Händewaschen hinweisen, sondern ausdrücklich auch darauf, warum Händewaschen so sinnvoll und wichtig ist: damit man sich nicht mit kontaminierten Händen an Augen, Nase und Mund fasst. Dann erst kann die Aufforderung zum Händewaschen wirklich verstanden und nicht (so leicht) als lästige Hygieneregel abgetan werden. Aus diesem Grunde weisen alle Gesundheitsbehörden der Welt auf die große Bedeutung der Händehygiene hin, um die Übertragung respiratorischer Viren durch indirekten Kontakt oder durch eigene Hand-Gesichtskontakte zu reduzieren (gleiches gilt im Übrigen für die Prävention gastrointestinaler Infektionen, deren Erreger, z.B. Noroviren, ebenfalls über kontaminierte Hände und nachfolgenden Mundkontakt erworben werden können).

Für die Prävention der Übertragung respiratorischer Erreger bedeutet das, dass man sich nicht an oder unter die Maske, fassen soll, weil man dabei seine Hände kontaminieren und damit über Flächenkontakte seine Mit-Menschen dem Risiko aussetzen kann, in Kontakt mit den eigenen Erregern zu geraten und so eine Infektion zu bekommen, was doch aber gerade durch die Maske verhindert werden soll.

Händehygiene: Händedesinfektion

Den richtigen Gebrauch von Händedesinfektionsmitteln muss man lernen, denn Händedesinfektion ist keineswegs trivial (und wird mit dem medizinischen Personal wiederholt trainiert, z.B. auch durch Einsatz einer UV-Lampe, um nach Verwendung eines fluoreszierenden Händedesinfektionsmittels unter dem UV-Licht sehen zu können, ob wirklich die gesamte Haut der Hände und insbesondere die Fingerspritzen incl. Daumen in die Desinfektion einbezogen wurden). Bei den für die Händedesinfektion verwendeten Mitteln handelt es sich um alkoholische Lösungen mit meist 60 – 80 % Alkohol, die Rückfetter enthalten, damit die Haut nicht zu trocken wird, denn Alkohol trocknet die Haut sonst aus (Händewaschen ebenfalls). Sie werden in aller Regel sehr gut vertragen (Alkohol ist nicht toxisch), aber es ist trotz Zusatz rückfettender Substanzen eine ausreichende Hautpflege wichtig, wenn man sich häufig die Hände desinfizieren muss, wie es bei medizinischem Personal der Fall ist. Richtig durchgeführt ist Händedesinfektion wirksamer als Händewaschen (eliminiert bzw. reduziert mehr potentielle Infektionserreger in kürzerer Zeit), aber im normalen Leben ist Händewaschen die Methode der Wahl, während im medizinischen Bereich bei der Patientenversorgung (u.a. aus Hautschutzgründen) die Hände nur gewaschen werden sollen, wenn sie sichtbar verschmutzt sind.

Wenn man in der Öffentlichkeit z.B. beim Einkaufen unterwegs ist, hat man meist keine Möglichkeit, sich die Hände zu waschen. Deshalb haben z.B. Lebensmittelgeschäfte etwa seit dem Frühsommer 2020 an den Eingängen zu den Geschäften Händedesinfektionsmittel bereit gestellt, neben weiteren Desinfektionsmitteln, die für Flächen gedacht sind (also insbesondere um den Griff des Einkaufswagens damit abzuwischen), die aber keine Rückfetter enthalten, wenn sie ebenfalls auf alkoholischer Basis sind, weil das für diesen Einsatzzweck nicht erforderlich ist. Verwechseln darf man deshalb die Händedesinfektionsmittel nicht mit den Flächendesinfektionsmittel, insbesondere wenn diese Mittel andere Wirkstoffe enthalten und nicht Alkohol, denn andere Wirkstoffe dürfen nicht auf der Haut angewendet werden, weil sie für den Menschen toxisch sind oder vielleicht ,nur‘ eine  allergisierende Wirkung  haben.  Insofern  kann  schon  die  Bereitstellung von

Desinfektionsmitteln zu fehlerhafter Anwendung durch die Bevölkerung führen, die den Unterschied zwischen Hände- und Flächendesinfektionsmitteln nicht kennt (und normalerweise auch nicht kennen muss). Die Ablagen, auf denen die Desinfektionsmittel zur Selbstanwendung angeboten werden, sehen zudem meist unordentlich aus und vermitteln damit nicht den Eindruck, dass es bei all dem an sich um Sauberkeit gehen soll.

Aber einmal angenommen, es wird das richtige Mittel zur Händedesinfektion verwendet, gibt es eine weitere Schwierigkeit für die in der Händedesinfektion ungeübte Bevölkerung: Es reicht nämlich nicht, einfach irgendeine Menge der Desinfektionslösung zu entnehmen, sondern es muss eine ausreichende Menge sein, um die gesamte Haut der Hände damit benetzen zu können. Das ist je nach Größe der Hand etwas unterschiedlich, in der Regel sind es etwa 3 mL, die aber selbst für kleinere Hände erforderlich sind (für größere entsprechend mehr). Bei dieser Menge hat man eine Pfütze in der Hohlhand, und das heißt aber auch, dass eine geringere Menge oder gar nur etwas Sprühnebel nicht zu einer wirksamen Desinfektion der Hände führen kann. Diese Pfütze muss man dann – nicht anders als beim Händewaschen, d.h. im wahrsten Sinne des Wortes nach dem Prinzip: ,Eine Hand wäscht die andere‘ – über beide Hände verteilen, so dass zum einen die gesamte Haut beider Hände mit dem Mittel benetzt wird. Zum anderen muss man aber das Mittel auch überall so lange einreiben, bis die Hände wieder trocken sind. Das dauert insgesamt 20 – 30 sec, was nur scheinbar kurz klingt, und dann erst kann man von einer wirksamen Händedesinfektion sprechen. Das Mittel überall zu verteilen, muss aber auch ganz bewusst geschehen, denn es reicht nicht, wenn man nur die Handflächen aneinander reibt. Vielmehr muss man darauf achten, dass insbesondere Fingerspitzen und Daumen einbezogen werden, weil man damit die entscheidenden Kontakte mit Gegenständen oder Flächen hat. Sicher gehören für eine effektive Händedesinfektion auch die Fingerzwischenräume und die Falten der Handinnenfläche dazu, aber im normalen Leben (wie im Übrigen auch bei der medizinischen Versorgung von Patienten) hat man die tatsächlich wichtigen Kontakte mit den Fingerspitzen (deshalb sind auch lange Fingernägel ein Hindernis für eine effektive Händedesinfektion, weil man nicht anders als beim Händewaschen, wenn man keine Nagelbürste benutzt, mit dem Mittel nicht unter die Fingernägel kommt). Kontakt mit der flachen Hand oder den Fingerzwischenräumen hat man sehr viel seltener.

Davon weiß die Bevölkerung nichts (muss sie an sich auch nicht), aber es wurde ihr eben auch nicht erklärt. So kann es passieren, dass Personen, die selbst im Bereich der Medizin arbeiten und von daher wissen, wie man sich richtig, d.h. wirksam die Hände desinfiziert, von Mit-Menschen tadelnd angesprochen werden, sie sollten sich nicht so viel von dem Mittel nehmen und sich beeilen, denn andere wollten sich schließlich auch die Hände desinfizieren.

Zusammenfassend kann man sagen, dass mit einiger Sicherheit die Möglichkeit zur Händedesinfektion nicht das Waschen der Hände mit Wasser und Seife ersetzen kann, wo man zumindest einen gewissen mechanischen Abschwemmeffekt durch das Wasser hat, auch wenn man vielleicht die Seife nicht wirklich überall über die Haut der Hände verteilt. Hinzu kommt, dass die Hände, ganz gleich, was man vorher gemacht hat, also Händewaschen oder Händedesinfektion, sofort erneut kontaminiert sind, wenn man wieder an die Maske oder an andere Gegenstände fasst. Auch das ist der Bevölkerung nicht bewusst, weil sie es nicht gelernt hat (und auch nicht lernen musste bzw. muss), dass nämlich selbst eine regelrechte Händedesinfektion nicht davor schützt, dass die Hände im nächsten Moment, d.h. beim nächsten Kontakt mit einem Gegenstand oder einer Oberfläche, wieder mit potentiellen Infektionserregern in Kontakt kommen können, also kontaminiert sind. Das aber lernt medizinisches Personal. Insofern hilft das vor den Geschäften bereit gestellte

Händedesinfektionsmittel nicht, sondern führt nur mehr zu einer Täuschung und verschafft (noch einmal mehr, also wie die Masken) ein falsches Gefühl von Sicherheit.

Nachteile von Masken in Bezug auf die Händehygiene

Alle Gesundheitsbehörden, das BfArM und der Cochrane-Review geben deutliche Hinweise zum Gebrauch von Masken bzw. zum erforderlichen Umgang mit Masken und der dabei unverzichtbaren Händehygiene, damit es nicht durch ihren Gebrauch zu einer Verbreitung von SARS-CoV-2 kommt [1, 33, 35, 37, 42, 111].

Kontamination. Masken werden durch den Träger beim Ausatmen und Sprechen von innen kontaminiert und können durch Handkontakte und respiratorische Tröpfchen anderer Personen ebenso von außen kontaminiert werden. Masken, die im öffentlichen Raum getragen werden, sollen als ,Fremdschutz‘ bzw. ,source control‘ dienen, so die Theorie, d.h. bei Trägern von Masken, die (noch) unerkannt infiziert sind, sollen die beim Sprechen etc. in Töpfchen freigesetzten Erreger von der Maske aufgefangen werden, damit sie möglichst nicht (oder zumindest nicht in großer Zahl) in die Umgebung gelangen.

Bei dieser Annahme ist also die Innenseite der Maske potentiell (denn man weiß ja nicht, ob man schon infiziert ist) mit dem Erreger kontaminiert. Das bedeutet, dass man sich mindestens bei Kontakt mit der Innenseite der Maske die eigenen Hände mit den aus dem eigenen Nasen-Rachenraum (NRR) bei (noch) unbemerkter Infektion freigesetzten Erregern kontaminieren kann, ähnlich wie es bei einer Berührung der eigenen Schleimhäute von Augen, Nase oder Mund geschieht. Mit den so möglicherweise kontaminierten Händen berührt man dann wiederum auch öffentliche Oberflächen (z.B. den Griff vom Einkaufswagen oder den Handlauf von Rolltreppen). Anschließend werden diese Oberflächen von anderen Personen ebenfalls angefasst, wodurch es zu einer Verbreitung der Erreger aus dem NRR des Maskenträgers kommen kann.

Durchfeuchtung. Jede Maske (auch die professionelle medizinische Maske) wird beim längeren Tragen früher oder später durch die Ausatemluft durchfeuchtet und dadurch durchlässig und stellt dann keine Barriere mehr da. Vielmehr sind die potentiellen Infektionserreger aus dem NRR (dies können im Übrigen auch Bakterien sein, wie insbesondere Staphylococcus aureus, einer der häufigsten Erreger eitriger Infektionen von z.B. Zufallswunden) bei einer durchfeuchteten Maske nicht nur auf der Innenseite zu finden, sondern auch auf der Außenseite.

Darauf weist man als Mitarbeiter in der Krankenhaushygiene das klinisch tätige Personal hin, wie das medizinische Personal im Übrigen auch immer wieder an den korrekten Gebrauch von Masken erinnert wird, z.B. um sich nicht die Hände mit den potentiellen Infektionserregern aus dem eigenen NRR zu kontaminieren, wenn die Maske gegen die Regeln doch um den Hals hängend getragen wird, um sie später wieder aufzusetzen.

RKI, ECDC, CDC und WHO betonen mit Nachdruck, dass äußerst sorgfältige Händehygiene und das Vermeiden von Hand-Gesichtskontakten essentiell sind und durch den Gebrauch von Masken in der Öffentlichkeit nicht vernachlässigt werden dürfen.

Auch das BfArM hat entsprechende Warnungen und Vorsichtsmaßnahmen beim Umgang mit Masken (MNB, MNS bzw. OP-Maske, FFP-Maske) für die Öffentlichkeit herausgegeben. Ausdrücklich stellte das BfArM noch im Frühjahr 2020 fest, dass Träger von Community­Masken sich nicht darauf verlassen können, dass die Masken sie oder andere vor einer Übertragung des neuen Coronavirus schützen, da für diese Masken keine entsprechende Schutzwirkung nachgewiesen wurde. Diese (korrekte) Darstellung ist seit November 2020

nicht mehr auf den Internetseiten des BfArM verfügbar. Stattdessen hieß es dort mit Datum vom 12.11.2020:

Unabhängig von normativ definierten Leistungsnachweisen, wie sie für medizinische Gesichtsmasken und partikelfiltrierende Halbmasken gefordert sind, wurde inzwischen auf Basis der breiten, international gewonnenen Erfahrungen die Wirksamkeit der Mund-Nasen-Bedeckungen im Sinne eines allgemeinen Bevölkerungsschutzes in zahlreichen wissenschaftlichen Publikationen bestätigt (Ref.). Dabei ist die Schutzwirkung der Masken abhängig von der Dichtheit und Qualität des verwendeten Materials, der Anpassung an die Gesichtsform und der Anzahl Lagen. Fest gewebte Stoffe sind in diesem Zusammenhang z.B. besser geeignet als leicht gewebte Stoffe. Durch das richtige Tragen guter ,Alltagsmasken‘ kann also nach derzeitigem Erkenntnisstand die Gefährdung durch erregerhaltige Tröpfchen deutlich gemindert werden.‘

Nachdem aber im Januar 2021 im Bund beschlossen wurde, dass nur noch medizinische Masken (Mund-Nasen-Schutz = MNS bzw. OP-Masken oder FFP2) getragen werden dürfen, wurde der Text entsprechend angepasst und lautet inzwischen (zuletzt eingesehen: 29.03.2021) [111]:

,Alltagsmasken erbringen nicht die in den technischen Normen definierten Leistungsnachweise, wie sie für medizinische Gesichtsmasken und partikelfiltrierende Halbmasken gefordert sind. Sie bieten also in der Regel weniger Schutz als diese regulierten und geprüften Maskentypen. Das bedeutet aber nicht, dass sie keine Schutzwirkung haben. International gibt es zahlreiche wissenschaftliche Veröffentlichungen, die die gewonnenen Erfahrungen über die Wirksamkeit der Mund-Nasen-Bedeckungen im Sinne eines allgemeinen Bevölkerungsschutzes bestätigen (Ref.). Dabei ist die Schutzwirkung der Masken abhängig von der Dichtheit und Qualität des verwendeten Materials, der Anpassung an die Gesichtsform und der Anzahl der Stoff-Lagen. Fest gewebte Stoffe sind in diesem Zusammenhang beispielsweise besser geeignet als leicht gewebte Stoffe. So kann das richtige Tragen guter Alltagsmasken also nach derzeitigem Erkenntnisstand die Gefährdung durch erregerhaltige Tröpfchen deutlich mindern.‘

(Die angegebenen Referenzen bestätigen die Effektivität von Masken nicht; siehe oben unter der Überschrift RKI: ,Erste wissenschaftliche Hinweise‘ für den Fremdschutz, S. 32 des Gutachtens).

Folgendermaßen hat das BfArM darin die Regeln für den Gebrauch von Masken formuliert (hier zusammengefasst für die verschiedenen Maskentypen) [111]:

  • Die Masken sollten nur für den privaten Gebrauch genutzt werden.
  • Die Tipps zur Hygiene, wie sie in den Empfehlungen des Robert-Koch-Instituts (RKI, rki.de) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BzgA, www.infektionsschutz.de) stehen, sollten befolgt werden. Nur so schützen wir uns und andere vor der Verbreitung des Coronavirus.
  • Auch mit Maske sollte der vom RKI empfohlene Sicherheitsabstand von mindestens 1,5 m zu anderen Menschen eingehalten werden.
  • Die Maske muss gut passen und über Mund, Nase und Wangen sitzen. Die Ränder der Maske sollten eng anliegen, damit möglichst wenig Luft an der Maske vorbei geatmet wird. Am besten ist, man probiert verschiedene Maskenformen aus, bis man eine passende gefunden hat.
  • Die Maske muss gut passen und über Mund, Nase und Wangen sitzen. Die Ränder der Maske sollten eng anliegen, damit möglichst wenig Luft an der Maske vorbei eingeatmet wird. Durch eine Anpassung der Länge der Ohrschlaufen (z.B. Knoten) kann der Dichtsitz verbessert werden.
  • Die Maske muss gut passen und über Mund, Nase und Wangen sitzen. Die Ränder der Maske sollten eng anliegen und keine Luftströme an der Maske vorbei erlauben. Eine FFP-Maske kann ihre volle Filterleistung nur dann erbringen, wenn sie dicht sitzt.
  • Bei der ersten Verwendung sollte getestet werden, ob die Maske genügend Luft durchlässt, um das normale Atmen möglichst wenig zu behindern.
  • Eine durchfeuchtete Maske sollte abgenommen und gewechselt werden.
  • Beim Aufsetzen und Abnehmen der Maske sollte diese möglichst nur an den Bändern der Maske angefasst werden.
  • Nach Absetzen der Maske sollten die Hände unter Einhaltung der allgemeinen Hygieneregeln gründlich gewaschen werden (mindestens 20 bis 30 Sekunden mit Seife).
  • Die Maske sollte nach dem Abnehmen in einem Beutel o.ä. luftdicht verschlossen aufbewahrt oder sofort gewaschen werden. Die Aufbewahrung sollte nur über möglichst kurze Zeit erfolgen, um vor allem Schimmelbildung zu vermeiden.
  • Masken sollten idealerweise bei hohen Temperaturen gewaschen werden. Am besten bei 95 °C, mindestens aber bei 60 °C. Keine Kurzwaschprogramme verwenden und anschließend vollständig trocknen lassen. Beachten Sie unbedingt alle weiteren Herstellerangaben, wie z.B. die Anzahl der Waschungen, die die Maske aushält, ohne ihre Funktion zu verlieren.
  • MNS / FFP2. Die Masken sind vom Hersteller als Einwegprodukte vorgesehen. Sie sollten regelmäßig gewechselt und nach Verwendung entsorgt werden.

Realität beim Umgang mit Masken in der Öffentlichkeit

Ein korrekter Umgang mit Masken ist beim medizinischen Personal, wie bereits erwähnt, nicht immer leicht zu erreichen. Bei der Bevölkerung aber sind alle diese als unverzichtbar angesehenen Anforderungen auch nicht im Ansatz zu verwirklichen. So ist beim Einkaufen z.B. zu beobachten:

  • Die Maske wird häufig mit den Händen zurechtgerückt.
  • Sie wird oft so getragen, dass die Nase unbedeckt ist.
  • Sie ist für Brillenträger besonders problematisch, weil die Brille beschlägt, denn im Gegensatz zu einem professionellen chirurgischen MNS fehlt bei der Community-Maske in der Regel ein leicht biegsamer Bügel, den man gut an die Anatomie der Nase anpassen kann. Man muss also die Brille wiederholt abnehmen und aufsetzen und kommt dabei unvermeidlich mit den Händen an die Außenseite der Maske.
  • Auch wenn nicht besonders warmes Wetter herrscht, schwitzt man unter der Maske und geht von daher auch immer wieder mit den Händen an die Maske oder sogar darunter.
  • Außerhalb der Läden wird die Maske häufig nur teilweise abgenommen und hängt dann mit einer Schlinge über einem Ohr, wird unter das Kinn geschoben, wird am Handgelenk oder Unterarm getragen oder sie wird abgenommen und einfach in die Hand-, Hosen­oder Jackentasche gesteckt. Ferner kann man beobachten, dass die Maske (manchmal auch mehrere gleichzeitig), um stets griffbereit für den nächsten Gebrauch zu sein, im Auto am Rückspiegel hängt.

Man muss sich allerdings auch fragen, wie man es unterwegs anders machen soll, selbst wenn man bemüht ist, seine Hände möglichst nicht an der Maske zu kontaminieren:

  • Man kann sich nicht die Hände waschen, wenn man aus dem Auto steigt und vor Betreten des Ladens die Maske aufsetzen muss, und man kann sich auch nach

Verlassen des Ladens, wenn die Maske wieder abgesetzt wurde, nicht die Hände waschen.

  • Auch Händedesinfektionsmittel stehen nicht immer zur Verfügung.

Die nächste Frage ist, wie man es kontaminationsfrei bewerkstelligen soll, die Masken nach jedem Gebrauch zu versorgen, wenn man in mehrere Geschäfte gehen muss:

  • Eine Möglichkeit wäre, die Maske nach Verlassen eines Geschäfts einfach aufzulassen, wie man es bei manchen Menschen beobachten konnte. Dann könnte man alle Besorgungen (und die Wege dazwischen, wenn es Fußwege sind) mit einer einzigen Maske machen. Die Menschen laufen dann im Freien mit einer Maske herum, wo sie meist nicht vorgeschrieben ist.
  • Es ist wahrscheinlich, dass das Maskenmaterial während mehrerer Einkäufe durchfeuchtet.

Im Alltag ist das eine unlösbare Aufgabe, will man zig Millionen Bürger dazu bringen, diese notwendigen Vorsichtsmaßnahmen beim Gebrauch von Masken einzuhalten, wenn das schon beim medizinischen Personal nicht ganz einfach ist, wo aber mit dem Hygienefachpersonal (Hygienefachkräfte, Krankenhaushygieniker) immer Personen vor Ort an den richtigen Umgang erinnern können: Es ist wirklichkeitsfremd. Deshalb ist die Masken­Empfehlung des RKI nicht damit zu rechtfertigen, dass auf die erforderlichen Vorsichtsmaßnahmen hingewiesen wird, und zwar, weil es sich um unerfüllbare Forderungen handelt, die zwangsläufig und für alle Fachleute erkennbar nicht umgesetzt werden (können).

Aus einer Maskenpflicht für viele Millionen Bürger in Deutschland können jeden Tag zig­millionenfache Kontaminationen resultieren, die zu einem wesentlichen Teil vermeidbar wären, weil die ohnehin schon häufigen Hand-Gesichtskontakte der Menschen durch die Maskenpflicht noch häufiger werden, Händewaschen unterwegs aber nur ausnahmsweise möglich ist, und für eine entsprechend häufige Händedesinfektion müsste jeder Bürger Händedesinfektionsmittel dabei haben. Dabei besteht das Risiko, dass der – schon zwangsläufig – unsachgemäße Umgang mit der Maske und die erhöhte Tendenz, sich selbst ins Gesicht zu fassen, während man die Maske trägt, tatsächlich das Risiko einer Erregerverbreitung und damit Erregerübertragung noch erhöht, ein Risiko, das man aber gerade durch die Maske reduzieren will. Die Zunahme der positiven Testergebnisse seit Beginn der Maskenpflicht kann somit auch auf die Maskenpflicht selbst zurückgeführt werden.

  1. Aerosol-Übertragung

Im Folgenden soll die Frage erörtert werden, ob und ggf. welche Rolle infektiöse ,Aerosole‘ bei der Übertragung des neuen Coronavirus spielen. Die Frage der Aerosol-Übertragung ist im Zusammenhang mit der potentiellen Effektivität von Masken und auch unter dem Aspekt der sog. unbemerkten Übertragung wie ebenso für die Abstandsforderungen von großer Bedeutung.

Nahezu alle von der Politik eingesetzten ,Hygienemaßnahmen‘ haben die Aerosol-Übertragung als Grundlage, auch wenn sie nicht (immer) explizit damit begründet werden: Es gibt aber für Maßnahmen wie den Rundum-Abstand oder die FFP2-Maskenpflicht oder das Lüften keine andere Erklärung. Wie in den folgenden Betrachtungen dargestellt werden soll, ist die Theorie der Aerosol-Übertragung medizinisch weder plausibel noch wissenschaftlich belegt.

Die zunehmende Bedeutung der Aerosol-Übertragung in Deutschland

Ein Gemisch schwebefähiger Partikel in Luft bezeichnet man als Aerosol. Von der Berichterstattung in den Medien bis zu Fachartikeln wird der Begriff ,Aerosol‘ jedoch häufig auf die schwebefähigen Partikel reduziert. Korrekt muss man von Aerosol-Partikeln reden. Dabei muss es sich nicht um Infektionserreger handeln, denn alle schwebefähigen Partikel können ein Aerosol bilden.

Inzwischen halten viele bei SARS-CoV-2 den Übertragungsweg via Aerosol (also eine Übertragung durch die Luft oder aerogene Übertragung) für relevant. Gemäß der aktuellsten Darstellung der Übertragungswege durch die WHO (vom 01.12.2020) wird das neue Coronavirus (wie alle anderen respiratorischen Viren) über (große) Töpfchen respiratorischen Sekrets und über direkte und indirekte Kontakte mit respiratorischem Sekret infizierter Menschen übertragen [42, 116]. Eine Aerosol-Übertragung außerhalb der medizinischen Versorgung (wo ggf. Aerosol-produzierende Maßnahmen angewendet werden, wie z.B. das offene endotracheale Absaugen intubierter Patienten) könne zwar nicht ausgeschlossen werden, aber die detaillierte Untersuchung aller publizierten Cluster, bei denen die jeweiligen Autoren eine Aerosol-Übertragung postuliert oder zumindest für wahrscheinlich gehalten haben, legten nahe, so die WHO, dass eine Übertragung via sog. große Tröpfchen und / oder kontaminierte Gegenstände (also Kontakt) die Erregerübertragung innerhalb dieser Cluster ebenfalls erklären könne [116].

Auch die anderen internationalen Gesundheitsbehörden (ECDC, CDC) stimmen darin überein, dass der Erreger von COVID-19 – wie andere virale respiratorische Erreger auch -hauptsächlich über große Tröpfchen und Kontakt übertragen wird [117, 118]. Das RKI legt sich nicht fest und hält die Aerosolübertragung prinzipiell für möglich, betont diesen Übertragungsweg aber nicht [119]. Die Rolle der aerogenen Übertragung bei SARS-CoV-2 ist also wissenschaftlich mindestens unklar.

Dennoch wurde schon kurz nach Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020 von unterschiedlichen Wissenschaftlern (insbesondere von Virologen, bald aber auch von Aerosol-Physikern) die Aerosol-Übertragung in den Vordergrund gerückt (dies auch im Hinblick auf die behauptete asymptomatische / präsymptomatische Übertragung) und nachfolgend in der Öffentlichkeit durch die Medien als mindestens ebenso wichtiger Übertragungsweg wie die Übertragung durch (große) Tröpfchen (> 5 um) dargestellt. Mittlerweile wird eine Übertragung durch Aerosol-Partikel in der Politik und in der Öffentlichkeit für so wichtig gehalten, dass die Bundesregierung im September 2020 das ,Lüften‘ in ihre AHA-Regel aufgenommen hat. Aus demselben Grund wurde in zahlreichen Kliniken auf Initiative der jeweiligen Klinikleitungen die Verwendung von FFP2-Masken für das Personal verpflichtend gemacht – dies aber, ohne dass das RKI es empfohlen hätte, denn dort bleibt man – bisher zumindest – unverändert bei der Empfehlung, FFP2-Masken nur bei engem Patientenkontakt (= Forderung des Arbeitsschutzes) und bei sog. Aerosol­produzierenden Maßnahmen zu verwenden [119].

Selbst wenn aber z.B. die Virus-RNA des neuen Coronavirus (oder die Nukleinsäure sonstiger respiratorischer Viren) aus der Luft nachgewiesen werden konnte, kann daraus nicht der Schluss gezogen werden, dass es sich um vermehrungsfähige und infektionstüchtige Viren gehandelt hat [42]. Ebenso ist die Freisetzung bereits schwebefähiger Tröpfchen beim Sprechen, Niesen, Husten oder Singen kein Beweis für eine Übertragung durch Aerosol-Partikel, weil das Zustandekommen einer Infektion neben (1) der Abwehrlage der Kontaktpersonen und ggf. vorhandenen prädisponierenden chronischen Krankheiten, (2) von der Art und Dauer des Kontaktes, (3) von der Stabilität des Virus in der

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Luft, (4) von der Menge des Erregers und (5) von der Zahl der prinzipiell erreichbaren empfänglichen Zellen (= Zellen mit ACE-2-Rezeptoren) abhängt.

Das Ergebnis der ständigen Erwähnung von ,Aerosolen‘ ist zum einen, dass Innenräume nun häufig und trotz Kälte auch nicht nur kurz gelüftet werden sollen, so dass Schulkinder in der kalten Jahreszeit warm angezogen im Unterricht sitzen mussten, oder man z.B. bei einer längeren Zahnarztbehandlung anfängt zu frieren, weil die Fenster dauergeöffnet sind. Es wird darüber hinaus ernsthaft daran gedacht (bzw. von Politikern und Aerosol-Forschern gefordert), teure Hochleistungs-Luftreinigungsgeräte mit Schwebstofffiltern (sog. HEPA-Filter der Klasse F 14, also ein Filtermaterial, das in der Lage ist, auch so winzige Partikel wie Viren abzuscheiden, die um ein Vielfaches kleiner sind als Bakterien, für deren Eliminierung man, z.B. in OP-Sälen, ,nur‘ Filter der Klasse F 13 verwendet), z.B. für Schulen oder Restaurants, anzuschaffen, dies aber ohne eine solide wissenschaftliche Evidenz. Denn auch die WHO fordert wissenschaftliche Untersuchungen hoher Qualität, um die Übertragungswege, die Infektionsdosis und die Settings zu klären bzw. zu überprüfen, unter denen Übertragungen mit SARS-CoV-2 vermehrt auftreten [42].

Verhalten von Aerosol-Partikeln in der Luft

Respiratorische Tröpfchen bestehen aus Glykoproteinen und Salzen in wässriger Lösung, und darin können Infektionserreger verteilt sein. Potentiell-infektiöse Aerosole entstehen einerseits außerhalb des Körpers, wenn der Wassergehalt kleiner respiratorischer Tröpfchen in der (im Vergleich zu den Atemwegen) trockenen Umgebungsluft durch Verdunstung reduziert wird und auf diese Weise schwebefähige Partikel entstehen [120 – 128]. Solche winzigen Tröpfchen werden aber auch bereits aus den tiefen Atemwegen abgeatmet [123, 124]. Wird z.B. beim Husten eine Wolke größerer und kleinerer Tröpfchen (droplets) freigesetzt, sedimentieren die großen nah an der Stelle der Freisetzung, und die kleineren werden durch Verdunstung schnell zunehmend kleiner und verschwinden zum Teil komplett, wenn sie keinen Erreger in sich eingeschlossen hatten, d.h. wenn sie keinen ,Kern‘ hatten. Man spricht deshalb in der internationalen infektiologischen Fachliteratur seit Jahrzehnten von sog. Tröpfchen-Kernen (droplet nuclei = Aerosol-Partikel). Die initial freigesetzte Wolke bleibt zudem nicht einfach in der Luft vor der Person stehen, sondern wird zusätzlich zur Reduktion durch Sedimentation und Verdunstung auch noch durch die Luftbewegungen zerteilt, damit durch die Luft verdünnt, bis einzelne Partikel frei schweben und mit den Luftbewegungen in der Raumluft verteilt werden.

Größere und damit schwerere Tröpfchen sind kurz nach der Freisetzung aus der Luft verschwunden, nachdem sie auf irgendeine Oberfläche sedimentiert sind. Übrig bleiben die kleineren, die sehr viel langsamer sedimentieren und dabei meist sehr schnell verdunsten, also rasch sukzessive kleiner werden, und außerdem die winzigen Tröpfchen, die in der ausgeatmeten Luft bereits schwebefähig sind, also bereits als Aerosol-Partikel aus den (tiefen) Atemwegen abgegeben werden [123, 124]. Ausmaß und Schnelligkeit der Verdunstung sind abhängig (1) von der relativen Luftfeuchtigkeit: je niedriger, umso schneller, (2) von der Lufttemperatur: je höher, umso schneller, und nicht zuletzt (3) von ihrer initialen Größe: je kleiner, umso schneller bis hin zu blitzartig [127].

Beim Husten und Niesen werden besonders viele Tröpfchen freigesetzt, die noch dazu aufgrund der Kraft des Hustens oder Niesens quasi in die Luft geschleudert werden und deshalb größere Entfernungen (mehrere Meter) zurücklegen können [120, 121]: Die meisten haben einen Durchmesser von < 100 um (zum Vergleich: 1 mm = 1.000 um). Diese Größe haben ca. 80 – 95% der beim Husten und ca. 99% der beim Niesen freigesetzten Tröpfchen.

Beim Husten sind knapp 50% dieser Tröpfchen kleiner als 4 um und beim Niesen knapp 20%, und damit sind sie bereits initial schwebefähig, werden aber auch sofort durch Verdunstung noch kleiner, bis sie ggf. verschwunden sind (wenn kein ,Kern‘ vorhanden war). Auch die restlichen etwas größeren Tröpfchen trocknen rasch ein und können dadurch ebenfalls zu schwebefähigen Partikeln werden, aber wiederum nur dann, wenn nach der Verdunstung des Wasseranteils feste Bestandteile übrigbleiben, z.B. Salzkristalle oder eingetrocknetes Eiweiß, oder wenn das Tröpfchen als ,Kern‘ einen Infektionserreger enthielt. Wenn ein solcher Kern aber nicht vorhanden war, können folgerichtig aus solchen Tröpfchen nach der Verdunstung auch keine potentiell infektiösen Aerosol-Partikel entstehen.

Auch wenn Aerosol-Physiker die Tröpfchen-Wolken, z.B. beim Husten, oder mit künstlichen Aerosol-Partikeln eindrucksvoll visualisieren können, sind die meisten von Menschen freigesetzten Tröpfchen innerhalb kürzester Zeit aus der Luft verschwunden (durch rasche Verdunstung und Sedimentation). Nur der Teil der Tröpfchen kann zu einer Bildung von infektiösen Aerosol-Partikeln führen, der bei der Freisetzung einen Kern aus Infektionserregern enthielt, die nach der Verdunstung als schwebefähige Partikel in der Luft bleiben.

Aerosol-Physiker betonen auch stets, dass ein Aerosol prinzipiell stundenlang ,in der Luft stehen‘ kann, wenn es nicht durch Luftbewegungen zerteilt und durch Lüftung – natürliche Belüftung durch Fenster oder mechanische Belüftung durch raumlufttechnische (RLT-) Anlagen (sog. Klimaanlagen) – entfernt wird. Dies gilt prinzipiell auch für Tröpfchen-Kerne, die z.B. nach einem Hustenstoß entstanden sind. Wenn Tröpfchen-Kerne aus Infektionserregern bestehen, hängt ihre potentielle Infektiosität maßgeblich von drei Faktoren ab (siehe unten): (1) Wie lange können die Erreger frei in der Luft schwebend infektionstüchtig bleiben? (2) Können die Erreger an die spezifischen Zielstellen (genauer: Zellen) in den Atemwegen gelangen, wo sie ihre Eintrittspforte haben, wo sie also hingelangen müssen, um die jeweilige Infektion auslösen zu können? (3) Erreichen genügend Erreger die Zielzellen einer prinzipiell empfänglichen Person, damit eine Infektion entstehen kann?

Aerosol-Partikel, die z.B. nach Husten aus dem dabei freigesetzten respiratorischen Sekret durch Verdunstung entstanden sind oder als bereits schwebefähige Partikel freigesetzt werden, enthalten aber nicht alle den Erreger, der ggf. aus dem respiratorischen Sekret nachgewiesen werden kann. Das gilt selbst dann, wenn eine Person eine akute Infektion der Atemwege hat, also eine entsprechend hohe Erregerkonzentration im respiratorischen Sekret aufweist. Man ist demnach z.B. bei einer Virusinfektion der oberen Atemwege nicht zwangsläufig eine sog. ,Virenschleuder‘ (das zeigen z.B. auch die Ergebnisse der Hongkong­Studie [30]). Ein großer Teil der freigesetzten größeren und kleineren bis hin zu winzigen Tröpfchen ist also auch dann nicht infektiös, wenn man gerade eine akute Erkältung hat, sondern dies betrifft nur einen kleinen Teil der Tröpfchen aller Größenordnungen [122, 125].

So wird in einem Artikel dargestellt, dass bei einer Virus-Konzentration von 7 x 106 Kopien pro mL die Wahrscheinlichkeit nur 0,01% beträgt, dass ein 1 um-Tröpfchen (bei seiner Freisetzung mit Wasserhülle noch 3 um groß) ein Viruspartikel enthält [129]. Für ein 50 um­Tröpfchen sei die Wahrscheinlichkeit vor der Verdunstung ca. 37%, für ein 10 um-Tröpfchen aber schon auf 0,37% reduziert und, dass ein solches Tröpfchen mehr als ein Virus-Partikel enthält (unter der Annahme einer homogenen Verteilung im Nasen-Rachensekret), sei vernachlässigbar [129].

Inzwischen ist es durch die zahllosen Medienberichte einer breiten Öffentlichkeit bekannt, dass sich schwebefähige Partikel mit den Luftbewegungen (mit oder ohne mechanische

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Belüftung, sog. Klimaanlage) über viele Meter in der Raumluft verteilen können, dass sie dadurch aber auch massiv verdünnt werden, je weiter sie sich von der Quelle entfernen, wird meist nicht erwähnt, obwohl dieser Aspekt entscheidend ist für das Infektionsrisiko. Auch bei der Maskenpflicht im Freien, die – unausgesprochen – ebenso wie der Rundum-Abstand (siehe Beweisfrage 4) auf die Aerosol-Theorie zurückzuführen ist, wird der Aspekt der Verdünnung in der Luft, die ja an der Außenluft sehr effektiv ist, viel zu wenig beachtet, dabei ist dieser Faktor essentiell und würde zur Beruhigung der Menschen beitragen, die sich vor dem Virus fürchten. Es folgt daraus, dass eine Maskenpflicht im Freien, ob in Fußgängerzonen oder z.B. auf einem Bauernmarkt, eine irrationale Maßnahme ohne Infektionsschutzeffekt ist.

Verhalten von Aerosol-Partikeln in den Atemwegen

Da sog. große Tröpfchen (> 5 um) kurz nach der Freisetzung sedimentieren, können sie nur bei engem face-to-face-Kontakt (< 1 – 2 m) und nur möglicherweise (denn nicht alle landen dort, sondern z.B. auch nur auf der Haut im Gesicht) die Schleimhäute von Augen, Nase oder Mund erreichen, d.h. sie können, wenn überhaupt, nur in die oberen Atemwege gelangen. Je kleiner Partikel sind, umso weiter dringen sie bis in die tiefen Atemwege vor. Für Aerosol-Therapien macht man sich diese Eigenschaften zunutze [122]: (1) Bei Erkrankungen im Bereich der Nase werden Partikel von > 5 um im Durchmesser verwendet, (2) bei Erkrankungen im Bereich der Trachea und der großen Bronchien Partikel von 2 – 5 um und (3) bei pulmonalen Erkrankungen Partikel von 2 – 0,5 um, die bis in die kleinsten Bronchien und Lungenbläschen (Alveolen) vordringen können. Aus Simulationsmodellen ist die Depositionsrate für Aerosol-Partikel in den Atemwegen bekannt [123]: Danach werden Partikel von 1 um zu 94% in der Lunge deponiert und nur zu 6% in den oberen Atemwegen einschließlich der Luftröhre (Trachea). Partikel mit einem Durchmesser von 2,5 um werden nur in 4% in der Nase deponiert.

Sehr kleine Aerosol-Partikel können aber nicht nur aus der Umgebungsluft in die Lunge inhaliert werden, sondern sie werden dort, also in der Lunge, auch produziert und ausgeatmet [123]. Mittels Lasertechnik wurden diese Partikel bei Versuchspersonen vermessen [124]: Dabei zeigte sich, dass beim ruhigen Atmen keine Partikel > 5 um freigesetzt wurden, dass aber sehr viele kleinste Partikel von etwa 0,4 um im Durchmesser ausgeatmet werden, die Lunge also eine Art ,Aerosol-Generatof sei (durch spezielle Atem­Manöver konnte gezeigt werden, dass diese winzigen Partikel in der Lunge entstehen und nicht erst in den oberen Atemwegen).

Daraus kann man schließen, dass diese Aerosol-Partikel nur dann infektiös sein können, wenn eine Person eine Pneumonie (= Lungenentzündung) hat, und das ist bei einer Infektion mit SARS-CoV-2 bekanntlich bei den meisten Menschen nicht der Fall – und wenn man doch eine Pneumonie hätte, ist man (1) schwer erkrankt und kann deshalb (2) keinesfalls unter Menschen gehen (Restaurant, ÖPNV, Läden etc.). Somit kommt man aus diesen Gründen auch nicht als Quelle für Erregerübertragungen im öffentlichen Raum in Frage. Als entscheidende Voraussetzung dafür, dass es überhaupt durch die Inhalation von Aerosol­Partikeln zu einer Infektion kommen könnte, müssen die freigesetzten Partikel den Erreger enthalten, und dazu müssen die Partikel am Ort der Infektion entstehen [128].

In der Raumluft akkumulieren aus Aerosol-physikalischen Gründen gerade die sehr kleinen (in der Lunge produzierten) Partikel von etwa 0,4 um Größe und können sehr lange in der Luft bleiben, während die größeren und auch die noch kleineren verschwinden [124]. Ein

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Partikel dieser Größe könne vermutlich mindestens ein Viruspartikel aufnehmen, und somit schlussfolgert der Autor (ein Aerosol-Physiker), dass Personen mit einer Infektion durch SARS-CoV-2 schon beim Atmen schwebefähige Partikel freisetzen, die das Virus enthalten, und dass diese infektiösen Partikel lange in der Raumluft bleiben – und somit von anderen Menschen inhaliert werden könnten [124]. Dazu (siehe oben) müsste eine infizierte Person jedoch eine Pneumonie haben, denn diese winzigen Partikel werden in der Lunge gebildet.

Der größte Teil (70%) der eingeatmeten lungengängigen Partikeln zwischen 0,1 und 0,5 um wird wieder ausgeatmet, d.h. nur etwa 30% dieser kleinsten Partikel wird irgendwo in den tiefen Atemwegen (= Lunge) deponiert, der größere Teil dringt bei der Einatmung nur kurz ein, verlässt dann aber die Atemwege wieder bei der nächsten Ausatmung [123, 124].

Damit respiratorische Viren eine Infektion der Atemwege verursachen können, müssen infektiöse Partikel auf den speziellen Zellen der Schleimhaut landen (impaktieren), wo die Erreger ihre spezifischen Bindungsstellen finden, also nicht einfach irgendwo in den Atemwegen auf irgendwelchen Zellen. Bei SARS-CoV-2 sind das in erster Linie die Zellen mit sog. ACE-2-Rezeptoren, die besonders ausgeprägt an den Flimmerzellen der Nasenschleimhaut vorhanden sind [62]. Zellen mit ACE-2-Rezeptoren werden absteigend im Bereich der tieferen Atemwege sukzessive wesentlich seltener [125]. Damit also das neue Coronavirus eine Infektion verursachen kann, muss es die Flimmerzellen der Nasenschleimhaut erreichen und an die spezifischen Rezeptoren binden. Bei herabgesetzter Beweglichkeit der Flimmerzellen (= reduzierte sog. mukoziliare Clearance, z.B. bei starken Rauchern oder bei Diabetes mellitus) ist die Dauer verlängert, die die Erreger dort quasi verharren können, und damit die Chance auf Bindung an die Rezeptoren erhöht [120].

Typischerweise entwickeln die mit dem neuen Coronavirus infizierten Patienten primär eine obere Atemwegsinfektion, wenn sie überhaupt Symptome entwickeln. Eine Pneumonie, also Infektion der tiefen Atemwege, entsteht, wenn überhaupt, erst sekundär mit einer Verzögerung von etwa 7 Tagen nach Beginn der initialen Symptome in den oberen Atemwegen. Es kommt also auch bei den Patienten, die im Laufe der Erkrankung eine Pneumonie entwickeln, nicht bereits primär zur Erkrankung der Lunge. Dies geschieht wahrscheinlich erst über Mikroaspirationen (die im Übrigen auch bei gesunden Menschen im Tiefschlaf vorkommen), wodurch infektiöses Sekret aus dem Nasen-Rachenraum in die Lunge gelangt und insbesondere bei hohem Lebensalter und chronischen Krankheiten dort sekundär zur Infektion führen kann, wodurch der Krankheitsverlauf erst schwer und lebensbedrohlich wird [122].

Das neue Coronavirus muss sich also primär in den oberen Atemwegen absiedeln, um eine Infektion verursachen zu können [62] und erzeugt deshalb auch zunächst immer nur eine obere Atemwegsinfektion und erst sekundär (nach einer Latenz von etwa einer Woche) bei Personen mit bestimmten Risikofaktoren durch Absteigen der Erreger ggf. auch eine Pneumonie. Bei den meisten Menschen bleibt es bei eher harmlosen Symptomen der oberen Atemwege mit oder ohne Husten.

Für die Theorie der Aerosol-Übertragung bedeutet dies: Da Aerosol-Partikel in weit überwiegendem Maße sofort in die tiefen Atemwege vordringen, eine Infektion dort aber, wenn sie überhaupt zustande käme, nicht zu den Symptomen einer oberen Atemwegsinfektion führen kann, sondern an Ort und Stelle zu einer Pneumonie führen würde, falls Zellen mit ACE-2-Rezeptoren erreicht werden (dieser Ablauf der Infektion mit primärer Pneumonie aber nicht vorkommt), kann die Aerosol-Übertragung von SARS-CoV-2 aus medizinischer Sicht de facto keine Rolle spielen.

Bedeutung von Virus-RNA-Nachweisen aus der Luft

Ob bei respiratorischen Viren der Nachweis von Virus-Nukleinsäure (bei Coronaviren: RNA) mittels PCR außerhalb des Körpers, also z.B. aus Luftproben, bedeutet, dass die gefundene Nukleinsäure aus einem intakten (und damit prinzipiell infektionstüchtigen) Viruspartikel stammt, ist mit dem reinen RNA-Nachweis nicht zu beantworten – und wird eher selten untersucht, weil es relativ aufwendig ist. Aber auch die Bestätigung eines intakten (d.h. vermehrungsfähigen) Virus mittels Zellkultur kann nicht mit dem Nachweis der Infektiosität dieser Viren unter normalen Lebensumständen gleichgesetzt werden. Denn die sog. Beimpfung einer Zellkultur ist ein Vorgang unter Laborbedingungen, bei dem das Virus künstlich und in idealer Weise in Kontakt mit seinen Zielzellen gebracht wird, weil es (1) direkt und (2) noch dazu in unveränderter Konzentration auf die Zellen gegeben wird. Bei einem Viruskontakt im normalen Leben müssen dagegen potentiell infektiöse Tröpfchen oder Aerosol-Partikel, die eine infizierte Person freisetzt, erst einmal – quasi ,selbst‘ – den Weg zu den Schleimhäuten der oberen Atemwege einer anderen (und noch dazu) nicht immunen Person finden. Dort angekommen, wenn das überhaupt zustande kommt, muss die Zahl der potentiell infektiösen Viren ausreichend hoch sein, damit mindestens ein Teil von ihnen es schafft, durch das schützende Atemwegssekret hindurch an die Oberfläche der Schleimhautzellen zu gelangen und dort auch noch zu adhärieren, um anschließend in die Zellen eindringen und sich vermehren zu können.

Hinzu kommt Folgendes: Coronaviren haben eine Lipidhülle, gehören damit zu den sog. behüllten Viren und sind als solche gegen Umwelteinflüsse (z.B. UV-Licht) empfindlich. Bestimmte Aerosole (ca. 0,4 um) können zwar prinzipiell über mehrere Stunden in der Luft bleiben, aber medizinisch ist vor allem die Frage wichtig, ob solche Viren in einem Aerosol, also ungeschützt in der Luft schwebend, überhaupt über eine längere Zeit infektionstüchtig bleiben können. Der Nachweis von Virus-RNA ist weder ein Beweis dafür, dass diese RNA aus (in einer Zellkultur) vermehrungsfähigen Viren stammt, noch dass sie (was keineswegs direkt mit der Anzucht in einer Zellkultur vergleichbar ist) aus für den Menschen infektionstüchtigen, also intakten Viren stammt [42, 116].

Der Nachweis von Virus-RNA in Luftproben reicht für eine Bestätigung einer aerogenen Übertragung nicht aus wie ebenso wenig die Ergebnisse von Untersuchungen, in denen Aerosole experimentell erzeugt, gezählt und vermessen werden sowie ihre Verweildauer in experimentellen Situationen bestimmt wird. Es handelt sich insgesamt um eine komplexe Fragestellung, die vor allem infektiologische und epidemiologische Faktoren betrifft und die verschiedenen Umgebungsbedingungen (Innenräume, Außenluft) sowie auch Aerosol­physikalische Besonderheiten (siehe oben) einschließen muss. So müsste aus infektiologischer Sicht z.B. geklärt werden, ob infektiöse Aerosole überhaupt in ausreichender Zahl an den entscheidenden Stellen in den oberen Atemwegen ,landen‘, d.h. adhärieren, können, wo SARS-CoV-2 hingelangen muss, weil es sich primär in den Epithelzellen der Nasenschleimhaut, d.h. aber auch: in den oberen Atemwegen vermehrt [62] – und nicht in den tiefen Atemwegen, wohin Aerosol-Partikel fast ausschließlich gelangen.

Zahl der für eine Infektion erforderlichen Erreger

Für das Zustandekommen einer jeden Infektion ist der Kontakt mit einer gewissen (und häufig unbekannten) Mindestzahl an Erregern erforderlich, und dieser Kontakt muss, um für eine Infektion erfolgreich zu sein, an den Stellen des Körpers stattfinden, an denen die Erreger eindringen müssen, um sich vermehren zu können. Dies ist, wie oben bereits

ausgeführt, beim neuen Coronavirus vor allem die Nasenschleimhaut [62], in geringerem Maße die Rachenschleimhaut, aber nicht die Lunge (sonst käme es auch bei den SARS-CoV-2-Infizierten schon primär zu einer Pneumonie, was bekanntlich nicht der Fall ist). Mit welcher Zahl von Coronaviren der Mensch in etwa Kontakt haben muss, damit es zu einer Infektion kommt, ist derzeit (noch) nicht genau bekannt, wenngleich aus einer im Dezember 2020 publizierten Untersuchung hervorgeht, dass nach einer mathematischen Schätzung auf der Basis von 39 Übertragungsereignissen eine Zahl von im Durchschnitt mehr als 1.000 Viruspartikeln von einer Person zur anderen übertragen werden muss, um eine Infektion hervorzurufen [130].

Wenn der Erregerkontakt maßgeblich oder wenigstens in relevantem Maße durch die Luft, also via Inhalation, stattfinden würde, müsste man von einer relativ hohen Zahl von Folgeinfektionen (ausgelöst durch eine infizierte Person) ausgehen, weil ja die Luft alle Menschen umgibt und ihr niemand entkommen kann [116, 131]. Die Basisreproduktionszahl (R0) von ca. 3 (also etwa 3 Folgeinfektionen durch einen Infizierten bei fehlender Immunität der Bevölkerung gegen den Erreger) wäre dafür aber bei dem neuen Virus gering; man würde wegen der unvermeidlichen Luft-Exposition aller Menschen bei einer Erregerübertragung durch die Luft mit wesentlich mehr Folgefällen rechnen. Allerdings könnte R0 bei dem neuen Coronavirus auch deshalb so gering sein, weil die für eine Infektion erforderliche Zahl von Erregern (sog. ,Infektionsdosis‘) bei diesem Virus eher hoch ist, so dass es trotz Übertragung durch die Luft nur relativ wenige Folgeinfektionen gibt, weil es selten zu einem Schleimhaut-Kontakt mit ausreichend hohen Erregerzahlen kommt [131].

Ausbrüche als Beleg für die Übertragung durch Aerosol-Partikel

Es gab 2020 verschiedene Publikationen über Ausbrüche, mit denen die Aerosol­Übertragung des neuen Coronavirus angeblich belegt worden sei, aber bei allen diesen Ausbrüchen wurde nicht oder nur am Rande berücksichtigt, dass anstelle der Aerosol­Übertragung die anderen Übertragungswege via (große) Tröpfchen und / oder (direkten und indirekten) Kontakt ebenfalls in Frage kommen und erst einmal in ihrer Bedeutung bewertet werden müssten, um der Aerosol-Übertragung eine bedeutende Rolle zuzuschreiben. In den Medien wird verbreitet, dass die Kontakt-Übertragung (meist mit dem unwissenschaftlichen Begriff ,Schmierinfektion‘ bezeichnet) bei SARS-CoV-2 keine Rolle spiele. Stattdessen müsste man aber sagen: Dieser Übertragungsweg wurde nicht untersucht bzw. nicht ausreichend berücksichtigt, denn es reicht für eine solche Feststellung nicht, dass das Virus bei Umgebungsuntersuchungen nicht oder selten gefunden wurde.

Eine der für Deutschland sicher wichtigsten dieser Publikationen war die Ausbruchsuntersuchung bei Tönnies in Nordrheinwestfalen [132]. Die Autoren führen aus, dass die Ursache des Ausbruchs in den speziellen Arbeitsbedingungen der Arbeiter in dieser (und anderen) Fleisch- (sowie Fisch-) verarbeitenden Fabriken liege, wo bei niedrigen Temperaturen (10°C) und harter körperlicher Arbeit (mit starker Ausatmung) einerseits und Klimaanlagen ohne Frischluftzufuhr andererseits (niedrige Luftaustauschrate und konstante Re-Zirkulation der Luft in der Arbeitshalle) eine effiziente Erregerübertragung via Aerosol naheliegend sei.

Die gemeinsame (enge) Unterbringung der Arbeiter in ihren Wohnbereichen und Schlafräumen und die gemeinsam genutzten LKWs – und somit die vielfältigen damit verbundenen direkten und indirekten Kontaktmöglichkeiten, incl. des Tröpfchen-Kontaktes -haben für die Autoren der Studie nach ihren Angaben keine größere Rolle beim Zustandekommen der Infektionen gespielt. Als Einschränkungen Ihrer Studie führen die

Autoren dann aber an, dass (1) alle Informationen über die Unterbringung der Arbeiter und die gemeinsame Nutzung der LKWs vom Unternehmer stammten (und nicht durch eigene Besichtigung der Wohnbedingungen) und dass (2) alle Luftuntersuchungen nur qualitativ (d.h. nur Nachweis der Virus-RNA in Luft), aber nicht quantitativ (d.h. Zahl der RNA-Kopien pro m3 Luft) durchgeführt wurden. Schließlich stellen die Autoren selbst fest, dass ihre Untersuchung nicht als epidemiologische Studie betrachtet werden solle. Die maßgebenden Autoren der Studie sind vorwiegend Virologen und Genetiker, aber keine bevölkerungsbezogen arbeitenden Epidemiologen, die (in der Liste der Autoren letztgenannte) sog. Senior-Autorin ist eine Biologin. Somit handelt es sich insgesamt also überwiegend um Bio-Wissenschaftler, nicht um medizinisch-infektiologisch ausgebildete Epidemiologen.

Es gab weitere Publikationen über Ausbrüche, die stets dafür genannt werden, dass mit ihnen die Aerosol-Übertragung belegt sei, z.B. ein Restaurant-assoziierter Ausbruch in China [133] und eine Chorprobe in den USA [134]. Allerdings kann ein Übertragungsweg mit Ausbruchsuntersuchungen nicht bewiesen werden, denn es ist immer die wichtige Frage, ob bei der Untersuchung eines Ausbruchs tatsächlich alle in Frage kommenden Übertragungswege ausreichend geprüft wurden (oder retrospektiv bei der Aufarbeitung der Ereignisse geprüft werden konnten), bevor man zu dem Schluss gekommen ist, dass die Aerosol-Übertragung der wahrscheinlichste Übertragungsweg war. Der Restaurant­assoziierte Ausbruch wurde von den Autoren auf eine Klimaanlage zurückgeführt, die eine fehlerhafte Luftführung hatte [133]. Wenn dies als Ursache für eine Luftübertragung in diesem konkreten Fall belegt worden wäre, dann wäre allerdings offen, ob es z.B. in einem Raum ohne Klimaanlage ebenfalls Übertragungen durch die Luft gegeben hätte, also könnte man nicht davon sprechen, dass das neue Coronavirus quasi natürlicherweise über die Luft übertragen wird, sondern vielleicht nur bei fehlerhafter Luftführung durch eine Klimaanlage.

Bei dem Bericht über die Chorprobe in den USA [134] fällt auf, dass 9 der 10 Autoren keine Mediziner, sondern z.B. (Heizungs-Lüftungs-)Techniker, Ingenieure, Chemiker waren, nur eine Koautorin war eine medizinische Mikrobiologin. Publiziert wurde der Artikel (folgerichtig) in einer technischen Fachzeitschrift (,Indoor Air‘) und nicht in einer medizinischen. Aus den Gutachten der Peer-Reviewer, die man alle einsehen kann, geht hervor, dass infektionsepidemiologisch durchaus kritische Anmerkungen gemacht wurden: So wurden z.B. 3 Chormitglieder bereits 24 h nach der Chorprobe symptomatisch und 7 weitere innerhalb von 48 h danach [135]. Das spricht dafür, dass nicht nur der sog. Index-Fall aus dem Artikel infiziert gewesen sein könnte, sondern auch bis zu 10 weitere Chorsänger, die jedoch erst später Symptome entwickelten (und möglicherweise schon bei der Chorprobe sehr gering Symptome hatten, die sie aber nicht wahrgenommen haben oder die ihnen bei der späteren Befragung im Rahmen der Aufarbeitung des Ausbruchs nicht mehr erinnerlich waren, ein häufiges Problem bei der Aufklärung von Ausbrüchen, die immer retrospektiv erfolgen muss). Eine andere Frage ist, ob es tatsächlich keine indirekten Kontakte über kontaminierte Gegenstände gegeben hat, denn immerhin waren die Sänger während 2,5 h zusammen und hatten auch eine gemeinsame Pause. Aus dem ursprünglichen Bericht der CDC geht zudem hervor, dass die Sänger einen sehr engen Kontakt hatten, denn sie saßen nur in einem Abstand von maximal ca. 15 – 25 cm, so dass auch neben direktem und indirektem Kontakt ein Kontakt mit großen Tröpfchen (< 1 – 2 m) möglich erscheint [135]. Dies wurde aber in der Ausbruchsuntersuchung nicht entsprechend behandelt [134].

Masken als Schutz vor der Entstehung bzw. Freisetzung von Aerosolen

Als sog. Community-Masken, also alles von der gekauften, einer dem medizinischen Mund­Nasen-Schutz ähnlichen Maske über die (selbstgenähte) Stoffmaske bis hin zum Tuch vor Mund und Nase, war von Ende April 2020 (Beginn der Maskenpflicht) bis Ende Januar 2021 alles möglich und ,erlaubt‘, Hauptsache, irgendetwas war vor Mund und Nase [103]. Nur bieten solche Masken und Tücher keinen Schutz vor der Bildung von Aerosol-Partikeln an der Luft oder von deren Freisetzung aus den tiefen Atemwegen, sondern können lediglich die Bildung von Aerosol-Partikeln etwas reduzieren (aber wie viel, ist unbekannt), indem nämlich die größeren Tröpfchen durch den Stoff aufgefangen werden und deshalb nicht mehr an die Außenluft gelangen, wo sie – je kleiner, umso schneller – binnen Sekunden zu sog. Tröpfchen-Kernen eintrocknen können, wenn sie überhaupt einen ,Kern‘ enthalten (siehe oben).

Keiner kann jedoch sagen, wieviel Zurückhaltung von Tröpfchen nötig ist, um die Bildung von infektiösen Aerosol-Partikeln zu verhindern. Auch die Einlassungen des RKI dazu sind nicht schlüssig, aber im öffentlichen Diskurs sind Masken in der Öffentlichkeit wirksam‘, weil sie Tröpfchen zurückhalten können. Das ist jedoch unwissenschaftlich. Was für (große) Tröpfchen vermutlich zutrifft, gilt jedoch nicht für die kleineren Tröpfchen und erst recht nicht für Aerosol-Partikel. Der Mensch gibt normalerweise neben den größeren Tröpfchen auch Aerosol-Partikel ab (siehe oben), die aber nicht nur das Maskenmaterial direkt durchdringen, sondern auch seitlich bzw. oben und unten entweichen können, also überall dort, wo die Maske nicht dicht am Gesicht an liegt (aber natürlich selbst dort, wenn auch nicht so zahlreich). Dies gilt nicht nur für die sog. Community-Masken (aus Baumwolle oder anderen Stoffen), sondern auch für den medizinischen Mund-Nasenschutz (OP-Maske), dessen Funktion ja auch ,nur‘ ist, zum einen vor Tröpfchen-Kontakt zu schützen (d.h. als Personal­oder Eigenschutz bei der Patientenversorgung mit engem vis-ä-vis-Kontakt zu wirken) oder die Abgabe von Tröpfchen zu verhindern (d.h. als Schutz der offen liegenden OP-Wunde vor Tröpfchen aus dem Nasen-Rachenraum des OP-Teams bei der Operation = Schutz des Patienten da zu sein).

Wenn also tatsächlich die Aerosolübertragung so wichtig wäre, wie sie seit Monaten in Deutschland dargestellt wird, hätten alle Menschen schon längst Atemschutzmasken tragen müssen, also sog. FFP-Masken (mindestens FFP2), denn nur diese Masken sind von ihrem Material und Design her prinzipiell geeignet, freischwebende Partikel abzuscheiden, so dass sie der Träger weder inhalieren noch freisetzen kann. Dies könnte allerdings auch nur dann gelten, wenn solche Masken korrekt getragen werden, also überall eng an der Haut anliegen und kein Ausatemventil haben, und dann ist es schwer dadurch zu atmen, weil das Maskenmaterial sehr dicht ist. FFP-Masken (fast nur FFP2, ganz selten auch FFP3) werden im medizinischen Bereich nur zum Eigenschutz des Personals vor der Inhalation potentiell in der Luft vorhandener Infektionserreger getragen (bei der offenen Tuberkulose der Atemwege) und ggf. von sehr abwehrgeschwächten Patienten ebenfalls zum Eigenschutz zum Schutz vor der Inhalation vor den in der Luft immer vorhandenen Schimmelpilzsporen (für beide Indikationen können sie Ausatemventile haben). FFP-Masken werden aber im medizinischen Bereich nie zum Schutz anderer Personen vor der Ausatmung von Aerosol­Partikeln getragen, also zum Fremdschutz. Gerade das wäre jedoch die Indikation für Menschen in der Öffentlichkeit, weil Masken dort ja aus Gründen des Fremdschutzes getragen werden sollen (dabei aber dürften sie keine Ausatemventile haben). Das galt jedenfalls bis Januar 2021. Seither gibt es die FFP2-Maskenpflicht in Bayern (und im Bund die Pflicht zum Tragen eines medizinischen Mund-Nasen-Schutzes, also sog. OP-Maske oder FFP2-Maske).

Die Fähigkeit von verschiedenen Maskentypen, die Aerosol-Konzentration in Raumluft zu reduzieren (also zum Fremdschutz), wurde mehrfach in experimentellen Studien untersucht. In einer dieser Studien wurde mit freiwilligen Versuchspersonen gearbeitet, von denen fast alle (N = 208) eine Labor-bestätigte akute Influenzainfektion hatten und bei 6 Personen der Verdacht auf akute COVID-19 bestand [136]. Es wurde geprüft, ob es einen Unterschied bei medizinischen und selbstgenähten Baumwollmasken darin gibt, wie viele Aerosol-Partikel (20 – 1.000 nm) bei Husten und Niesen freigesetzt werden und somit in der Raumluft messbar sind. Die Versuchspersonen bekamen eine medizinische Maske und anschließend eine 3-lagige Baumwollmaske bzw. gar keine Maske. Je zwei Messungen (während einer Stunde) von Aerosol-Partikeln im nahen Umfeld der Versuchspersonen, also jeweils mit einer der Masken oder ganz ohne Maske, wurden in einem mechanisch belüfteten (= mit sog. Klimaanlage) Zimmer (bei geschlossenen Fenstern) und in einem Auto (ebenfalls mit Klimaanlage) durchgeführt. Ebenfalls wurde die Aerosol-Konzentration in der Raumluft im Zimmer und im Auto bestimmt, ohne dass die Versuchspersonen eine der Masken trugen. Alle Versuchspersonen hatten eine akute Infektion der oberen Atemwege mit den typischen Symptomen (Husten, Niesen). Nach den Ergebnissen dieser Studie gab es keine signifikanten Unterschiede in der Aerosol-Konzentration zwischen medizinischer Maske und Baumwollmaske. Das Resümee der Autoren war, dass Baumwollmasken bei infizierten (d.h. symptomatischen) Personen ein Ersatz für medizinische Masken in Räumen mit Klimaanlagen sein könnten (mit Klimaanlage deshalb, weil die Untersuchungen so durchgeführt wurden und man deshalb nicht weiß, wie die Ergebnisse ohne Klimaanlage ausgefallen wären).

In einer weiteren experimentellen Untersuchung fand sich ein Ergebnis, das eher gegen sog. Community-Masken spricht, die meist aus Baumwollstoff sind [137]: Es kam nämlich bei Baumwollmasken (im Vergleich zu ohne Maske) zu einer vermehrten Abgabe von (kleinsten) Aerosol-Partikeln (< 0,5 um), bei denen es sich um winzige Baumwollfasern handelt. Diese Baumwollfasern, so die Interpretation der Autoren, könnten bei einer asymptomatischen oder präsymptomatischen Infektion des Trägers mit dem Virus kontaminiert sein und damit die Freisetzung potentiell kontaminierter Aerosole sogar erhöhen.

Eine andere experimentelle Untersuchung zeigte, dass alle Maskentypen (chirurgische, FFP2/N95- und Baumwoll-Masken), zwar einen gewissen Schutz vor der Übertragung infektiöser Aerosol-Partikel bieten [138]. Allerdings konnte in diesem Simulationsmodell gezeigt werden, dass selbst bei optimal anliegenden FFP2-Masken Virus-RNA freigesetzt wurde. Gerade FFP2-Masken werden auch von medizinischem Personal selten korrekt getragen, weil diese Masken beim stundenlangen Tragen (wie es seit Monaten in zahlreichen Kliniken üblich ist) kaum erträglich sind. Deshalb kann aus diesen Studienergebnissen abgeleitet werden, dass die Virus-RNA im realen Leben in Kliniken und natürlich erst recht, wenn FFP-Masken von darin ungeübten Personen in der Öffentlichkeit getragen werden, was über die Zeit immer häufiger geworden ist, trotz der Masken – und möglicherweise in nicht unerheblichem Maße – freigesetzt wird. Gerade aber FFP-Masken suggerieren erhöhte Sicherheit, die sie bei unzureichender Trageweise aber nicht bieten, d.h. alle Masken(typen), aber gerade FFP-Masken vermitteln in besonderem Maße ein trügerisches Gefühl von Sicherheit, verleiten dadurch zu einer nachlässigen Trageweise (und im Übrigen zu besonders häufigen Hand-Gesichtskontakten) und sind somit insgesamt eher kontraproduktiv als protektiv.

In einem Artikel (ein Meinungsbeitrag) im renommierten NEJM wurde im September 2020 die Hypothese aufgestellt, dass dadurch, dass das Tragen von Masken die Freisetzung von

Aerosol-Partikeln reduziere, ein eingeschränkter Kontakt der anderen Menschen mit dem Virus stattfinde, also ein Kontakt mit niedrigen Viruszahlen [139]. Dadurch könnte es zu milden Verlaufsformen kommen, die einer Art ,Impfung‘ gleichkomme. Die Autoren verwendeten dafür den historischen Begriff der ,Variolation‘, eine Methode, die lange Zeit in Ostasien bei Kindern durchgeführt wurde, um gegen die Pocken zu immunisieren, indem man Sekret aus Pockenbläschen einer erkrankten Person entnahm und den ,Impflingen‘ auf die Nasenschleimhaut gab [140].

Die Theorie der Variolation im Zusammenhang mit dem neuen Coronavirus ist eine Hypothese, wie die Autoren selbst mehrfach in ihrem Artikel schreiben [139]. Diese Hypothese ist durch nichts belegt. Man kann es so ausdrücken: die Autoren halten es für denkbar. Einen irgendwie gearteten wissenschaftlichen Hintergrund dafür gibt es nicht, denn es gibt noch nicht einmal Hinweise dafür, dass die durch Masken möglicherweise geringere Zahl freigesetzter und potentiell infektiöser Aerosol-Partikel dazu führt, dass die Schwere der Infektion von Kontakt-Personen abgemildert wird mit dem Ergebnis, dass die so angeblich (mild) infizierten Personen danach über eine protektive Immunität verfügen.

Pflicht zu medizinischen Masken

Im Januar 2021 wurde zunächst in Bayern eine FFP2-Maskenpflicht für Geschäfte und ÖPNV eingeführt. Kurz danach wurde im Bund (Bundesregierung und Ministerpräsidenten) beschlossen, dass beim Einkaufen und bei der Nutzung öffentlicher Verkehrsmittel nur noch medizinische Masken, entweder ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz (MNS bzw. sog. OP-Maske) oder FFP2-Maske, getragen werden dürfen. Die Begründung dafür ist medizinisch nicht nachvollziehbar, denn beide Maskentypen sind für unterschiedliche Einsatzzwecke konzipiert, sind nun aber durch die Entscheidung der Politik austauschbar geworden, womit jede medizinische Grundlage verloren gegangen ist.

Von Ende April 2020 (Beginn der Maskenpflicht) bis Mitte / Ende Januar 2021 (in Bayern etwas früher als im Bund) galt die sog. Alltagsmaske aus Stoff (oder auch nur ein Tuch vor Mund und Nase) als adäquat für die Umsetzung der Maskenpflicht. Sie sollte als ,Fremdschutz‘ dienen (siehe oben), um die Freisetzung größerer Tröpfchen zu verhindern, aus denen kleinere inhalierbare Aerosol-Partikel entstehen könnten. Etwa neun Monate also war die Alltagsmaske richtig, weil sie aus der Sicht der Bundesregierung und des RKI geeignet war, die sog. unbemerkte Übertragung zu verhindern oder mindestens so stark einzuschränken, dass die Tragepflicht für die Politik gerechtfertigt erschien. Im neuen Jahr 2021 war die Übertragbarkeit des neuen Virus nicht anders geworden. Es gab insbesondere keine neuen Erkenntnisse über die Übertragungswege, denn die Aerosol-Theorie gab es ja schon fast seit Beginn der Pandemie im Frühjahr 2020. Eine für die Politik entscheidende Änderung kam mit den zunehmenden Berichten über die Virusmutationen aus Großbritannien, Südafrika und Brasilien, die angeblich ,ansteckender‘, also leichter übertragbar, sein sollen (und es möglicherweise auch tatsächlich sind).

Als Grund für die FFP2-Maskenpflicht wurde in Bayern genannt, dass es angesichts der Virusmutationen nun auch auf den ,Eigenschutz‘ ankäme. Gemeint sein musste also vom Schutzprinzip der FFP2-Masken der Schutz vor der Inhalation von Aerosol-Partikeln, während die FFP2-Maske den ,Fremdschutz‘ ebenfalls gewährleistet. Die restlichen Bundesländer können seither also entscheiden, ob sie auch die FFP2-Maske verpflichtend machen oder sich auf den medizinischen MNS beschränken. Die Begründung dafür wurde darauf beschränkt, dass medizinische Masken ,besser‘ wirksam seien. Wofür oder wogegen, wurde nicht klargestellt. Ein MNS bietet ebenso wenig einen besseren Schutz vor Inhalation

von Aerosol-Partikeln als die Alltagsmaske aus Stoff, kann also einen verbesserten ,Eigenschutz‘ nicht gewährleisten, denn der MNS hat andere Funktionen: (1) kann er als ,Fremdschutz‘ vor der Freisetzung von größeren respiratorischen Tröpfchen schützen, ist aber dafür für die Öffentlichkeit nicht an sich besser geeignet als bisher die Stoffmasken, zumal er nicht besser, also ,korrekt‘, wie das RKI immer sagt, getragen wird, und (2) kann ein MNS den ,Eigenschutz‘ vor respiratorischen Tröpfchen einer anderen Person bei engem face-to-face-Kontakt (< 1 – 2 m) gewährleisten. Beides kann prinzipiell auch die bisher übliche Stoffmaske.

Einen medizinischen Sinn der neuen Pflicht, einen MNS oder eine FFP2-Maske zu tragen, gibt es demnach nicht. Nach Pressemeldungen unterstützen sowohl das ECDC als auch die Gesundheitskommissarin der EU die Anwendung von FFP2-Masken in der Bevölkerung ausdrücklich nicht, weil sie keinen Mehrwert habe [141].

Lüften als Hygienemaßnahme

In Räume, die von mehreren (z.B. Büros) oder sogar zahlreichen Menschen (z.B. Klassenräume) genutzt werden, viel frische Luft zu lassen, ist immer eine gute Idee, denn wir atmen ständig Kohlendioxid ab und müssen Sauerstoff einatmen und wir geben Körpergerüche und Wärme ab, so dass Räume, in denen sich gleichzeitig und über Stunden mehrere Menschen aufhalten, wie insbesondere Klassenräume, ohne jeden Zweifel vom Lüften profitieren. Dass man inzwischen aber das Lüften von Räumen als eine Hygienemaßnahme‘ betrachtet, ist quasi ein Rückschritt in die Zeit früherer Jahrhunderte, wo man die Entstehung von Krankheiten auf krankmachende Luft zurückführte (Miasmentheorie [142]), weil man noch keine Infektionserreger kannte. Damals wurden deshalb Krankenhäuser so gebaut, dass die Bettensäle nicht nur in der Fläche groß, sondern auch hoch waren, also ein sehr großes Luftvolumen hatten, und überall waren große Fenster, über die man die ,krankmachende‘ Luft ausleiten und frische Luft einleiten konnte (aber auch ausgeklügelte Zu- und Abluftkanäle kamen bereits im 18. Jahrhundert zum Einsatz) [143]. Diese Zeiten mit ihren dem Stand der medizinischen Wissenschaft entsprechenden Vorstellungen über die Entstehung von übertragbaren Krankheiten sind aber lange vorbei. Heute wissen wir viel mehr über die Entstehung von Infektionen, und es gibt das Prinzip der evidence-based Medizin.

Resümee: Aerosol-Übertragung und wissenschaftliche Belege

In der Öffentlichkeit und in den Medien heißt es, die Aerosol-Übertragung sei inzwischen ,anerkannt‘, und selbst die Gesellschaft für Virologie hat das bereits in ihrer Ad-hoc-Stellungnahme vom 06.08.2020 behauptet [144]:

,Eine der wichtigen neuen Erkenntnisse zu SARS-CoV-2, die bei der Schulöffnung bedacht werden müssen, betrifft die inzwischen anerkannte Möglichkeit der Aerosolübertragung, also der Übertragung durch die Luft, insbesondere in Innenräumen bei unzureichender Luftzirkulation.‘.

Zu dieser Aussage wird die WHO-Publikation vom Juli 2020 zitiert [116]. Jedoch geht eine solche Aussage nicht aus dem Text der WHO hervor, denn dort heißt es:

,Outside of medical facilities, some outbreak reports related to indoor crowded spaces (Ref) have suggested the possibility of aerosol transmission, combined with droplet transmission, for example, during choir practice (Ref), in restaurants (ref) or in fitness classes.(Ref) In these events, short-range aerosol transmission, particularly in

specific indoor locations, such as crowded and inadequately ventilated spaces over a prolonged period of time with infected persons cannot be ruled out. However, the detailed investigations of these clusters suggest that droplet and fomite transmission could also explain human-to-human transmission within these clusters. Further, the close contact environments of these clusters may have facilitated transmission from a small number of cases to many other people (e.g., superspreading event), especially if hand hygiene was not performed and masks were not used when physical distancing was not maintained.(Ref) (Bei ‚Ref‘ sind jeweils Literaturreferenzen im WHO-Beitrag angegeben)

Davon also, dass die Aerosol-Übertragung eine anerkannte Möglichkeit der Übertragung des neuen Coronavirus sei, steht in dem WHO-Beitrag, der sich ausdrücklich mit der Übertragung des Virus und den sich daraus ableitenden Präventionsmaßnahmen befasst, nichts, so dass man annehmen muss, dass die Autoren der GfV-Stellungnahme den WHO-Beitrag, den sie zitieren, nicht gelesen haben. Das gilt ebenso für den WHO-Beitrag vom Dezember 2020 [42].

Dabei müsste an sich auch sofort die Frage aufgeworfen werden, was eigentlich aus der Abstandsregel werden soll, wenn die Aerosol-Übertragung tatsächlich eine wichtige Rolle spielen sollte (siehe Beweisfrage 4). Würden dann 1,5 m oder 2 m noch ausreichen oder 1 m, wie von der WHO empfohlen und in Österreich (,Babyelefant‘) bis Anfang 2021 (seither 2 m) vorgeschrieben? Wie viel Abstand bräuchten wir, um uns vor den Aerosol-Partikeln der Mit-Menschen zu schützen? Und: Gilt die Aerosoltheorie nur für das neue Coronavirus oder auch für die anderen respiratorischen Viren? Wenn man es nämlich konsequent zu Ende denkt, würde die Aerosoltheorie, also die Übertragung respiratorischer Infektionserreger durch die Luft (denn dieser Übertragungsweg könnte nicht nur für ein einziges respiratorisches Virus gelten bzw. müsste mindestens für alle Coronaviren Bedeutung haben), zur Folge haben, dass die Menschheit ihr Zusammenleben radikal ändern müsste, und deshalb müsste mit der erforderlichen wissenschaftlichen Genauigkeit geklärt werden, in welchem Maße, wenn überhaupt relevant, die Erregerübertragung via Aerosol beim neuen Coronavirus eine Rolle spielt. Wieso aber bei SARS-CoV-2 die aerosol-Übertragung wichtig sein soll, bei den anderen Coronaviren oder respiratorischen Viren aber nicht, ist biologisch und medizinisch nicht nachvollziehbar.

Solche Überlegungen erfordern eine differenzierte Darstellung, die es aber bisher bei der Aerosoltheorie für das neue Coronavirus nicht gibt. Dabei müsste also u.a. die Frage behandelt werden, welche Rolle Masken (siehe oben) und der Abstand (siehe unten) spielen würden, wenn die aerogene Übertragung ein als relevant zu betrachtendes Faktum wäre, ob es also bei der Maske weiter um Fremdschutz ginge oder vielleicht doch der Eigenschutz in den Vordergrund gestellt werden müsste. Dafür aber kämen ausschließlich (aber dann auch nur: korrekt getragene) FFP2-Masken in Frage (was bei Vollbartträgern im Übrigen nicht möglich ist). Normale medizinische Masken wären nicht geeignet, um vor der Inhalation von Aerosolen zu schützen. Im Ergebnis müssten die Menschen also FFP2-Masken tragen (und am besten immer, denn respiratorische Viren sind das ganze Jahr über unterwegs), um andere vor der Freisetzung der eigenen (= ,Fremdschutz‘) und sich selbst vor der Inhalation von Aerosol-Partikeln (= ,Eigenschutz‘) zu schützen.

All diese entscheidenden Fragen sind bislang gänzlich ungeklärt (vielleicht weil nicht verstanden wird, welche Dimension die Aerosoltheorie hat, welche Konsequenzen sich daraus also ergeben würden) und werden noch nicht einmal diskutiert. Vor allem die Medien

und einflussreiche Wissenschaftler lassen schon lange keinen Zweifel an der Bedeutung der Aerosol-Übertragung (so z.B. Christian Drosten im NDR-Podcast vom 12.05.2020 [145]:

,Wenn ich das alles zusammenfasse, dann ist mein Bauchgefühl: Fast die Hälfte der Übertragung ist Aerosol, fast die andere Hälfte ist Tröpfchen und vielleicht zehn Prozent der Übertragung ist Schmierinfektion oder Kontaktinfektion.‘

Erstens hat ,Bauchgefühl‘ mit Wissenschaft nichts zu tun, und zweitens wurde die Aerosol­Übertragung auch durch solche Äußerungen eines in seinem Gebiet anerkannten Wissenschaftlers zu einer (aber eben nur scheinbaren) Tatsache gemacht. Ebenso wenig wissenschaftlich ist seine Einlassung über ,Mundgeruch‘ und ,Aerosole‘ [146]:

,Dieser Mundgeruch, das sind Aerosole. Da sind auch Gase dabei – das sind nicht nur Dämpfe, nicht nur kleine Flüssigkeitströpfchen – aber jetzt für unsere vereinfachte Diskussion reicht es, wenn man sich das so vorstellt. Können Sie sich vorstellen, dieselbe Situation, Sie stehen an demselben Kuchenbuffet und sprechen in derselben Entfernung mit jemandem, aber beide haben Masken auf. Können Sie sich vorstellen, dass Sie noch bemerken, dass dieser Gesprächspartner Mundgeruch hat? (…) Genau, das werden Sie nicht mehr bemerken. Und dieses „nicht mehr Bemerken“, das können wir auch übersetzen als „Da werde ich mich eher nicht mehr so schnell infizieren“. Und das ist etwas, dass diejenigen, die Zweifel haben an der Wirksamkeit von Alltagsmasken, sich vielleicht auch als Alltagsbeispiel mit nach Hause nehmen sollten.‘

Im Gegensatz dazu Informationen zu Mundgeruch aus der Sicht der Zahnmedizin [147]:

,Schlechter Atem entsteht durch flüchtige Schwefelverbindungen (Sulfide), die sich unter die ausgeatmete Luft mischen. Sie entstehen dadurch, dass gramnegative anaerobe Bakterien organisches Material, z.B. Essensrückstände, Eiweiße, in der Mundhöhle zersetzen. Schwefelwasserstoff ist der bekannteste Vertreter der Sulfide. Er riecht nach „faulen Eiern“. Eine weitere Gruppe der Schwefelverbindungen sind die Methylmercaptane. Sie gelten als die Hauptverursacher von Mundgeruch. Sie erzeugen einen Geruch nach faulendem Kohl oder auch einen modrig-ranzigen Geruch. Riecht der Atem nach Fisch, verfaultem Fleisch oder Fäkalien, dann sind biogene Amine dafür verantwortlich. Sie entstehen aus Aminosäuren durch bakterielle Abspaltung von Kohlendioxid.‘

,Aerosole‘ haben also nichts mit Mundgeruch zu tun. Ähnlich wie die WHO (siehe oben und [116]) äußern sich andere Wissenschaftler [131]: Basierend auf der (im Vergleich zu Masern mit 12 – 18) recht niedrigen Basis-Reproduktionszahl von SARS-CoV-2 mit ca. 3 scheinen solche Situationen eher die Ausnahme als die Regel zu sein. Ferner sei es retrospektiv schwierig, die potentiellen Interaktionen zwischen den Personen zu bestimmen, die vor, während und unmittelbar nach dem Ereignis stattfanden. Die Möglichkeiten für Viren, sich rasch und weit – aber nicht notwendigerweise über die Luft, sondern vornehmlich über direkte und indirekte Kontakte – in Räumlichkeiten mit zahlreichen Menschen auszubreiten, solle nicht unterschätzt werden. Experimentelle Untersuchungen mit markierten Bakteriophagen (= spezielle, nur für Bakterien, aber nicht für den Menschen pathogene Viren) hätten gezeigt, dass Viren innerhalb von Stunden von einem einzigen kontaminierten Türgriff oder den kontaminierten Händen einer Person auf andere Personen und Gegenstände übertragen werden können. Auch dies seien spekulative Überlegungen, die die Möglichkeit der Übertragung via Aerosole nicht ausschließen könnten, aber sie seien

mögliche alternative Erklärungen für das Zustandekommen solcher Cluster – und müssen deshalb ebenfalls berücksichtigt werden [131].

Auch die CDC führen an, dass die Epidemiologie von COVID-19 darauf hinweist, dass die meisten dieser Infektionen durch engen Kontakt entstehen – und nicht aerogen [118]:

‚Diseases that are spread efficiently through airborne transmission tend to have high attack rates because they can quickly reach and infect many people in a short period of time. We know that a significant proportion of SARS-CoV-2 infections (estimated 40 – 45%) occur without symptoms and that infection can be spread by people showing no symptoms. Thus, were SARS-CoV-2 spread primarily through airborne transmission like measles, experts would expect to have observed considerably more rapid global spread of infection in early 2020 and higher percentages of prior infection measured by serosurveys. Available data indicate that SARS-CoV-2 has spread more like most other common respiratory viruses, primarily through respiratory droplet transmission within a short range (e.g., less than six feet). There is no evidence of efficient spread (i.e., routine, rapid spread) to people far away or who enter a space hours after an infectious person was there.‘

Die Übertragung von SARS-CoV-2 via Aerosole bleibt derzeit eine Hypothese. Diese Aussage steht im Einklang mit der Einschätzung der WHO und den Aussagen der CDC [42, 116, 118]. Eine Übertragung durch Aerosole ist lediglich eine, wie oben dargestellt, eher unwahrscheinliche Möglichkeit. Daraus lassen sich also auf annähernd wissenschaftlicher Basis keine erforderlichen Schutzmaßnahmen ableiten, wie z.B. eine FFP2-Maskenpflicht oder spezielle ,Luftreinigungsgeräte‘ oder RLT-Anlagen mit Schwebstofffiltern oder eben häufiges Lüften. Ebenso wenig gibt es derzeit hinlängliche Belege aus sorgfältigen Studien, dass z.B. Chorsingen ein Übertragungsrisiko durch Aerosole darstellen oder dass Kontakte zwischen Menschen über weitere Abstände als 1,5 m (WHO: 1 m) durch die beim Sprechen etc. freigesetzten Aerosol-Partikel ein Infektionsrisiko sein können. Man kann nicht aus aerosol-physikalischen Untersuchungen über die Verbreitung von künstlich erzeugten Aerosolen auf ein Infektionsrisiko schließen. Ob die Aerosol-Übertragung tatsächlich eine relevante Rolle bei der Akquisition dieses Erregers spielen, könnte nur durch sorgfältig geplante epidemiologische Untersuchungen in verschiedenen Settings, incl. randomisierter kontrollierter Studien, gezeigt werden.

Generell kann man zur Frage der aerogenen Übertragung von Infektionserregern festhalten, dass immer dann, wenn die Möglichkeit einer Übertragung durch die Luft erwogen wird, fast regelmäßig ebenso auch die Übertragung durch große Tröpfchen und / oder durch direkten oder indirekten Kontakt in Frage kommt.

Dem entspricht, dass kürzlich ein Aerosol-Physiker (der im Übrigen Übertragungen im Außenbereich für nahezu ausgeschlossen hält) geäußert hat, dass auch in Innenräumen das größte Übertragungsrisiko in der Nähe einer infizierten Person bestehe, weil man sich dann in der noch unzerteilten Wolke aus Aerosol-Partikeln befände, die die infizierte Person freisetzt [148].

Aus meiner fachlichen Sicht sehe auch ich das größte Übertragungsrisiko, wenn man sich in der Nähe einer infizierten Person befindet, dies jedoch aus anderen Gründen, nämlich deshalb, weil man so einerseits dem möglichen Tröpfchenkontakt ausgesetzt ist, andererseits aber auch viel eher direkte und indirekte Kontaktmöglichkeiten hat, als wenn man einige Meter entfernt an einer anderen Stelle im Raum steht.

Die Aerosol-Theorie hat keine annähernd ausreichende wissenschaftliche Basis, und es fehlt deshalb ein Beleg dafür, dass dieser Übertragungsweg für den natürlichen Ablauf der SARS-CoV-2-Infektion relevant ist. Gleichzeitig ist diese Theorie überaus schädlich für das Zusammenleben der Menschen insgesamt und wirkt sich destruktiv auf die Kontakte zwischen Menschen jeden Alters aus. Deshalb müssten in entsprechend geplanten epidemiologischen Untersuchungen direkte und indirekte Kontakte – via (große) Tröpfchen und / oder Kontakt (insbesondere Handkontakt) – sicher ausgeschlossen werden, um eine aerogene Übertragung in Betracht ziehen zu können.

Zusammenfassende Beurteilung der wissenschaftlichen Datenlage zu Masken

Eine Effektivität von Masken für gesunde Personen in der Öffentlichkeit ist nicht durch wissenschaftliche Evidenz belegt. Ebenso sind ,Fremdschutz‘ und die ,unbemerkte Übertragung‘, womit das RKI seine ,Neubewertung‘ begründet hat, nicht durch wissenschaftliche Fakten gestützt. Plausibilität, mathematische Schätzungen und subjektive Einschätzungen in Meinungsbeiträgen können bevölkerungsbezogene klinisch­epidemiologische Untersuchungen nicht ersetzen. Experimentelle Untersuchungen zur Filterleistung von Masken und mathematische Schätzungen sind nicht geeignet, eine Wirksamkeit im wirklichen Leben zu belegen. Die internationalen Gesundheitsbehörden sprechen sich zwar für das Tragen von Masken im öffentlichen Raum aus, sagen aber auch, dass es dafür keine Belege aus wissenschaftlichen Untersuchungen gibt. Vielmehr sprechen alle gegenwärtig verfügbaren wissenschaftlichen Ergebnisse dafür, dass Masken keinen Effekt auf das Infektionsgeschehen haben. Durchweg alle Publikationen, die als Beleg für die Wirksamkeit von Masken im öffentlichen Raum angeführt werden, lassen diese Schlussfolgerung nicht zu.

Jede Maske muss, um prinzipiell wirksam sein zu können, richtig getragen werden. Masken können zu einem Kontaminationsrisiko werden, wenn sie angefasst werden. Sie werden aber von der Bevölkerung zum einen nicht richtig getragen und zum anderen sehr häufig mit den Händen berührt. Das ist ebenso bei Politikern zu beobachten, die im Fernsehen zu sehen sind. Der Bevölkerung wurde nicht beigebracht, Masken richtig zu benutzen, es wurde nicht erklärt, wie man sich unterwegs die Hände waschen soll bzw. wie eine effektive Händedesinfektion durchgeführt wird. Es wurde ferner nicht erklärt, warum die Händehygiene wichtig ist und dass man darauf achten muss, sich mit den Händen nicht an Augen, Nase und Mund zu fassen. Die Bevölkerung wurde mit den Masken quasi allein gelassen.

Die Übertragung von SARS-CoV-2 durch ,Aerosole‘, also durch die Luft, ist medizinisch nicht plausibel und wissenschaftlich unbewiesen. Sie stellt eine Hypothese dar, die hauptsächlich auf Aerosol-Physiker zurückgeht, die nachvollziehbarerweise von ihrem Fachgebiet her medizinische Zusammenhänge nicht beurteilen können. Die ,Aerosol‘-Theorie ist für das menschliche Zusammenleben außerordentlich schädlich und führt dazu, dass sich Menschen in keinem Innenraum mehr sicher fühlen können, und manche fürchten sich sogar außerhalb von Gebäuden vor einer Infektion durch ,Aerosole‘. Zusammen mit der ,unbemerkten‘ Übertragung führt die ,Aerosol‘-Theorie dazu, dass in jedem Mit-Menschen ein Infektionsrisiko gesehen werden kann.

Die geänderten Einlassungen der Politik zu Masken, erst Stoffmasken in 2020, dann seit Anfang 2021 entweder OP-Masken oder FFP2-Masken, lassen jede klare Linie vermissen. Auch wenn OP-Masken und FFP-Masken beides medizinische Masken sind, haben sie unterschiedliche Funktionen und sind deshalb nicht austauschbar. Entweder hat die Politik,

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die diese Entscheidungen getroffen hat, selbst nicht verstanden, wozu welcher Maskentyp sich prinzipiell eignet, oder es kommt ihr darauf nicht an, sondern nur auf den symbolischen Wert der Maske. Die Masken-Entscheidungen der Politik sind aus meiner fachlichen Sicht nicht nachvollziehbar und schonend ausgedrückt als unplausibel zu bezeichnen.

Kurzer Exkurs zu Masken in Japan

Schon im Frühjahr 2020 wurde in Medienberichten hierzulande wiederholt darauf verwiesen, dass man in Japan und anderen asiatischen Ländern schon lange wisse, welchen Nutzen Masken in der Öffentlichkeit haben. Deshalb möchte ich an dieser Stelle einige Informationen darüber geben, warum eigentlich insbesondere Japaner so häufig Masken tragen und wie sich das Tragen von Masken dort entwickelt hat. Diese Frage wurde in zwei Artikeln (lange vor der aktuellen Corona-Pandemie) ausführlich erörtert [108, 149].

Danach wurden Masken in der Öffentlichkeit in Japan (wie z.B. auch in den USA) erstmals zur Zeit der Influenza-Pandemie von 1918 / 1919 eingesetzt. Während die anderen Länder in den 1920er Jahren dann schnell wieder von Masken abkamen, hielten sie sich in Japan in gewissem Maße (aber bei weitem nicht in dem Ausmaß wie in den letzten 10 – 20 Jahren) über die Jahrzehnte weiter, aber weniger zum Schutz vor Infektionen, sondern eher unter dem Aspekt der traditionellen symbolischen Ordnung von ,Reinheit‘ und ,Unreinheit‘ sowie einer Vorstellung von ,Miasmen‘ (siehe oben [142]) anstelle von Viren oder anderen Infektionserregern. In den 1970er Jahren tauchte (als ein für Japan in dem beobachteten Maße neues medizinisches Problem) Heuschnupfen auf, der mit Zedern in Zusammenhang gebracht wurde, die erst nach dem zweiten Weltkrieg dort angepflanzt worden waren. Masken wurden daraufhin während der Pollensaison im Frühjahr getragen. Dann wurde es wieder eher still um Masken, bis zu den 1990er Jahren, als das Maskentragen in Japan sukzessive zu einer sozial akzeptierten allgemeinen Schutzmaßnahme wurde und zwar durch eine Kombination von Einflüssen durch (massive) Werbung des führenden Maskenherstellers sowie von gesellschaftlichem und politischem Druck aufgrund der zunehmend verbreiteten neoliberalen Ideologie, wonach u.a. jeder für seinen eigenen Gesundheitsschutz verantwortlich ist (,self-healthcare‘). In den 2000er Jahren kamen mit SARS (2003), Vogelgrippe (2004), MERS (2006) und Schweinegrippe (2009) mehrere Epidemien kurz hintereinander, und besonders die Schweinegrippe förderte wieder den Gebrauch von Masken, so dass der Verkauf von Masken enorm anstieg. Das Maskentragen wurde aber auch zu einer gesellschaftlichen Norm, besonders in Pendlerzügen, so dass diejenigen, die keine Maske trugen, auffielen. Zudem gilt Niesen und Husten in der Öffentlichkeit in Japan seit jeher als unhöflich.

Retrospektiv wird von den Autoren das Jahr 2009 als eine Art Wendepunkt gesehen: Zum einen hielten Masken einen gewissen Grad von Angst in der Bevölkerung aufrecht und zum anderen etablierten sie sich bei den Menschen als vorderste Schutzfront. Hinzu kam der angesichts der unsicherer werdenden Arbeitsplätze wahrscheinlich sehr entscheidende Aspekt, dass Arbeitgeber von ihren Arbeitnehmern das Tragen von Masken einfordern konnten und man fortan unter dem Druck stand, sich zu fügen oder ggf. seine Arbeitsstelle zu gefährden. Nochmals belebt wurde das Maskentragen nach der Atomkatastrophe von Fukushima 2011, denn auch zum Schutz vor radioaktiver Strahlung wurde auf Masken gesetzt. Im Frühjahr 2013 wurde über Luftverschmutzung berichtet, die aus China kommend den Südwesten von Japan erreicht habe, und der Bevölkerung wurde in den Medien geraten, Masken zu tragen, die mikroskopisch kleine Partikel filtern können (also FFP-Masken). Alles in allem führte die gesamte Entwicklung zu einer Konsolidierung von Masken als Allzweckmittel zum persönlichen Schutz.

Die Maske (,safety blanket‘) in Japan sei, so die Autoren [108, 149], als ein Aspekt einer breit aufgestellten Art von Risikokultur zu sehen: Sie sei allerdings eher ein Ritual des Selbstschutzes als eine selbstlose gemeinschaftlich geübte Praxis und hat somit mit dem hierzulande für die Maskenpflicht in den Vordergrund gestellten ,Fremdschutz‘ nichts zu tun, und schließlich soll sie offenbar auch nicht etwa nur dem Schutz vor Infektionserregern dienen, sondern soll neben dem (noch nachvollziehbaren) Schutz vor Pollenexposition und Luftverschmutzung sogar den nur als irrational zu bezeichnenden Schutz vor radioaktiver Strahlung einschließen.

Schließlich werden Masken von Frauen angeblich auch deshalb gerne verwendet, um sich nicht schminken zu müssen, wenn sie aus dem Haus gehen, oder um darunter Hautunreinheiten verstecken zu können, und von Männern, wenn sie sich nicht rasieren konnten [150]. Weitere Motive seien, dass man sich hinter der Maske zurückziehen und damit signalisieren könne, dass man nicht angesprochen werden möchte, und dass man mit Maske in der Öffentlichkeit unerkannt bleiben könne.

Für die Maske in Japan (und vermutlich auch in anderen ostasiatischen Ländern) gibt es also ein Konglomerat ganz unterschiedlicher Gründe, von denen der Infektionsschutz nur einer unter mehreren, aber vielleicht nicht einmal der führende ist.

Beweisfrage 4

Kann durch die Einhaltung von Abstandsvorschriften das Infektionsrisiko insbesondere bei Kindern abgesenkt werden?

Das Abstandhalten wird bei den Corona-Regeln der Regierung besonders hervorgehoben und steht deshalb wohl auch am Anfang der sog. AHA-Regel (Abstand – Hygiene -Alltagsmasken bzw. seit Anfang 2021: Alltag mit Maske). Stets wurde betont, dass es trotz Masken am wichtigsten sei, den Mindestabstand von 1,5 m zu anderen Personen einzuhalten. Masken sollen gemäß der ursprünglichen AHA-Regel auch nur getragen werden, wenn der Mindestabstand nicht eingehalten werden könne (inzwischen gibt es diese Einschränkung nicht mehr). In der Realität aber scheinen die Masken wichtiger zu sein, weil ihre Anwendung mehr und mehr ausgeweitet wurde.

Das Abstandsgebot wurde in Deutschland zur selben Zeit wie die Maskenpflicht eingeführt, also Ende April 2020. Seither gilt es, in der Öffentlichkeit einen Rundum-Abstand von 1,5 m einzuhalten. Es besteht aber international keine Einigkeit, wie groß der Abstand zu anderen Personen sein soll. So spricht die WHO von 1 m, ebenso wie Österreich im Jahr 2020 (,Babyelefant‘), seit Anfang 2021 sollen es dort aber nun 2 m sein. Die CDC sprechen von ,six feet‘, und das sind etwa 2 m. In Deutschland gilt also mit 1,5 m eine Art Mittelweg. Schon die Unterschiedlichkeit dieser Festlegungen lässt erkennen, dass es dafür keine wissenschaftliche Grundlage gibt.

Seit Jahrzehnten gibt es die bei der medizinischen Versorgung von Patienten in Krankenhäusern praktizierte Regel, bei vis-ä-vis-Kontakten einen Abstand von mindestens 1 m zu halten, sofern das möglich ist (z.B. wenn es nur etwas zu besprechen gibt), aber nur dann, wenn der Patient respiratorische Symptome hat. Muss man ihm aber – wie so häufig bei der Versorgung stationärer Patienten – näher kommen, dann sollte das medizinische Personal dafür eine medizinische Maske (OP-Maske) aufsetzen, um sich vor dem direkten

Kontakt mit Tröpfchen respiratorischen Sekrets an den Schleimhäuten des Gesichts (Augen, Nase, Mund) zu schützen.

Diese seit langem bekannte Abstandsregel beruht auf der Übertragung respiratorischer Erreger durch sog. große Tröpfchen (> 5 um) aus dem Nasen-Rachenraum von infizierten Personen, die aufgrund ihres Gewichts nur eine kurze Strecke durch die Luft fliegen (z.B. beim Sprechen) und dann zu Boden fallen. Einmal sedimentiert, stellen sie kein Infektionsrisiko mehr dar. Bleibt man entsprechend entfernt gegenüber einer Person mit respiratorischer Infektion stehen, hat man keinen Kontakt mit den Tröpfchen. Das jedenfalls ist der Regelfall. Insbesondere bei kräftigem Niesen, aber auch beim Husten können die Tröpfchen auch über eine weitere Strecke durch die Luft geschleudert werden. Wenn dann dort eine andere Person stünde, könnte sie evtl. von solchen weit fliegenden Tröpfchen an den Schleimhäuten des Gesichts getroffen werden.

Eine solche Situation, dass man also andere Menschen auch ohne respiratorische Symptomatik als potentielles Infektionsrisiko ansehen müsste, wurde vor 2020 bei den Infektionsschutzmaßnahmen in Krankenhäusern nie problematisiert, auch nicht in der Influenzasaison, schließlich husten und niesen Patienten mit respiratorischen Infektionen nicht ständig. Dass es angebracht ist, einen gewissen Abstand zu anderen Personen zu halten, wenn man eine respiratorische Infektion hat, war auch in der (nicht im medizinischen Bereich tätigen) Normalbevölkerung bekannt, wenn dann ausdrücklich zu den Gesprächspartnern gesagt wurde, dass sie lieber etwas weiter entfernt stehen blieben, um den anderen nicht mit dem Erreger in Kontakt zu bringen (und auch die Hand nicht zur Begrüßung reichen wollten).

Diese Vorsichtsmaßnahmen galten aber immer nur bei Umgang mit symptomatischen Personen, auch im Krankenhaus. Nie wurden beispielsweise in der Influenzasaison nicht­symptomatische Patienten oder auch die Kollegen einfach nur deshalb, weil gerade Influenza-Saison war, als potentiell infiziert betrachtet, und deshalb wurde auch nicht schon prophylaktisch Abstand gehalten, wenn keine offensichtliche respiratorische Erkrankung da war. Dabei gab es in den vergangenen Jahren wiederholt sehr heftige Influenza-Saisons, in denen die Krankenhäuser übervoll waren und die Patienten auch auf den Gängen liegen mussten. Abstand zu halten, war dann nicht mehr möglich.

Abstandhalten ist eine plausible Maßnahme, wenn man selbst oder eine Person, mit der man sprechen möchte, eine respiratorische Infektion hat, auch wenn es sich aller Wahrscheinlichkeit nach nur um einen banalen Schnupfen handelt. Unangenehm ist auch ein Schnupfen, und das möchte man anderen oder eben sich selbst (wenn der andere die Symptome hat) ersparen und bleibt deshalb etwas auf Abstand.

Seit etwa einem Jahr aber sollen die Menschen ständig zueinander Abstand halten, auch wenn keiner respiratorische Symptome hat. Dies wurde mit der sog. unbemerkten Übertragung bei asymptomatischer oder präsymptomatischer Übertragung durch das SARS-CoV-2-Virus begründet. Dass dieses Risiko in der Realität – anders als in mathematischen Modellierungen – kaum eine Rolle spielt, wurde oben in Teil A. bereits ausgeführt.

Das von der Politik in 2020 eingeführte Gebot, einen Rundum-Abstand von 1,5 m einzuhalten, hat keine rationale Grundlage, weil, wenn überhaupt, nur ein vis-ä-vis-Abstand sinnvoll ist. Tröpfchen fliegen nach vorne, aber nicht zur Seite und nach hinten, diesen Abstand also auch noch seitlich und nach hinten zu fordern, kann mit der Tröpfchenübertragung nichts zu tun haben. Sollte es aber schon um die ,Aerosol‘-Theorie gegangen sein, wäre ein Abstand von 1,5 m nicht ausreichend. Zum damaligen Zeitpunkt

war aber in Deutschland die ,Aerosol‘-Übertragung noch kein Thema. Vielleicht erschien es der Politik einfacher vermittelbar, von einem Rundum-Abstand zu sprechen, als das Abstandsgebot auf vis-ä-vis-Kontakte zu beschränken. Man kann darüber nur Vermutungen anstellen, denn die Politik hat sich nicht erklärt.

Es gibt keine wissenschaftlichen Untersuchungen zum Abstandhalten außerhalb der medizinischen Patientenversorgung.

Zusammenfassend lässt sich sagen:

  1. Bei vis-ä-vis-Kontakten einen Abstand von etwa 1,5 m (1 – 2 m) einzuhalten, wenn eine der beiden Personen Symptome einer Erkältung hat, kann als eine sinnvolle Maßnahme bezeichnet werden. Im wissenschaftlichen Sinne gesichert ist sie allerdings nicht, sondern es gibt lediglich Anhalt dafür oder kann als plausibel bezeichnet werden, dass es eine wirksame Maßnahme ist, um sich vor einem Erregerkontakt durch Tröpfchen respiratorischen Sekrets zu schützen, wenn die Kontaktperson Zeichen einer Erkältung hat. Ein Rundum-Abstand dagegen ist nicht sinnvoll, um sich zu schützen, wenn die Kontaktperson erkältet ist.
  2. Einen Rundum-Abstand oder auch nur einen vis-ä-vis-Abstand von etwa 1,5 m (1 – 2 m) zu einhalten, wenn keiner der anwesenden Personen Zeichen einer Erkältung hat, wird durch wissenschaftliche Daten nicht gestützt. Dadurch wird aber das Zusammenleben der Menschen und insbesondere der unbeschwerte Kontakt unter Kindern sehr stark beeinträchtigt, ohne dass ein Nutzen im Sinne des Infektionsschutzes erkennbar ist.
  3. Nahe Kontakte, also unter 1,5 m (1 – 2 m), unter Schülern oder zwischen Lehrern und Schülern oder unter Kollegen bei der Arbeit etc. stellen aber auch selbst dann kein Risiko dar, wenn einer von beiden Kontaktpersonen Erkältungszeichen hat, weil die Dauer solcher Kontakte in der Schule oder auch bei Erwachsenen irgendwo in der Öffentlichkeit viel zu kurz ist, damit es zu einer Tröpfchenübertragung kommen kann. Das zeigen auch Untersuchungen aus Haushalten, wo trotz des engen Zusammenlebens mit zahlreichen Haut- und Schleimhautkontakten nur wenige Mitglieder des Haushalts erkranken, wenn einer eine respiratorische Infektion hat.

Zusammenfassende Beantwortung der Beweisfragen

Auf der Basis der vorstehenden Darstellungen der wissenschaftlichen Fachliteratur lassen sich die vom Gericht gestellten Beweisfragen folgendermaßen beantworten:

  1. Kann das Tragen von Gesichtsmasken unterschiedlicher Art das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (nennenswert) senken? Dabei soll zwischen Kindern im Besonderen und Erwachsenen im Allgemeinen und zwischen asymptomatischen, präsymptomatischen und symptomatischen Menschen unterschieden werden.

Es gibt keine Belege dafür, dass Gesichtsmasken unterschiedlicher Art das Infektionsrisiko durch SARS-CoV-2 überhaupt oder sogar nennenswert senken können. Diese Aussage trifft auf Menschen aller Altersgruppen zu, also auch auf Kinder und Jugendliche sowie auf asymptomatische, präsymptomatische und symptomatische Personen.

Im Gegenteil besteht eher die Möglichkeit, dass durch die beim Tragen von Masken noch häufigeren Hand-Gesichtskontakte das Risiko erhöht wird, selbst mit dem Erreger in Kontakt zu kommen oder Mit-Menschen damit in Kontakt zu bringen.

  1. Besteht überhaupt ein Infektionsrisiko, das durch das Tragen von Gesichtsmasken (oder andere Maßnahmen) abgesenkt werden könnte?

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Für die normale Bevölkerung besteht weder im öffentlichen noch im privaten Bereich ein Infektionsrisiko, das durch das Tragen von Gesichtsmasken (oder anderen Maßnahmen) gesenkt werden könnte.

  1. Kann durch die Einhaltung von Abstandsvorschriften das Infektionsrisiko insbesondere bei Kindern abgesenkt werden?

Es gibt keinen Anhalt dafür, dass die Einhaltung von Abstandsvorschriften das Infektionsrisiko senken kann. Dies gilt für Menschen aller Altersgruppen, also auch für Kinder und Jugendliche.

Die Gutachterin hat ihrem Gutachten folgende Literaturliste angefügt:

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  1. Gutachten Prof. Dr. Christof Kuhbandner

Prof. Dr. Christof Kuhbandner ist Professor für Psychologie, Lehrstuhlinhaber des Lehrstuhls für Pädagogische Psychologie an der Universität Regensburg und Experte im Bereich wissenschaftlicher Methoden und Diagnostik.

Der Gutachter hat sein Gutachten, das hier vollständig eingefügt wird, wie folgt erstattet:

Im Folgenden möchte ich als Professor für Psychologie, Lehrstuhlinhaber des Lehrstuhls für Pädagogische Psychologie an der Universität Regensburg und Experte im Bereich wissenschaftlicher Methoden und Diagnostik meine fachliche Einschätzung zu den aufgeworfenen Fragen darstellen. Ich werde dazu auf die einzelnen Fragen jeweils eingehen und den Stand der Wissenschaft dazu schildern, mit Verweis auf die zugrundeliegenden wissenschaftlichen Quellen.

  1. Kann das Tragen von Gesichtsmasken unterschiedlicher Art das Infektionsrisiko mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 (nennenswert) senken? Dabei soll zwischen Kindern im Besonderen und Erwachsenen im Allgemeinen und zwischen asymptomatischen, präsymptomatischen und symptomatischen Menschen unterschieden werden.

Zur Beantwortung dieser Frage wird zunächst ein Bewertungsschema zur Einordnung der Qualität der Evidenz aus Studien mit unterschiedlichen methodischen Zugängen dargestellt. Anschließend wird auf die Empfehlungen des Robert Koch-Instituts (RKI) zu Maßnahmen im Schulbereich, die Empfehlungen in der S3-Leitlinie „Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen“ und die Empfehlungen der WHO zum Maskentragen insbesondere bei Kindern und die diesen Empfehlungen zugrundeliegenden wissenschaftlichen Studien eingegangen. Als nächstes wird der Stand der Wissenschaft hinsichtlich der aus evidenzbasierter Perspektive qualitativ hochwertigen Studien zusammengefasst. Dabei wird insbesondere auch auf die Besonderheiten beim Maskentragen von Kindern eingegangen. Darauf aufbauend wird dargestellt, in welchem Ausmaß das Infektionsrisiko mit dem Tragen von Masken an Schulen reduziert werden kann.

Abschließend wird aus aktuellem Anlass auf die beobachtete Zunahme von gemeldeten positiven SARS-CoV-2-Testergebnissen von Kindern und die Relevanz der Virusvariante B.1.1.7. eingegangen.

Bewertungsschema zur Einordnung der Qualität der Evidenz aus Studien

Bei der Untersuchung des Effekts von Masken sind in der Forschung verschiedene methodische Zugänge anzutreffen. Bei vielen Studien handelt es sich um sogenannte Beobachtungsstudien, bei denen beispielsweise Personen gefragt werden, ob sie Masken im Alltag tragen oder nicht, und das Infektionsgeschehen verglichen wird. Das methodische Problem ist, dass man aus solchen Studien nicht auf einen kausalen Effekt der Maske schließen kann, weil sich maskentragende Personen auch ansonsten hygienetechnisch anders verhalten können. Beispielsweise ist es sehr wahrscheinlich, dass maskentragende Personen sich auch häufiger die Hände waschen, so dass ein beobachteter Effekt anstatt auf die Maske auch auf ein häufigeres Händewaschen zurückgehen kann.

Weiterhin gibt es Studien, in welchen der Filtereffekt der Maske im Labor untersucht wird. Das Problem bei dieser Art von Studien ist, dass man aus solchen laborexperimentellen Befunden nicht auf die Virusausbreitung im echten Leben schließen kann. Der Grund ist, dass in solchen Studien nur ein einziger Übertragungsweg experimentell überprüft wird. Im echten Leben gibt es aber noch weitere Übertragungswege, auf welche das Tragen einer Maske womöglich negativ wirkt, so dass in der Gesamtsumme Masken womöglich sogar negative Effekte auf die Virusausbreitung haben können, obwohl sich ein positiver Effekt auf die Übertragung über den Luftstrom experimentell nachweisen lässt. Beispielsweise zeigen Studien, dass Masken zwar die Viruslast in der ausgeatmeten Luft reduzieren, sich dafür aber mehr Viren auf der Außenseite der Maske ansammeln [1]. Damit wird mittels einer Maske zwar der Übertragungsweg über die Luft reduziert, dagegen aber der Übertragungsweg über ein Berühren der Maske mit den Händen verstärkt. Aus der Untersuchung eines einzigen Übertragungsweges im Labor auf die Virusausbreitung im echten Leben zu schließen, ist aus der Perspektive der Anwendungsforschung ein bekannter Fehlschluss, denn in der Praxis zählt das Zusammenspiel aller Übertragungswege.

Schließlich gibt es noch Studien, in denen versucht wird, auf der Basis von Modellierungen der Virusausbreitung in der Bevölkerung den Effekt von der Verordnung von Maskenpflichten abzuschätzen. Das Ergebnis von Modellierungsstudien hängt aber fundamental von den ins Modell eingebauten Parametern ab. So wird in vielen Modellierungen beispielsweise ignoriert, dass die Virusausbreitung stark von saisonalen Effekten beeinflusst wird, was dann fälschlicherweise einem Effekt von verordneten Maßnahmen zugeschlagen werden kann [2]. Weiterhin können manche Parameter nicht aus den empirischen Daten geschätzt werden, sondern müssen mit bestimmten theoretischen Vorannahmen festgelegt werden. So variiert beispielsweise die Zeit zwischen Ansteckung und Meldung eines Testergebnisses an das Gesundheitsamt substantiell von Person zu Person, was in mehreren Modellierungsstudien nicht adäquat abgebildet wird [3]

Um wirklich wissenschaftlich fundiert den Effekt des Maskentragens zu untersuchen, sind eigentlich Studien notwendig, in denen Personen im Lebensalltag zufällig einer Gruppe mit oder ohne Maske zugeordnet werden und das Infektionsgeschehen in beiden Gruppen über einen längeren Zeitraum beobachtet wird (sog. randomisierte kontrollierte Studien), was als Goldstandard der Wirksamkeitsforschung angesehen werden kann.

Empfehlungen des RKI zu Maßnahmen im Schulbereich

Das RKI hat am 12. Oktober eine Empfehlung zu Präventionsmaßnahmen in Schulen veröffentlicht [4]. Dort wird das Tragen von Alltagsmasken empfohlen, wenn ein Mindestabstand von 1,5 m nicht eingehalten werden kann. In Abhängigkeit von der Inzidenz und der Klassenstufe wird empfohlen, Masken nicht nur auf dem Schulgelände, sondern auch im Unterricht zu tragen – für Grundschulen ab einer 7-Tage-Inzidenz in der Bevölkerung von 50 pro 100.000 und für weiterführende Schulen bereits ab einer 7-Tage-Inzidenz in der Bevölkerung von 35 pro 100.000.

Aus evidenzbasierter Perspektive ist negativ anzumerken, dass bei diesen Empfehlungen des RKI auf keinerlei Studien zur Wirksamkeit des Maskentragens verwiesen wird. Im entsprechenden Papier heißt es lediglich – ohne dabei auf eine einzige stützende empirische Studie zu verweisen (S. 3):

„Die anerkannten Infektionsschutzmaßnahmen sind auch im Kindes- und Jugendalter wirksam, zumindest für ältere Kinder gut umsetzbar und ein wichtiger Baustein bei der Bewältigung der Pandemie“.

Weiterhin wird explizit darauf hingewiesen, dass bei diesen Empfehlungen mögliche Schäden des Maskentragens bei Kindern völlig außer Acht gelassen wurden. So schreibt das RKI im entsprechenden Papier explizit (S. 4):

„Psychosoziale und andere Aspekte wie die Vermeidung von Stigmatisierung sind nicht Teil dieser Empfehlung, der Fokus liegt auf der Infektionsprävention.“

Aus der Perspektive einer evidenzbasierten Medizin, bei der es gilt sowohl den Nutzen als auch die Kosten einer Maßnahme vor dem Hintergrund der existierenden empirischen Studien abzuwägen, ist dieses Papier des RKI zu den Empfehlungen von Präventionsmaßnahmen an Schulen als fragwürdig einzustufen: Der behauptete Nutzen des Maskentragens bei Kindern wird nicht mit empirischen Studien belegt, mögliche Schäden wurden sogar explizit bei der Ausarbeitung der Empfehlungen ignoriert.

Empfehlungen laut der S3-Leitlinie als Handlungsempfehlung für Schulen

Anfang Februar wurde eine S3-Leitlinie zu „Maßnahmen zur Prävention und Kontrolle der SARS-CoV-2-Übertragung in Schulen“ der Wissenschaftlichen Medizinischen Fachgesellschaften vorgelegt [5]. Die dort formulierten Handlungsempfehlungen wurden von einer repräsentativen Gruppe von Expertinnen und Experten der wissenschaftlichen Fachgesellschaften – federführend waren die Deutsche Gesellschaft für Epidemiologie, die Deutsche Gesellschaft für Public Health, die Deutsche Gesellschaft für Kinder- und Jugendmedizin sowie die Deutsche Gesellschaft für pädiatrische Infektiologie – sowie am Schulgeschehen Beteiligten und Entscheidungsträgerinnen und -trägern erarbeitet. In Bezug auf das Tragen von Masken lautet dort die Empfehlung (S. 5):

2.2. Evidenzbasierte Empfehlung

Sachgerechtes Tragen von Masken durch Schuler*innen, Lehrer*innen und weiteres Schulpersonal soll in Schulen umgesetzt werden.

Qualität der Evidenz: Niedrig ©©OO Empfehlungsgrad: Starke Empfehlung A

Konsensstärke: Starker Konsens (100 %); Ja-Stimmen 24, Nein-Stimmen 0, Enthaltungen 1

Literatur: Chu et al. (2020); Krishnaratne et al. (2021); Li et al. (2020)

2.2 Evidenzbasierte Empfehlung

Ab hohem Infektionsgeschehen soll ein medizinischer Mund-Nasen-Schutz zum Einsatz kommen.

Qualität der Evidenz: Niedrig ©©OO Empfehlungsgrad: Starke Empfehlung A

Konsensstärke: Konsens (86 %); Ja-Stimmen 18, Nein-Stimmen 3, Enthaltungen 4 Literatur: Chu et al. (2020); Krishnaratne et al. (2021); Li et al. (2020)

In Bezug auf die den Empfehlungen zugrundeliegende Evidenz heißt es in der Leitlinie konkret (S. 6; Hervorhebungen durch den Verfasser des Sachverständigengutachtens):

Evidenzgrundlage

  • Die Evidenz zu den Wirkungen der Maßnahme hinsichtlich einer SARS-CoV-2-Ubertragung wurde mit einem Cochrane Rapid Review systematisch erhoben [1]. Die gewonnenen Erkenntnisse beruhen zu großen Teilen auf Modellierungsstudien mit Qualitätsmängeln. Die Vertrauenswürdigkeit dieser Evidenz ist sehr niedrig oder niedrig.
  • Indirekte Evidenz zur Übertragung von SARS-CoV-2 bei der Verwendung von Masken in der Allgemeinbevölkerung weist niedrige Vertrauenswürdigkeit
  • Gesundheitliche Folgen über COVID-19 hinaus wurden nicht systematisch gesichtet und beruhen auf indirekter Evidenz, Einzelstudien und/oder Expert*innenkonsens.
  • Evidenz zu anderen Kriterien (Akzeptanz, gesundheitliche Chancengleichheit, soziale und ökologische Folgen, finanzielle und wirtschaftliche Folgen, Machbarkeit) wurde nicht gesichtet, d.h. es wurden keine systematische Suche und Bewertung wissenschaftlicher Studien durchgeführt. Alle Einschätzungen zu diesen Kriterien beruhen auf Expert*innenkonsens. Eine Einschränkung der Grundrechte durch die Maßnahme wurde beachtet, auch hinsichtlich der Verhältnismäßigkeit der Maßnahme. Eine rechtliche Prüfung wurde nicht vorgenommen.

Wie die Hervorhebungen zeigen, ist die Evidenzgrundlage, auf der die Empfehlungen zum Tragen von Masken bei Kindern basiert wurden, durchgängig niedrig bis sehr niedrig, eine systematische Suche und Bewertung wissenschaftlicher Studien hat zum Teil nicht stattgefunden. Trotzdem werden anschließend in Bezug auf den Nutzen folgende Behauptungen aufgestellt – ohne an dieser Stelle konkrete empirische Belege für die aufgestellten Behauptungen zu nennen (S. 6):

„Maskentragen reduziert die Übertragung von SARS-CoV-2. Maskentragen in Schulen verringert als Teil eines Maßnahmenpakets die Infektionshäufigkeit“.

Kritisch anzumerken ist zudem, dass es sich auch bei den unter „Literatur“ angeführten Meta-Analysen – Chu et al. (2020), Krishnaratne et al. (2021) und Li et al. (2020) -ausschließlich um Meta-Analysen zu Beobachtungsstudien handelt. So schreiben Li et al. explizit in der Schlussfolgerung im Abstract:

„Robust randomized trials are needed in the future to better provide evidence for these interventions.“

Genauso schreiben Chu et al. bei der Interpretation im Abstract:

„Robust randomised trials are needed to better inform the evidence for these interventions.“

Hinzu kommt, dass es sich bei den in den Meta-Analysen analysierten Studien größtenteils um Studien aus dem Bereich von Krankenhäusern handelt, welche hinsichtlich des Infektionsgeschehens nicht einfach auf den Bereich der Schulen übertragen werden können. Beispielsweise war nur eine der sechs Studien, welche in der Meta-Analyse von Li et al. eingeschlossen wurden, nicht im Krankenhaussetting angesiedelt, sondern in der normalen Bevölkerung, und in dieser Studie zeigte sich interessanterweise für Personen außerhalb von Krankenhäusern kein signifikanter Effekt des Maskentragens.

In der Tat gibt es inzwischen relativ umfangreiche Beobachtungsstudien zum Infektionsgeschehen außerhalb von Krankenhäusern, welche in den erwähnten Meta­Analysen noch nicht eingeschlossen sind, aber in eine ähnliche Richtung weisen. So ist kürzlich eine umfangreiche Studie aus Spanien im Lancet erschienen [6], in der 282 Infektionscluster in Haushalten untersucht wurden, hinsichtlich von Faktoren, welche das Infektionsgeschehen beeinflusst haben. Ein Faktor war, ob Masken getragen wurden oder nicht. Zwischen den Gruppen „niemals Maske getragen“ und „immer Maske getragen“ gab es keinen signifikanten Unterschied im Infektionsgeschehen, die Autoren schreiben:

„We observed no association of risk of transmission with reported mask usage by contacts.“

Die Handlungsempfehlungen in der S3-Leitlinie sind demnach nicht mit überzeugenden wissenschaftlichen Belegen begründet, wie es bei hochwertigen S3-Leitlinien eigentlich der Fall sein sollte.

Bemerkenswert ist insbesondere, dass mögliche Schäden fast vollständig ignoriert werden. Wie weiter oben im zitierten Abschnitt aus der S3-Leitlinie zur Evidenzgrundlage ersichtlich, wurden die gesundheitlichen Folgen des Maskentragens über COVID-19 hinaus nicht systematisch gesichtet. In Bezug auf die Einschätzung zum möglichen Schaden durch das Maskentragen heißt es in der Leitlinie – wohlgemerkt obwohl die Evidenz nicht systematisch gesichtet wurde (S. 6):

„Mit Maskentragen gehen geringe gesundheitliche Nebenwirkungen einher. Es gibt keine Evidenz für mögliche Schäden durch Tragen einer Maske.“

Insgesamt betrachtet wird die S3-Leitlinie den eigentlichen Erwartungen an eine solche Leitlinie hinsichtlich der wissenschaftlichen Qualität nicht gerecht. Der behauptete Nutzen wird nicht mit qualitativ hochwertigen wissenschaftlichen Belegen begründet, sondern beruht auf Studien, welche nur sehr niedrige bis niedrige Evidenz liefern und von aktuelleren Studien zudem in Frage gestellt werden. In Bezug auf den Schaden wird behauptet, dass es keine Evidenz für mögliche Schäden geben würde, obwohl die Studienlage gar nicht systematisch gesichtet wurde. Wie gleich noch genauer beschrieben wird, hätte diesbezüglich schon allein ein Blick in die offizielle Empfehlung der WHO gereicht, wo die

möglichen Schäden zumindest teilweise mit entsprechenden Referenzen aufgelistet werden. Insbesondere in Bezug auf den Schaden grenzt die S3-Leitlinie damit das fast an eine Irreführung der Nutzer*innen solcher Leitlinien.

Empfehlungen der WHO zum Tragen von Masken

Die allgemeinen Empfehlungen der WHO zum Tragen von Masken wurden zuletzt am 1. Dezember 2020 aktualisiert [7]. Dort wird zum einen explizit zwischen den Settings innerhalb und außerhalb von Krankenhäusern unterschieden. Zum anderen heißt es dort in Bezug auf Settings außerhalb von Krankenhäusern explizit (S. 8):

„At present there is only limited and inconsistent scientific evidence to support the effectiveness of masking of healthy people in the community to prevent infection with respiratory viruses, including SARS-CoV-2.“

Trotz dieser Evidenzlage wird das Tragen von Masken bei hoher Virusausbreitung empfohlen, wenn ein Abstand von 1 m nicht eingehalten werden kann. Allerdings wird explizit auf die zahlreichen möglichen Schäden verwiesen, mit Verweis auf entsprechende wissenschaftliche Belege, welche bei Entscheidungen zum Maskentragen miteinbezogen werden sollten (S. 10; die angegebenen Referenzen beziehen sich auf die Nummerierung in der WHO-Empfehlung):

The potential disadvantages of mask use by healthy people in the general public include:

  • headache and/or breathing difficulties, depending on type of mask used (55);
  • development of facial skin lesions, irritant dermatitis or worsening acne, when used frequently for long hours (58, 59, 127);
  • difficulty with communicating clearly, especially for persons who are deaf or have poor hearing or use lip reading (128, 129);
  • discomfort (44, 55, 59)
  • a false sense of security leading to potentially lower adherence to other critical preventive measures such as physical distancing and hand hygiene (105);
  • poor compliance with mask wearing, in particular by young children (111, 130­132);
  • waste management issues; improper mask disposal leading to increased litter in public places and environmental hazards (133);
  • disadvantages for or difficulty wearing masks, especially for children, developmentally challenged persons, those with mental illness, persons with cognitive impairment, those with asthma or chronic respiratory or breathing problems, those who have had facial trauma or recent oral maxillofacial surgery and those living in hot and humid environments (55, 130).

Am 21. August 2020 wurde von der WHO auch eine Empfehlung zum Maskentragen spezifisch für Kinder veröffentlicht [8]. Auch dort wird explizit auf die fehlende empirische Evidenz verwiesen. So heißt es (S. 2):

„Evidence on the benefits and harms of children wearing masks to mitigate transmission of COVID-19 and other coronaviruses is limited.“

Weiterhin werden Studien zitiert, welche darauf hinweisen, dass Masken bei Kindern weniger effektiv sind als bei Erwachsenen. So heißt es (S. 2):

„One study, conducted under laboratory conditions and using non-betacoronaviruses, suggested that children between five and 11 years old were significantly less protected by mask wearing compared to adults, possibly related to inferior fit of the mask.“

Hinsichtlich der Empfehlung, ob Kinder Masken tragen sollten, wird dann explizit darauf hingewiesen, dass die möglichen Schäden vorrangig Berücksichtigung finden sollten. So heißt es in den Main Conclusions (S. 2):

„The benefits of wearing masks in children for COVID-19 control should be weighed against potential harm associated with wearing masks, including feasibility and discomfort, as well as social and communication concerns.“

Und bei den Overarching Guiding Principles lauten die ersten beiden Punkte:

  • Do no harm: the best interest, health and well-being of the child should be prioritized.
  • The guidance should not negatively impact development and learning outcomes. Trotzdem wird dann eigentlich überraschenderweise das Tragen von Masken für Kinder ab sechs Jahren empfohlen, aber nur wenn (unter anderem) eine höhere Virusausbreitung in der Bevölkerung und eine höhere Infektionsgefahr in der entsprechenden Altersgruppe gegeben ist und mögliche negative Einflüsse auf das Lernen und die psychosoziale Entwicklung abgewogen werden.

Zusammenfassend weisen die Empfehlungen der WHO explizit auf die fehlende qualitativ hochwertige wissenschaftliche Evidenz zur Wirksamkeit des Tragens von Masken insgesamt und insbesondere in Bezug auf Kinder hin. Gleichzeitig werden zahlreiche der möglichen Schäden genannt, und es wird explizit empfohlen, bei Kindern mögliche körperliche, psychische und soziale Schäden zu beachten und gegebenenfalls zu priorisieren.

Randomisierte kontrollierte Studien zum Effekt der Maske auf die Virusausbreitung

Wie eingangs erwähnt, sind für eine qualitativ hochwertige wissenschaftliche Untersuchung des Effektes von Masken auf die Virusausbreitung eigentlich randomisierte kontrollierte Studien nötig. Da solche Studien sehr aufwendig sind, lagen solche Studien bis vor relativ kurzer Zeit in Bezug auf das Virus SARS-CoV-2 nicht vor. Allerdings gibt es mehrere solcher Studien zu den bereits bekannten respiratorischen Viren. Dort ist die Sachlage relativ eindeutig: In zwei verschiedenen Meta-Analysen aus dem Jahr 2020 zu den existierenden randomisierten kontrollierten Studien lauten die Ergebnisse übereinstimmend:

  • Cochrane Review vom April 2020 [9]: „Compared to no masks there was no reduction of influenza-like illness (ILI) cases (Risk Ratio 0.93, 95%CI 0.83 to 1.05) or influenza (Risk Ratio 0.84, 95%CI 0.61-1.17) for masks in the general population, nor in healthcare workers (Risk Ratio 0.37, 95%CI 0.05 to 2.50). There was no difference between surgical masks and N95 respirators: for ILI (Risk Ratio 0.83, 95%CI 0.63 to 1.08), for influenza (Risk Ratio 1.02, 95%CI 0.73 to 1.43).“
  • Policy Review des amerikanischen Centers for Desease Control and Prevention [10]: „We did not find evidence that surgical-type face masks are effective in reducing laboratory-confirmed influenza transmission, either when worn by infected persons (source control) or by persons in the general community to reduce their susceptibility“. Dementsprechend ist es nicht überraschend, dass der RKI-Vizepräsident Lars Schaade auf einer Pressekonferenz am 28. Februar 2020 erklärte, dass das RKI das Tragen von Masken im Alltagsleben ausdrücklich nicht empfehle. Wortwörtlich stellte er auf Nachfrage klar [11]:

„Das ist mehrfach untersucht worden: Es gibt einfach keine wissenschaftliche Evidenz, dass das [das Tragen von Masken] irgendeinen Sinn hätte.“

Zu Beginn der SARS-CoV-2 Pandemie gab es demnach keine wissenschaftliche Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien dafür, dass die Ausbreitung respiratorischer Viren mittels Masken in relevanter Weise eindämmen könnte. Das wurde inzwischen auch in der ersten größeren randomisierten kontrollierten Studie zum Effekt des Maskentragens auf SARS-CoV-2-Infektionen bestätigt. In einer dänischen Studie [12] wurden 4.862 Personen zufällig entweder einer Gruppe zugeteilt, die beim Verlassen des Hauses für einen Monat hochwertige OP-Masken (Filterrate 98%) sollte, oder einer Gruppe, welche im selben Zeitraum keine Masken tragen sollte. Zur Zeit der Studie gab es keine Maskenpflicht in Dänemark und das Tragen von Masken war unüblich.

Das Ergebnis war, dass kein signifikanter Unterschied (p = 0.18) in der Infektionsrate zwischen der Maskengruppe (Infektionsrate: 1,8%) und der Kontrollgruppe (Infektionsrate: 2,1%) beobachtet wurde. Wenn nur die Personen in der Maskengruppe belassen wurden, welche die Maske wirklich vorschriftsmäßig getragen haben, dann verschwand der Effekt des Maskentragens fast vollständig (Infektionsrate Maskengruppe: 2,0% versus Infektionsrate Kontrollgruppe: 2,1%, p = 0.82). Die erste umfangreiche randomisiert kontrollierte Studie zum Effekt des Maskentragens auf SARS-CoV-2-Infektionen bestätigt also den in den bisherigen Studien zu anderen respiratorischen Viren beobachteten fehlenden Effekt des Maskentragens. Anzumerken ist, dass in dieser Studie der Effekt des Maskentragens auf den Selbstschutz untersucht wurde. In Bezug auf den Fremdschutz -also inwiefern Masken verhindern, dass eine infizierte Person andere Personen ansteckt -gibt es bisher keine randomisierten kontrollierten Studien.

Ende November ist ein Update des bereits erwähnten Cochrane Reviews erschienen [13], welcher die bis dahin neu hinzugekommenen Studien einschließt. Das Ergebnis lautet unverändert:

„The pooled results of randomised trials did not show a clear reduction in respiratory viral infection with the use of medical/surgical masks during seasonal influenza. There were no clear differences between the use of medical/surgical masks compared with N95/P2 respirators in healthcare workers when used in routine care to reduce respiratory viral infection. (…) Harms associated with physical interventions were underinvestigated.“

Es gibt demnach nach wie vor keine Evidenz aus randomisierten kontrollierten Studien, dass Masken die Infektionsausbreitung verhindern könnten. In Bezug auf das Tragen von

Baumwollmasken ist es sogar so, dass die einzige bisher dazu existierende randomisierte kontrollierte Studie [14] zeigt, dass das Tragen von Baumwollmasken das Infektionsrisiko nicht nur nicht eindämmt, sondern sogar deutlich erhöht. In der Studie wurde der Effekt des Maskentragens an 1.607 Krankenhausmitarbeitern überprüft, von denen ein Drittel Baumwollmasken und ein Drittel OP-Masken trug, das restliche Drittel sollte sich so verhalten, wie sie es üblicherweise tun (in dieser Bedingung trugen fast alle Personen auch entweder medizinische Masken oder Baumwollmasken). Die Autoren fassen die Ergebnisse im Abstract folgendermaßen zusammen:

„The rates of all infection outcomes were highest in the cloth mask arm, with the rate of ILI [Influenza-like Illness] statistically significantly higher in the cloth mask arm (relative risk (RR) = 13.00, 95% CI 1.69 to 100.07) compared with the medical mask arm. Cloth masks also had significantly higher rates of ILI compared with the control arm.“

Das Infektionsrisiko war als in der Gruppe mit Baumwollmasken stark erhöht. In der Gruppe mit der medizinischen Maske war das Infektionsrisiko gegenüber der Kontrollbedingung zwar reduziert. Allerdings ist das nicht als Hinweis zu werten, dass medizinische Masken tatsächlich einen Effekt gehabt haben könnten. In der Kontrollgruppe trugen die Personen nicht keine Masken, sondern entweder Baumwollmasken oder medizinische Masken. Deswegen liegt das Infektionsrisiko in der Kontrollgruppe genau in der Mitte zwischen Baumwollmasken-Gruppe und Medizinische-Masken-Gruppe.

Interessanterweise gibt es von denselben Forschern zwei weitere Studien mit einem sehr ähnlichen Design, in welchen medizinische Masken mit einer echten Kontrollbedingung ohne Maske verglichen wurden. Dort zeigte sich kein Unterschied im Infektionsrisiko zwischen den Gruppen. Die Autoren ziehen diese Ergebnisse heran um die Befunde aus der Studie zu den Baumwollmasken zu interpretieren und schreiben:

„The magnitude of difference between cloth masks and medical masks in the current study, if explained by efficacy of medical masks alone, translates to an efficacy of 92% against ILI, which is possible, but not consistent with the lack of efficacy in the two previous RCTs. Further, we found no significant difference in rates of virus isolation in medical mask users between the three trials, suggesting that the results of this study could be interpreted as partly being explained by a detrimental effect of cloth masks. This is further supported by the fact that the rate of virus isolation in the no-mask control group in the first Chinese RCT was 3.1%, which was not significantly different to the rates of virus isolation in the medical mask arms in any of the three trials including this one.“

Die Autoren schließen also, dass die Befunde vermutlich so zu interpretieren sind, dass auch medizinische Masken die Virusausbreitung nicht reduzieren, Baumwollmasken das Infektionsrisiko aber zusätzlich noch erhöhen. Konkret lautet die aus der Studie abgeleitete Hauptschlussfolgerung im Abstract:

„The results caution against the use of cloth masks.“

Interessant insbesondere in Bezug auf die Frage nach dem Maskentragen von Kindern ist die Erklärung der Autoren für das erhöhte Risiko bei Baumwollmasken. Die Autoren schreiben:

„The physical properties of a cloth mask, reuse, the frequency and effectiveness of cleaning, and increased moisture retention, may potentially increase the infection risk for Health Care Workers. The virus may survive on the surface of the facemasks, and modelling studies have quantified the contamination levels of masks. Self-contamination through repeated use and improper doffing is possible. For example, a contaminated cloth mask may transfer pathogen from the mask to the bare hands of the wearer. We also showed that filtration was extremely poor (almost 0%) for the cloth masks. Observations during SARS suggested double-masking and other practices increased the risk of infection because of moisture, liquid diffusion and pathogen retention. These effects may be associated with cloth masks. „

Die Autoren vermuten demnach, dass Baumwollmasken schneller durchfeuchten und Viren in der Maske verbleiben können und sich dadurch bei falscher Handhabung das Infektionsrisiko erhöhen kann. Interessanterweise handelt es sich bei den genannten Problemen – lange Tragedauer, höhere Durchfeuchtung, langfristiges Nutzen derselben Maske ohne adäquate Reinigung und problematische Handhabung – um exakt die Probleme, welche beim Tragen von Masken im Unterricht bei Schülerinnen und Schülern typischerweise zu beobachten sind.

Der Faktor der korrekten Handhabung der Masken beim Tragen

Hier ist anzumerken, dass eine korrekte Handhabung von Masken generell ausschlaggebend dafür ist, dass Masken überhaupt eine Wirkung entfalten können. So heißt es in der erwähnten Empfehlung der WHO zum Tragen von Masken zur korrekten Handhabung [7]:

WHO provides the following guidance on the correct use of masks:

  • Perform hand hygiene before putting on the mask.
  • Inspect the mask for tears or holes, and do not use a damaged mask.
  • Place the mask carefully, ensuring it covers the mouth and nose, adjust to the nose bridge and tie it securely to minimize any gaps between the face and the mask. If using ear loops, ensure these do not cross over as this widens the gap between the face and the mask.
  • Avoid touching the mask while wearing it. If the mask is accidently touched, perform hand hygiene.
  • Remove the mask using the appropriate technique. Do not touch the front of the mask, but rather untie it from behind.
  • Replace the mask as soon as it becomes damp with a new clean, dry mask.
  • Either discard the mask or place it in a clean plastic resealable bag where it is kept until it can be washed and cleaned. Do not store the mask around the arm or wrist or pull it down to rest around the chin or neck.
  • Perform hand hygiene immediately afterward discarding a mask.
  • Do not re-use single-use mask.
  • Discard single-use masks after each use and properly dispose of them immediately upon removal.
  • Do not remove the mask to speak.
  • Do not share your mask with others.

Wie diese Liste eindrücklich klarmacht, stellt das korrekte Tragen von Masken hohe Anforderungen an die maskentragende Person. Allein angesichts dessen, dass Schüler*innen bei einer Maskenpflicht im Unterricht Masken relativ durchgängig bis zu 10 Stunden pro Tag tragen müssen (Schulbus, Schulgelände, Vormittags- und Nachmittagsunterricht) ist eine korrekte Handhabung an Schulen kaum umzusetzen. Hinzu kommt bei jüngeren Schüler*innen, dass eine korrekte Handhabung kognitive Anforderungen stellt, welche bei jüngeren Kindern entwicklungsbedingt nicht gegeben sind. Da beispielsweise der Präfrontalkortex bis in etwa zum Beginn des Jugendalters noch nicht vollständig ausgereift ist [15], ist das Verhalten von Kindern stark durch automatisierte Verhaltenstendenzen gesteuert, welche nur bedingt vom Kind selbst reguliert werden können. So sind Anforderungen wie das Nichtberühren der Maske von Kindern kaum umzusetzen. Damit besteht die Gefahr, dass beim Maskentragen von Kindern das durch die falsche Handhabung bedingte erhöhte Infektionsrisiko den laut den randomisierten kontrollierten Studien geringen bis nicht vorhandenen Nutzen überwiegt.

Kritisch anzumerken ist aus der Perspektive einer evidenzbasierten Medizin insbesondere, dass es zum Effekt des Tragens von Masken an Schulen auf die Virusausbreitung keinerlei randomisierte kontrollierte Studien gibt. Angesichts der beschriebenen Sachlage ist es fraglich, inwiefern es überhaupt vertretbar sein kann, eine umfassende Maskenpflicht zu verordnen, ohne dass ein Nutzen wirklich wissenschaftlich belastbar nachgewiesen ist. Das ist umso mehr der Fall, als das langanhaltende Tragen von Masken mit möglichen Schäden auf körperlicher, psychischer und sozialer Ebene – über eine womöglich sogar verstärkte Virusausbreitung hinaus – verbunden sein kann (siehe unten).

Das Ausmaß der Reduktion des Infektionsrisikos mittels des Tragens von Masken an Schulen

Wichtig ist der Hinweis, dass der Effekt einer Maßnahme auf die Virusausbreitung in der Bevölkerung nicht allein von der Wirksamkeit einer Maßnahme abhängt. Der Effekt einer Maßnahme hängt zusätzlich davon ab, wie viele Infektionen in dem Setting, in welchem die Maßnahme eingesetzt wird, überhaupt verhindert werden können. Gibt es in einem bestimmten Setting beispielsweise an sich kaum Infektionen, so kann selbst mit einer hoch wirksamen Maßnahme das Infektionsgeschehen in der Bevölkerung kaum beeinflusst werden, weil es kaum Infektionen gibt, welche durch die Maßnahme verhindert werden können.

Relevant ist dieser Punkt insbesondere dann, wenn mit einer Maßnahme potentielle Nebenwirkungen verbunden sind. Man kann das anhand der sogenannten Number Needed to Treat veranschaulichen – also der Anzahl der Personen, welcher mit einer Maßnahme behandelt werden muss, damit ein einziger Krankheitsfall verhindert wird. Wenn beispielsweise sehr viele Menschen mit einem Medikament behandelt und unter potentiellen Nebenwirkungen leiden müssen um bei einem einzigen Menschen eine Besserung hervorzurufen, ist der Einsatz des Medikaments als fragwürdig einzustufen.

In Bezug auf die Frage nach dem Maskentragen an Schulen ist dieser Punkt deswegen besonders relevant, weil praktisch alle verfügbaren Daten darauf hinweisen, dass Infektionen an Schulen vergleichsweise selten vorkommen. Das ist allein schon deswegen der Fall, weil umfangreiche Meta-Analysen darauf hinweisen, dass insbesondere Kinder unter 12 Jahren sich seltener infizieren und das Virus seltener weitergeben als Erwachsene [16,17].

Hinzu kommt, dass bereits durch die Maßnahme, dass Kinder mit Symptomen zu Hause bleiben, die Anzahl ansteckender Kinder an Schulen deutlich reduziert wird. Wie umfangreiche Meta-Analysen zeigen, stecken zum einen asymptomatisch infizierte Personen – also Personen, die zwar ein positives SARS-CoV-2-Testergebnis erhalten haben, aber keine Krankheitssymptome entwickeln – kaum andere Personen an. So ergab eine Meta­Analyse der Studien zu den Ansteckungen bei gemeinsam in einem Haushalt lebenden Personen [17], dass die Wahrscheinlichkeit, sich an einer asymptotischen Person anzustecken (sekundäre Befallsrate), nur bei 0,7 Prozent liegt, wobei die statistische Analyse zeigte, dass der Wert nicht signifikant von Null verschieden war. Ein vergleichbarer Befund findet sich in einer weiteren kürzlich veröffentlichten umfangreichen Meta-Analyse zu Kontaktnachverfolgungsstudien [18]. Dort lag die geschätzte sekundäre Befallsrate bei 1,0 Prozent und war ebenfalls nicht statistisch signifikant von Null verschieden. Beide Meta­Analysen zeigen sehr klar, dass asymptomatische Infektionen praktisch keine Rolle spielen. Von asymptomatisch infizierten Kindern geht also keine relevante Infektionsgefahr aus.

Bei den infizierten Kindern mit Symptomen ist es so, dass in etwa maximal zwei Tage vor Beginn der Symptome eine Ansteckung erfolgen kann [19]. Wenn Kinder mit Symptomen zu Hause bleiben, gibt es also nur ein Zeitfenster von zwei Tagen, in dem Symptome entwickelnde Kinder andere Personen anstecken können, was das Infektionsrisiko deutlich reduziert.

In der Tat bestätigen zahlreiche Daten, dass es an Schulen kaum infizierte Kinder bzw. Ansteckungen gibt. Interessant in Bezug auf das Tragen von Masken sind hier insbesondere die aktuellen Zahlen aus Österreich, denn dort wird an Grundschulen keine Maske getragen und gleichzeitig inzwischen dreimal pro Woche flächendeckend mit Schnelltests getestet. Damit kann man die Anzahl der infizierten Schüler*innen relativ gut abschätzen. In der Woche vom 22.-28. Februar (aktuellster verfügbarer Datensatz) waren an den Grundschulen nur 0,08 Prozent der Schnelltests positiv [20]. Unter der Annahme, dass sich die Anzahl falsch-positiver und falsch-negativer Ergebnisse in etwa die Waage halten, würde demnach die Wahrscheinlichkeit, dass bei einem Schüler*in binnen einer Woche eine Infektion auftritt, nur 0,08 Prozent betragen. Die Wahrscheinlichkeit, dass ein infizierter Schüler*in bei engeren Kontakten ohne Maskentragen an Schulen eine andere Person ansteckt ist, ebenfalls sehr klein und liegt laut umfangreichen Kontakt-Nachverfolgungsstudien in der Größenordnung von nur in etwa 0,5 Prozent [21,22].

Ausgehend von diesen Zahlen kann beispielshaft anhand eines Rechenbeispiels illustriert werden, wie groß die Risikoreduktion ist, die mit dem Tragen von Masken erreicht werden kann. Das Risiko, dass in einer Klasse von 25 Kindern im Verlauf einer Woche eine Ansteckung auftritt beträgt demnach 0,08 Prozent mal 25 (Wahrscheinlichkeit eines infizierten Kindes in einer Klasse) mal 25 (Anzahl der Kontakte inklusive Lehrkraft) mal 0,5 Prozent (Ansteckungswahrscheinlichkeit pro Kontakt) = 0,25 Prozent.

Diese Zahl würde dem Ansteckungsrisiko entsprechen, welches man potentiell mit Maßnahmen an Schulen reduzieren kann. Das Ausmaß der Reduktion hängt von der Wirksamkeit einer Maßnahme ab. Interpretiert man die nicht signifikanten Effekte aus den randomisierten kontrollierten Studien als Nulleffekte, ließe sich mit dem Maskentragen an Schulen keinerlei Risikoreduktion erreichen.

Geht man von den nicht signifikanten Effektgrößen im erwähnten aktuellen Cochrane Review aus (siehe oben), wonach die Ansteckungswahrscheinlichkeit beim Tragen von medizinischen Masken maximal in etwa um 10 Prozent reduziert wird, würde sich das Ansteckungsrisiko auf der Ebene einer Schulklasse von 0,25 Prozent auf 0,225 Prozent verringern, was einer absoluten Risikodifferenz von 0,025 Prozent entsprechen würde. Hochgerechnet auf die Number Needed to Treat müssten demnach die Schüler*innen in 4.000 Grundschulklassen für eine Woche eine Maske tragen, um eine einzige Ansteckung zu verhindern. Das ist eine extrem kleine Effektstärke und es müssten demnach knapp 100.000 Grundschüler die möglichen Nebenwirkungen des Maskentragens auf sich nehmen, um eine einzige Ansteckung pro Woche zu verhindern.

Wenn man annimmt, dass Masken die Ansteckungswahrscheinlichkeit in der Größenordnung von 80 Prozent verringern würden (Ergebnis der in der S3-Leitlinie erwähnte Meta-Analyse von Chu et al. zu Beobachtungsstudien mit niedriger Qualität der Evidenz, siehe [23]), würde sich das Ansteckungsrisiko auf der Ebene einer Schulklasse von 0,25 Prozent auf 0,05 Prozent verringern, was einer absoluten Risikodifferenz von 0,2 Prozent entsprechen würde. Hochgerechnet auf die Number Needed to Treat müssten demnach noch immer die Schüler*innen in 500 Grundschulklassen für eine Woche eine Maske tragen und damit knapp 12.500 Grundschüler*innen die möglichen Nebenwirkungen auf sich nehmen, um eine einzige Ansteckung pro Woche zu verhindern.

Um eine solches Verhältnis zu bewerten, ist ein Beispiel aus dem Bereich der Arzneimittelzulassung hilfreich. Hier wäre es schwer vorstellbar, ein Arzneimittel positiv zu bewerten, wenn damit 100.000 (Reduktion der Ansteckungswahrscheinlichkeit durch Masken um 10 Prozent) oder 12.500 (Reduktion der Ansteckungswahrscheinlichkeit durch Masken um 80 Prozent) Personen behandelt und unter Nebenwirkungen leiden müssten, um bei einer einzigen Person einen positiven Effekt zu erzielen.

Zusammengefasst ist zu schlussfolgern, dass das erreichbare Ausmaß der Reduktion des Risikos einer Ansteckung durch das Maskentragen an Schulen sehr gering ist, weil an Schulen auch ohne Masken sehr selten Ansteckungen auftreten. Es ist intuitiv eingängig, dass mit einer absoluten Risikoreduktion von 0,025 Prozent (Reduktion der Ansteckungswahrscheinlichkeit durch Masken um 10 Prozent) und auch mit einer absoluten Risikoreduktion von 0,2 Prozent (Reduktion der Ansteckungswahrscheinlichkeit durch Masken um 80 Prozent) eine Pandemie nicht in relevanter Weise bekämpft werden kann. Hinzu kommt, dass diesem geringen Nutzen zahlreiche mögliche Nebenwirkungen in Bezug auf das körperliche, psychische und soziale Wohlergehen von Kindern entgegenstehen, unter denen zahlreiche Kinder leiden müssten um eine einzige Ansteckung zu verhindern (siehe unten).

Der aktuell beobachtete Anstieg in den gemeldeten Infektionen bei Kindern

Abschließend soll aus aktuellem Anlass noch auf den in den vorangegangenen Kalenderwochen beobachteten Anstieg in der Anzahl der gemeldeten positiven SARS-CoV-2-Testergebnisse bei Kindern und die Relevanz der neuen Virusvariante B.1.1.7 eingegangen werden. Vom RKI und in Medien wird dieser Anstieg so interpretiert, dass die Infektionszahlen unter Kindern stark steigen würden, was etwas mit der neuen Virusvariante B.1.1.7 zu tun haben könnte. Beides wird als Argument dafür benutzt, dass an Schulen verschärfte Maßnahmen nötig wären.

Allerdings wird hier vom RKI ein gravierender Aspekt übersehen: In den vorangegangenen Kalenderwochen hat sich die Anzahl der durchgeführten Corona-Tests (PCR-Tests) bei den Kindern in etwa vervierfacht (siehe die vom RKI veröffentlichten Zahlen zur Anzahl der durchgeführten Tests: [24]). Eine Ausweitung der Tests geht aber bei einer vorhandenen Dunkelziffer an zwar infizierten, aber bisher nicht entdeckten Personen automatisch mit einer erhöhten Anzahl an gefundenen Infektionen einher, ohne dass sich das Infektionsgeschehen geändert haben muss. Der vom RKI vermutete Anstieg der Fallzahlen bei den Kindern könnte demnach nur darauf zurückgehen, dass sich die Testanzahl bei den Kindern vervierfacht und man damit die Dunkelziffer zunehmend aufgedeckt hat.

Betrachtet man den Anteil der erhaltenen positiven Testergebnisse zeigt sich dagegen, dass bei den 5-14 Jahre alten Kindern keinerlei Anstieg in den vorangegangenen Kalenderwochen zu erkennen ist. Stattdessen sinkt der Anteil positiver Testergebnisse seit mehreren Wochen. Anders als vom RKI vermittelt und in den Medien verbreitet, ist also – bezogen auf den Anteil positiver Testergebnisse – anstatt eines Anstiegs eine Abnahme der Werte zu verzeichnen.

Es gibt eigentlich nur einen einzigen Fall, wann eine Erhöhung der Anzahl der entdeckten Infektionen bei gleichzeitiger Erhöhung der Anzahl der gemachten Tests auf eine echte Erhöhung der Infektionszahlen hinweist. Das wäre nur dann der Fall, wenn die Erhöhung der Testanzahl dadurch getrieben ist, dass man immer mehr Personen mit corona-spezifischen Symptomen beobachtet, welche man dann zielgerichtet mit Tests testet. Das ist aber bei den aktuellen Corona-Testungen bei den Kindern mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht der Fall. Darauf weist schon allein die Tatsache hin, dass über 90 Prozent der gemachten Tests bei den Kindern negativ sind. Die Frage, welche Kinder man testet, scheint also größtenteils unabhängig davon zu sein, ob Kinder corona-spezifische Symptome haben oder nicht.

In der Tat wird seit Wochen sehr stark für die flächendeckende Testung von Kindern an Schulen und Kindertagesstätten unabhängig von Symptomen geworben. Durch die zunehmenden Massentests unabhängig von Symptomen wird zunehmend die Dunkelziffer an zwar infizierten, aber bisher nicht entdeckten Personen aufgedeckt, was die Fallzahlen testbedingt steigen lässt. Gleichzeitig steigt auch allgemein die Anzahl der PCR-Tests unabhängig von Symptomen. Laut RKI-Berechnungen [25] beträgt bei Massentestungen mit Schnelltests unabhängig von Symptomen die Wahrscheinlichkeit, beim Erhalt eines positiven Ergebnisses tatsächlich infiziert zu sein, bei einer Inzidenz von 50 (Testspezifität 80%, Testsensitivität 98%) nur zwei Prozent. Das würde heißen: Auf zwei echt-positive Schnelltest-Ergebnisse kämen 98 falsch-positive Schnelltest-Ergebnisse, welche man dann alle mit einem PCR-Test nachtesten müsste.

Hinzu kommt, dass es aktuell eine starke Zunahme von Atemwegserkrankungen bedingt durch Rhinoviren und das Coronavirus hCoV insbesondere gibt. Laut des aktuellen

121

Influenza-Wochenberichts des RKI [26], hat sich laut den im Zuge der Grippeüberwachung untersuchten Sentinelproben die Anzahl der Rhinovirus-bedingten und hCoV-bedingten Atemwegserkrankungen binnen der letzten vier Wochen mehr als verdreifacht. Die im selben Wochenbericht veröffentlichte Graphik zur Altersabhängigkeit der Virusausbreitungen zeigt, dass sich insbesondere das Rhinovirus dabei vor allem unter Kindern und Jugendlichen ausbreitet

Da laut RKI-Vorgaben [27] beim Vorliegen von akuten respiratorischen Symptomen jeder Schwere auf SARS-CoV-2 getestet wird, führt die aktuelle Zunahme an Rhinovirus- und hCoV-bedingten Atemwegserkrankungen dazu, dass zunehmend mehr Personen auf SARS-CoV-2 getestet werden, obwohl die Mehrzahl der Atemwegserkrankungen durch ein anderes Virus bedingt ist. Da wiederum PCR-Testergebnisse noch Wochen und manchmal sogar Monate nach einer SARS-CoV-2-Infektion positiv ausfallen können [19], führt diese Rhinovirus- und hCoV-bedingte Erhöhung der Anzahl der SARS-CoV-2-Testungen dazu, dass die Dunkelziffer von eigentlich vergangenen, aber bisher noch nicht entdeckten Infektionen zunehmend aufgedeckt wird.

Zusammengenommen ist damit aus diagnostischer Perspektive festzuhalten: Es ist äußerst unwahrscheinlich, dass die Erhöhung der Testanzahl durch die Zunahme von corona-spezifischen Symptomen bei Kindern getrieben ist. Stattdessen geht die Erhöhung der Testanzahl mit hoher Wahrscheinlichkeit vor allem auf die beworbenen Massentestungen von Kindern und die steigende Anzahl an Rhinovirus- und hCoV-bedingten Atemwegserkrankungen unter Kindern zurück. Beides führt dazu, dass zunehmend die Dunkelziffer an zwar mit SARS-CoV-2 infizierten, aber bisher nicht entdeckten Kindern aufgedeckt wird, was zu einer Testanzahl-bedingten Erhöhung der Infektionszahlen führt.

Interessanterweise bestätigen die Ergebnisse aus den Sentinelproben der Grippeüberwachung, welche durch die Erhöhung der Testanzahl in der Bevölkerung nicht verzerrt werden, dass sich das neue Coronavirus SARS-CoV-2 aktuell nicht stärker ausbreitet als in den Vorwochen. Wie die Virusnachweise zu den Sentinelproben zeigen, liegt die Anzahl der in den Sentinelproben nachgewiesenen SARS-CoV-2-Infektionen seit der 4. Kalenderwoche auf einem vergleichsweise geringen Niveau, eine „dritte Welle“ ist hier praktisch nicht zu erkennen.

Die Relevanz der Virusvariante B.1.1.7

Bei der Argumentation für Maßnahmen in der Schule wird oft auf das angeblich bei Kindern vorherrschende höhere Ansteckungsrisiko bei der neuen Mutationen B.1.1.7 verwiesen. Aktuellere umfangreiche Studien konnten diese Befürchtung aber nicht bestätigen. So lautet der Schluss einer sehr umfangreichen Studie aus England [28]:

„Our findings of no evidence of difference in SGTF growth rates between children and adults do not support B.1.1.7 being particularly adapted to transmit more in children.“

Vergleichbare Befunde gibt es aus einer ähnlich umfangreichen Studie aus Portugal [29]. Zusammenfassend schreibt die Deutsche Gesellschaft für Pädiatrische Infektiologie und die Deutsche Gesellschaft für Krankenhaushygiene in einer kürzlichen Stellungnahme [30]:“

Anfängliche Medienberichte über eine im Vergleich zu Erwachsenen erhöhte Ansteckungsgefahr oder Übertragbarkeit für Kinder haben sich nicht bestätigt.“

Hier ist noch ein Hinwies auf eine häufige statistische Fehlintuition wichtig. Aussagen wie „die neue Variante ist um 50 Prozent ansteckender“ klingen intuitiv nach viel. In Wirklichkeit hängt die sich daraus ergebende Bedrohung aber davon ab, wie hoch die Ansteckungswahrscheinlichkeit bei der alten Virusvariante ist: Der Prozentwert sagt ja aus, um welchen prozentualen Anteil der alten Ansteckungswahrscheinlichkeit die neue Ansteckungswahrscheinlichkeit höher ist. Ist die alte Ansteckungswahrscheinlichkeit klein, so ist die neue Ansteckungswahrscheinlichkeit bei einer 50-prozentigen Erhöhung aber nach wie vor immer noch klein.

Ein illustratives Beispiel dazu, welches insbesondere für die von Kindern ausgehende Ansteckungsgefahr relevant ist: Laut den erwähnten umfangreichen Kontaktnachverfolgungsstudien an Schulen beträgt die Wahrscheinlichkeit, dass ein infiziertes Kind in der Schule einen Kontakt ansteckt (ohne Masken an den Schulen) nur in etwa 0,5 Prozent. Bei einer Erhöhung um 50 Prozent läge die Ansteckungswahrscheinlichkeit immer noch nur bei 0,75 Prozent. Hochgerechnet auf 100 Kontakte hieße das, dass sich trotz einer um 50 Prozent erhöhten Ansteckungswahrscheinlichkeit noch immer weniger als eine einzige weitere Person anstecken würde. Selbst bei einer 50-prozentigen Erhöhung der Ansteckungswahrscheinlichkeit ist das Infektionsrisiko an Schulen also nach wie vor sehr gering, so dass damit eine Verschärfung der Maßnahmen aus wissenschaftlicher Perspektive nicht begründet werden kann.

Zusammenfassende Bewertung

Zusammenfassend ist festzuhalten, dass es bisher keine hochwertige wissenschaftliche Evidenz dafür gibt, dass durch das Tragen von Gesichtsmasken das Infektionsrisiko nennenswert gesenkt werden kann. Die Empfehlungen des RKI und der S3-Leitlinie der Fachgesellschaften beruhen auf Beobachtungsstudien, Laboruntersuchungen zum Filtereffekt und Modellierungsstudien, welche nur niedrige und sehr niedrige Evidenz liefern, weil aus solchen Studien aufgrund der zugrundeliegenden Methodik keine wirklich validen Schlüsse auf den Effekt von Masken im Alltag und an Schulen gezogen werden können. Zudem sind die Ergebnisse der einzelnen Studien heterogen und neuere Beobachtungsstudien liefern ebenfalls widersprechende Befunde.

Die bisher existierenden randomisierten kontrollierten Studien zum Effekt des Maskentragens lassen keine Wirksamkeit von Masken erkennen, die beobachteten Effekte sind durchgängig klein und meta-analytisch nicht signifikant. Vielmehr weist die bisher einzige umfangreiche randomisierten kontrollierte Studie zum Tragen von Baumwollmasken darauf hin, dass Baumwollmasken das Infektionsrisiko sogar erhöhen können. Eine Rolle spielt hier vor allem die Handhabung der Maske, welche sich bei schlechter Handhabung negativ auf das Infektionsrisiko auswirken kann. Dieser Punkt ist insbesondere für den Bereich der Schule interessant, weil Handhabungsprobleme im Schulsetting und insbesondere bei jüngeren Schüler*innen kaum vermeidbar sind.

Hinzu kommt, dass das erreichbare Ausmaß der Reduktion des Ansteckungsrisikos durch das Maskentragen an Schulen an sich sehr gering ist, weil an Schulen auch ohne Masken sehr selten Ansteckungen auftreten. Dementsprechend ist die absolute Risikoreduktion so gering, dass eine Pandemie damit nicht in relevanter Weise bekämpft werden kann. Hinzu

kommt, dass diesem geringen Nutzen zahlreiche mögliche Nebenwirkungen in Bezug auf das körperliche, psychische und soziale Wohlergehen von Kindern entgegenstehen (siehe unten), unter denen zahlreiche Kinder leiden müssten um eine einzige Ansteckung zu verhindern.

Die aktuell angeblich steigenden Infektionszahlen bei Kindern gehen mit hoher Wahrscheinlichkeit in Wirklichkeit darauf zurück, dass die Testanzahl bei den Kindern in den vorangegangenen Wochen stark zugenommen hat. Da das Ansteckungsrisiko an Schulen an sich sehr klein ist, ist selbst bei einer möglichen Erhöhung der Ansteckungsrate bei der neuen Virusvariante B.1.1.7 in der in Studien vermuteten Größenordnung nicht damit zu rechnen, dass sich an Schulen die Virusausbreitung nennenswert erhöht.

  1. Welche Schäden physischer, psychischer und pädagogischer Art können durch

das Tragen von Masken insbesondere bei Kindern entstehen? Zur Beantwortung dieser Frage werden zunächst für einen Überblick die bereits erwähnte Auflistung zu den Schäden des Maskentragens aus der offiziellen Empfehlung der WHO und als Ergänzung die Übersichten aus zwei Fachpublikation zu den Schäden des Maskentragens dargestellt. Anschließend werden die Ergebnisse eines Online-Registers zu den körperlichen und psychischen Nebenwirkungen des Maskentragens bei Kindern vorgestellt, welche kürzlich publiziert wurden. Danach wird noch ausführlicher auf verschiedene körperliche und psychische Schäden insbesondere in Bezug auf die Besonderheiten bei Kindern eingegangen. Abschließend wird noch auf fragwürdige Plausibilitätsargumente eingegangen, die des Öfteren angeführt werden.

Überblicksstudien zu den Schäden des Maskentragens

Wie bereits bei der Ausarbeitung zur aufgeworfenen Frage 1 dargelegt, werden in den am 1. Dezember 2020 aktualisierten Empfehlungen der WHO zum Tragen von Masken [7] zahlreiche mögliche Schäden genannt mit Verweis auf entsprechende empirische Belege. Diese sind in der folgenden Aufzählung noch einmal dargestellt, die entsprechenden empirischen Belege sind im Literaturverzeichnis am Ende verlinkt (siehe WHO-Empfehlung,

  1. 10):
  • headache and/or breathing difficulties, depending on type of mask used [31]
  • development of facial skin lesions, irritant dermatitis or worsening acne, when used frequently for long hours [32,33,34]
  • difficulty with communicating clearly, especially for persons who are deaf or have poor hearing or use lip reading [35,36]
  • discomfort [13,31,33]
  • a false sense of security leading to potentially lower adherence to other critical preventive measures such as physical distancing and hand hygiene [37]
  • disadvantages for or difficulty wearing masks, especially for children, developmentally challenged persons, those with mental illness, persons with cognitive impairment, those with asthma or chronic respiratory or breathing problems, those who have had facial trauma or recent oral maxillofacial surgery and those living in hot and humid environments [31, 38]
  • waste management issues; improper mask disposal leading to increased litter in public places and environmental hazards [39]

In der peer-reviewed Fachzeitschrift Medical Hypothesis ist im Januar 2021 ein umfangreicher Überblicksartikel zum Stand der Wissenschaft zu den Schäden des Maskentragens auf körperlicher und psychischer Ebene und des sich daraus ergebenden Gesundheitskonsequenzen erschienen [40]. Wie die folgende Überblickstabelle aus dem Artikel zeigt (siehe Table 1), gibt es zusätzlich Hinweise auf weitere – insbesondere psychologische – Schäden, welche in der WHO Empfehlung noch nicht genannt wurden:

Table 1

 
  

Physiological and Psychological Effects of Wearing Facemask and Their Potential Health Consequences.

Im British Medical Journal ist im August 2020 ein Artikel zu den möglichen psychischen, biologischen und immunologischen Risiken speziell für Kinder und Schüler beim langanhaltenden Maskentragen erschienen [41]. Zusammenfassend heißt es dort (die entsprechenden empirischen Belege sind im Literaturverzeichnis am Ende verlinkt):

„Aside from the highly variable protective effects, WHO mentions several negative aspects of frequent/long-term use of facemasks, fuelling the debate as to whether the benefits outweigh the drawbacks [7].Many people report claustrophobic experiences and difficulty getting sufficient oxygen due to the increased resistance to inhaling and exhaling. This can lead to an increased heart rate, nausea, dizziness and headaches and several other symptoms [42,43]. In an inquiry among Belgian students wearing mouthmasks for one week, 16 % reported skinproblems and 7 % sinusitis, Also problems with eyes and headaches and fatigue were frequently mentioned [44]. Furthermore, face masking can provoke an increase in stress hormones with a negative impact on immune resilience in the long term [45]. Facemasks prevent the mirroring of facial expressions, a process that facilitates empathetic connections and trust between pupills and teachers. This potentially leads to a significant increase in socio-psychological stress. During childhood and puberty the brain undergoes sexual and mental maturation through hormonal epigenetic reprogramming [46-49]. Several studies show that long-term exposure to socio-psychological stress leaves neuro-epigenetic scars that are difficult to cure in young people and often escalate into mental behavioural problems and a

125

weakened immune system [50-54]. A recent study by the CDC concludes that in young adults (18-24 years), the level of anxiety and depression has increased by 63% (!) since the corona crisis. A quarter of them think about suicide. As a result, the use of antidepressants has increased by 25% [55]. Several researchers have shown a relationship between the increase in stress experiences and the risk of upper respiratory tract infections and mortality [56-59].“

Die angeführten Überblicksartikel zeigen bereits auf, wie zahlreich die möglichen Schäden des Maskentragens sind. Insbesondere fehlen hier sogar noch zum einen einige weitere mögliche Schäden auf wie die Gefahr der Diskriminierung von Kindern, die medizinisch bedingt keine Masken tragen können, oder entwicklungsbezogene Beeinträchtigungen. Zum anderen kommt noch hinzu, dass Kinder aufgrund ihrer entwicklungsbezogenen Unreife anfälliger sind für viele der angeführten Nebenwirkungen.

Ergebnisse eines Registers zu Nebenwirkungen des Maskentragens bei Kindern

Einen klaren und eindrücklichen Beleg für die Bandbreite und zahlenmäßige Größenordnung der Nebenwirkungen des Tragens von Masken bei Kindern stellen die Ergebnisse des weltweit ersten Registers dar, in dem – vergleichbar zur Sammlung von Nebenwirkungen von Medikamenten durch das Paul-Ehrlich-Institut – Eltern, Ärzt*innen, Pädagog*innen und andere ihre Beobachtungen zu den Nebenwirkungen des Tragens einer Maske bei Kindern und Jugendlichen eintragen können. Dort werden zum einen mittels einer Checkliste verschiedene mögliche Symptome abgefragt (siehe folgende Tabelle aus dem Artikel), zum anderen können in einem Freitextfeld weitere Symptome angegeben werden.

Die ersten Ergebnisse wurden kürzlich in der Fachzeitschrift Monatsschrift Kinderheilkunde publiziert [60]. Binnen einer Woche nach Start des Registers hatten bereits 20.353 Personen Eintragungen vorgenommen, allein die Gruppe der Eltern gab Daten zu 25.930 Kindern ein. Im Artikel werden die Ergebnisse aus den Elterneinträgen berichtet. Die angegebene durchschnittliche Tragedauer der Maske lag bei 270 min am Tag. Insgesamt berichten die Eingebenden zu 68 Prozent, dass Kinder über Beeinträchtigungen durch das Maskentragen klagen. Beispielsweise litten 13.811 der Kinder unter Kopfschmerzen, 12.824 unter Konzentrationsschwierigkeiten, 9.460 unter Schläfrigkeit, 7.700 unter Kurzatmigkeit, 6.848 unter Schwindel, 5.365 unter Ohnmachtsanfällen und 4.292 unter Übelkeit. Die folgende Tabelle aus dem Artikel zeigt die Häufigkeit der Angaben für alle Symptome der Symptom­Checkliste (siehe Tabelle 3 im Artikel):

Symptome

Gesamt n (%)

Alter 0 bis 6 n (%)

7 bis 12 Jahre n (%)

Alter 13 bis 17 n (%)

Kopfschmerzen

13.811 (53,3)

960 (24,0)

7863 (54,6)

4988 (66,4)

Konzentrationsschwierigkeite

12.824

961

7313

4550

n

(49,5)

(24,0)

(50,8)

(60,5)

Unwohlsein

10.907 (42,1)

1040 (26,0)

6369 (44,2)

3498 (46,5)

Beeinträchtigung beim Lernen

9845 (38,0)

621 (15,5)

5604 (38,9)

3620 (48,2)

Benommenheit/Müdigkeit

9460

(36,5)

729 (18,2)

5163 (35,8)

3568 (47,5)

Engegefühl unter der Maske

9232 (35,6)

968 (24,2)

5427 (37,7)

2837 (37,7)

Gefühl der Atemnot

7700 (29,7)

677 (16,9)

4440

(30,8)

2583 (34,4)

Schwindel

6848 (26,4)

427

(10,7)

3814 (26,5)

2607 (34,7)

Trockener Hals

5883 (22,7)

516 (12,9)

3313 (23,0)

2054

(27,3)

Kraftlosigkeit

5365 (20,7)

410

(10,2)

2881 (20,0)

2074 (27,6)

Bewegungsunlust, Spielunlust

4629 (17,9)

456

(11,4)

2824 (19,6)

1349 (17,9)

Jucken in der Nase

4431

(17,1)

513 (12,8)

2550 (17,7)

1368 (18,2)

Übelkeit

4292 (16,6)

310

(7,7)

2544

(17,7)

1438 (19,1)

Schwächegefühl

3820 (14,7)

300

(7,5)

2020 (14,0)

1500 (20,0)

Bauchschmerzen

3492 (13,5)

397 (9,9)

2292 (15,9)

803 (10,7)

Beschleunigte Atmung

3170 (12,2)

417 (10,4)

1796 (12,5)

957 (12,7)

Krankheitsgefühl

2503 (9,7)

205

(5,1)

1328 (9,2)

970 (12,9)

Engegefühl im Brustkorb

2074 (8,0)

161 (4,0)

1122 (7,8)

791 (10,5)

Augenflimmern

2027 (7,8)

149

(3,7)

1047

(7,3)

831 (11,1)

Appetitlosigkeit

1812 (7,0)

182 (4,5)

1099 (7,6)

531 (7,1)

Herzrasen, Herzstolpern Herzstiche

1459

(5,6)

118 (2,9)

766 (5,3)

575 (7,6)

Rauschen in den Ohren

1179 (4,5)

107

(2,7)

632 (4,4)

440

(5,9)

Kurzzeitige

Bewusstseinsbeeinträchtigun g/Ohnmachtsanfälle

565 (2,2)

39 (1,0)

274

(1,9)

252 (3,4)

Erbrechen

480

(1,9)

40

(1,0)

296 (2,1)

144

(1,9)

Im Freitextfeld wurden weitere gesundheitliche Schäden angegeben:

  • 269 Einträge zu verschlechterter Haut, v. a. vermehrte Pickel, Ausschläge und allergische Erscheinungen um den Mundbereich bis hin zu Pilzerkrankungen in und um den Mund
  • 151 Einträge zu Nasenbluten
  • 122 Einträge zu Schulunlust bis hin zu Schulangst/Schulverweigerung
  • 64 Einträge zu vermehrtem Schwitzen

127

  • 52 Einträge zu Druckstellen und Wunden hinter den Ohren
  • 46 Einträge zu wunden oder rissigen und z. T. blutigen Lippen
  • 31 Einträge zu gesteigerten Migräneanfällen in Frequenz und Ausprägungsgrad
  • 23 Einträge zu Beeinträchtigungen des Sehens
  • 13 Einträge zu Aphthen

Wie die Autoren anmerken, wurden damit binnen einer einzigen Woche mehr Kinder und Jugendliche mit maskenbedingten körperlichen Beschwerden gemeldet, als bis zum damaligen Zeitpunkt insgesamt Kinder und Jugendliche mit positiven SARS-CoV-2-Testergebnissen gemeldet waren.

Über die körperlichen Nebenwirkungen hinaus wurden auch zahlreiche psychische Nebenwirkungen eingetragen, welche in der folgenden Tabelle aufgeführt sind (siehe Tabelle 4 im Artikel):

Psychische

Gesamt

Alter 0 bis 6

7 bis 12 Jahre

Alter 13 bis 17

Nebenwirkungen

n (%)

n (%)

n (%)

n (%)

Das Kind ist häufiger gereizt

11.364

1041

6566

3757

als sonst

(60,4)

(40,0)

(62,1)

(66,5)

Das Kind ist weniger fröhlich

9286 (49,3)

959 (36,9)

5640

(53,3)

2687 (47,6)

Das Kind möchte nicht mehr

8280 (44,0)

824

(31,7)

5168 (48,9)

2288 (40,5)

zur        Schule/in den Kindergarten gehen

Das Kind ist unruhiger als

5494

773

3515

1206

sonst

(29,2)

(29,7)

(33,2)

(21,4)

Das Kind schläft schlechter

5849

633

3507

1709

als sonst

(31,1)

(24,3)

(33,2)

(30,3)

Keine weiteren Auffälligkeiten

7103 (27,4)

1400

(35,0)

3834 (26,6)

1869 (24,9)

Das Kind hat neue Ängste

4762

713

2935

1114

entwickelt

(25,3)

(27,4)

(27,8)

(19,7)

Das Kind schläft mehr als

4710

319

2183

2208

sonst

(25,0)

(12,3)

(20,6)

(39,1)

Das Kind spielt weniger

2912 (15,5)

400

(15,4)

1998 (18,9)

514

(9,1)

Das Kind hat einen größeren

1615

253

1124

238

Bewegungsdrang als sonst

(8,6)

(9,7)

(10,6)

(4,2)

In der Freitextangabe wurden die auftretenden Ängste noch weiter spezifiziert:

  • Neben einer allgemeinen Zukunftsangst sind die Ängste, selbst mit Maske zu ersticken sowie vor dem Tod von Angehörigen durch Corona, am häufigsten vertreten.
  • Hinzu kommt die Angst vor Stigmatisierung sowohl durch das Tragen als auch durch das Nichttragen einer Maske im sozialen Umfeld.
  • Viele Eltern berichten auch von Albträumen und Angststörungen, welche sich auf maskierte Menschen beziehen, deren Mimik und Identität für die Kinder nicht erkennbar ist.

Einschränkend ist zum einen anzumerken, dass die Einträge nicht umfassend validiert werden konnten. So schreiben die Autoren zu den Limitationen der Studie:

„Naturgemäß kann ein offen zugängliches Register niemals alle Eingaben ärztlich gegenvalidieren. Die Registereinträge steigen täglich im mehrstelligen Bereich, und zusätzliche Validitätsprüfungen finden statt, um in absehbarer Zeit weitere belastbarere Daten zur gesundheitlichen Situation von Kindern in Deutschland im Hinblick auf das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes vorlegen zu können.“

Als Argument für die Glaubwürdigkeit der Daten führen die Autoren an:

„Die Datensätze zeugen in den Freitexteinträgen mit wenigen Ausnahmen von einer sehr differenzierten Betrachtungsweise und ergeben im Ganzen ein ausgewogenes Gesamtbild mit plausiblem Symptomspektrum und einer gut nachvollziehbaren Beschreibung der Beeinträchtigungen, die bei Kindern im Zusammenhang mit der Maske beobachtet werden. Die Beantwortung von Hunderten eingehender E-Mails durch die Studieninitiatoren mit Fragenbeantwortung zur Existenz des Registers, Spezifizierung und Ergänzung der von Teilnehmenden getätigten Eingaben, ausführlichen Fallschilderungen und Anregungen für weitere Forschung, sind ein weiteres Indiz für die hohe Relevanz des Themas und für die Redlichkeit, mit der viele Teilnehmer sich der Fragestellung widmen.“

Weiterhin merken die Autoren an, dass sich ein verzerrtes Berichten im Hinblick auf die präferenzielle Dokumentation besonders schwer betroffener Kinder oder den Schutzmaßnahmen grundsätzlich kritisch gegenüberstehenden Personen nicht ausschließen lässt.

Insgesamt betrachtet zeigt diese Studie zum weltweit ersten Register für mögliche Nebenwirkungen des Maskentragens von Kindern sehr eindrücklich, dass es eine sehr große Bandbreite an körperlichen und psychischen Nebenwirkungen gibt. Die zentrale Schlussfolgerung der Autoren lautet:

„Die Nutzungshäufigkeit und das Symptomspektrum weisen auf die Wichtigkeit des Themas hin und rufen nach repräsentativen Surveys, randomisierten kontrollierten Studien mit verschiedenen Maskensorten und nach einer Nutzen-Risiko-Abwägung der Maskenpflicht bei der vulnerablen Gruppe der Kinder.“

Bestätigt werden die beim langanhaltenden Tragen von Masken von Kindern beschriebenen Beschwerden auch durch weitere Studien an anderen Personengruppen, die ebenfalls lange Masken tragen müssen. So gibt es inzwischen mehrere Studien zu den Beschwerden von Personen, die im Gesundheitsbereich arbeiten und auch langanhaltend Masken tragen müssen, wobei hier zu beachten ist, dass anders als im Schulbereich neben Masken zum Teil noch weitere Schutzausrüstung getragen werden muss (z.B. Schutzbrillen, Schutzanzüge). In einer kürzlich als Preprint publizierten Meta-Analyse zu den existierenden Studien mit insgesamt 11.746 Teilnehmern zu den körperlichen Nebenwirkungen lautete das Ergebnis [61]:

„The most frequent adverse events were headache (55.9%), dry skin (54.4%), dyspnoea (53.4%), pressure injuries (40.4%), itching (39.8%), hyperhidrosis (38.5%), and dermatitis (31.0%).“

Die beschriebenen Studien belegen eindrücklich, dass mit dem Tragen von Masken eine große Bandbreite von Nebenwirkungen verbunden sein kann. Im Folgenden wird noch

ausführlicher auf einige Nebenwirkungen eingegangen, welche bisher noch nicht erwähnt wurden bzw. in Bezug auf Kinder mit Besonderheiten verbunden sind.

Physiologische Nebenwirkungen

Studien an Erwachsenen zeigen, dass das Tragen von Masken Effekte auf physiologischer Ebene nach sich ziehen kann, insbesondere unter körperlicher Anstrengung. Bereits nach wenigen Minuten findet sich in manchen Studien eine etwas höhere CO2-Konzentration im Blut, ein schnellerer Herzschlag und eine schnellere Atmung [62,63]. Beim stundenlangen Tragen von OP-Masken zeigt sich auch ein Abfall der Sauerstoffsättigung im Blut [64]. Wichtig ist zum einen anzumerken, dass es auch Studien gibt, in welchen solche Effekte nicht beobachtet werden [65]. Zum anderen ist es wichtig anzumerken, dass sich die Werte beim Tragen von Masken bezogen auf die Durchschnittswerte über die untersuchten Probanden hinweg in einer Größenordnung bewegen, welche laut den gängigen Richtlinien keine klinische Relevanz erreicht.

Allerdings ist zu beachten, dass es bei unerkannten Vorerkrankungen trotzdem zu extremeren Nebenwirkungen wie Panik, Krampfanfällen und Bewusstseinsstörungen kommen kann [66]. Diesbezüglich ist ein wichtiger methodischer Aspekt bei der Interpretation von Studien zu möglichen Nebenwirkungen von Masken anzumerken: Allein aus der Beobachtung, dass es keinen statistisch signifikanten Unterschied in den durchschnittlichen physiologischen Werten zwischen den Bedingungen mit und ohne Maske gibt, kann nicht auf die Nichtexistenz von Nebenwirkungen geschlossen werden.

Das erste Problem ist, dass im Falle kleiner Stichproben existierende Mittelwertunterschiede nur dann statistisch signifikant werden, wenn die Unterschiede sehr groß sind. In der Medizin können aber selbst kleine Effekte durchaus relevant sein. Das zweite Problem ist, dass selbst bei nicht signifikanten Effekten auf Gruppenebene bei einzelnen Personen Extremwerte auftreten können, welche für die betroffenen Personen stark beeinträchtigend sind.

Ein diesbezügliches Negativbeispiel ist eine Studie einer Forschergruppe um Michael Campos [67], welche weit in den Medien verbreitet wurde und angeblich zeigt, dass selbst lungenkranke Menschen keine physiologischen Effekte des Maskentragens zeigen würden. Allerdings ist zum einen die untersuchte Stichprobe sehr klein – in dieser Studie wurden nur 15 gesunde bzw. lungenkranke Personen getestet – so dass mit dieser Studie statistisch nur extrem große Effekte entdeckt werden können. Zum anderen traten trotz des fehlenden signifikanten Effektes auf Gruppenebene bei einzelnen Personen Extremwerte auf. So heißt in der Studie für die Gruppe der lungenerkrankten Personen:

„With the 6-minute walk, subjects with severe COPD decreased oxygenation as expected (with two qualifying for supplemental oxygen). However, as a group, subjects with COPD did not exhibit major physiologic changes in gas exchange measurements after the 6-minute walk test using a surgical mask, particularly in CO2 retention.“

Bei zwei der lungenkranken Patienten zeigten sich also doch fundamentalere Nebenwirkungen, nur auf der Mittelwertsebene zeigt sich im Schnitt über alle Patienten hinweg kein Effekt. Würde man das beispielsweise bei der Medikamentenzulassung zur Regel machen, würde man seltenere Nebenwirkung ab sofort nicht mehr beachten müssen -was fragwürdig ist.

Zusammenfassend heißt es in einem im Februar 2021 publizierten Mini Review zu den existierenden Studien [68]:

„The few existing studies suggested that surgical and cloth masks did not significantly compromise ventilation and oxygen supplies in healthy individuals and may, therefore, be considered as not harmful. Physical exercise and pre-existing respiratory problems may cause hypoxaemia and hypercapnia. As using face masks could be a long-term preventive measure in the COVID-19 era, further studies are needed, particularly to explore the impact on pre-existing respiratory problems in children and adults.“

In Bezug auf die möglichen physiologischen Schäden des Maskentragens bei Kindern ist ein grundlegendes Problem, dass es bisher zu den Wirkungen bei Kindern kaum Studien gibt. Das ist insbesondere deswegen problematisch, weil die beschriebenen Effekte bei Kindern stärker ausfallen könnten, weil der Sauerstoffverbrauch bei Kindern höher und die Atemreserve geringer ist, bei Kindern der prozentuale Anteil des Totraumvolumens der Maske am Gesamtatemvolumen größer ist und sich der Durchströmungswiderstand der Maske aufgrund der schwächer ausgeprägten Atemmuskulatur stärker auswirken kann.

Im erwähnten Mini Review wurde im Zuge einer umfassenden Literaturrecherche eine einzige Studie entdeckt, in welcher die physiologischen Konsequenzen des fünfminütigen Tragens von N95-Masken bei 7-14 Jahre alten Kindern untersucht wurde, einmal beim Lesen und einmal bei leichter körperlicher Belastung [69]. Es zeigte sich, dass sich die CO2-Konzentration (end-tidal carcon dioxid und fractional inspired carbon dioxid) beim Tragen der Maske in beiden Fällen um bis zu 34 Prozent (leichte körperliche Bewegung) anstieg, wobei die Werte noch immer keine klinische Relevanz erreichten.

Das Problem ist allerdings, dass im Zuge der Maskenpflicht im Unterricht Kinder nicht nur fünf Minuten Masken tragen, sondern bis zu zehn Stunden täglich an fünf Tagen pro Woche. Zu solch langen Tragedauern gibt es keinerlei Studien. Das ist insbesondere deswegen als höchst problematisch einzuschätzen, weil es bei der staatlichen Verordnung von verpflichtenden Maßnahmen für Millionen von Kinder aus medizinethischer Perspektive eigentlich unbedingt geboten ist, mögliche Risiken vor der Verordnung der Maßnahme zu prüfen und evidenzbasiert auszuschließen bzw. das Risiko zumindest zu quantifizieren.

Munderkrankungen – der sogenannt „Maskenmund“

Das Tragen von Masken kann mit einer Reihe von Munderkrankungen einhergehen, wie z.B. Karies, Mundgeruch, Zahnfleischentzündungen und Entzündungen der Mundregion – hier wurde der Fachausdruck „Maskenmund“ geprägt [70].

Verformung der Ohrmuschel

Kinder vor der Pubertät haben einen unentwickelten Ohrknorpel mit geringerem Widerstand gegen Verformung. Ein längerer Druck durch die elastischen Schleifen der Maske kann das korrekte Wachstum und die Winkelung des Außenohrs beeinflussen und den Winkel der äußeren Ohrmuschel erhöhen [71].

Ansammlung von Viren und Bakterien auf der Maske

Auf den Masken können sich Viren, Bakterien und Pilze ansammeln, welche immer wieder eingeatmet werden und Krankheiten verursachen können, wie beispielsweise Studien zum Tragen von OP-Masken zeigen [72]. Während ausgeatmete Tröpfchen und Aerosole normalerweise beim Ausatmen an die Umgebungsluft abgegeben werden und schnell trocknen, verbleiben diese beim Tragen von Masken in der Maske, mit dem Effekt, dass sich Bakterien und Pilze in der ständig feuchten Umgebung der Maske vermehren können, erneut eingeatmet werden und den Körper belasten können.

Mögliche enthaltene Giftstoffe in Masken

Problematische Nebenwirkungen können auch auftreten, wenn getragene Masken Giftstoffe enthalten. In einem Artikel in der Frankfurter Rundschau wurden die Ergebnisse einer Untersuchung des privaten Hamburger Umweltinstituts (HUI) berichtet [73]. Dort wurden teilweise erhebliche Mengen an Schadstoffen in den aktuell verwendeten Masken nachgewiesen, darunter flüchtige organische Kohlenwasserstoffe und Formaldehyd. Zudem zeigte sich, dass beim Tragen über mehrere Stunden und bei Mehrfachnutzung – wie es in den Schulen der Fall ist – Mikroplastik eingeatmet wird. Der HUI-Vorsitzende, Professor Michael Braungart, wird folgendermaßen zitiert:

„In Versuchen haben wir bis zu 2000 Fasern pro Tag festgestellt, die teils mit der Atemluft in die Lungen gelangen“.

In einem aktuellen Artikel des Deutschen Allergie- und Asthmabundes (DAAB) heißt es [74]:

„Der DAAB hat im Laufe der Corona-Pandemie einige Anfragen zu Gerüchen an Schutzmasken erhalten. Besonders zu Beginn der Pandemie waren sicherlich auch vermehrt Produkte auf dem Markt, die Schadstoffe enthielten. Aber auch jetzt kann dies noch vereinzelt der Fall sein, wie das Magazin WISO nun aktuell überprüft hat. Schadstoffe in Masken können durch die Atmung direkt in die Lunge gelangen“.

Da bei der Zertifizierung von medizinischen Masken nur die Filterleistung und die Keimbelastung, aber nicht notwendigerweise das Vorhandensein toxischer Bestandteile geprüft werden muss (siehe DIN EN 14683, 5.2.7 Zusammenfassung der Leistungsanforderungen), könnte das in der Tat ein Problem bei manchen medizinischen Masken darstellen. Sollte es zutreffen, dass medizinische Masken problematische Inhaltsstoffe enthalten können, würden Kinder beim Tragen von medizinischen Masken einem gesundheitlichen Risiko ausgesetzt. Da die Masken im Unterricht, auf dem Schulgelände und im Schulbus verpflichtend getragen werden müssen, wird eine Tragezeit erreicht, bei der solche Risiken besonders groß wären.

Psychische Nebenwirkungen

Wie bereits anhand der Eintragen im oben beschriebenen Register zu den Nebenwirkungen des Maskentragens bei Kindern beschrieben, ist auf psychischer Ebene bei einer länger andauernden Maskenpflicht an Schulen mit weitreichenden negativen Effekten hinsichtlich der Entwicklung und Heranreifung von Kindern zu rechnen. In einer aktuellen Überblicksarbeit zu den Nebenwirkungen des Maskentragens auf das emotionale Erleben und die soziale Kommunikation weist der Neurowissenschaftler Manfred Spitzer auf die drei folgende Probleme hin [75]:

Einschränkung der nonverbalen Kommunikation

Durch das Tragen von Masken wird die nonverbale Kommunikation extrem eingeschränkt, was insbesondere für kleinere Kinder einer der wichtigsten Kanäle für das Entstehen einer tragfähigen sozialen Beziehung darstellt. Weiterhin ist der Gesichtsausdruck eines der zentralen Signale, über welches wir den eigenen emotionalen Zustand kommunizieren und den emotionalen Zustand des Gegenübers erschließen, was einer der fundamentalen Bausteine der Entwicklung einer hohen emotionalen und sozialen Kompetenz darstellt. Gerade Kinder müssen es erst noch lernen, diese Signale in den Gesichtern anderer zuverlässig zu deuten.

Negative Verzerrung des emotionalen Erlebens

Hinzu kommt ein weiterer negativer Effekt: Laut Studien wird Angst und Trauer eher aus den Augen abgelesen und Freude eher aus er Mundregion. Weiterhin werden ohne das Signal von der Mundregion emotionale Gesichtsausdrücke fehlgedeutet. Ein eigentlich fröhlicher Gesichtsausdruck wird häufig als ein skeptischer Gesichtsausdruck fehlgedeutet, ein überraschter Gesichtsausdruck wird oft als Ärger oder Trauer fehlgedeutet. Das Tragen von Masken könnte also dazu führen, dass man in den Gesichtern anderer seltener positive und verstärkt negative Emotionen wahrnimmt.

Beeinträchtigung der Empathie

Weiterhin wird die Empathie – das Mitfühlen des emotionalen Zustands des anderen -durch das Tragen von Masken beeinträchtigt. Wie Studien zeigen, nimmt man beim miteinander kommunizieren unbewusst den Gesichtsausdruck des Gegenübers ein und fühlt darüber den inneren Zustand des anderen mit, was durch das Tragen einer Maske verhindert wird.

Zusammenfassend schreibt Manfred Spitzer einer seiner Überblicksarbeit:

„However, covering the lower half of the face reduces the ability to communicate, interpret, and mimic the expressions of those with whom we interact. Positive emotions become less recognizable, and negative emotions are amplified. Emotional mimicry, contagion, and emotionality in general are reduced and (thereby) bonding between teachers and learners, group cohesion, and learning – of which emotions are a major driver. The benefits and burdens of face masks in schools should be seriously considered and made obvious and clear to teachers and students. The school’s specific situation must also inform any decision regarding face mask use.“

Interessanterweise werden die erwähnten psychischen Nebenwirkungen des Maskentragens auch im Bayerischen Gesetz zur Bildung, Erziehung und Betreuung von Kindern in Kindergärten, anderen Kindertageseinrichtungen und in Tagespflege (BayKiBiG) aufgegriffen. Dort geht es zwar um Kindergartenkinder, aber die entsprechenden Inhalte können auch auf das Grundschulalter übertragen werden. Dort findet sich im Teil 3 zur Sicherung des Kindswohls folgender Artikel [76]:

Artikel 9a: Verbot der Gesichtsverhüllung

Beschäftigte in Kindertageseinrichtungen dürfen während der Besuchszeit ihr Gesicht nicht verhüllen, es sei denn, betreuungsbedingte Gründe stehen dem entgegen. Satz 1 gilt für Tagespflegepersonen entsprechend.

Auf der offiziellen Seite des Bayerischen Staatsministeriums für Familie, Arbeit und Soziales gibt es dazu eine genauere Auslegung. Dort werden die verschiedenen pädagogischen Begründungen zum Verbot der Gesichtsverhüllung genannt [77]:

Auszug aus der Gesetzesbegründung zu Art. 9a BayKiBiG:

Ziel der Kindertageseinrichtungen und Kindertagespflege ist es u.a., Kooperations- und Kommunikationsfähigkeit zu vermitteln sowie die Kinder zur Integration zu befähigen. Gerade im Bereich des Kleinstkindalters ist es mit Blick auf die Entwicklung eines Kindes essentiell, dass gute pädagogische Arbeit geleistet wird. Diese wäre stark gefährdet, wenn sich das Kind einer betreuenden oder einer anderen in der Kindertageseinrichtung tätigen Person gegenüber befinden würde, die ihr Gesicht nicht zu erkennen gibt.

Die Mimik ist aber wichtig, um die verschiedenen Möglichkeiten der Ausdrucksformen kennenzulernen und verstehen zu können. Des Weiteren verhindert ein verhülltes

Gesicht insbesondere Kommunikation und Interaktion zwischen Kindern und Erzieher/in und beeinträchtigt damit den für die Bildung und Erziehung der Kinder unabdingbaren Aufbau von Bindung und Beziehung. Schließlich ist gerade der persönliche und vertraute Kontakt zwischen Kind und Personal enorm wichtig für die frühkindliche Bildung.

Es ist mithin erforderlich, dass Beschäftigte in Kindertageseinrichtungen während der Besuchszeiten sowie bei Veranstaltungen der Einrichtung ihr Gesicht (zwischen Kinn und Stirn) nicht verhüllen. (…) Das Verbot gilt nicht, soweit betreuungsbedingte Gründe dem entgegenstehen. Betreuungsbedingte Gründe wären z.B. eine Verkleidung in einem Rollenspiel oder auf einer Faschingsfeier.

Angesichts dessen, dass die erwähnten negativen Effekte des Maskentragens auf die Entwicklung von Kindern im BayKiBiG als so wichtig empfunden werden, dass dort ein Verbot des Maskentragens gesetzlich vorgegeben wird, ist es umso überraschender, dass keine der erwähnten Nebenwirkungen im Rahmen der aktuellen Verordnung einer Maskenpflicht in der Grundschule – und auch nicht bei den Erzieherinnen und Erziehern im Kinderarten – Beachtung findet.

Hinzu kommt noch eine Reihe von weiteren möglichen psychischen Nebenwirkungen: Einschränkung der Sprachübertragung

Das Tragen von Masken geht weiterhin mit negativen Effekten auf die Sprachübertragung einher [78]. Zum einen werden höhere Frequenzen gedämpft, zum anderen wird das visuelle Signal von den Lippen vollständig behindert, was die verbale Kommunikation beeinträchtigt und mit der Gefahr von Missverständnissen einhergeht. Besonders beeinträchtigend wirkt sich das auf das Erlernen einer neuen Sprache aus, so dass der Fremdsprachenerwerb und insbesondere Kinder mit Migrationshintergrund hiervon betroffen sind.

Gefahr der Diskriminierung

Schließlich gibt es noch negative Nebenwirkungen auf psychischer Ebene für Kinder, welche aus medizinischen Gründen keine Maske tragen dürfen. Hier besteht die Gefahr, dass solche Kinder – begründet mit hygienetechnischen Argumenten – diskriminiert und aus dem sozialen Klassenverbund ausgeschlossen werden, mit negativen Folgen für das psychische und soziale Wohlbefinden. Mir sind Fälle bekannt, wo Kinder, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen können, den ganzen Schultag über gelbe Armbinden tragen müssen. In einem anderen Fall ist im Klassenzimmer und im Pausenhof eine Ecke abgeklebt, in der sich Kinder, die aus medizinischen Gründen keine Maske tragen können, aufhalten müssen. Belegt wird die Gefahr der Diskriminierung auch dadurch, dass im oben beschriebenen Register zu den Nebenwirkungen des Maskentragens bei Kindern als eine der Ängste die Angst vor Stigmatisierung sowohl durch das Tragen als auch durch das Nichttragen einer Maske im sozialen Umfeld genannt wird.

Verstärkt wird die Gefahr einer solchen Diskriminierung durch fragwürdige Aussagen von Experten in den Medien. So sagte die Jugendpsychiaterin Dr. Biskup-Meyer in einem SZ-Interview zur Maskenpflicht in der Grundschule [79]:

„Wenn die Lehrer eine Maske tragen und den Schülern glaubhaft vorgemacht wird, dass dies gerade notwendig ist, dann sind Grundschulkinder sicher diejenigen, die sich am bereitwilligsten daran halten. Dazu gehört auch, dass eine Einheit in der Klasse besteht, weil alle eine Maske tragen.“

Wird Kindern durch die Lehrkräfte eine Notwendigkeit des Maskentragens stark vermittelt und entsteht aufgrund sozialer Dynamiken ein entsprechender Gruppendruck, ist die Gefahr umso größer, dass manche Kinder diskriminiert werden.

Hinzu kommt, dass Kinder, welche aus medizinischen Gründen keine Maske tragen dürfen, dadurch in eine psychische Lage kommen, welche für das Kind nicht positiv auflösbar ist. Egal, wie sich das Kind verhält, ergeben sich negative Konsequenzen: Trägt das Kind keine Maske, wird es sozial ausgegrenzt, trägt das Kind die Maske, treten körperliche Leiden ein. Eine solche Lage kann mit sehr negativen psychischen Konsequenzen verbunden sein bis hin zur Entwicklung von psychischen Störungen.

Das Auslösen und Aufrechterhalten von entwicklungspsychologisch unangemessenen Ängsten

Bezogen auf die Corona-Maßnahmen an Grundschulen kommt das Problem hinzu, dass mit Maßnahmen wie dem Maskentragen oder dem Abstandhalten den Kindern permanent vermittelt wird, dass sowohl von anderen eine große Gefahr für sie selbst ausgeht, als auch von ihnen selbst für andere. Damit können Ängste und Schuldgefühle einhergehen, mit welchen ein Kind aufgrund seiner entwicklungsbezogenen Unreife nicht umgehen kann. Ist das der Fall, entwickeln sich Angststörungen, welche das Kind in seiner Entwicklung beeinträchtigen.

Länger anhaltende Angst wirkt sich auf verschiedenen Ebenen der Psyche problematisch aus. Die Gedanken beginnen beispielsweise um das angstbesetzte Ereignis zu kreisen, so dass das Kind sich nicht mehr auf andere Dinge konzentrieren kann. Auf der Ebene der Motivation wird das vermeidungsbezogene Verhaltenssystem chronisch aktiviert, was dazu führt, dass das Kind nicht mehr Dinge anstrebt, welche es erreichen möchte, sondern die Welt zunehmend durch die Brille möglicher drohender Ereignisse betrachtet, welche es vermeiden möchte. Die Konsequenz ist, dass das Kind in seiner Entwicklung zunehmend stehen bleibt und sich zunehmend zurückzieht. Im Extremfall kann das so weit gehen, dass eine Depression entwickelt wird. Dabei kann es auf der Ebene der Hirnentwicklung zu „biologischen Narben“ kommen, was sich in einer lebenslangen erhöhten Vulnerabilität für körperliche und psychosoziale Belastungssituationen niederschlagen kann [80].

Hinzu kommt noch ein weiterer wichtiger Punkt: Die Ängste, welche durch die Corona-Maßnahmen an Schulen ausgelöst werden können, beziehen sich nicht auf einen Aspekt, welcher für uns Menschen wenig Bedeutung hat. Bei einer Angst vor Schlangen ist es beispielsweise so, dass das nicht notwendigerweise stark beeinträchtigend sein muss, weil Schlangen kein relevanter Teil unseres menschlichen Lebens sind. Die Ängste, welche durch die Corona-Maßnahmen an Schulen ausgelöst werden können, betreffen dagegen einen der zentralsten Aspekte des menschlichen Lebens: den Kontakt mit anderen Menschen. Der Mensch ist genuin ein soziales Wesen, das Bedürfnis nach Nähe und guten sozialen Beziehungen ist ein menschliches Grundbedürfnis, genau wie Essen, Trinken oder

Schlafen [81].

Mit den an Schulen ergriffenen Maßnahmen wie Maskentragen und Abstandhalten werden also soziale Grundbedürfnisse von Kindern verletzt. Kommt hier noch hinzu, dass Kinder eine Angst vor dem Gegenüber entwickeln, besteht die Gefahr, dass psychische Störungen im sozialen Bereich erworben werden und die soziale Gesundheit von Kindern – und damit die psychische Entwicklung insgesamt – nachhaltig beeinträchtigt wird.

In der Tat gibt es inzwischen zahlreiche empirische Hinweise, dass psychische Probleme bei Kindern stark zunehmen, wobei hier vorneweg wichtig ist anzumerken, dass diese nicht

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kausal auf das Maskentragen zurückgeführt werden können, sondern ein Produkt der problematischen Gesamtsituation sind.

So ergab die sogenannte COPSY-Studie des Universitätsklinikums Hamburg-Eppendorf [82], dass sich zur Zeit der Schulschließungen im Frühjahr 2020 71 Prozent der Kinder und Jugendlichen durch die Kontaktbeschränkungen belastet fühlten. Bei 39 Prozent der Kinder und Jugendlichen verschlechterte sich das Verhältnis zu den Freunden durch die eingeschränkten persönlichen Kontakte, was fast alle Befragten belastete. Der Anteil der Kinder und Jugendlichen mit geminderter gesundheitsbezogener Lebensqualität stieg von 15 auf 40 Prozent, das Risiko für psychische Auffälligkeiten von rund 18 auf 30 Prozent.

Auf die dramatische Lage weisen auch aktuelle Studien hin. So fasste der Kinder- und Jugendpsychologe Prof. Dr. Julian Schmitz vom Institut für Psychologie der Universität Leipzig in einem aktuellen Interview seine aktuellen Befunde folgendermaßen zusammen

[83]:

„Wir sehen aktuell keine Zunahme von nur einer Gruppe von Störungen, sondern eine starke Zunahme von psychischen Belastungen aus dem gesamten Spektrum wie Depressionen, Ängsten, Zwangsstörungen und Verhaltensstörungen. Dabei leiden auf der einen Seite die Kinder und Jugendlichen, die schon mit einer psychischen Störung in die Pandemie gegangen sind und deren Lage sich häufig sehr verschlechtert hat. Auf der anderen Seite sehen wir auch, dass viele Kinder, die vor der Krise psychisch gesund waren, nun in dieser Zeit – insbesondere der Lockdowns – psychisch krank geworden sind. (…) Unsere Forschungsdaten zeigen sehr deutlich, dass die Mehrzahl der psychischen Störungen sich nicht von allein wieder gibt, sondern diese Störungen oft einen chronischen Verlauf nehmen und über die Zeit weitere Störungen hinzukommen. Wir können also nicht davon ausgehen, dass sich nach dem Ende der Pandemie die Situation der psychisch erkankten Kinder, Jugendlichen und Erwachsenen einfach von allein wieder vollständig entspannt.“

Der österreichische Psychologieprofessor Manuel Schabus fasst die Ergebnisse seiner aktuellen Umfragen in einem Interview so zusammen [84]:

„FOCUS Online: Herr Schabus, wie bewerten Sie die Auswirkungen des monatelangen Lockdowns, vor allem auf Kinder und Jugendliche?

Die werden unter diesem verlorenen Jahr – vielleicht werden es ja sogar verlorene eineinhalb oder zwei Jahre – sehr leiden. Wir sehen das in den Daten unserer Umfragen. Die Hauptangst der 6- bis 18-Jährigen ist, dass ihr Leben nie mehr so wird, wie es vor der Pandemie und den Lockdowns war. Sie gehen davon aus, dass ihre Zukunft nachhaltig negativ beeinträchtigt wird. Ein Beispiel: Drei Viertel der befragten Kinder und Jugendlichen geht davon aus, dass Corona erst 2022 oder 2023 „vorbei“ sein wird. Wir müssen davon ausgehen, dass die Jugend in ihrer psychischen Entwicklung ein großes Problem mit dem Thema Angst bekommen wird.

Psychotherapeuten berichten mir, dass die Kinder sehr diffuse Ängste haben, nicht nur wegen Corona. Es kommen aus allen Ecken Ängste, auf die sie ansprechen, weil sie regelrecht darauf konditioniert werden, Angst zu haben und unter diesem Druck zu leben. Wir müssen davon ausgehen, dass das dann auch zu mehr psychosomatischen Auswüchsen und körperlichen Erkrankungen führen wird. Wenn man dauerhaft erhöhtem Stress ausgesetzt ist, leidet natürlich das Immunsystem darunter und jede Infektion und Erkrankung hat leichteres Spiel. Es ist nicht

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auszuschließen, dass sich deshalb in den kommenden Jahren sogar Krebserkrankungen häufen werden, da dieser Zusammenhang wissenschaftlich gut bekannt ist.“

Fragwürdige Plausibilitätsargumente

Als Argument für die angebliche Harmlosigkeit des Tragens von Masken findet sich eine Reihe von Plausibilitätsargumenten, welche einer genaueren Prüfung nicht standhalten.

Ein erstes Argument, das man oft hört, ist der Vergleich mit OP-Ärzten, welche ja auch stundenlang während Operationen Masken tragen, ohne dass sich angeblich Beeinträchtigungen zeigen würden. Zum einen sind auch dort physiologische Nebenwirkungen nachgewiesen wie beispielsweise ein Abfall der Sauerstoffsättigung im Blut [63]. Zum anderen ist das Tragen von Masken im Klassenzimmer nicht vergleichbar mit dem Tragen von Masken in Operationssälen. Operationssäle sind mit Hochleistungsbelüftungssystemen ausgestattet, welche einen Überdruck aufrechterhalten und den Sauerstoffgehalt der Raumluft erhöhen [85]. Zudem werden die Masken dort bei Durchfeuchtung sofort gewechselt, was im Klassenzimmer aufgrund der begrenzten Anzahl der Masken pro Kind nicht möglich ist. Weiterhin sind OP-Ärzte im hygienetechnisch sinnvollen Umgang mit der Maske hoch trainiert, so dass Ansteckungen durch die Ansammlung von Keimen auf der Maske über die Hände minimiert werden, was bei Grundschülern aufgrund ihres entwicklungspsychologischen Reifegrads unmöglich ist.

Ein weiteres fragwürdiges Argument stammt vom Sprecher des Berufsverbandes der Kinder-und Jugendärzte (BVKJ), Dr. Jakob Maske. Er hat sich gegenüber der Deutschen Presse­Agentur folgendermaßen geäußert (zitiert nach der Welt [86]):

„Auch kleine Kinder könnten einen Mundschutz tragen. ‚Das ist gar kein Problem‘, erklärt der Experte. Angenommen, ein Kind würde tatsächlich nicht genügend Sauerstoff oder zu viel CO2 einatmen, dann würde es müde werden und sich abgeschlagen fühlen, so der Mediziner. In diesem Fall nähme das Kind die Maske von allein ab“.

Angesichts dessen, dass es hierzu keinerlei empirische Studien dazu gibt, handelt es sich bei dieser Aussage um eine bloße Hypothese. Wenn strikte Regeln von sozialen Instanzen vorgegeben werden und ein sozialer Druck in der Klasse herrscht, ist es aber aus psychologischer Perspektive nicht zu erwarten, dass insbesondere kleinere Kinder sich in einem solchen Fall von sich aus die Maske abnehmen werden.

Ein drittes fragwürdiges Argument ist, dass Kinder selber aus dem Maskentragen keine Katastrophe machen würden und sich schnell daran gewöhnen würden. Aus der Beobachtung, Kinder würden aus dem Maskentragen keine Katastrophe machen, zu schließen, das würde Kindern nichts ausmachen, ist hochgradig fahrlässig. Selbst wenn ein Kind missbraucht wird, macht es nicht notwendigerweise eine Katastrophe daraus, weil einem Kind noch die rationalen Bewertungsmaßstäbe fehlen. Daraus zu schließen, dass das dann ja ok wäre, wäre absurd. Genau deswegen sind unsere Kinder noch nicht mündig, und es braucht Erwachsene, welche Sachlagen für Kinder bewerten. Hinzu kommt, dass die Nebenwirkungen der Maske lange Zeit nicht weiter auffallen können, weil Kinder einfach nur stiller und dadurch weniger auffällig werden. Hier braucht es vielmehr ein sehr gutes Auge auf Seiten der Lehrkräfte und Eltern.

Zusammenfassende Bewertung

Zusammenfassend gibt es zahlreiche Belege für die Bandbreite der möglichen Schäden auf körperlicher, psychischer und sozialer Ebene, welche vor allem mit dem längeren Maskentragen bei Kindern verbunden sein können. Belegt sind diese zum einen durch mehrere Studien zu den verschiedenen Nebenwirkungen vor allem in Bezug auf Erwachsene, zum anderen durch das existierende Register zu den Nebenwirkungen des Tragens von Masken durch Kinder. Darüber hinaus gibt es aus psychologischer Perspektive die Befürchtung, dass mit einer länger andauernden Maskenpflicht an Schulen sehr nachhaltige psychische Beeinträchtigungen der Entwicklung von Kindern einhergehen können, die sich zwar aktuell noch nicht eindeutig nachweisen lassen, aber laut verschiedener psychologischer Theorien mit hoher Wahrscheinlichkeit zu erwarten sind.

Besonders problematisch ist zu werten, dass es trotz der zahlreichen zu befürchtenden Nebenwirkungen keine einzige randomisierte kontrollierte Studie gibt, in welcher die Nebenwirkungen des langanhaltenden Maskentragens von Kindern untersucht wurden. Bevor verpflichtenden Maßnahmen für Millionen von Kinder überhaupt verordnet werden, wäre es aus medizinethischer Perspektive unbedingt geboten, mögliche Risiken vor der Verordnung der Maßnahme zu prüfen und evidenzbasiert auszuschließen bzw. das Risiko zumindest zu quantifizieren und gegenüber dem Nutzen abzuwägen. Als problematisch ist es insbesondere auch zu werten, dass angesichts der existierenden Evidenz für zahlreiche möglichen Nebenwirkungen diese weder in den Empfehlungen des RKI noch in der S3-Leitlinie noch in den entsprechenden Regierungserklärungen erwähnt oder berücksichtigt werden.

  1. Besteht überhaupt ein Infektionsrisiko, das durch das Tragen von Gesichtsmasken (oder andere Maßnahmen) abgesenkt werden könnte?

Diese Frage wurde im Zuge der Beantwortung der Frage 1 bereits beantwortet (siehe Abschnitt „Das Ausmaß der Reduktion des Infektionsrisikos mittels des Tragens von Masken an Schulen“ auf S. 10 ff).

  1. Kann durch die Einhaltung von Abstandsvorschriften das Infektionsrisiko insbesondere bei Kindern abgesenkt werden?

In Bezug auf diese Frage ist eine kürzlich publizierte Studie relevant [87]. Dort wurde anhand einer sehr großen Stichprobe (537.336 Schüler*innen und 99.390 Schulbedienstete) und eines großen Zeitraums (24. September bis zum 27. Januar) untersucht, inwiefern es einen Unterschied macht, ob an Schulen ein Abstand von drei oder sechs Fuß vorgeschrieben war. Die Ergebnisse zeigen, dass die Größe des Abstands weder bei den Schüler-Infektionen noch bei den Lehrer-Infektionen einen Unterschied machte. Demnach zeigt sich zumindest ab einem Abstand von 90 cm kein Effekt einer weiteren Abstandsvergrößerung. Anzumerken ist, dass ab der Sekundarstufe an den untersuchten Schulen eine universelle Maskenpflicht galt, in der Primarstufe war das Maskentragen in 70 Prozent der Fälle vorgeschrieben. Auch die Ergebnisse dieser umfangreichen Studie bestätigen zudem erneut, dass Infektionen bei den Schulbediensteten weitaus häufiger auftreten als bei den Schüler*innen, was einen weiteren überzeugenden Beleg dafür darstellt, dass von Schüler*innen ein geringeres Infektionsrisiko ausgeht.

  1. Bieten Kinder möglicherweise sogar eine „Schutzfunktion“ vor der Verbreitung mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 in dem Sinne, dass sie die Verbreitung des Virus eher abbremsen und vor schweren Covid-19-Erkrankungen eher schützen?

Zur Beantwortung dieser Frage werden zunächst umfangreiche Studien vorgestellt, die zeigen, dass das Risiko, schwer an COVID-19 zu erkranken, geringer ist, wenn Erwachsene viel Kontakt mit Kindern haben. Anschließend werden aktuelle Befunde diskutiert, die zeigen, dass Kinder – anders als anfänglich vermutet – eine geringere Viruslast haben, was das Ansteckungsrisiko und die resultierende Krankheitsschwere laut aktuellen Befunden reduzieren kann. Abschließend wird noch der Befund aus Krankschreibungen kritisch beleuchtet, dass Berufsgruppen, die mit der Erziehung und Betreuung von Kindern zu tun haben, am häufigsten aufgrund von COVID-19 krankgeschrieben worden wären, was oft als Argument benutzt wird, dass von Kindern eine besondere Gefahr ausginge.

Das geringere Risiko, bei engen Kontakten mit Kindern schwer an COVID-19 zu erkranken.

In einer der bisher umfangreichsten Studien zu den Einflussfaktoren auf das Risiko des Entwickelns einer schweren COVID-19-Erkrankung wurden alle der in Schottland aufgetretenen Corona-Fälle analysiert [88]. Dabei zeigte sich, dass Lehrkräfte (kein Maskentragen von Schülern bis zum Alter von in etwa 15 Jahren) im Vergleich zu anderen Berufen ein um 64 Prozent reduziertes Risiko aufweisen, schwer an COVID-19 zu erkranken (rate ratio of 0.36, 95% CI 0.19 to 0.69). Weiterhin zeigte sich, dass das Risiko einer schweren COVID-19-Erkrankung bei Erwachsenen um 28 Prozent reduziert war, wenn Kinder im selben Haushalt lebten (rate ratio of 0.72, 95% CI 0.63 to 0.82). Dieser Effekt von Kindern zeigte sich sogar dann, wenn Erwachsene zu einer Hochrisikogruppe zählten (z.B. Krebserkrankung, schweres Asthma und andere schwere chronische Atemwegserkrankungen, Bluthochdruck, Immunsuppression, etc.). Vergleichbare Befunde gibt es auch aus Schweden, dort war für Lehrkräfte das Risiko schwer zu erkranken im Vergleich zu anderen Berufsgruppen um 57 Prozent reduziert (relative risk of 0.43, 95% CI,

0.28 to 0.68) [89].

Die Autoren der Studie vermuten, dass das daran liegen könnte, dass der Kontakt mit Kindern den vorbestehenden Immunschutz aufgrund von Kreuzreaktionen mit anderen Coronaviren erhöht. Sie schreiben:

„The inverse association of severe COVID-19 with past exposure to children is consistent with evidence that other coronaviruses generate cross-reactive T-cell responses that may confer some resistance to SARS-CoV-2.“

Die geringere Viruslast bei Kindern

Es gibt noch eine zweite Erklärungsmöglichkeit, welche darauf beruht, dass inzwischen als erwiesen angesehen werden kann, dass die Viruslast bei Kindern kleiner ist als bei Erwachsenen. Anfänglich war zwar insbesondere aufbauend auf einer Studie eines Forscherteams um Christian Drosten vermutet worden, dass Kinder dieselbe Viruslast wie Erwachsene hätten und demnach von Kindern eine ähnliche Gefahr ausginge. Allerdings enthielt diese Studie einen eigentlich sehr klassischen und fundamentalen methodischen

Fehler, wie beispielsweise der renommierte Statistiker David Spiegelhalter von der University of Cambridge aufgezeigt hat [90].

Aufgrund der kleinen Stichprobengröße im Kindesalter und der Aufteilung in zahlreiche Altersgruppen im Erwachsenenalter und der nachherigen Korrektur für multiples Testen ist die Power der Studie – also die Wahrscheinlichkeit, einen existierenden Unterschied zwischen den Kinder- und Erwachsenengruppen statistisch signifikant nachzuweisen – so gering, dass die Studie statistisch praktisch prinzipiell keine Unterschiede hätte nachweisen können. Bei einem nicht signifikanten Effekt auf die Nullhypothese zu schließen ist, ist bei einer geringen Power methodisch absolut unzulässig. Es handelt sich hier eigentlich um basales statistisches Grundlagenwissen (den sogenannten „Fehler 2. Art“, siehe z.B. [91]).

Wie David Spiegelhalter interessanterweise nachweist, zeigt die Studie des Forscherteams um Christian Drosten in Wirklichkeit – wenn man sie korrekt ausgewertet hätte – sogar, dass die Viruslast bei Kindern geringer ist. Deskriptiv ausgedrückt beträgt in der Studie die Viruslast bei 0-10-jährigen Kindern nur 27 Prozent der Viruslast von Erwachsenen über 20 Jahre (das ist die eigentliche Vergleichsgruppe, die künstliche Aufteilung im Erwachsenenalter im Artikel in 10-Jahre-Stufen ist angesichts der eigentlichen Forschungsfrage – Viruslast bei Kindern versus Erwachsenen – schwer nachvollziehbar, weil eine solche Aufteilung nur substantiell die Power reduziert). In der Tat wird das durch eine kürzlich als Preprint publizierte Studie mit weitaus größeren Stichproben (2654 Kinder und Jugendliche) als in der Studie des Forscherteams um Christian Drosten (117 Kinder und Jugendliche) [92].

Wie aktuelle Studien wiederum zeigen [93], sinkt mit der Viruslast der Person, von der die Ansteckung ausgeht, das Risiko einer schweren COVID-19-Erkrankung. Damit könnte die geringere Viruslast bei Kindern bei einer Ansteckung eine Schutzfunktion vor dem Entwickeln einer schwereren COVID-19- Erkrankung sein. Allerdings ist anzumerken, dass der direkte wissenschaftliche Nachweis, dass die geringere Viruslast den positiven Effekt des häufigen Kontakts mit Kindern auf die niedrigere Krankheitsschwere vermittelt, noch nicht erbracht ist.

Häufige COVID-19-Diagnosen bei Berufsgruppen, die mit Kinderbetreuung zu tun haben

Abschließend ist noch ein Hinweis auf eine irreführende Darstellung in den Medien wichtig. Ende des Jahres 2020 veröffentlichte das Wissenschaftliche Institut der AOK die Ergebnisse einer Analyse [94], welche Berufsgruppen von März bis Oktober am häufigsten mit der Diagnose „COVID-19″ krankgeschrieben wurden. Erstaunlicherweise lagen an erster Stelle Berufsgruppen, die mit der Erziehung und Betreuung von Kindern zu tun haben. In den Medien wurde daraus geschlossen, dass angeblich Erzieherinnen und Erzieher am häufigsten an COVID-19 erkranken würden.

Ein genauerer Blick in die Studie offenbart aber, dass das eine irreführende Darstellung ist. In Bezug auf die Diagnose „COVID-19″ gibt es zwei unterschiedliche Diagnoseschlüssel [95]: Einmal eine Diagnose mit Bestätigung durch einen positiven PCR-Test (Diagnoseschlüssel U07.1!) und einmal eine bloße Verdachtsdiagnose ohne Bestätigung durch einen positiven PCR-Test (Diagnoseschlüssel U07.2!). Da Personen mit bloßer Verdachtsdiagnose kein

positives SARS-CoV-2-Testergebnis aufweisen, ist es sehr wahrscheinlich, dass es sich in solchen Fällen Wirklichkeit nur um eine harmlose Erkältungskrankheit handelt.

Es in Kindertagesstätten eine häufige Praxis, dass sich die Erzieher/innen bei leichten Erkältungssymptomen immer sofort testen lassen und dann bis zum Erhalt des Testergebnisses krankgeschrieben werden müssen. Auf der Krankmeldung wird dann die Verdachtsdiagnose U07.2! vermerkt. Stellt sich dann beim Testergebnis heraus, dass in Wirklichkeit keine SARS-CoV-2-Infektion vorliegt, handelt es sich bei der anfänglichen Verdachtsdiagnose U07.1! damit eigentlich um eine falsche COVID-19-Diagnose.

Das Problem bei der Analyse der AOK ist, dass nicht unterschieden wird, ob es sich bei einer „COVID-19-Diagnose“ auf einer Krankmeldung womöglich nur um eine bloße Verdachtsdiagnose handelt. So könnte es sein, dass mit Kindern arbeitende Personen sich einfach nur besonders häufig auf einen Verdacht hin testen lassen (Diagnose U07.2!), aber in Wirklichkeit gar nicht häufiger an COVID-19 erkranken (U07.1!).

Das belegt in der Tat eine genauere Auswertung der AOK-Daten, welche kürzlich erschienen ist [96]. Demnach liegen Berufe in der Kindererziehung und Kinderbetreuung zwar in Bezug auf die insgesamt erhaltenen Diagnosen „COVID-19″ auf Platz eins. Allerdings handelt es sich in 48,0 Prozent der Fälle um bloße Verdachtsdiagnosen. Berufe in der Altenpflege oder Gesundheits- und Krankenpflege liegen zwar in Bezug auf die insgesamt erhaltenen Diagnosen „COVID-19″ nur auf Platz zwei und drei. Allerdings handelt es sich dort nur in 31,8 bzw. 28,9 Prozent um bloße Verdachtsdiagnosen. In Bezug auf tatsächlich bestätigte COVID-19-Erkrankungen liegen dagegen die Berufsgruppen in der Altenpflege (22,9 Prozent mehr Fälle) oder Gesundheits- und Krankenpflege (25,7 Prozent mehr Fälle) deutlich vor den Berufsgruppen in der Kindererziehung und Kinderbetreuung. In Wirklichkeit erkranken Erzieher/innen also deutlich seltener an COVID-19 als Beschäftigte im Bereich der Alten, Gesundheits- und Krankenpflege.

Zusammenfassende Bewertung

Zusammenfassend gibt es in der Tat belastbare Hinweise aus sehr umfangreichen wissenschaftlichen Studien, dass ein häufiger Kontakt mit Kindern womöglich tatsächlich eine Schutzfunktion vor der Entwicklung einer schweren COVID-19-Erkrankung darstellen kann. Insbesondere zeigt inzwischen eine umfangreiche Studie, dass Kinder in der Tat eine geringere Viruslast aufweisen als Erwachsene, was eine der Erklärungen für diese Schutzfunktion darstellen könnte.

  1. Welches methodische Niveau und ggfls. welche methodischen Mängel weisen existierende Studien zum Infektionsgeschehen an Schulen und zu der Wirksamkeit von Maßnahmen wie Maskentragen und Abstandhalten an Schulen auf?

Diese Frage wurde im Zuge der Beantwortung der Frage 1 bereits beantwortet (siehe Abschnitt „Bewertungsschema zur Einordnung der Qualität der Evidenz aus Studien“ auf S. 1

ff).

Literatur

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covid-19/

  1. Gutachten Prof. Dr. rer. biol. hum. Ulrike Kämmerer

Prof. Dr. rer. biol. hum. Ulrike Kämmerer vertritt am Universitätsklinikum Würzburg, Frauenklinik, insbesondere die Schwerpunkte Humanbiologie, Immunologie und Zellbiologie.

Die Gutachterin hat ihr molekularbiologisches Sachverständigengutachten, das hier vollständig eingefügt wird, wie folgt erstattet:

Zur Beweisfrage „Welche Aussagekraft zur Erkennbarkeit einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 liefern der RT-qPCR-Test und die derzeit verwendeten

Schnelltests“

  1. Der Nukleinsäurenachweis mittels RT-qPCR-Test

Reverse-Transkriptase-quantitative Polymerase Chain Reaction (RT-qPCR)-Tests sind als Instrument der Diagnostik für eine aktive Infektion mit SARS-CoV-2 aus zahlreichen Gründen bereits im Ansatz ungeeignet.

1.1. Begriffserklärung/Grundlagen

In einer Polymerasekettenreaktion (PCR) wird mithilfe des Enzyms Polymerase ein definiertes kurzes (üblicherweise 100-1000 Basen umfassendes) Stück der Desoxyribonukleinsäure (DNA) vervielfältigt. Das zu vervielfältigende DNA-Stück wird mithilfe von zwei sehr kurzen einzelsträngigen DNA-Abschnitten, den „Primern“, eingegrenzt.

Diese Primer bestehen üblicherweise aus einer definierten Abfolge von 18-25
Nukleinsäurebasen (die Primersequenz), welche spezifisch zu den Regionen auf der DNA
passen, welche den zu vervielfältigenden Abschnitt flankieren. Um die Spezifität der PCR
sicherzustellen, dürfen diese Primer explizit nur zu diesem flankierenden Bereich und zu
keinem weiteren Bereich einer DNA passen. Mithilfe großer Gendatenbanken und
entsprechender                        Software-Programme                         (z.B. Primer-Blast

https://www.ncbi.nlm.nih.gov/tools/primer-blast/) können im PCR-Design diese Primer hochspezifisch entworfen werden. Bei spezialisierten Firmen werden aus den eingesendeten Primer-Sequenzen dann die Molekülketten synthetisiert und an das PCR-Labor bzw. den Hersteller von PCR-Kits ausgeliefert. Hier müssen diese Primer dann mit validen positiven und negativen Kontrollen unter verschiedensten Versuchsbedingungen erprobt und im Einsatz optimiert werden. So wird sichergestellt, dass mit dem verwendeten Primerpaar ausschließlich die zu suchende DNA erkannt und vervielfältigt wird, aber keinerlei andere ähnliche DNA-Abschnitte.

Sind die Primer gefunden und spezifisch, kann in einem Reaktionsansatz die zu vervielfältigende DNA mit dem Primerpaar, verschiedenen Hilfschemikalien sowie dem Enzym Polymerase gemischt und die Kettenreaktion gestartet werden.

Ablauf der PCR: Diese läuft in zyklischen Wiederholungen der folgenden einzelnen Schritte

ab:

  1. Das Gemisch wird bei über 90°C aufgekocht (denaturiert). Hierdurch werden die üblicherweise als Doppelstrang vorliegenden DNA-Stränge in Einzelstränge getrennt, um die spätere Anheftung der Primer zu ermöglichen.
  2. Beim folgenden Abkühlen auf die sogenannte „Annealing-Temperatur“ können sich die Primer an ihre passenden Regionen an den aufgetrennten DNA-Strängen anheften. Die Bindung der Primer, das Annealing, erfolgt nur in einem eng begrenzten Temperaturbereich, der sog. Schmelztemperatur. Diese hängt vor allem von der Basenzusammensetzung der Primer ab und daher wird deren Sequenz im Idealfall immer so gewählt werden, dass beide Primer die gleiche Schmelztemperatur von ca. 60°C besitzen. Die angehefteten Primer bilden den Startpunkt für die Polymerase.
  3. Diese Polymerase ergänzt von den Primern ausgehend die durch das Erhitzen
    vorliegende einzelsträngige DNA wieder zu einem passenden Doppelstrang (Elongation)
    meist bei ca. 72°C.

Durch die Lage der beiden Primer an den flankierenden Seiten des gesuchten DNA­Abschnittes sind an den Einzelsträngen die Elongationsreaktionen gegenläufig, da die Polymerase immer nur in eine Richtung arbeitet. Am Ende dieses Schrittes sind aus einer ursprünglichen doppelsträngigen DNA nun zwei identische doppelsträngige DNA-Moleküle entstanden, welche durch Aufkochen wieder getrennt, dann mithilfe der Primeranlagerung und der Polymerase in 4 identische DNA-Moleküle vervielfältigt werden usw. Jeder PCR-Zyklus aus Aufkochen-Annealing-Elongation bewirkt eine Verdopplung des gesuchten DNA­Abschnittes, so dass die Vervielfältigung im 2-er Logarithmus erfolgt und somit sehr schnell eine extrem hohe Anzahl von Kopien des ursprünglichen Ausgangsmaterials vorliegt. So werden aus einem DNA-Strang nach 10 PCR Zyklen bereits 210 = 1.024 DNA-Kopien, bei 20 Zyklen schon über 1 Million (1.048.576) und bei 30 Zyklen über 1 Milliarde (1.073.741.824) Kopien.

Bei der quantitativen PCR (qPCR) Technik, wie sie derzeit weltweit hauptsächlich zum Nachweis der genomischen RNA von SARS-CoV-2 eingesetzt wird, nutzt man ein drittes kurzes DNA-Stück, ähnlich der beiden Primer, welches mittig in dem gesuchten DNA­Abschnitt passend binden kann, die „Probe“ (Sonde). Anders als die beiden Primer ist diese Sonde noch mit zwei Molekülen verbunden, einem Fluoreszenzfarbstoff an einem Ende und einem weiteren Molekül (Quencher), welches das Aussenden der Fluoreszenz verhindern kann, solange sich beide gleichzeitig (also in unmittelbarer Nähe zueinander) an der Probe befinden. Beim Elongationsschritt baut die Polymerase nun diese Sonde ab. Dadurch wird der Quencher abgetrennt und das Fluoreszenzmolekül kann nun sein Farbsignal aussenden. Dieses Farbsignal wird im PCR-durchführenden Gerät (Thermozykler) erfasst und gemessen. Bei jedem PCR-Zyklus werden also entsprechend der steigenden Anzahl der Kopien immer mehr Fluoreszenzsignale frei, die Sonde „leuchtet“ immer stärker. Und die Kurve der Farbsignalintensität steigt mit jedem Zyklus. Ab einem bestimmten Wert übersteigt die Kurve dann das Hintergrundrauschen (Schwellenwert) und wird als positiv gewertet. Die Zykluszahl, bei welcher dieses Überschreiten des Schwellenwertes erfolgt, wird als CT-Wert bezeichnet (CT steht dabei für „Cycle Treshold“ = Zyklusschwelle).

Je schneller die Fluoreszenz ansteigt (niedriger CT), umso mehr Ausgangskopien der gesuchten DNA waren im PCR-Ansatz vorhanden. Da weder die Primer, noch das Enzym Polymerase immer 100% spezifisch arbeiten, wird in jedem PCR-Ansatz auch ein Bruchteil unspezifische DNA mitkopiert. Und je mehr Zyklen die PCR durchläuft, umso größer ist die Gefahr, dass auch diese wenigen unspezifischen Reaktionen dann doch den Schwellenwert überschreiten. Ab einem CT-Wert von 40 ist daher mit größter Wahrscheinlichkeit von einem falsch positiven Signal aufgrund unspezifischer Ausgangsmaterialien auszugehen. Eine zuverlässige PCR sollte daher nicht mehr als 30-35 Zyklen benötigen, um ein deutliches Signal „positiv“ zu generieren, im Falle aktiver Infektionen mit gesuchten Viren ist von einer ausreichenden Zykluszahl von 25-30 auszugehen (siehe auch Punkt 3.2.).

Die Reverse Transkriptase Reaktion (RT) wird benötigt, wenn die zu vervielfältigende Ausgangsnukleinsäure nicht als DNA, sondern als Ribonukleinsäure (RNA) vorliegt, wie dies bei SARS-CoV-2 als RNA-Virus der Fall ist. Da in der PCR ausschließlich DNA vervielfältigt werden kann, muss eine RNA vorher in DNA überführt werden. Dies geschieht mithilfe des Enzyms „Reverse Transkriptase“, welche aus RNA einen komplementären Kopierstrang aus DNA erstellt, welcher dann als Ausgangsmaterial für die PCR dient.

Um die Zuverlässigkeit eines mittels RT-qPCR oder auch nur PCR-erzielten Ergebnisses werten zu können, werden mithilfe von definierten Proben verdünnter korrekter Zielgene (z.B. RNA des gesuchten Virus) und sehr ähnlicher, aber nicht gesuchter Zielgene (z.B. naheverwandte Viren) die Sensitivität und die Spezifität des verwendeten Testsystems bewertet.

Die Sensitivität gibt hierbei an, wie empfindlich der Test auch noch kleinste Mengen des gesuchten Zielgens nachweise kann, die Spezifität beschreibt, wie zuverlässig der Test ausschließt, dass andere, naheverwandte Gene, auch zu einem positiven Ergebnis (falsch

positiv) führen. Je höher die Spezifität, umso sicherer ist auszuschließen, dass durch das PCR System selber falsch positive Ergebnisse erzielt werden.

Hiervon unbenommen sind allerdings noch falsch positive Ereignisse, welche durch Laborkontaminationen mit Zielgenen, Verunreinigungen von Testchemikalien und Kontaminationen direkt bei der Probenentnahme entstehen können. Diese kontaminationsbedingten falsch positiven Ergebnisse können durch rigorose Qualitätssicherung und „Standard Operating Procedures“ (SOPs), durch den Einsatz von speziell geschultem Fachpersonal sowie permanente externe Kontrolle in Form von Ringversuchen ausgeschlossen werden.

1.2. Grundsätzliches zur diagnostischen Aussagekraft

Der Erfinder des PCR-Tests, der im August 2019 verstorbene Nobelpreisträger Kary Mullis, hat immer wieder darauf hingewiesen, dass sein Test allein dazu geeignet ist, ein ansonsten für das menschliche Auge unsichtbares Molekül (die Desoxyribonukleinsäure, DNA) oder Fragment der DNA durch Vervielfältigung (Amplifikation) sichtbar zu machen. Nicht aber, eine Aussage dazu zuzulassen, ob das, was sichtbar gemacht wurde, gefährlich ist oder krank macht.

Insbesondere kann ein PCR Test – auch wenn er korrekt durchgeführt wird – keinerlei Aussage dazu treffen, ob eine Person mit einem aktiven Erreger infiziert ist oder nicht.

Denn der Test kann nicht unterscheiden zwischen „toter“ Materie*, wie zum Beispiel einem völlig harmlosen Genomfragment als Überbleibsel des Kampfes des körpereigenen Immunsystems gegen eine Erkältung oder eine Grippe (solche Genom-Fragmente finden sich noch viele Monate nachdem das Immunsystem das Problem „erledigt“ hat), und „lebender“ Materie, d.h. einem „frischen“, reproduktionsfähigen Virus.

So wird die PCR beispielsweise auch in der Forensik eingesetzt, um aus Haarresten oder anderen Spurenmaterialien mittels PCR vorhandene Rest-DNA so zu vervielfältigen, dass die genetische Herkunft des/der Täter(s) erkennbar ist („Genetischer Fingerabdruck“).

Selbst wenn also bei der Durchführung der PCR inclusive aller vorbereitenden Schritte (PCR-Design und Etablierung, Probenentnahme, Aufbereitung und PCR-Durchführung) alles „richtig“ gemacht wird und der Test positiv ist, d.h.: eine Genom-Sequenz erkennt, welche ggf. auch in einem oder sogar dem konkreten „Corona“-Virus (SARS-CoV-2) existiert, bedeutet dies unter keinen Umständen, dass die Person, welche positiv getestet wurde, mit einem replizierenden SARS-CoV-2 infiziert und folglich für andere Personen ansteckend = gefährlich sein könnte.

Vielmehr müssen für die Feststellung einer aktiven Infektion mit SARS-CoV-2 weitere, und zwar konkret diagnostische Methoden wie die Isolation von vermehrungsfähigen Viren eingesetzt werden (Goldstandard).

1.3. Einflussfaktoren auf die Zuverlässigkeit des PCR Test

Tatsächlich aber hängen die Ergebnisse eines PCR-Tests von einer Reihe von Parametern ab, die zum einen erhebliche Unsicherheiten bedingen und zum anderen gezielt so manipuliert werden können, dass viele oder wenige (scheinbar) positive Ergebnisse erzielt werden.

1.3.1. Anzahl der unabhängigen Ziel-Gene („Targets“)

In dem ursprünglich von der WHO am 13.01.2020 publizierten Protokoll „Diagnostic detection of Wuhan coronavirus 2019 by real-time PCR“ (https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/wuhan-virus-assay-v1991527e5122341d99287a1 b17c111902.pdf) wird die Abfolge von PCR-Nachweisen von drei unabhängigen Teilgenen des später in SARS-CoV-2 umbenannten Virus beschrieben. Die Reihenfolge bezog sich auf das E-gen, das RdRp-Gen und dann das N-Gen. Bereits am 17.01.2020 folgte eine Änderung durch die WHO mit dem Protokoll „Diagnostic detection of 2019-nCoV by real time PCR“ (https://www.who.int/docs/default-source/coronaviruse/protocol-v2-1.pdf?sfvrsn=a9ef618c 2) in der das N-Gen als Nachweis entfernt wurde und somit statt der ursprünglichen 3 Targets nur noch 2 Targets empfohlen wurden. Am 02.03.2020 wurde in einem erneut aktualisierten Testprotokoll der WHO „Laboratory testing for coronaviurs disease 2019 (COVID-19) in suspected human cases“ (https://apps.who.int/iris/bitstream/handle/10665/331329/WHO-COVID-19-laboratory-2020.4-eng.pdf?sequence=1&isAllowed=y) darauf hingewiesen, dass „…. In areas where COVID-19 virus is widely spread a simpler algorithm might be adopted in which for example

Screening by RT-PCR of a single discriminatory target is considered sufficient……………….. “ (Seite 3

unten) woraufhin die Labors großflächig dazu übergingen, nur noch 1 Target zu analysieren,
worauf hin viele Labors sich nur noch auf das als erstes Target eingeführte E-Gen als gültige
PCR spezialisierten, wie z.B. explizit vom Labor Augsburg am 03.04. beschrieben (nur noch
im                Internetcache                  verfügbar: https://www.oder-spree-piraten.de/wp-

content/uploads/2020/05/Ge%C3%A4ndertes-Befundlayout-der-SARS-CoV2-PCR-Ergebnisse- -Labor-Augsburg-MVZ-GmbH.pdf

Die herausragende Bedeutung der Anzahl der mittels PCR analysierten unabhängigen Zielgene ergibt sich aus folgender Rechnung:

Die im WHO-Protokoll ursprünglich für den Nachweis von SARS-CoV-2 angegebenen drei Targets E, RdRp und N-Gen wurden zügig in vielen laboreigenen und kommerziellen Testsystemen eingesetzt. Ein Ringversuch vom Institut Instand e.V. (https://corona-ausschuss.de/wp-content/uploads/2020/07/Instand-Ringversuch-Virusgenom-Nachweis-SARS-CoV-2.pdf) ergab für diese Gene eine mittlere Spezifität von:

Zielgen

Anzahl

Spezifität

Spezifität

%

Mittlere

Mittlere

des

überprüfte

nur

mit

 

Spezifität

Fehlerrate

SARS-

Tests

Zellkultur

verwandtem

 

absolut

(1-abs.

CoV-2

 

(ohne

Coronavirus

  

Spez.)

Genoms

 

Virus-RNA)

(HCoV 229E)

   

E-Gen

24

99,46%

95,17%

97,31

0,9731

0,0269

RdRp-Gen

13

97,80%

90,66 %

94,23

0,9423

0,0577

N-Gen

21

98,20%

87,95 %

93,08

0,9308

0,0692

In einer Mischpopulation von 100.000 Tests würde sich selbst bei keiner echt infizierten Person aufgrund der mittleren Fehlerrate ergeben:

Bei einem reinen E-Gentest: 100.000 x 0,0269 =                                                 2690 falsch

positive

Bei E und RdRp-Test in Folge: 100.000 x (0,0269 x 0,0577) =                               155 falsch

positive

Bei allen drei Genen (E, RdRp, N): 100.000 x (0,0269 x 0.0577 x 0,0692) = 10 falsch positive

Dies bedeutet, die Vorgabe der WHO, sukzessive die Anzahl der zu testenden Zielgene von SARS-CoV-2 von 3 auf 1 zu reduzieren, resultierte in einer Zunahme der falsch positiv

getesteten Personen im obigen Rechenbeispiel von 10 bei 3 Genen auf fast 3000 bei nur noch dem E-Gen je 100.000 durchgeführter Tests. Würden die 100.000 durchgeführten Tests repräsentativ bei 100.000 Bürgern einer Stadt/Landkreis innerhalb von 7 Tagen durchgeführt sein, so ergibt sich alleine aus dieser Fragestellung der verwendeten Zielgene hinsichtlich der „/-Tagesinzidenz“ ein Unterschied von 10 gegenüber 155 gegenüber 2690 und davon abhängig die Schwere der ergriffenen Freiheitsbeschränkungen der Bürger.

Bewertung: Das Rechenbeispiel zeigt auch, wie durch „Spielen an den Vorgaben“ bezüglich der nachzuweisenden Targets für die Labore die täglichen Fallzahlen manipuliert werden können. Angesichts der immensen Auswirkungen auf die politischen Entscheidungen, welche von den Absolutzahlen positiver Tests und der daraus abgeleiteten „7-Tages-Inzidenz“ bestimmt werden, ist die Vorgabe der WHO (und auch des RKI) zur Reduktion der Zielgene klar dazu geeignet gewesen, die „Pandemie“ durch falsche Testvorgaben künstlich um den Faktor 300 aufzublähen.

Dies ist eine evidenzfreie Vorgehensweise, die zum einen enorme persönliche Einschränkungen der Quarantäne/Isolation, welche die fälschlich „positiv getesteten“ Personen erleiden müssen, nach sich zieht, zum anderen über die „7-Tage Inzidenzzahl“ die enormen gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Einschränkungen und Schäden willentlich in Kauf nimmt.

Wäre konsequent die korrekte Targetanzahl von drei bzw. sogar besser (wie z.B. in Thailand) bis zu 6 Genen für die PCR-Analyse verwendet worden, hätte sich die Rate der positiven Tests und damit die „7-Tagesinzidenz“ fast komplett auf null reduziert.

1.3.2. Anzahl der durchgeführten Zyklen (CT-Wert)

Neben der Anzahl der nachgewiesenen Zielgene, insbesondere bei nur einem oder maximal 2 Genen stellen aber die Anzahl der Zyklen der Amplifikation in der qPCR bis zur Wertung „positiv“ und der daraus resultierende CT-Wert eine entscheidende Stellschraube dar. Je kleiner der CT-Wert einer Probe in einer qPCR, desto höher war die Ausgangsmenge der DNA in der Probe. Dies korreliert unter standardisierten Bedingungen mit (im Falle von Viren) der Ausgangsmenge an Viren, der sog. Viral load, welche im Idealfall als „Anzahl viraler Kopien“ pro ml Probe angegeben werden sollte. Diese Viral load korreliert auch im Fall von SARS-CoV-2 mit der Anzüchtbarkeit infektiöser Viren in Zellkultur wie unter Beteiligung von C. Drosten bereits im März 2020 publiziert wurde. (Abbildung 1e in Wölfel et al., https://doi.org/10.1038/s41586-020-2196-x) Hier war eine Mindestmenge von 106 RNA-Kopien/ml nötig, um aus der Probe entsprechend Viren anzüchten zu können, wohingegen die RT-qPCR aus dem Ursprungsprotokoll (Corman V et al., 10.2807/1560-7917.ES.2020.25.3.2000045 ) bereits bei ca. 4 Kopien je Probenansatz (5ul entsprechend ca. 103 Kopien/ml) ein positives Ergebnis liefern kann, also bereits um den Faktor 1000 eher als in einer Probe mit tatsächlich infektiöser Virus load.

Auch kommerzielle PCR-Testsysteme, sogenannte Kits, weisen teilweise
Nachweisgrenzen von weniger als 10 Kopien/Reaktion aus, wie z.B. Kits der Firma TIB-
Molbiol                                       (https://www.roche-as.es/lm pdf/MDx 53-0777 96 Wuhan-R-

gene V200204 09155376001%20%282%29.pdf)

Es ist hier fachlich zu unterscheiden von einer „Besiedelung“ des Rachenraums mit einzelnen wenigen, aber keine Infektion auslösenden, Viren und einer echten „Infektion“. Letztere geht mit vermehrungsfähigen Viren einher, die dann a) zu einer symptomatischen Erkrankung und b) einer Infektiosität, d.h. der Fähigkeit, andere Personen anzustecken, einhergeht.

Diesen Aspekt hat Christian Drosten bereits 2014 in einem Interview in der Wirtschaftswoche (https://www.wiwo.de/technologie/forschung/virologe-drosten-im-gespraech-2014-die-who-kann-nur-empfehlungen-aussprechen/9903228-2.html)   im   Zusammenhang   mit MERS

beschrieben „Ja, aber die Methode (Anmerkung: gemeint ist die PCR) ist so empfindlich, dass sie ein einzelnes Erbmolekül dieses Virus nachweisen kann. Wenn ein solcher Erreger zum Beispiel bei einer Krankenschwester mal eben einen Tag lang über die Nasenschleimhaut huscht (Anmerkung: das wäre die o.g. „Besiedelung“), ohne dass sie erkrankt oder sonst irgend etwas davon bemerkt, dann ist sie plötzlich ein Mers-Fall. Wo zuvor Todkranke gemeldet wurden, sind nun plötzlich milde Fälle und Menschen, die eigentlich kerngesund sind, in der Meldestatistik enthalten.“ [….] „Denn was zunächst interessiert, sind die echten Fälle (Anmerkung: Das sind die „Infizierten“). Ob symptomlose oder mild infizierte Krankenhausmitarbeiter wirklich Virusträger sind, halte ich für fraglich. Noch fraglicher ist, ob sie das Virus an andere weitergeben können.“ Letzteres ist eine entscheidende Aussage auch in Bezug auf die sehr nahe mit MERS verwandten SARS-CoV-2 Viren. Aber exakt dieser Punkt der Virusweitergabe (und damit dem Treiben der Pandemie) ist die Begründung für die eingreifenden Maßnahmen wie Quarantäne/Isolationsanordnungen, die „Lockdowns“ und die sogenannten AHA-Regeln.

Weitere Belege für die Relevanz des CT-Wertes

Eine kanadische Studie von Jared Bullard/Guillaume Poliquin in Clinical Infectious Deseases 2020, nachzulesen unter dem Link (https://doi.org/10.1093/cid/ciaa638) kam bereits im Mai 2020 zu dem Ergebnis, dass oberhalb eines CT-Wertes von 24 kein reproduktionsfähiges Virus mehr gefunden wurde – dies bedeutet: Der Versuch, aus Abstrichproben, die erst bei einem höheren CT-Wert zu einem positiven Test führten, anschließend vermehrungsfähige Viren anzuzüchten, scheiterte. Oberhalb eines CT-Wertes von 24 ist laut dieser Studie die Menge nachweisbaren viralen Erbguts also so gering, dass sich der positive Test jedenfalls nicht mehr im Sinne einer aktiven Infektion interpretieren ließ. Eine große Studie von Jaffar et al. (Doi 10.1093/cid/ciaa1491) setzte die Grenze zur Anzüchtbarkeit von SARS-CoV-2 aus Patientenprobenmaterial bei einem CT-Wert von 30 .

In seinem NDR-Podcast vom 16.02.2021 benannte C. Drosten explizit, dass eine Erhöhung
des CT von 25-27 über die Grenze von 28 hinweg bedeutet, dass Personen von denen diese
Abstriche mit dem höheren CT gewonnen wurden, nicht mehr infektiös sind. „und auch hier
ist wieder eine Ct-Wertverschiebung von 25 auf 27 ungefähr, 27, 28 zu sehen. Und das ist
ein Bereich, da ist nach unserer Einschätzung wirklich die Infektiosität zu Ende. Wenn man
so eine Patientenprobe sieht und man würde fragen, ist der Patient noch infektiös, da würde
ich sagen: Nein, das ist jetzt langsam nicht mehr ein infektiöser Bereich. Das kann man
korrelieren“                 Seite                4               (rechte                Spalte                oben in:

https://www.ndr.de/nachrichten/info/coronaskript270.pdf)

Einhellige wissenschaftliche Meinung (u.a. auch von Dr. Fauci vom US CDC, aber auch einer Reihe von in der New York Times im August 2020 zitierten Wissenschaftlern, https://www.nytimes.com/2020/08/29/health/coronavirus-testing.html) ist, dass alle „positiven“-Resultate, die erst ab einem Zyklus von 35 erkannt werden, keinerlei wissenschaftliche (d.h.: keine evidenzbasierte) Grundlage haben. Der mit Hilfe der WHO weltweit propagierte RT-qPCR Test zum Nachweis von SARS-CoV-2 hingegen war (und ihm folgend auch alle anderen auf ihm als Blaupause basierenden Tests) auf 45 Zyklen eingestellt ohne einen CT-Wert für „positiv“ zu definieren.

Ebenfalls bereits im Mai 2020 wurde vom National Centre for Infectious Disease in Singapur
ein                                                 Positionspapier herausgegeben

(https://www.ncid.sg/Documents/Period%20of%20Infectivity%20Position%20Statementv2.pd f), welches darauf hinweist, dass

  1. Es wichtig ist, dass der Nachweis viraler RNA durch die PCR weder einer Infektiosität, noch einem vermehrungsfähigem Virus entspricht („it is important to note that viral RNA detection by PCR does not equate to infectiousness or viable virus“)
  2. Der Grenzwert (cycle threshold value CT) der PCR weist als Surrogatmarker für den Gehalt an viraler RNA bereits ab einem CT von 30 zwar noch virale RNA nach, nicht mehr jedoch die Anwesenheit von vermehrungsfähigen Viren und die betroffenen Personen sind nicht infektiös.

Originaltextauszug: „6. A surrogate marker of ‚viral load‘ with PCR is the cycle threshold value (Ct). A low Ct value indicates a high viral RNA amount, and vice versa. As noted above, detection of viral RNA does not necessarily mean the presence of infectious or viable virus. In a local study from a multicenter cohort of 73 COVID-19 patients, when the Ct value was 30 or higher (i.e. when viral load is low), no viable virus (based on being able to culture the virus) has been found.“

Auch das RKI erklärt auf seiner Homepage zum Stand 11.08.2020

(https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges Coronavirus/Vorl Testung nCoV.html#d oc13490982bodyText4 ) „Erste Ergebnisse aus der Diagnostik am RKI zeigen, dass der Verlust der Anzüchtbarkeit in Zellkultur mit einer per real-time PCR (Anmerkung: ist die RT-qPCR) ermittelten RNA Menge von <250 Kopien/5      RNA einherging. Diese RNA-Konzentration entsprach im verwendeten Testsystem einem Ct-Wert >30.“

Eine aktuelle Studie aus Südkorea (https://www.nejm.org/doi/full/10.1056/NEJMc2027040) legt die Grenze zur Virusanzüchtbarkeit auf einen CT-Wert von 28,4. Und in einer ebenfalls aktuellen Studie aus Frankfurt (https://www.mdpi.com/2077-0383/10/2/328) zeigte sich, dass von 64 RT-qPCR positiven Patientenproben (ein Gen getestet) nur aus 33 (=52%) eine Virusanzucht in Zellkultur gelang. Diese infektiösen Proben wurden bereits bis zu einem mittleren CT-Wert von 26 positiv (Ergänzende Abbildung 1) wohingegen aus den Proben mit einem höheren CT keine Virusanzucht mehr gelang.

Im Ringversuch Instand e.V. (http://www.finddx.org/covid-19/pipeline/?section=molecular-assays#diag tab. ) , siehe auch nächster Punkt, zeigt sich die enorme Bandbreite der CT-Werte selbst bei hochstandardisierten Proben zwischen den verschiedenen Laboren und auch bezüglich der unterschiedlichen Zielgene. So schwankt hier z.B. der CT für die gleiche definierte verdünnten Probe von SARS-CoV-2 (Probennummer 340061) für die WHO-empfohlenen Gene zwischen 15-40 (E-Gen), 20-40,7 (N-Gen) und 19,5-42,8 (RdRp-Gen). Dies zeigt eindrucksvoll einen extremen Mangel an Teststandardisierung innerhalb der beteiligten (und zertifizierten) Labors.

Vor diesem Hintergrund ist es befremdlich, wenn die RT-qPCR nach wie vor vom RKI als „Gold-Standard“ angesehen wird, ohne die exakten Validierungen und externen Zertifizierungsbedingungen zu definieren (und ohne dass diese von den Behörden offensichtlich vollumfänglich überwacht werden).

Bewertung:

Generell kann eine RT-qPCR keine intakten, vernehmungsfähigen (infektiösen) Viren nachweisen, nicht einmal das komplette intakte Virusgenom, sondern ausschließlich Nukleinsäure des gesuchten Abschnitts. Es ist generell möglich, bei gut eingestellten und korrekt durchgeführten PCR-Tests durch Validierung mit einer parallel durchgeführten Virusanzucht in Zellkultur einen Grenzwert (CT) zu definieren, ab dem ein positives PCR-Signal nicht mehr mit vernehmungsfähigen Viren korreliert. Diese ist in der Überwachung von Blutprodukten seit Jahren gut geübte Routine.

Diese stringente Validierung erlaubt dann – solange das Testsystem NICHT verändert wird -als Surrogatmarker eine Abschätzung der Viruslast und damit der möglichen Infektiosität der getesteten Probe, nie allerdings jedoch den definitiven Nachweis. Sobald eine Komponente am PCR-Testsystem (seien es Chemikalien, Plastikwaren, Enzyme, Protokollabläufe oder

151

Maschinen) in einem der angewendeten Schritte verändert wird, muss zwingend das System wieder neu kalibriert werden.

Aus allen bisher publizierten Informationen (siehe oben) kann davon ausgegangen werden, dass jeder CT-Wert über 35 nicht mehr mit einer Anzüchtbarkeit infektiöser Viren einhergeht und damit der absolute Grenzwert für die Entscheidung „positiv“ ist, auch unabhängig vom verwendeten Testsystem. Der CT-Bereich 25-35 ist testabhängig möglicherweise noch valide als „positiv im Sinne einer Infektiosität“ zu bewerten, wenn er, wie beschrieben, durch adäquate Validierung im durchführenden Labor mit einer Virusanzucht verglichen wurde.

CT< 25                         : positiv

CT 26-35      : nur positiv, wenn mit Virusanzucht abgeglichen CT > 35      : negativ

Die strenge Bewertung des CT-Wertes spielt vor allem eine Rolle, wenn die Targetanzahl eins ist, gilt aber generell für jedes einzelne Target.

Für sich genommen, ohne Angaben über den Abgleich mit der bestimmten Anzahl der Virusgenome (Viral load) und der Korrelation mit einer Anzüchtbarkeit entsprechender Virusmengen ist der CT-Wert jedoch als Bewertungskriterum eines positiven PCR-Nachweises wertlos.

1.3.3. Adäquate Kontrollen

Um die Sensitivität und Spezifität einer RT-qPCR korrekt einschätzen zu können, müssen bei jedem Reaktionsdurchlauf adäquate Proben mitgeführt werden. Dies beginnt bei der Teststelle mit „Leerabstrichen“, um Kontaminationen am Probengewinnungsort sicher auszuschließen, geht weiter über Extraktionskontrollen, um die korrekte Isolation vermehrbarer RNA mit allen anschließenden Bearbeitungsschritten sicherzustellen, d.h. eine künstlich hergestellte definierte RNA, welche in allen Arbeitsschritten der Probenaufbereitung bis hin zur PCR mitgeführt und bearbeitet wird und für die dann mithilfe passender Primer auch die PCR durchgeführt wird. Hiermit kann ausgeschlossen werden, dass im Rahmen der Probenbearbeitung hemmende Substanzen oder Fehler die Amplifikation von RNA verhindern.

Ferner muss in jeder korrekten Testserie eine Reihe von externen (d.h. parallel wie Patientenproben mitgeführten) Negativkontrollen sowie eine Positivkontrolle, die im Idealfall aus einem inaktivierten definierten SARS-CoV-2 Virusstamm besteht. Dies wäre eine ureigene Aufgabe des RKI (unter Mithilfe anderer, geeigneter öffentlicher Einrichtungen wie dem Bernhard Nocht-Institut oder dem Friedrich-Löffler Institut), in den dort vorhandenen Labormöglichkeiten (der Sicherheitsstufe 4) eine ausreichende Anzahl der SARS-CoV-2 Viren aus Patientenproben zu isolieren, daraus definierte Stämme als Kontrollen zu kultivieren, diese zu inaktivieren und in definierten Viruszahlen über die lokalen Aufsichtsbehörden als Kontrollen an die testenden Labors abzugeben. Nachdem diese wichtige Dienstleistung jedoch selbst nach über einem Jahr der „Pandemie“ nach wie vor nicht angeboten wird, besteht die Positivkontrolle meist aber aus einer synthetischen RNA, welche nur die Zielgene des Testsystems kodiert. Über diese Positivkontrolle kann auch die untere Nachweisgrenze der PCR bestimmt werden. Diese wird von einigen kommerziellen Kits mit 20 oder weniger viralen Genomen je Probe angegeben und weist damit (siehe Punkt 1.3.2.) bereits eine Virusmenge im Abstrich nach, welche um den Faktor 105 unter der infektiösen Dosis liegt, bedeutet: keinerlei diagnostischen/prognostischen Wert hat. Eine Übersicht über die aktuell eingesetzten kommerziellen Kits mit ihren Leitungsdaten findet sich unter http://www.finddx.org/covid-19/pipeline/?section=molecular-assays#diag tab.

Ringversuche:

Zu den korrekt durchgeführten Kontrollen gehört auch die Teilnahme der Test durchführenden Labore an sogenannten „Ringversuchen“ (siehe auch 1.3.1.). Bei diesen wird von einem externen Anbieter ein anonymisiertes Panel an Testproben zur Verfügung gestellt. Diese enthalten im Falle des Virusnachweises negative Proben und Proben mit nahe verwandten Viren (inaktiviert) zur Überprüfung der Spezifität (diese Proben dürfen kein positives Signal ergeben) und Positivproben mit verschiedenen Verdünnungen des gesuchten Virus (inaktiviert), um die Sensitivität (ab welcher Virenanzahl wird die PCR positiv, mit welchem CT-Wert) zu ermitteln.

Im Fall von SARS-CoV-2 erfolgte der erste Ringversuch „Virusgenom-Nachweis – SARS-CoV-2 (340)“ durch den Verein „INSTAND e.V.“ bereit im April 2020. An diesem Ringversuch nahmen laut Bericht 488 Labors teil, von denen 463 Ergebnisse zurückmeldeten. Die Ergebnisse können im publizierten Kommentar (Zeichhardt M: Kommentar zum Extra Ringversuch Gruppe 340 Virusgenom-Nachweis SARS-CoV-21, verfügbar unter: https://corona-ausschuss.de/wp-content/uploads/2020/07/Instand-Ringversuch-Virusgenom-Nachweis-SARS-CoV-2.pdf) nachgelesen werden und zeigen zwei Abweichungen von dem üblichen Ringversuchsprozedere, welche bereits hier auf Laborprobleme mit der RT-qPCR zum Nachweise von SARS-CoV-2 hinwiesen: So heißt es auf Seite 4 der Publikation: „Wichtige Mitteilung zur Auswertung: Nur 4 der 7 Proben, die im diesem Extra-Ringversuch untersucht wurden, werden für die Erlangung eines Zertifikats über die erfolgreiche Teilnahme berücksichtigt“. In der Fußnote auf Seite 10 des Kommentars heißt es: „In der Zwischenauswertung vom 17. April 2020 wurden allen Teilnehmern des Extra INSTAND Ringversuchs (340) Virusgenom-Nachweis von SARS-CoV-2 April 2020 die Probeneigenschaften der Proben 340059, 340060 und 340064 vorzeitig mitgeteilt. Die Ergebnisse dieser 3 Proben bleiben für die Erteilung eines Zertifikats unberücksichtigt [….]“ Der Grund für diesen Ausschluss bestimmter Proben wird auf Seit 4 des Kommentars dargelegt: „Während der Extra-Ringversuch noch lief, erhielt INSTAND e.V. aus dem In- und Ausland dringliche Anfragen, noch vor Ende der verlängerten Abgabefrist, also vor dem 28. April 2020, die Eigenschaften der zu untersuchenden Proben aufzudecken, damit Laboratorien bei etwaigen Fehlmessungen ihre Testmethode kurzfristig verbessern können.“ (Seite 4 oben im Bericht von INSTAND e.V.))

Dieses Vorgehen ist sehr ungewöhnlich für einen echten Ringversuch und stellt damit kein unabhängiges externes Überprüfungsverfahren der beteiligten Labore mehr dar. Trotz der schon aufgedeckten Proben und des reduzierten Testumfanges kam es bei einer Vielzahl von Laboren zu Verwechselungen von Proben – so heißt es auf Seite 18 des Kommentars: „Bei Probe 340064 (SARS-CoV-2 positiv 1 : 100 000 verdünnt) beruht die reduzierte Erfolgsquote von nur 93,2 % im Wesentlichen auf falschen Ergebniszuordnungen (Verwechslungen) bei Probe 340064 und Probe 340065 (negativ für SARS-CoV-2 und positiv für HCoV 229E). Die Verwechslungen bei den Proben 340064 und 340065 betreffen 24 Labore mit insgesamt 59 Ergebnissen je Probe. Siehe dazu auch Abschnitt 2.4.2.1. […]“. Eine Vielzahl von Laboren hat also fälschlich die Probe 340064 (leicht verdünntes SARS-CoV-2) mit der Probe 340065 (negativ für SARS-coV-2 und positiv für das naheverwandtes Virus HCoV 229E) verwechselt.

Abgesehen von der erschreckenden Tatsache, dass offensichtlich selbst unter hoch standardisierten Abläufen in einem Ringversuch eine erhebliche Anzahl von Proben vertauscht wurden (was die Frage nach der entsprechenden Quote an Probenvertauschungen und damit falsch zugeordneten Abstrichproben unter Massentestbedingungen aufwirft), fällt auf, dass alle gemeldeten Verwechslungen nur diese beiden Proben betrafen, nicht jedoch die ebenfalls bewertete Proben mit der Endziffer 61 (sehr hoch verdünntes SARS-CoV-2) und 62 (negativ). Die detaillierten Ergebnisse eines zweiten Ringversuchs aus Juni/Juli 2020 (https://www.instand-ev.de/System/rv-files/Zusammenfassung%20der%20Probeneigenschaften%20und%20Sollwerte%20Virologie

 

%20340%20Juni%20Juli%202020%2020200911a.pdf) sind nach wie vor nicht öffentlich einsehbar.

1.3.4. Ausschluss von Kontaminationen von Reagenzien und „Problemen im Handlungsablauf“

Das beste PCR-Design kann dennoch zu falsch positiven Ergebnissen führen, wenn entweder die zugrundeliegenden Reagenzien / Kits mit positiven Proben kontaminiert sind, oder, sehr viel wahrscheinlicher, Kontaminationen im Laborablauf entstehen. Da die PCR eine extrem empfindliche Methode ist (exponentieller Reaktionsverlauf), die wenige Moleküle einer DNA nachweisen kann, ist in der klinischen Diagnostik die Laborkontamination durch PCR Endprodukte ein Hauptproblem (beschrieben z.B. bereits 2004 in Aslanuadeh J et al., http://www.annclinlabsci.org/content/34/4/389.full.pdf+html: „A typical PCR generates as many as 109 copies of target sequence and if aerosolized, even the smallest aerosol will contain as many as 106 amplification products [6]. If uncontrolled, within a relatively short time the buildup of aerosolized amplification products will contaminate laboratory reagents, equipment, and ventilation systems [6].) Diese extreme Kontaminationsgefahr setzt voraus, dass in den diagnostischen Laboren, welche mit der PCR arbeiten, höchste Sorgfalt bei der Testung waltet – sehr fachkundiges Personal, kontaminationssichere Umgebung, permanente unabhängige Kontrolle.

Bereits im oben schon erwähnten Ringversuch 340 im April tauchte ein Problem mit falsch positiven Ergebnissen auf, welches wie folgt kommentiert wurde (Seite 20 unten): „Zusätzlich weisen in einigen Fällen die Untersuchungen mit den SARS-CoV-2-negativen Kontrollproben 340060, 340062 und 340065 auf Spezifitätsprobleme hin, die unabhängig von Vertauschungen der Proben 340064 und 340065 sind. Es ist abzuklären, ob diese falsch positiven Ergebnisse auf ein Spezifitätsproblem der angewendeten Teste oder auf eine Verschleppung von SARS-CoV-2 bei der Testdurchführung bzw. auf Verwechselungen mit anderen Proben in diesem Ringversuch in den betreffenden Laboren zurückzuführen sind.“ (Seite 21 unten in https://www.instand-ev.de/System/rv-files/340%20DE%20SARS-CoV-2%20Genom%20April%202020%2020200502j.pdf). Zur Verwechslung in diesem Ringversuch siehe Details Punkt 3.3. Absatzende.

Wenn man vor diesem Hintergrund ferner sieht, wie z.B. nach einem BBC-Bericht in großen
Testlaboren in England offen und extrem kontaminationsanfällig mit ungeschultem Personal
gearbeitet wird (https://www.youtube.com/watch?v=Uk1VK1reNtE), verwundert es nicht,
wenn sich auch in Deutschland (wo es solche Beiträge bisher nicht gefilmt gibt) gelegentlich
Meldungen über „falsch positive Fälle“ durch Laborkontaminationen in den Medien finden
(Z.B. MVZ Augsburg – Link am Ende des Abschnitts). Selbst unter kontrollierten
Laborbedingungen sind Kontaminationen durch die Arbeitsschritte der PCR bei so einer
hochempfindlichen Methode nicht sicher auszuschließen. So wurde auf die Problematik von
falsch positiven PCR-Ergebnissen in der SARS-CoV-2 Diagnostik aufgrund von
Laborabläufen und bereits in der ersten Publikation der RT-qPCR (Corman et al., DOI:
10.2807/1560-7917.ES.2020.25.3.2000045 ) hingewiesen: „In four individual test reactions,
weak initial reactivity was seen but they were negative upon retesting with the same assay“
[…. ] „…. most problably to handling issues….“

Selbst wenn der Handlungsablauf im Labor optimal und extrem überwacht funktioniert, um
laborbedingte Kontaminationen stark zu minimieren, kann hier eine unerwartete Quelle für
falsch positive Ergebnisse in der Kontamination der eingesetzten Materialen/Chemikalien
ab Hersteller entstehen. So können bereits die zur Probenentnahme verwendeten Abstrich-
Materialien ab Werk kontaminiert sein – wie z.B. beim Falle des „Phantoms von Heilbronn“, in
welchem die Wattestäbchen zur Abnahme der DNA-Spuren an den Tatorten mit der DNA
einer Verpackungskraft des Herstellerwerkes verunreinigt waren und so jahrelang die
Forensik                        mit                       falschen                        Spuren behinderte

(https://www.faz.net/aktuell/gesellschaft/kriminalitaet/dna-ermittlungspanne-das-phantom-von-heilbronn-ist-widerlegt-1925411.html).

Auch im Falle der SARS-CoV-2 Diagnostik wurde bereits im Juni 2020 ein Kontaminationsproblem aufgrund ab Werk mit Positivkontrollen versetzter PCR Primer publiziert (Wernike et al., DOI: 10.1111/tbed.13684 ). Hier war aufgefallen, dass selbst reine Wasserproben mit mehreren unabhängigen Primerchargen einen eindeutig positiven SARS-CoV-2 Nachweis in der RT-qPCR ergaben: „However, there were also primers/probe sets that displayed very low-level contaminations, which were detected only during thorough internal validation.“

Auch einige in der Tagespresse im Sommer 2020 berichteten falsch-positiven Ergebnisse der  SARS-CoV-2   RT-qPCR  Testung  wurden   Materialproblemen  zugeordnet (z.B. https://www.br.de/nachrichten/bayern/probleme-in-augsburger-labor-bringen-falsche-testergebnisse,SEh5Qq4)

Bewertung:

Selbst bei idealem RT-qPCR-Design und guter Laborpraxis mit adäquater Validierung können Probleme im täglichen Handlungsablauf sowie von außen über bereits ab Werk kontaminierten Proben die Ergebnisqualität der RT-qPCR wesentlich beeinflussen und zu falsch positiven Ergebnissen führen.

1.3.5. Kommerzielle PCR Testkits: Zulassung für Diagnostik?

Bereits sehr früh wurden kommerzielle PCR-Testsysteme, die „PCR-Kits“ in den Routinelabors zur Diagnostik eingesetzt, obwohl ein Großteil davon nur für „RUO“ (research use only“) deklariert war.

Besonders herauszustellen ist hierbei der erste und daher prägnanteste Testhersteller, die Berliner Fa. TIB Molbiol, deren Firmeninhaber (Olfert Landt) bereits auf dem WHO-Protokollempfehlungen neben Christian Drosten als Autor aufgeführt war. Die Kits, welche entsprechend auf den WHO-Empfehlungen beruhen, werden über die Fa. Roche auf deren Großautomaten „Cobas“ eingesetzt und dürften daher den Großteil der zur Routinediagnostik eingesetzten Kits in Deutschland ausmachen.

Genaue Zahlen sind nicht eruierbar, jedoch hat TIB Molbiol davon im Jahr 2020 nach eigenen Angaben bereits weltweit über 60 Millionen Tests ausgeliefert (https://www.tib-molbiol.de/de/covid-19), obwohl diese nach wie vor als „Not tested for use in diagnostic procedures“ (z.B. Kopfzeile in https://www.roche-as.es/lm pdf/MDx 53-0777 96 Wuhan-R-gene V200204 09155376001%20%282%29.pdf) deklariert sind. Die entsprechenden Beipackzettel mit den Protokollangaben und Kitbeschreibungen der Firma TIB Molbiol wurden erstaunlicherweise nach Metaangaben der ursprünglich verfügbaren PDFs (können elektronisch zur Verfügung gestellt werden) bereits am 15.01.2020 (!!!) komplett mit ROCHE SAP-Nummer erstellt sind nach wie vor unverändert verfügbar (wenn auch mit Metadatenanalyse 06.02.2020) parallel zu anderen Testkits, welche inzwischen eine Zulassung für in vitro Diagnostik haben.

1.4. Zusammenhang positiver Nukleinsäure-Nachweis in der RT-qPCR und Infektiosität

Nur tatsächlich Infizierte können das Virus weitergeben und bergen das Risiko einer Erkrankung und sind damit für die Bestimmung des Verlaufs einer Infektionsrate und Erkrankungswelle heranzuziehen

„Der PCR-Nachweis ist die Standarduntersuchung zur Diagnose von Virusinfektionen wie SARS-CoV-2. Der Test weist einzelne Erregergene, jedoch keine intakten Erreger nach.“ Und: „Es besteht die Möglichkeit, dass der Test über die Dauer der Infektion hinaus

155

positiv ausfällt, weil noch „Virustrümmer“ in Nase oder Rachen vorhanden sind. Ein sicherer
Nachweis der Infektiosität ist nur mit aufwendigen Tests möglich, bei denen im Labor
untersucht wird, ob das Material aus den Abstrichen lebende Zellen abtöten kann.“
Dies              schrieb               das              Dt.              Ärzteblatt               am 01.02.2021

(https://www.aerzteblatt.de/nachrichten/120745).

„Der PCR-Test detektiert Genabschnitte von SARS-CoV-2; er sagt nichts darüber aus, ob es sich um infektionsfähige Viren oder um Virusreste nach durchgemachter Infektion handelt. Hierzu wäre eine Erregeranzucht erforderlich.“ War in einer Veröffentlichung des Leiters des Frankfurter Gesundheitsamtes aus dem August 2020 zu lesen

(https://www.laekh.de/fileadmin/user upload/Heftarchiv/Einzelartikel/2020/10 2020/Die Covi d-19-Pandemie in Frankfurt am Main.pdf).

In einer CDC-Veröffentlichung vom 13.07.20 unter der Überschrift „CDC 2019-Novel Coronavirus (2019-nCoV) Real-Time RT-PCR Diagnostic Panel For Emergency Use Only Instructions for Use“, (https://www.fda.gov/media/134922/download) findet sich auf S. 38 unter der (noch auf S. 37 zu findenden) Überschrift „Limitations“ :

„• Detection of viral RNA may not indicate the presence of infectious virus or that 2019-nCoV is the causative agent for clinical Symptoms.“

Die Übersetzung lautet: „Der Nachweis von viraler RNA weist möglicherweise nicht auf das Vorhandensein eines infektiösen Virus hin oder darauf, dass 2019-nCoV der ursächliche Erreger für klinische Symptome ist.“

Dass ein reiner mRNA-Nachweis von SARS-CoV-2 nicht zwingend mit einer Erkrankung korrelieren muss und nicht als alleiniges Kriterium für die Beurteilung der Erkrankung herangezogen werden darf, sondern nur ein Hilfsmittel zur Bestätigung einer klinischen Diagnose darstellt, wird auch eindeutig in der WHO Information „Notice for IVD Users 2020/05, Nucleic acid testing (NA T) technologies that use polymerase chain reaction (PCR) for detection of SARS-CoV-2″ vom 13.01.2021 (veröffentlicht am 20.01.2021 unter https://www.who.int/news/item/20-01-2021-who-information-notice-for-ivd-users-2020-05) beschrieben: „Wenn die Testergebnisse nicht mit dem klinischen Bild übereinstimmen, sollte eine neue Probe entnommen und mit der gleichen oder einer anderen NAT-Technologie erneut getestet werden.“ – im Original: „Where test results do not correspond with the clinical presentation, a new specimen should be taken and retested using the same or different NA T technology.“

Ferner: „Die meisten PCR-Assays sind als Hilfsmittel für die Diagnose indiziert, daher müssen Gesundheitsdienstleister jedes Ergebnis in Kombination mit dem Zeitpunkt der Probenentnahme, dem Probentyp, den Assay-Spezifika, klinischen Beobachtungen, der Patientenanamnese, dem bestätigten Status aller Kontakte und epidemiologischen Informationen berücksichtigen.“ Im Original: „Most PCR assays are indicated as an aid for diagnosis, therefore, health care providers must consider any result in combination with timing of sampling, specimen type, assay specifics, clinical observations, patient history, confirmed status of any contacts, and epidemiological information“

Auch             in        einer        aktuellen                                    Publikation              in Lancet

(https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(21)00425-6/fulltext#%20) bezeichnen die Autoren den RT-qPCR Test wie folgt: „Unserer Ansicht nach ist der aktuelle PCR-Test daher nicht der geeignete Goldstandard für die Bewertung eines SARS-CoV-2-Tests für die öffentliche Gesundheit“ Im Original: „In our view, current PCR testing is therefore not the appropriate gold standard for evaluating a SARS-CoV-2 public health test‘, da ihrer Meinung nach die PCR auch dann noch positiv anschlägt, wenn die Getesteten schon nicht mehr positiv sind, da die RNA über Wochen und Monate auch nach erfolgreicher Bekämpfung durch das Immunsystem weiter im Körper persistieren kann, ohne dass die Person noch ansteckend ist. „Sobald die Replikation von SARS-CoV-2 durch das

Immunsystem unter Kontrolle gebracht wurde, sinken die mittels PCR in den Atemwegssekreten nachweisbaren RNA-Konzentrationen auf sehr niedrige Werte, bei denen es sehr viel unwahrscheinlicher ist, dass die Betroffenen andere infizieren. Die verbleibenden RNA-Kopien können Wochen, gelegentlich auch Monate, benötigen, bis sie verschwunden sind, während dieser Zeit bleibt die PCR positiv“ im Original: „Once SARS-CoV-2 replication has been controlled by the immune system, RNA levels detectable by PCR on respiratory secretions fall to very low levels when individuals are much less likely to infect others. The remaining RNA copies can take weeks, or occasionally months, to clear, during which time PCR remains positive“

1.5. Fazit: Aussagekraft der RT-qPCR Tests zur Erkennbarkeit einer Infektion mit dem Coronavirus SARS-CoV-2

  1. Vor dem Hintergrund der im Punkt 1.3 dargelegten Probleme ist die RT-qPCR kein geeignetes zuverlässiges (und zugelassenes) Diagnostikmittel zum Nachweis von infektiösen (replikationsfähigen) SARS-CoV-2 Viren.
  2. Ferner ist das reine RT-qPCR Testergebnis nur ein Laborwert, der angesichts des unter dem Punkt 1.4. dargelegten Aspekts keine Aussage über das Vorhandensein infektiöser Viren erlaubt und nur in Zusammenschau mit einer klinischen Symptomdiagnose (erhoben durch Gesundheitsdienstleister, in Deutschland Mediziner) überhaupt eingesetzt werden darf.

Zusammenfassung: Zur Testung asymptomatischer Menschen anhand eines Nasen­Rachenabstrichs, wie er massenweise unkritisch und überwiegend von nicht-medizinischen Personal OHNE (hierbei entscheidend: entgegen der WHO-Forderung!) Anamnese- und Symptomerhebung bei den Getesteten erfolgt, ist die eingesetzte RT-qPCR nicht tauglich, eine Infektion mit SARS-CoV-2 zu erkennen.

  1. Der Antigennachweis mittels Schnelltest

2.1.    Begriffserklärung/Grundlagen zum Schnelltest

Die aktuell zur Diagnostik von SARS-CoV-2 eingesetzten „Schnelltests“ beruhen auf dem Prinzip eines Antigentests nach dem „lateral flow“ Testverfahren. Hiermit wird ein Eiweißbestandteil (Protein) des Virus nachgewiesen.

Als Antigen bezeichnet man eine dreidimensionale Struktur von Eiweißen und anderen organischen Materialien, welche von Antikörpern (Immunglobulinen) erkannt und gebunden werden kann.

Im Falle von Virusantigenen handelt es sich üblicherweise um einzelne Eiweißbestandteile (Proteine) aus der Virusstruktur. Dies können entweder komplette Strukturproteine wie das auf der Oberfläche befindliche „Spike“ Protein (S-Protein, das sind die „gestielten Knöpfchen“ in den Virus-Zeichnungen) oder das Hüllprotein („envelope“ – E-Protein) oder jenes Protein sein, aus dem die Kernhülle aufgebaut ist (Nucleocapsid = N-Protein). Auch Bruchstücke dieser kompletten Strukturproteine reichen häufig aus, um von Antikörpern gebunden zu werden. Dies sind die sogenannten Epitope, welche auch am intakten Strukturprotein die eigentliche Antikörperbindestelle darstellen. Jedes Strukturprotein hat üblicherweise eine Vielzahl von Epitopen, so dass unterschiedliche Antikörper gleichzeitig an unterschiedliche Epitope des gleichen Proteins binden können.

Bei SARS-CoV-2 sind die wichtigsten Antigene (die oben genannten, S-, E- und N-Proteine) diejenigen, welche bei einer Infektion mit dem Virus im Körper eine Immunreaktion auslösen. In Folge dessen bildet der Körper Antikörper, welche diese Antigene spezifisch erkennen, dann daran binden (Antigen-Antikörper-Reaktion) um die Viren zu neutralisieren und für Immunzellen zerstörbar machen.

Diese Antigen-Antikörper-Reaktion kann man im Labor nutzen, um mit synthetisch hergestellten Antikörpern nach den Antigenen in einer beliebigen Probe zu suchen. Das Grundprinzip der sogenannten Antigentests im Labor (diese zielen auf den Nachweis der Antigene durch Antikörper ab, anders als bei der RTPCR, welche Nukleinsäuren nachweist) besteht darin, dass man zwei passende Antikörper in vitro herstellt, welche zwei verschiedene Epitope des gesuchten Antigens erkennen, ein sogenanntes „Antikörperpaar“. Beide Antikörper müssen so ausgesucht sein, dass sie ausschließlich das jeweils gewünschte Epitop auf dem gesuchten Antigen, nicht aber andere Strukturen auf ähnlichen Antigenen erkennen und binden können. Sie müssen also hochspezifisch sein, um in der Diagnostik eingesetzt zu werden. Diese hohe Spezifität der diagnostischen Antikörper wird in der Testentwicklung durch Abgleiche mit vielen sehr ähnlichen Epitopen sichergestellt. Hierbei werden alle Antikörper, die ungewünschte Epitope binden, verworfen, bis nur ein jeweils ideales Antikörperpaar übrigbleibt, welches die Anforderungen: sehr hohe Spezifität, hohe Bindeeigenschaft (Sensitivität) und keine gegenseitige Beeinflussung aufweist.

Auf diesem Antikörperpaar wird dann der Antigentest aufgebaut, in dem das gesuchte Antigen durch beide Antikörper gleichzeitig gebunden wird und sich zwischen diesen wie der Bratling innerhalb der Sandwich-Brötchen (daher „Sandwich-Test“) befindet. Für die lateral flow Antigen-Schnelltests, welche aktuell in der Breitbandtestung der Bevölkerung zum Nachweis von SARS-CoV-2 Antigenen eingesetzt werden, wird nun dieses Sandwich-Testsystem verwendet.

Der erste der beiden spezifischen Antikörper wird hierbei auf ein Trägermaterial so gebunden, dass seine Antigenbindestelle frei nach oben zeigt. Dies ist die spätere Region im Schnelltest, an der ein Farbumschlag das Signal „positiv“ ergibt. Der zweite Antikörper wird mit einem Nachweissystem gekoppelt, welches später für die Farbreaktion verantwortlich ist, und befindet sich direkt als Depot neben der Stelle im Schnelltest, an der die Probe aufgetropft wird.

Testablauf: Befindet sich nun in der Abstrichprobe das gesuchte Antigen, hier das gesuchte Protein von SARS-CoV-2, verbindet es sich nach dem Auftropfen in das Testfeld der Nachweiskassette mit dem ersten spezifischen Antikörper aus dem Depot. Über Kapillarkräfte wandert nun das Gemisch aus Antigen mit gebundenem ersten Antikörper sowie überschüssige ungebundene Antikörper aus dem Depot in Richtung auf das Testfeld zu. Hier bindet dann der dort fixierte zweite spezifische Antikörper das Antigen mit dem daran bereits gebunden ersten Antikörper. Die Lösung wandert über das Testfeld hinaus über ein weiteres Feld, in dem die überzähligen Antikörper abgefangen werden (Kontrollfeld). Das Nachweissystem des Tests beginnt überall dort, wo die ersten Antikörper gebunden sind, mit einer chemischen Farbreaktion sichtbar zu werden. Im Kontrollfeld bewirkten dies die überzähligen überschüssigen und hier nun gebundenen ersten Antikörper, welche das Nachweissystem „mitgebracht“ haben, und zeigen so an, dass der Test im Prinzip störungsfrei funktioniert hat.

Im Testfeld gibt es nur dann einen Farbumschlag, wenn tatsächlich ein Antigen in der Probe war und über den dort fixierten zweiten Antikörper gebunden wurde. Da das

Antigen bereits mit dem ersten Antikörper und dem Nachweissystem am Testfeld angekommen ist, beginnt hier ebenfalls die chemische Farbreaktion, welche zum Farbumschlag (meist violetter Streifen) an der Testregion führt.

Immer dann, wenn folglich in der Abstrichprobe das gesuchte Antigen vorhanden war, kann dieses den ersten Antikörper binden und samt Nachweissystem bis zum fixierten zweiten Antikörper transportieren, der dann diesen Antigen-Antikörper-Nachweissystem-Komplex abfängt und so das positive Signal an dieser Stelle bewirkt.

Der Farbumschlag am Testfeld (Signal „positiv“), der die sichtbaren Streifen im Schnelltest bewirkt, ist eine chemische Reaktion und daher von den Reaktionsbedingungen wie z.B.

pH-Wert oder Chemikalien, die mit der Probe kommen, beeinflussbar und eine deutliche Schwachstelle in der Zuverlässigkeit des Tests.

So lassen sich die vielen Videos erklären, welche im Internet kursieren und die SARS-CoV-2 mithilfe der Antigenschnelltests in Apfelsaft, Rotwein, Bier usw. nachweisen.

2.2.    Grundsätzliches zur diagnostischen Aussagekraft des Antigen-Schnelltests

Wie die RT-PCR können auch Antigenschnelltests prinzipiell nicht nachweisen, ob das

gefundene Virusantigen zu einem intakten, infektiösen Virus gehört oder ein

Überbleibsel (Bruchstück) von Viren ist, welche durch das Immunsystem abgetötet

wurden.

Unabhängig von dieser generellen Einschränkung der Aussagekraft hinsichtlich einer Infektiosität haben Schnelltests nur einen Hinweischarakter, keine sichere diagnostische Aussagekraft.

Der vor Corona-Zeiten bekannteste Schnelltest war der Schwangerschafts-Schnelltest, der nach dem gleichen Prinzip des Antikörper-Antigen Tests funktioniert. Allerdings fungiert hier das Schwangerschaftshormon (HCG) als Antigen. Ist dieses in ausreichender Menge im getesteten Urin vorhanden, zeigt der Test „positiv“ – in diesem Fall vermutlich schwanger -an. Als fundierter Nachweis einer Schwangerschaft wird der Schnelltest alleine jedoch nie ausreichen, hier wird vom Arzt zur Diagnose ein HCG-Nachweis im Blut sowie ein Ultraschall angewendet werden.

Auch die Antigen-Schnelltests für den Nachweis von SARS-CoV-2 Bestandteilen können nur einen Hinweis auf eine mögliche Besiedelung oder Infektiosität geben und unterliegen ähnlichen Begrenzungen wie die RT-qPCR.

2.3.    Einflussfaktoren auf die Zuverlässigkeit der Antigen-Schnelltests 2.3.1. Vortestwahrscheinlichkeit

In einer Infographik erläutert das RKI unter der Überschrift „Corona-Schnelltest-Ergebnisse verstehen“

(https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges Coronavirus/Infografik Antigentest PDF. pdf? blob=publicationFile) anschaulich, wie die Wahrscheinlichkeit, dass ein Testergebnis stimmt, von der sogenannte Vortestwahrscheinlichkeit abhängt, d.h. von der wirklichen Anzahl echt infizierter Personen in der getesteten Population. Dieser Aspekt der Vortestwahrscheinlichkeit gilt sowohl für die Antigen-Schnelltests als auch gleichermaßen für die RT-qPCR-Tests.

Das vom RKI vorgestellte Rechenbeispiel für die Interpretation der Antigen-Schnelltests setzt ein realistisches Szenario ausgehend von einer Sensitivität (Empfindlichkeit) der Antigentests von 80% und einer Spezifität (Zuverlässigkeit) von 98% voraus, wobei auch hier (https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges Coronavirus/Vorl Testung nCoV.html) ausdrücklich erwähnt wird: „Zu beachten sind hierbei die erheblichen Leistungsunterschiede der unterschiedlichen kommerziell erhältlichen Tests (Verweis auf: https://www.medrxiv.org/content/10.1101/2020.10.01.20203836v1).

Sind angenommen 5 Personen von 10.000 Getesteten wirklich mit SARS-CoV-2 infiziert, zeigen sich dennoch 200 falsch positive Tests und 4 richtig positive Tests. Das bedeutet, dass 1 echt infizierter je 10.000 Personen übersehen würde, aber 200 ein falsch positives Ergebnis bekommen und daher in Quarantäne/Isolation müssen, bis die Überprüfung mit einer RT-qPCR dann „Entwarnung“ gibt. Dies würde im Falle einer Schultestung mit z.B. 1000 Schülern bedeuten, dass 20 ein falsches „Du bist Corona-Positiv“ mitgeteilt bekommen, und die Schule erst einmal als „Ausbruchsort“ gesperrt würde, bis dann die Nachtestung mittels RT-qPCR Entwarnung gibt. Solche Fälle sind bereits in der Presse berichtet worden.

Und auch wenn die Rate der echt infizierten in der getesteten Personengruppe sehr hoch wäre, wie im zweiten Rechenbeispiel vom RKI (mit 1000 von 10000 getesteten Personen), wäre die Trefferquote der Schnelltests schlecht und es würden hier 180 Personen einen falsch positiven Bescheid bekommen und auch 200 einen falsch negativen Test. Hier wirkt sich vor allem dann die schlechte Sensitivität des Tests aus.

In den „Hinweisen zur Bewertung der Ergebnisse aus AG-Testen“ (Anmerkung: Antigen-Schnelltests) auf der Seite des RKI wird die Problematik der falsch positiven Antigentests thematisiert: „Ein positives Testergebnis mittels AG-Test löst den Verdacht auf eine übertragungsrelevante Infektion mit dem SARS-CoV-2 aus und bedarf zur Vermeidung falsch-positiver Befunde einer Nachtestung mittels PCR. In Anbetracht der potenziell erheblichen Konsequenzen inkorrekter Ergebnisse bestehen nicht nur an die Sensitivität von Antigentesten hohe Anforderungen, sondern auch an die Spezifität. So wäre bei niedriger Prävalenz/Vortestwahrscheinlichkeit und geringer Testspezifität mit einer hohen Zahl falsch-positiver Ergebnisse und einer entsprechenden zusätzlichen Belastung des ÖGD durch Auferlegung und ggf. Rücknahme von Maßnahmen zu rechnen.“

„https://www.rki.de/DE/Content/InfAZ/N/Neuartiges Coronavirus/Vorl Testung nCoV.html 2.3.2. Empfindlichkeit (Sensitivität)

Dadurch, dass im Antigentest keine so starke (exponentielle) Verstärkung des Ausgangssignals wie in der RT-qPCR stattfindet, sondern nur eine begrenzte Signalverstärkung durch die chemische Farbreaktion, ist diese Testart deutlich weniger empfindlich als der zum Vergleich herangezogene RNA-Nachweis mittels RT-qPCR.

Diese „Underperformance“ der Antigen-Schnelltests ist Thema in einem Lancet Artikel (https://www.thelancet.com/journals/lancet/article/PIIS0140-6736(21)00425-6/fulltext#%20), hier wird allerdings das negative Testergebnis im Antigenschnelltest (hier LTF, lateral flow test genannt) relativiert auf: „[…] in allen sechs beobachteten Fällen waren die Viruslasten sehr niedrig (Ct >29, was etwa <1000 RNA-Kopien pro mL in dem verwendeten Labor widerspiegelt) – wenn der LFT negativ sein sollte.“ Im Original: „ „[….] in all six observed cases, viral loads were very low (Ct >29 reflecting around <1000 RNA copies per mL in the laboratory used)—when LFT should be negative.“

Eine brandneue Studie aus Norwegen (https://pubmed.ncbi.nlm.nih.gov/33736946/) bestätigt diesen Befund, dass bei asymptomatischen die Schnelltests eine unbefriedigend hohe Ungenauigkeit aufweisen und dass nur bei symptomatischen Personen halbwegs genau die tatsächlich infizierten Personen entdeckt werden. Die Autoren folgern: „Unsere Ergebnisse zeigen, dass der Test die meisten infektiösen Personen korrekt identifiziert. Dennoch ist die Sensitivität deutlich geringer als bei der PCR“, im Original: „Our results indicate that the test correctly identified most infectious individuals. Nevertheless, the sensitivity is considerably lower than for PCR“

Diese vermeintlich mangelnde Empfindlichkeit ist der häufigste Kritikpunkt, wenn über die Unzuverlässigkeit der Antigen-Schnelltests berichtet wird. So schreibt die Pharmazeutische Zeitung (https://www.pharmazeutische-zeitung.de/in-der-praxis-deutlich-unzuverlaessiger-als-auf-dem-papier-123017/ ): „Antigen-Schnelltests könnten zumeist «hochinfektiöse Menschen mit hohen Viruslasten» erkennen, erläutert Keppler. «Es ist jedoch nicht so, dass eine Infektion durch das negative Ergebnis eines Schnelltests zuverlässig ausgeschlossen werden könnte.“ Hier wird als Basis jedoch der Antigen-Schnelltest mit der RT-qPCR verglichen und bemängelt, dass nur ein Teil der RT-qPCR positiven Abstrichproben auch im Antigen-Schnelltest positiv werden.

So wird im Epidemiologischen Bulletin 3/2021 vom RKI über eine Studie mit Schnelltests in einer Stuttgarter Klinik berichtet (Ab Seite 11 in: https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/EpidBull/Archiv/2021/Ausgaben/03 21.pdf;jsessionid=1 5E8B09E615AECED77C34439BB8052AF.internet051? blob=publicationFile). Hier zeigt Tabelle 1, dass von 18 RT-qPCR positiv auf SARS-CoV-2 RNA getesteten asymptomatischen Personen nur 7 auch ein positives Signal im Antigen-Schnelltest aufwiesen und von symptomatischen Personen 36 von 42. In der Diskussion heißt es entsprechend: „Aufgrund der sehr eingeschränkten Sensitivität des Antigen-Tests bei asymptomatischen Personen, kann die Einzeltestung in diesem Kollektiv eine Infektion mit SARS-CoV-2 nicht hinreichend ausschließen. Hochkontagiöse Personen mit niedrigen Ct-Werten (d. h. hoher Viruslast) werden mit ausreichender Sicherheit erkannt.“ Hierbei zeigen die Daten, „Ab einem Ct-Wert von 22 oder kleiner lag die Detektionsrate des Antigen-Tests bei 100 %.“

Dieses Beispiel zeigt sehr deutlich, dass ein zuverlässiger Antigentest bei korrekter Durchführung für symptomatische Personen mit schnellem Ansprechen in der RT-qPCR (niedriger CT-Wert) sehr gut korreliert, bei asymptomatischen, und bei nur mit hohem CT-Wert RT-qPCR positiven, Personen jedoch nicht. Diese spricht für die reelle Aussagekraft der Antigen-Schnelltests hinsichtlich der Erkennung einer hohen Viruslast bei symptomatischen Personen. Für die Testung asymptomatischer Personen ist der Test jedoch nach diesen Daten ungeeignet, sowohl um möglicherweise doch infizierte Personen sicher zu identifizieren, als auch um Gesunde sicher als negativ auszuweisen.

Ein solcher Befund wurde auch in der aktuellen Frankfurter Studie (https://www.mdpi.com/2077-0383/10/2/328) erzielt, hier wurden drei Antigen-Schnelltests (dort AG-RDT, Antigen-Rapid diagnostic Test) mit einer Virusanzucht aus denselben Proben in Zellkultur abgeglichen und zur RT-qPCR korreliert. Hierzu schreiben die Autoren im Abstract: „In contrast, three Ag-RDTs demonstrated a more significant correlation with cell culture infectivity (61.8-82.4%).“ Was bedeutet, dass aus denjenigen Proben, welche im Antigentest positiv waren, mit deutlich höherer Trefferquote auch in der Virusanzucht ein positives Ergebnis gesehen wurde als bei den deutlich empfindlicheren RT-qPCR „Postiven“.

Auch eine aktuell publizierte Studie des CDC weist auf die hohe Übereinstimmung des Antigentests mit tatsächlich vermehrungsfähigem Virus in einer Probe bei symptomatischen Patienten hin (https://www.ncbi.nlm.nih.gov/pmc/articles/PMC7821766/). Hier wurde ein kommerzieller Antigen-Schnelltest mit einer Virusanzucht in Zellkultur und einer RT-qPCR abgeglichen. Es zeigt eine hohe Trefferrate (positives Ergebnis) des Antigentests nur dann, wenn die Proben auch vermehrungsfähiges Virus enthielten. Hier konnte aus 85 der insgesamt 147 Proben (=58%), welche im Antigen-Schnelltest und der RT-PCR (hier mit einem CT von ca. 22) positiv waren, Viren angezüchtet werden, aber nur aus 11 der 124 Proben (= 9%), welche RT-qPCR positiv (hier mit einem CT von 33-34), aber Antigen-Schnelltest negativ waren.

Allgemein festzuhalten ist aus diesen publizierten Daten:

–   Proben, aus denen sich in Zellkultur Viren anzüchten lassen, die also eine hohe (infektiöse) Viruslast aufweisen, werden mit guter Treffergenauigkeit durch die

Antigen-Schnelltests und durch eine RT-PCR mit niedrigem CT (unter 25) identifiziert, stammen aber in großer Mehrheit von symptomatischen Personen.

– Proben, aus denen sich in Zellkultur keine Viren anzüchten lassen, sind in evaluierten und fachlich korrekt angewendeten Antigen Schnelltests meist negativ (abgesehen von den falsch positiven – siehe 2.3.3) und weisen in der RT-qPCR hohe CT-Werte (meist über 33) auf. Diese Proben stammen überwiegend von asymptomatischen getesteten Personen und beweisen, dass diese zufälligen „Positiven“ ohne klinische Symptome keine infektiöse Viruslast haben.

2.3.3. Zuverlässigkeit (Spezifität) – Ausschluss von falsch positiven Ergebnissen

Viele der verwendeten Antigen-Schnelltests haben bisher kein reguläres Konformitäts-bewertungsverfahren zur CE-Kennzeichnung durchlaufen und haben vom BfArM bisher nur eine Sonderzulassung nach § 11 Medizinproduktgesetz erteilt bekommen (https://www.bfarm.de/DE/Medizinprodukte/Antigentests/ node.html). In der Breite werden diese Tests darüber hinaus von ungeschultem, nichtmedizinischem Personal oder sogar als „Selbsttests“ durchgeführt.

Zu dieser Problematik der Durchführung von Antigen-Schnelltests fordert Professor Dr. Oliver Keppler, Chef der Virologie am Max-Pettenkofer-Institut der Münchener Ludwig-Maximilians-Universität, im Artikel in der Pharmazeutischen Zeitung vom 13.01.2021 (DOI: 10.1007/s00430-020-00698-8): „[….] diese Tests müssten auch unbedingt korrekt durchgeführt werden. «Das sollte in Händen geschulten Fachpersonals sein», sagt er. «Nun gibt es die Idee, große Zahlen von Arbeitssuchenden zu rekrutieren, um solche Tests in Alten- und Pflegeheimen durchzuführen. Wenn ungeschultes Personal zum Einsatz kommt, habe ich Sorge, dass die Zuverlässigkeit der Testergebnisse noch weiter leiden wird“

Ein aktueller Cochran Übersichtsartikel (https://www.cochrane.de/de/news/aktualisierter-cochrane-review-bewertet-zuverl%C3%A4ssigkeit-von-schnelltests-zum-nachweis-von-covid) kommt ebenfalls zu dem Ergebnis, dass die Antigen-Schnelltests bei symptomatischen Personen deutlich zuverlässiger sind als bei symptomlosen Getesteten. Aber selbst bei symptomatischen Personen ist die Zuverlässigkeit der besten der in dieser Studie bewerteten Schnelltests deutlich eingeschränkt, so dass die Autoren folgende Szenarien beschreiben:

  1. „In einer Population von 1000 Personen mit Symptomen, von denen 50 Personen tatsächlich COVID-19 haben, kann man mit diesen Schnelltests erwarten, dass etwa 40 Personen korrekt als COVID-19-Infizierte identifiziert werden und zwischen 6 und 12 Fälle von COVID-19 übersehen werden. Zwischen 5 und 9 der positiven Testergebnisse würden sich bei einer Überprüfung als falsch positiv herausstellen.“
  2. „In einer Gruppe von 000 Personen ohne Symptome, in der 50 Personen wirklich mit SARS-CoV-2 infiziert sind, würden zwischen 24 und 35 Personen korrekt als Virus-Träger identifiziert werden, zwischen 15 und 26 Fälle würden übersehen werden. Man müsste damit rechnen, dass die Tests zwischen 125 und 213 positive Ergebnisse liefern würden und dass zwischen 90 und 189 dieser positiven Ergebnisse tatsächlich falsch positiv wären.

Zu den Folgen falsch positiver Ergebnisse aufgrund mangelnder Testspezifität siehe unter 2.3.1. „Vortestwahrscheinlichkeit“

2.5. Fazit:

Die zum Massentest eingesetzten Antigen-Schnelltests können keinerlei Aussage über eine Infektiosität leisten, da hiermit nur Protein-Bestandteile ohne Zusammenhang mit einem intakten, vermehrungsfähigen Virus nachgewiesen werden können.

  1. Um eine Abschätzung der Infektiosität der getesteten Personen zu erlauben, müsste der jeweilig durchgeführte positive Test (ähnlich wie der RT-qPCR) individuell mit einer Anzüchtbarkeit von Viren aus der Testprobe abgeglichen werden, was unter den extrem variablen und nicht überprüfbaren Testbedingungen unmöglich ist.
  2. Die geringe Spezifität der Tests bedingt eine hohe Rate an falsch positiven Ergebnissen, welche unnötige personelle (Quarantäne) und gesellschaftliche (z.B. Schulen geschlossen, „Ausbruchsmeldungen“) Folgen nach sich ziehen, bis sie sich als Fehlalarm entpuppen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf das schriftsätzliche Vorbringen der Beteiligten verwiesen.

B: Entscheidungsgründe

  1. Zulässigkeit der Anregung an das Familiengericht

Die Anregung an das Familiengericht, eine Kindeswohlgefährdung zu prüfen, ist zulässig. Insbesondere ist der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten eröffnet und die Familiengerichte sind sachlich zuständig.

Vor die ordentlichen Gerichte gehören nach § 13 GVG u.a. die Familiensachen. Die sachliche Zuständigkeit ergibt sich ausschließlich aus § 23a Absatz 1 Nr. 1 GVG. Danach sind die Amtsgerichte zuständig für Familiensachen. § 23b GVG betrifft lediglich die gesetzlich geregelte Geschäftsverteilung der Familiensachen innerhalb des Amtsgerichts. Familiensachen sind nach § 111 Nr. 2 FamFG auch Kindschaftssachen. Zu den Kindschaftssachen gehört nach § 151 Nr. 1 FamFG u.a. die elterliche Sorge. Zur elterlichen Sorge gehört auch die Regelung des § 1666 BGB, wonach das Familiengericht die erforderlichen Maßnahmen zu treffen hat, wenn das körperliche, geistige oder seelische Wohl des Kindes oder sein Vermögen gefährdet ist und die Eltern nicht gewillt oder in der Lage sind, die Gefahr abzuwenden. Dabei kann das Familiengericht nach § 1666 Absatz 4 BGB in Angelegenheiten der Personensorge auch Maßnahmen mit Wirkung gegen einen Dritten treffen.

Etwas anderes für den Rechtsweg ergibt sich auch nicht aus § 40 VwGO. Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten ist für Kindeswohlgefährdungsverfahren nicht eröffnet. Denn Verfahren wegen Kindeswohlgefährdung sind durch Bundesgesetz einem anderen Gericht,

nämlich dem Familiengericht, ausdrücklich zugewiesen, § 40 Absatz 1 Satz 1 VwGO in Verbindung mit § 1666 BGB.

Dem liegen auch verfassungsrechtliche Notwendigkeiten zugrunde.

Der Kinderschutz im deutschen Recht ist mehrgleisig ausgestaltet. Für Verfahren vor den allgemeinen Zivil- oder den Verwaltungsgerichten sind echte Anträge im Rechtssinne notwendig. Nur wenn ein solcher Antrag vorliegt, können die genannten Gerichte tätig werden.

Die Verfahren nach § 1666 BGB dagegen gehören nicht zu den Antragsverfahren im Sinne des § 23 FamFG, sondern zu denen nach § 24 FamFG, die von Amts wegen eingeleitet werden können; auf Anregung einer beliebigen Person oder auch ohne eine solche, wenn das Gericht aus Gründen des Kindeswohls, § 1697a BGB, ein Einschreiten für geboten hält.

Eine Gefährdung des Kindes ist zu bejahen bei einer gegenwärtigen, in einem solchen Maß vorhandenen Gefahr für das geistige, körperliche oder seelische Wohl des Kindes, dass sich bei weiterer Entwicklung ohne Intervention eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (Palandt-Götz, § 1666 Rn. 8).

Eine solche Gefährdung ist durch das Tragen einer Mund-Nasen-Bedeckung nach dem derzeitigen Stand der Wissenschaft zumindest naheliegend, so dass das Gericht ein Verfahren einzuleiten hatte, um diese Frage zu prüfen.

Nach dem Gleichbehandlungsgrundsatz aus Artikel 3 Grundgesetz und dem in Artikel 6 Grundgesetz verankerten Wächteramt der staatlichen Gemeinschaft für die Familie wäre es verfassungsrechtlich nicht hinnehmbar, wenn manche Kinder darauf hoffen könnten, dass für sie bei einem geeignet erscheinenden Gericht ein Antrag gestellt wird, andere aber nicht. Auch Kinder, deren Eltern grundsätzlich bereit und in der Lage wären, nach Lage der Dinge gebotene Anträge zu stellen, können ins Hintertreffen geraten, wenn ihre Eltern dies aus Angst vor Nachteilen für ihre Kinder unterlassen oder zumindest verzögern. § 1666 BGB gilt für alle Kinder. Im Verfahren selbst gilt der Amtsermittlungsgrundsatz, § 26 FamFG.

Die Eltern sind nach herrschender Auffassung daher nicht gezwungen, vorab den allgemeinen Zivilrechtsweg zu beschreiten (Palandt-Götz, § 1666 Rn. 41). Sie sind auch nicht gezwungen, zunächst gegen die der Anordnung zugrundeliegende Verordnung den Verwaltungsrechtsweg zu beschreiten und ggf. ein Normenkontrollverfahren anzustreben. Das folgt im Übrigen schon daraus, dass mit dem Verwaltungsverfahren ein anderes

Rechtsschutzziel verfolgt wird als mit der hier angestrebten Anordnung gegenüber der Schulleitung und den Lehrern des Kindes.

Schließlich liegen auch die Zulässigkeitsvoraussetzungen für den Erlass einer einstweiligen Anordnung nach §§ 49 ff FamFG vor.

Insbesondere ist eine einstweilige Anordnung statthaft, weil hier geltend gemacht wird, dass dies nach den für das Rechtsverhältnis maßgebenden Vorschriften (§ 1666 BGB) gerechtfertigt ist und im Hinblick auf den stattfindenden Schulunterricht mit der Verpflichtung, eine Gesichtsmaske zu tragen, ein dringendes Bedürfnis für ein sofortiges Tätigwerden besteht.

  1. Begründetheit der Anregung an das Familiengericht 1. Allgemeines

Die Anregung an das Familiengericht, zur Vermeidung einer Kindeswohlgefährdung eine aus dem Tenor ersichtliche Regelung zu treffen, ist nach § 1666 BGB begründet. Eine Gefährdung des Kindes ist zu bejahen bei einer gegenwärtigen, in einem solchen Maß vorhandenen Gefahr für das geistige, körperliche oder seelische Wohl des Kindes, dass sich bei weiterer Entwicklung ohne Intervention eine erhebliche Schädigung mit ziemlicher Sicherheit voraussehen lässt (Palandt-Götz, § 1666 Rn. 8).

Eine solche Gefährdung liegt hier vor. Denn die Kinder werden insbesondere durch die Pflicht, während der Schulzeit Gesichtsmasken zu tragen und Abstände untereinander und zu weiteren Personen einzuhalten, in ihrem geistigen, körperlichen und seelischen Wohl nicht nur gefährdet, sondern darüber hinaus schon gegenwärtig geschädigt. Dadurch werden zugleich zahlreiche Rechte der Kinder und ihrer Eltern aus Gesetz, Verfassung und internationalen Konventionen verletzt. Das gilt insbesondere für das Recht auf freie Entfaltung der Persönlichkeit und auf körperliche Unversehrtheit aus Artikel 2 Grundgesetz sowie für das Recht aus Artikel 6 Grundgesetz auf Erziehung und Betreuung durch die Eltern (auch im Hinblick auf Maßnahmen zur Gesundheitsvorsorge und von Kindern zu tragender „Gegenstände“). Das gilt aber auch für weitere Rechte der Kinder, wie sie in A IV. von der Mutter der Kinder angeführt werden.

Die Kinder werden physisch, psychisch und pädagogisch geschädigt und in ihren Rechten verletzt, ohne dass dem ein Nutzen für die Kinder selbst oder Dritte gegenübersteht. Auf die landesrechtlichen Vorschriften, wie sie in A II. näher ausgeführt sind, können sich die Schulleitungen, Lehrkräfte und andere dabei nicht berufen. Denn diese Vorschriften sind verfassungswidrig und damit nichtig.

Die Pflicht in Artikel 100 Absatz 1 Grundgesetz, ein möglicherweise verfassungswidriges Gesetz dem Bundesverfassungsgericht oder einem Landesverfassungsgericht vorzulegen, gilt ausdrücklich nur für förmliche Gesetze des Bundes und der Länder, nicht aber für materielle Gesetze wie Rechtsverordnungen oder die in Rede stehende Allgemeinverfügung. Über deren Vereinbarkeit mit der Verfassung hat nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts (grundlegend BVerfGE 1, 184 ((195 ff)) jedes Gericht selbst zu entscheiden, so auch schon AG Weimar, Urteil vom 11. Januar 2021 – 6 OWi – 523 Js 202518/20 -, juris.

Wie das Familiengericht auf Kindeswohlgefährdungen, zu deren Rechtfertigung förmliche Bundes- oder Landesgesetze herangezogen werden, über die Vorlage an das Bundes- oder ein Landesverfassungsgericht hinaus reagieren kann, ist hier nicht entscheidungserheblich und bedarf daher keiner weiteren Ausführungen.

Die landesrechtlichen Vorschriften, wie in A II. näher ausgeführt (das gilt auch für sie aktualisierende inhaltsgleiche oder inhaltsähnliche), sind verfassungswidrig, weil sie gegen den im Rechtsstaatsprinzip wurzelnden Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen, Artikel 20, 28 Grundgesetz.

Nach diesem auch als Übermaßverbot bezeichneten Grundsatz müssen die zur Erreichung eines legitimen Zwecks vorgesehenen Maßnahmen geeignet, erforderlich und verhältnismäßig im engeren Sinn – soll heißen: bei Abwägung der mit ihnen erreichten Vor-und Nachteile – sein.

Die entgegen § 1 Absatz 2 IfSG nicht evidenzbasierten Maßnahmen sind bereits ungeeignet, den mit ihnen verfolgten grundsätzlich legitimen Zweck zu erreichen, eine Überlastung des Gesundheitssystems zu vermeiden oder das Infektionsgeschehen mit dem Virus SARS-CoV-2 abzusenken. In jedem Fall sind sie aber unverhältnismäßig im engeren Sinne, denn den dadurch bewirkten erheblichen Nachteilen/Kollateralschäden steht kein erkennbarer Nutzen für die Kinder selbst oder Dritte gegenüber.

Die Ungeeignetheit und Unverhältnismäßigkeit der vorgeschriebenen Maßnahmen wird nachfolgend begründet. Gleichwohl ist darauf hinzuweisen, dass nicht die Beteiligten die Verfassungswidrigkeit der Eingriffe in ihre Rechte zu begründen hätten, sondern umgekehrt der Freistaat Thüringen, der mit seinen landesrechtlichen Vorschriften in die Rechte der Beteiligten eingreift, mit der gebotenen wissenschaftlichen Evidenz beweisen müsste, dass die von ihm vorgeschriebenen Maßnahmen dazu geeignet sind, die angestrebten Zwecke zu erreichen, und dass sie ggfls. verhältnismäßig sind. Das ist bisher nicht ansatzweise geschehen.

  1. Der fehlende Nutzen des Maskentragens und des Einhaltens von Abstandsvorschriften für die Kinder selbst und Dritte

Die Gutachterin Prof. Dr. med. Ines Kappstein hat in ihrem vollständig vorliegenden Gutachten, vgl. A VIII., die gesamte internationale wissenschaftliche Datenlage zu Masken ausgewertet.

Zur Überzeugung des Gerichts führt sie zusammenfassend aus, dass eine Effektivität von Masken für gesunde Personen in der Öffentlichkeit nicht durch wissenschaftliche Evidenz belegt ist. Ebenso sind ,Fremdschutz‘ und die .unbemerkte Übertragung‘, womit das RKI seine .Neubewertung‘ begründet hat, nicht durch wissenschaftliche Fakten gestützt. Plausibilität, mathematische Schätzungen und subjektive Einschätzungen in Meinungsbeiträgen können bevölkerungsbezogene klinisch-epidemiologische Untersuchungen nicht ersetzen. Experimentelle Untersuchungen zur Filterleistung von Masken und mathematische Schätzungen sind nicht geeignet, eine Wirksamkeit im wirklichen Leben zu belegen. Die internationalen Gesundheitsbehörden sprechen sich zwar für das Tragen von Masken im öffentlichen Raum aus, sagen aber auch, dass es dafür keine Belege aus wissenschaftlichen Untersuchungen gibt. Vielmehr sprechen alle gegenwärtig verfügbaren wissenschaftlichen Ergebnisse dafür, dass Masken keinen Effekt auf das Infektionsgeschehen haben. Durchweg alle Publikationen, die als Beleg für die Wirksamkeit von Masken im öffentlichen Raum angeführt werden, lassen diese Schlussfolgerung nicht zu. Das gilt auch für die sog. Jena-Studie, wie die Gutachterin im Gutachten eingehend darlegt. Denn bei der Jena-Studie – wie die große Mehrheit der weiteren Studien eine auf theoretischen Annahmen beruhende rein mathematische Schätzungs- oder Modellierungsstudie ohne reale Kontaktnachverfolgung mit Autoren aus dem Bereich der Makroökonomie ohne epidemiologische Kenntnisse – bleibt, wie von der Gutachterin detailliert erläutert, der entscheidende epidemiologische Umstand unberücksichtigt, dass die Infektionswerte bereits vor Einführung der Maskenpflicht in Jena am 6. April 2020 (etwa drei Wochen später im ganzen Bundesgebiet) deutlich zurückgingen und es bereits Ende März 2020 kein relevantes Infektionsgeschehen in Jena mehr gab.

Jede Maske muss, wie die Gutachterin weiter ausführt, um prinzipiell wirksam sein zu können, richtig getragen werden. Masken können zu einem Kontaminationsrisiko werden, wenn sie angefasst werden. Sie werden aber von der Bevölkerung zum einen nicht richtig getragen und zum anderen sehr häufig mit den Händen berührt. Das ist ebenso bei Politikern zu beobachten, die im Fernsehen zu sehen sind. Der Bevölkerung wurde nicht beigebracht, Masken richtig zu benutzen, es wurde nicht erklärt, wie man sich unterwegs die Hände waschen soll bzw. wie eine effektive Händedesinfektion durchgeführt wird. Es wurde ferner nicht erklärt, warum die Händehygiene wichtig ist und dass man darauf achten muss, sich

mit den Händen nicht an Augen, Nase und Mund zu fassen. Die Bevölkerung wurde mit den Masken quasi allein gelassen.

Das Infektionsrisiko wird durch das Tragen der Masken nicht nur nicht gesenkt, sondern durch die inkorrekte Handhabung der Maske noch gesteigert. Die Gutachterin legt dies in ihrem Gutachten ebenso eingehend dar wie den Umstand, dass und aus welchen Gründen es „wirklichkeitsfremd“ ist, den angemessenen Umgang der Bevölkerung mit Masken zu erreichen.

Die Übertragung von SARS-CoV-2 durch .Aerosole‘, also durch die Luft, ist medizinisch nicht plausibel und wissenschaftlich unbewiesen. Sie stellt eine Hypothese dar, die hauptsächlich auf Aerosol-Physiker zurückgeht, die der Gutachterin zufolge nachvollziehbarerweise von ihrem Fachgebiet her medizinische Zusammenhänge nicht beurteilen können. Die .Aerosol‘-Theorie ist für das menschliche Zusammenleben außerordentlich schädlich und führt dazu, dass sich Menschen in keinem Innenraum mehr sicher fühlen können, und manche fürchten sich sogar außerhalb von Gebäuden vor einer Infektion durch .Aerosole‘. Zusammen mit der .unbemerkten‘ Übertragung führt die .Aerosol‘-Theorie dazu, dass in jedem Mit-Menschen ein Infektionsrisiko gesehen werden kann.

Die geänderten Einlassungen der Politik zu Masken, erst Stoffmasken in 2020, dann seit Anfang 2021 entweder OP-Masken oder FFP2-Masken, lassen jede klare Linie vermissen. Auch wenn OP-Masken und FFP-Masken beides medizinische Masken sind, haben sie unterschiedliche Funktionen und sind deshalb nicht austauschbar. Entweder hat die Politik, die diese Entscheidungen getroffen hat, selbst nicht verstanden, wozu welcher Maskentyp sich prinzipiell eignet, oder es kommt ihr darauf nicht an, sondern nur auf den symbolischen Wert der Maske. Die Masken-Entscheidungen der Politik sind aus der fachlichen Sicht der Gutachterin nicht nachvollziehbar und schonend ausgedrückt als unplausibel zu bezeichnen.

Die Gutachterin weist weiter darauf hin, dass es keine wissenschaftlichen Untersuchungen zum Abstandhalten außerhalb der medizinischen Patientenversorgung gibt. Zusammenfassend können dazu nach ihrer Ansicht zur Überzeugung des Gerichts lediglich folgende Regeln aufgestellt werden:

  1. Bei vis-ä-vis-Kontakten einen Abstand von etwa 1,5 m (1 – 2 m) einzuhalten, wenn eine der beiden Personen Symptome einer Erkältung hat, kann als eine sinnvolle Maßnahme bezeichnet werden. Im wissenschaftlichen Sinne gesichert ist sie allerdings nicht, sondern es gibt lediglich Anhalt dafür oder kann als plausibel bezeichnet werden, dass es eine wirksame Maßnahme ist, um sich vor einem Erregerkontakt durch Tröpfchen respiratorischen Sekrets zu schützen, wenn die Kontaktperson Zeichen einer Erkältung hat. Ein Rundum-Abstand dagegen ist nicht sinnvoll, um sich zu schützen, wenn die Kontaktperson erkältet ist.
  1. Einen Rundum-Abstand oder auch nur einen vis-ä-vis-Abstand von etwa 1,5 m (1 – 2 m) zu einhalten, wenn keiner der anwesenden Personen Zeichen einer Erkältung hat, wird durch wissenschaftliche Daten nicht gestützt. Dadurch wird aber das Zusammenleben der Menschen und insbesondere der unbeschwerte Kontakt unter Kindern sehr stark beeinträchtigt, ohne dass ein Nutzen im Sinne des Infektionsschutzes erkennbar ist.
  2. Nahe Kontakte, also unter 1,5 m (1 – 2 m), unter Schülern oder zwischen Lehrern und Schülern oder unter Kollegen bei der Arbeit etc. stellen aber auch selbst dann kein Risiko dar, wenn einer von beiden Kontaktpersonen Erkältungszeichen hat, weil die Dauer solcher Kontakte in der Schule oder auch bei Erwachsenen irgendwo in der Öffentlichkeit viel zu kurz ist, damit es zu einer Tröpfchenübertragung kommen kann. Das zeigen auch Untersuchungen aus Haushalten, wo trotz des engen Zusammenlebens mit zahlreichen Haut- und Schleimhautkontakten nur wenige Mitglieder des Haushalts erkranken, wenn einer eine respiratorische Infektion hat.

Die Gutachterin hebt überzeugend das Problem mathematischer Modellierungen hervor. Mathematische Modellierungen (auch mathematische Schätzungen genannt) sind von der Wettervorhersage und der Klimaforschung bekannt, werden aber seit vielen Jahren auch eingesetzt, um den Verlauf von Epidemien und den Einfluss verschiedener Präventionsmaßnahmen vorherzusagen. Sie werden besonders dann genutzt, wenn es nur wenig aussagefähige Daten aus direkten Untersuchungen gibt. Bei einem sehr großen Teil aller Studien zu SARS-CoV-2 (z.B. Effektivität von Masken) handelt es sich um mathematische Modellierungen, die nur eine sehr begrenzte Aussagekraft haben, weil ihre Ergebnisse nicht das .wirkliche‘ Leben widerspiegeln, sondern auf Annahmen beruhen. Von diesen .Stellschrauben‘ sind die Ergebnisse abhängig, die deshalb ein vereinfachtes Bild der Wirklichkeit wiedergeben. Solche Studien können deshalb immer nur .Wenn-Dann­Ergebnisse‘ liefern. Es gibt auf der einen Seite des Spektrums rein theoretische Modellierungen und auf der anderen solche, in denen mit so viel klinisch-epidemiologischen Daten, wie vorhanden sind, gearbeitet wird. Immer aber hat das Ergebnis, wie die Gutachterin eingehend ausführt, nur eine sehr begrenzte Aussagekraft, und die Qualität der wissenschaftlichen Evidenz ist bestenfalls mäßig. Die Ergebnisse solcher Studien im Zusammenhang mit SARS-CoV-2 werden in ihrer Bedeutung für die Wirklichkeit allerdings oft weit überschätzt und bei positivem Ergebnis als Beweis für die Wirksamkeit von Maßnahmen genommen. Das konnte im Verlauf der Pandemie wiederholt beobachtet werden, und zwar, worauf die Gutachterin ausdrücklich hinweist, selbst bei wissenschaftlich tätigen Ärzten und bei Bio-Wissenschaftlern.

Auf dieses Problem weist die Gutachterin auch bei der Frage hin, welche Übertragungsraten von symptomatischen, präsymptomatischen und asymptomatischen Menschen zu erwarten sind. Präsymptomatische Übertragungen sind nach ihren Ausführungen möglich, aber nicht zwangsläufig. In jedem Fall sind sie ihr zufolge bei Auswertung realer Kontaktszenarien deutlich geringer als bei mathematischen Modellierungen.

Aus einem im Dezember 2020 erschienenen systematischen Review mit Metaanalyse über Corona-Übertragungen in Haushalten stellt sie eine zwar höhere, aber immer noch nicht überhöhte Übertragungsrate bei symptomatischen Index-Fällen von 18 % einer äußerst geringen Übertragung bei asymptomatischen Fällen von lediglich 0,7 % gegenüber. Die Möglichkeit, dass Asymptomatische, vormals als Gesunde bezeichnet, das Virus übertragen, ist daher bedeutungslos.

Abschließend stellt die Gutachterin in Beantwortung der Beweisfragen 1, 3 und 4 fest:

Es gibt keine Belege dafür, dass Gesichtsmasken unterschiedlicher Art das Infektionsrisiko durch SARS-CoV-2 überhaupt oder sogar nennenswert senken können. Diese Aussage trifft auf Menschen aller Altersgruppen zu, also auch auf Kinder und Jugendliche sowie auf asymptomatische, präsymptomatische und symptomatische Personen.

Im Gegenteil besteht eher die Möglichkeit, dass durch die beim Tragen von Masken noch häufigeren Hand-Gesichtskontakte das Risiko erhöht wird, selbst mit dem Erreger in Kontakt zu kommen oder Mit-Menschen damit in Kontakt zu bringen.

Für die normale Bevölkerung besteht weder im öffentlichen noch im privaten Bereich ein Infektionsrisiko, das durch das Tragen von Gesichtsmasken (oder anderen Maßnahmen) gesenkt werden könnte.

Es gibt keinen Anhalt dafür, dass die Einhaltung von Abstandsvorschriften das Infektionsrisiko senken kann. Dies gilt für Menschen aller Altersgruppen, also auch für Kinder und Jugendliche.

Diese Ergebnisse werden durch die umfangreichen Feststellungen des Gutachters Prof. Dr. Kuhbandner bestätigt. Auch danach gibt es bisher keine hochwertige wissenschaftliche Evidenz dafür, dass durch das Tragen von Gesichtsmasken das Infektionsrisiko nennenswert gesenkt werden kann. Die Empfehlungen des RKI und der S3-Leitlinie der Fachgesellschaften beruhen nach den Feststellungen des Gutachters auf Beobachtungsstudien, Laboruntersuchungen zum Filtereffekt und Modellierungsstudien, welche nur niedrige und sehr niedrige Evidenz liefern, weil aus solchen Studien aufgrund der

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zugrundeliegenden Methodik keine wirklich validen Schlüsse auf den Effekt von Masken im Alltag und an Schulen gezogen werden können. Zudem sind die Ergebnisse der einzelnen Studien heterogen und neuere Beobachtungsstudien liefern ebenfalls widersprechende Befunde.

Zu den bisher existierenden randomisierten kontrollierten Studien zum Effekt des Maskentragens stellt der Gutachter heraus, dass diese keine Wirksamkeit von Masken erkennen lassen. Vielmehr weist die bisher einzige umfangreiche randomisierten kontrollierte Studie zum Tragen von Baumwollmasken darauf hin, dass Baumwollmasken das Infektionsrisiko sogar erhöhen können. Eine Rolle spielt hier vor allem die Handhabung der Maske, welche sich bei schlechter Handhabung negativ auf das Infektionsrisiko auswirken kann. Gerade für Schüler und Schülerinnen, insbesondere jüngere, sind Handhabungsprobleme jedoch unvermeidlich. Bereits die Gutachterin Prof. Dr. med. Kappstein hatte darauf hingewiesen, dass das Handhabungsproblem dazu führt, dass das Tragen von Masken schon unter dem Gesichtspunkt der Infektionsvermeidung nicht nur nichts nützt, sondern sogar schadet.

Hinzu kommt, dass das erreichbare Ausmaß der Reduktion des Ansteckungsrisikos durch das Maskentragen an Schulen an sich sehr gering ist, weil an Schulen auch ohne Masken sehr selten Ansteckungen auftreten. Dementsprechend ist die absolute Risikoreduktion so gering, dass eine Pandemie damit nicht in relevanter Weise bekämpft werden kann.

Die aktuell angeblich steigenden Infektionszahlen bei Kindern gehen nach den Ausführungen des Gutachters mit hoher Wahrscheinlichkeit in Wirklichkeit darauf zurück, dass die Testanzahl bei den Kindern in den vorangegangenen Wochen stark zugenommen hat. Da das Ansteckungsrisiko an Schulen an sich sehr klein ist, ist selbst bei einer möglichen Erhöhung der Ansteckungsrate bei der neuen Virusvariante B.1.1.7 in der in Studien vermuteten Größenordnung nicht damit zu rechnen, dass sich an Schulen die Virusausbreitung nennenswert erhöht.

Diesem geringen Nutzen stehen zahlreiche mögliche Nebenwirkungen in Bezug auf das körperliche, psychische und soziale Wohlergehen von Kindern entgegen, unter denen zahlreiche Kinder leiden müssten, um eine einzige Ansteckung zu verhindern.

Diese legt der Gutachter unter anderem anhand des in der Fachzeitschrift Monatsschrift Kinderheilkunde veröffentlichten Nebenwirkungsregisters eingehend dar.

  1. Die Ungeeignetheit von PCR-Tests und Schnelltests zur Messung des Infektionsgeschehens

Bereits die Gutachterin Prof. Dr. med. Kappstein weist in ihrem Gutachten darauf hin, dass mit dem verwendeten PCR-Test lediglich genetisches Material nachgewiesen werden kann, nicht aber, ob die RNA aus infektionstüchtigen und somit replifikationsfähigen (= vermehrungsfähigen) Viren stammt.

Auch die Gutachterin Prof. Dr. rer. biol. hum. Kämmerer bestätigt in ihrem molekularbiologischen Sachverständigengutachten, dass ein PCR-Test – auch wenn er korrekt durchgeführt wird – keinerlei Aussage dazu treffen kann, ob eine Person mit einem aktiven Erreger infiziert ist oder nicht.

Denn der Test kann nicht unterscheiden zwischen „toter“ Materie*, z.B. einem völlig harmlosen Genomfragment als Überbleibsel des Kampfes des körpereigenen Immunsystems gegen eine Erkältung oder eine Grippe (solche Genom-Fragmente finden sich noch viele Monate, nachdem das Immunsystem das Problem „erledigt“ hat) und „lebender“ Materie, d.h. einem „frischen“, reproduktionsfähigen Virus. So wird die PCR beispielsweise auch in der Forensik eingesetzt, um aus Haarresten oder anderen Spurenmaterialien mittels PCR vorhandene Rest-DNA so zu vervielfältigen, dass die genetische Herkunft des/der Täter erkennbar ist („Genetischer Fingerabdruck“).

Selbst wenn also bei der Durchführung der PCR inclusive aller vorbereitenden Schritte (PCR-Design und Etablierung, Probenentnahme, Aufbereitung und PCR-Durchführung) alles „richtig“ gemacht wird, und der Test positiv ist, d.h.: eine Genom-Sequenz erkennt, welche ggf. auch in einem oder sogar dem konkreten „Corona“-Virus (SARS-CoV-2) existiert, bedeutet dies unter keinen Umständen, dass die Person, welche positiv getestet wurde, mit einem replizierenden SARS-CoV-2 infiziert und folglich für andere Personen ansteckend = gefährlich ist.

Vielmehr müssen für die Feststellung einer aktiven Infektion mit SARS-CoV-2 weitere, und zwar konkret diagnostische Methoden wie die Isolation von vermehrungsfähigen Viren eingesetzt werden.

Unabhängig von der prinzipiellen Unmöglichkeit, mit dem PCR-Test eine Infektion mit dem Virus SARS-CoV-2 festzustellen, hängen darüber hinaus die Ergebnisse eines PCR-Tests nach den Ausführungen der Gutachterin Prof. Dr. Kämmerer von einer Reihe von Parametern ab, die zum einen erhebliche Unsicherheiten bedingen und zum anderen gezielt so manipuliert werden können, dass viele oder wenige (scheinbar) positive Ergebnisse erzielt werden.

Von diesen Fehlerquellen sollen zwei markante herausgegriffen werden.

Dazu gehört zum einen die Zahl der zu testenden Zielgene. Diese wurde nach den Vorgaben der WHO von ursprünglich drei sukzessive auf eins reduziert.

Die Gutachterin rechnet vor, dass durch die Verwendung nur noch eines zu testenden Zielgens bei einer Mischpopulation von 100.000 Tests mit keiner einzigen tatsächlich infizierten Person aufgrund einer bei einem Instand-Ringversuch festgestellten mittleren Fehlerrate sich ein Ergebnis von 2.690 falsch positiv Getesteten ergibt. Bei Verwendung von 3 Zielgenen wären es lediglich 10 falsch positiv Getestete.

Würden die 100.000 durchgeführten Tests repräsentativ bei 100.000 Bürgern einer Stadt/eines Landkreises innerhalb von 7 Tagen durchgeführt sein, so ergibt sich alleine aus dieser Reduzierung der verwendeten Zielgene hinsichtlich der „Tagesinzidenz“ ein Unterschied von 10 Falsch-Positiven gegenüber 2690 Falsch-Positiven und davon abhängig die Schwere der ergriffenen Freiheitsbeschränkungen der Bürger.

Wäre konsequent die korrekte „Targetanzahl“ von drei bzw. sogar besser (wie z.B. in Thailand) bis zu 6 Genen für die PCR-Analyse verwendet worden, hätte sich die Rate der positiven Tests und damit die „7-Tagesinzidenz“ fast komplett auf null reduziert.

Zum anderen gehört zu den Fehlerquellen der sog. ct-Wert, also die Zahl der Amplifikations-/Verdopplungsschritte, bis zu der der Test noch als „positiv“ gewertet wird. Die Gutachterin weist darauf hin, dass nach einhelliger wissenschaftlicher Meinung alle „positiv“-Resultate, die erst ab einem Zyklus von 35 erkannt werden, keinerlei wissenschaftliche (d.h.: keine evidenzbasierte) Grundlage haben. Im Bereich ct-Wert 26-35 kann der Test nur als positiv gewertet werden, wenn mit Virusanzucht abgeglichen. Der mit Hilfe der WHO weltweit propagierte RT-qPCR Test zum Nachweis von SARS-CoV-2 hingegen war (und ihm folgend auch alle anderen auf ihm als Blaupause basierenden Tests) auf 45 Zyklen eingestellt, ohne einen CT-Wert für „positiv“ zu definieren.

Die Gutachterin führt im Gutachten weitere Fehlerquellen bei der Handhabung des Tests an.

Dazu kommt noch, dass bei der Anwendung des RT-q-PCR-Tests die WHO Information Notice for IVD Users 2020/05 zu beachten ist (Nr. 12 der rechtlichen Hinweise des Gerichts). Danach muss, soweit das Testresultat nicht mit dem klinischen Befund eines Untersuchten übereinstimmt, eine neue Probe genommen und eine weitere Untersuchung vorgenommen sowie Differentialdiagnostik betrieben werden; nur dann kann nach diesen Vorgaben ein positiver Test gezählt werden. https://www.who.int/news/item/20-01-2021-who-information-notice-for-ivd-users-2020-05

Diese Vorgabe wird in Thüringen und bundesweit so wenig beachtet, wie Mehrfachzählungen bei Mehrfachtestungen derselben Person ausgeschlossen werden (Nr. 13 der rechtlichen Hinweise des Gerichts).

Auch die zum Massentest eingesetzten Antigen-Schnelltests können nach den Darlegungen im Gutachten keinerlei Aussage über eine Infektiosität leisten, da hiermit nur Protein­Bestandteile ohne Zusammenhang mit einem intakten, vermehrungsfähigen Virus nachgewiesen werden können.

Um eine Abschätzung der Infektiosität der getesteten Personen zu erlauben, müsste der jeweilig durchgeführte positive Test (ähnlich wie der RT-qPCR) individuell mit einer Anzüchtbarkeit von Viren aus der Testprobe abgeglichen werden, was unter den extrem variablen und nicht überprüfbaren Testbedingungen unmöglich ist.

Schließlich weist die Gutachterin darauf hin, dass die geringe Spezifität der Tests eine hohe Rate an falsch positiven Ergebnissen bedingt, welche unnötige personelle (Quarantäne) und gesellschaftliche (z.B. Schulen geschlossen, „Ausbruchsmeldungen“) Folgen nach sich ziehen, bis sie sich als Fehlalarm entpuppen. Die Fehlerwirkung, also eine hohe Zahl von Falsch-Positiven, ist gerade bei Tests an Symptomlosen besonders stark.

Festzuhalten bleibt, dass der verwendete PCR-Test ebenso wie die Antigen-Schnelltests, wie gutachterlich nachgewiesen, prinzipiell nicht zur Feststellung einer Infektion mit dem Virus SARS-CoV-2 geeignet sind. Dazu kommen die beschriebenen und andere im Gutachten aufgeführte Fehlerquellen mit gravierenden Auswirkungen, so dass eine adäquate Feststellung des Infektionsgeschehens mit SARS-CoV-2 in Thüringen (und bundesweit) nicht ansatzweise vorhanden ist.

Ohnehin wird der Begriff der „Inzidenz“ vom Landesverordnungsgeber fehlgebraucht. Denn „Inzidenz“ meint eigentlich das Auftreten von Neuerkrankungen in einer (immer wieder getesteten und ggfls. ärztlich untersuchten) definierten Personengruppe in einem definierten Zeitraum, vgl. Nr. 11 der rechtlichen Hinweise des Gerichts. Tatsächlich aber werden undefinierte Personengruppen in undefinierten Zeiträumen getestet, so dass es sich bei dem, was als „Inzidenz“ ausgegeben wird, lediglich um schlichte Melderaten handelt.

Die    infection   fatality    rate   jedenfalls    beträgt   nach    einer   Metastudie des Medizinwissenschaftlers   und   Statistikers   John   Ioannidis,   eines   der meistzitierten Wissenschaftler weltweit, die im Oktober 2020 in einem Bulletin der WHO veröffentlicht wurde, 0,23 % und liegt damit nicht höher als bei mittelschweren Influenzaepidemien. https://www.who.int/bulletin/online first7BLT.20.265892.pdf

Ioannidis kam auch in einer im Januar 2021 veröffentlichten Studie zum Ergebnis, dass lockdowns keinen signifikanten Nutzen haben. https://www.who.int/bulletin/online first7BLT.20.265892.pdf

 

  1. Die Verletzung des Rechts auf informationelle Selbstbestimmung durch Schnelltests in den Schulen

Das Recht auf informationelle Selbstbestimmung als Teil des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in Artikel 2 Absatz 1 Grundgesetz ist das Recht des Einzelnen, grundsätzlich selbst über die Preisgabe und Verwendung seiner personenbezogenen Daten zu bestimmen. Zu diesen personenbezogenen Daten gehört auch ein Testergebnis. Ein solches ist darüber hinaus ein persönliches Gesundheits-„Datum“ im Sinne der Datenschutz­Grundverordnung (DSGVO), das grundsätzlich niemanden etwas angeht. Auch dieser Grundrechtseingriff ist verfassungswidrig. Denn bei den konkreten Abläufen des Testgeschehens in den Schulen erscheint es unvermeidlich, dass zahlreiche weitere Personen (Mitschüler, Lehrer, andere Eltern) Kenntnis von einem beispielsweise „positiven“ Testergebnis erhalten würden.

Das gilt im Übrigen entsprechend, wenn ähnliche Testbarrieren beim Zugang zum Einkaufen oder zu kulturellen Veranstaltungen errichtet werden.

Hinzu kommt, dass eine etwaige landesrechtlich angeordnete Testpflicht für Schüler bereits nicht vom Infektionsschutzgesetz – unabhängig davon, dass sich dieses seinerseits erheblichen verfassungsrechtlichen Bedenken ausgesetzt sieht – gedeckt ist. Nach § 28 IfSG können die zuständigen Behörden in der dort näher bezeichneten Weise die notwendigen Schutzmaßnahmen treffen, wenn „Kranke, Krankheitsverdächtige, Ansteckungsverdächtige oder Ausscheider“ festgestellt werden. Diese können nach § 29 IfSG einer Beobachtung unterworfen werden und haben dann auch erforderliche Untersuchungen zu dulden.

Der Bayerische Verwaltungsgerichtshof hat es in seinem Beschluss vom 02.03.2021, Az.: 20 NE 21.353, abgelehnt, Beschäftigte in Pflegeheimen von vornherein als krank, krankheitsverdächtig oder Ausscheider anzusehen. Das dürfte auch für Schüler gelten. Aber auch eine Einstufung als ansteckungsverdächtig kommt nicht in Betracht. Nach der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts gilt als ansteckungsverdächtig im Sinne des § 2 Nr. 7 IfSG, wer mit hinreichender Wahrscheinlichkeit Kontakt zu einer infizierten Person hatte; eine bloß entfernte Wahrscheinlichkeit genügt nicht. Erforderlich ist, dass die Annahme, der Betroffene habe Krankheitserreger aufgenommen, wahrscheinlicher ist als das Gegenteil. Maßgebend für einen Ansteckungsverdacht ist ausschließlich die Wahrscheinlichkeit eines zurückliegenden Infektionsvorgangs, vgl. Urteil vom 22.03.2012 – 3

C 16/11 – juris Rn. 31 ff.

Der BayVGH, a.a.O., hat dies für die Beschäftigten in Pflegeberufen abgelehnt. Für Schüler gilt nichts anderes.

  1. Das Recht der Kinder auf Bildung und Schulunterricht

Die Schulkinder unterliegen nicht nur der landesrechtlich geregelten Schulpflicht, sondern haben auch einen Rechtsanspruch auf Bildung und Schulunterricht.

Dieser ergibt sich auch aus Artikel 28 und 29 der UN-Kinderrechtskonvention, die in Deutschland geltendes Recht ist.

Danach müssen alle Vertragsstaaten nicht nur den Besuch der Grundschule für alle zur Pflicht und unentgeltlich machen, sondern darüber hinaus auch die Entwicklung verschiedener Formen der weiterführenden Schulen allgemeinbildender und berufsbildender Art fördern, sie allen Kindern verfügbar und zugänglich (!) machen und geeignete Maßnahmen wie die Einführung der Unentgeltlichkeit und die Bereitstellung finanzieller Unterstützung bei Bedürftigkeit treffen. Die Bildungsziele aus Artikel 29 UN-Kinderrechtskonvention sind dabei einzuhalten.

  1. Ergebnis

Der den Schulkindern auferlegte Zwang, Masken zu tragen und Abstände untereinander und zu dritten Personen zu halten, schädigt die Kinder physisch, psychisch, pädagogisch und in ihrer psychosozialen Entwicklung, ohne dass dem mehr als ein allenfalls marginaler Nutzen für die Kinder selbst oder Dritte gegenübersteht. Schulen spielen keine wesentliche Rolle im „Pandemie“-Geschehen.

Die verwendeten PCR-Tests und Schnelltests sind für sich allein prinzipiell und schon im Ansatz nicht geeignet, eine „Infektion“ mit dem Virus SARS-CoV-2 festzustellen. Das ergibt sich nach den Darlegungen in den Gutachten bereist aus den eigenen Berechnungen des Robert-Koch-Instituts. Laut RKI-Berechnungen, wie Gutachter Prof. Dr. Kuhbandner ausführt, beträgt bei Massentestungen mit Schnelltests unabhängig von Symptomen die Wahrscheinlichkeit, beim Erhalt eines positiven Ergebnisses tatsächlich infiziert zu sein, bei einer Inzidenz von 50 (Testspezifität 80%, Testsensitivität 98%) nur zwei Prozent. Das würde heißen: Auf zwei echt-positive Schnelltest-Ergebnisse kämen 98 falsch­positive Schnelltest-Ergebnisse, welche man dann alle mit einem PCR-Test nachtesten müsste.

Ein (regelmäßiger) Zwang zum anlasslosen Massentesten an Asymptomatischen, also Gesunden, für das schon die medizinische Indikation fehlt, kann nicht auferlegt werden, weil er außer Verhältnis zu dem Effekt steht, der damit erreicht werden kann. Zugleich setzt der regelmäßige Zwang zum Test die Kinder psychisch unter Druck, weil so ihre Schulfähigkeit ständig auf den Prüfstand gestellt wird.

Ausgehend von Erhebungen in Österreich, wo in Grundschulen keine Masken getragen werden, aber dreimal pro Woche flächendeckend Schnelltests vorgenommen werden, ergibt sich nach den Darlegungen des Gutachters Prof. Dr. Kuhbandner:

100.000 Grundschüler müssten eine Woche lang sämtliche Nebenwirkungen des Maskentragens in Kauf nehmen, um nur eine einzige Ansteckung pro Woche zu verhindern.

Dieses Ergebnis nur als unverhältnismäßig zu bezeichnen, wäre eine völlig unzureichende Beschreibung. Vielmehr zeigt sich, dass der diesen Bereich regulierende Landesverordnungsgeber in eine Tatsachenferne geraten ist, die historisch anmutende Ausmaße angenommen hat.

Mit der Anordnung solcher Maßnahmen wird das Wohl der Kinder, wie dargestellt, gefährdet, § 1666 BGB. Die Lehrkräfte dürfen sie deshalb nicht anordnen. Auf die entsprechenden landesrechtlichen Verordnungen und die angeführte Allgemeinverfügung können sie sich dabei nicht berufen, da diese schon wegen ihrer Ungeeignetheit, die angestrebten Ziele zu erreichen, in jedem Fall aber wegen ihrer Unverhältnismäßigkeit gegen den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz verstoßen und damit verfassungswidrig und nichtig sind.

Darüber hinaus haben die Kinder einen Rechtsanspruch auf zugänglichen Schulunterricht.

Es erscheint nach dem gegenwärtigen Ermittlungsstand sehr wahrscheinlich, dass dieses Ergebnis im Hauptsacheverfahren bestätigt wird. Weitere Ausführungen bleiben einer Entscheidung dort vorbehalten.

Im Rahmen einer Folgenbetrachtung sind beim Erlass einer einstweiligen Anordnung die Nachteile abzuwägen, die sich ergeben, wenn die von den Eltern der Kinder angestrebte Regelung durch das Familiengericht zunächst im einstweiligen Anordnungsverfahren nicht getroffen wird, dann aber doch später im Hauptsacheverfahren, und die Auswirkungen, die sich ergeben, wenn das Familiengericht die von den Eltern der Kinder angestrebte Regelung bereits im einstweiligen Anordnungsverfahren trifft, aber später im Hauptsacheverfahren nicht bestätigt.

Die Nachteile für die Kinder, wenn die angestrebte Regelung durch das Familiengericht verzögert wird, überwiegen dabei erheblich.

Die Eltern sind jedenfalls nicht in der Lage, die Gefahr abzuwenden, § 1666 BGB. Mit Blick auf das bevorstehende Ende der Osterferien besteht auch ein dringendes Bedürfnis, sofort tätig zu werden.

Nach all dem war die aus dem Tenor ersichtliche Entscheidung geboten. Da die Mitschüler der im Tenor namentlich genannten Kinder in gleicher Weise betroffen sind, hat das Gericht seine Entscheidung für diese mit getroffen.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 81 FamFG.

Quellen: 2020news.de

Quellen: https://www.kanzlei-hersbruck.de/beschluss-ag-weimar-08-04-21

Bild: Unsplash – Guillermo Latorre

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