von Susan Bonath
Ein halbes Jahr nach der ersten Zulassung von COVID-19-Impfstoffen zeigt sich eine fragwürdige Nutzen-Risiko-Bilanz. Einerseits häufen sich weltweit wie auch national die Meldungen über Betroffene, die trotz doppelter Impfung an COVID-19 erkranken oder versterben. Außerdem treten immer mehr schwerwiegende Nebenwirkungen zutage.
Für Deutschland meldete das zuständige Paul-Ehrlich-Institut (PEI) in seinem Ende vergangener Woche veröffentlichten neuen Sicherheitsbericht insgesamt 106.835 registrierte Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen zwischen dem 27. Dezember 2020 und Ende Juni 2021. Davon zeigten 10.578 Geimpfte so schwere Reaktionen, dass sie im Krankenhaus behandelt werden mussten, bleibende Schäden davontrugen oder sogar starben.
Insgesamt meldete das PEI für das erste halbe Jahr in Deutschland nach der erstmaligen bedingten Zulassung eines COVID-19-Vakzins in der Europäischen Union (EU) 1.028 Todesfälle im Gefolge einer Impfung. In dem genannten Zeitraum wurden insgesamt 74.871.502 Impfdosen verabreicht.
Meldefälle beim PEI: Kaum untersucht, schwer zu interpretieren
Die Zahlen sind dennoch schwer zu interpretieren. So erfasst das PEI auch bei den neuartigen gentechnisch wirkenden mRNA- und Vektor-Impfstoffen die Impfreaktionen nicht proaktiv. Wie bei allen Medikamenten sollen die Betroffenen gegebenenfalls ihre Nebenwirkungen selbst melden, eigentlich müssen die Ärzte dies im Fall eines Verdachts tun. In der Realität gelangen so womöglich nur ein bis zehn Prozent der Fälle überhaupt auf diesem Weg an die Behörde. Das jedenfalls ergaben entsprechende Studien in der Vergangenheit.
Andererseits bekräftigen die Behörden, Leitmedien und diverse „Faktenchecker“ bei jeder Gelegenheit, dass es sich lediglich um Erkrankungen mit einem zeitlichen Zusammenhang zur Impfung handele. Damit haben sie zwar recht, das Problem bleibt dennoch: Das PEI selbst listet die Meldefälle zwar auf, ordnet selbst aber keine weiteren, näheren Untersuchungen an, weil dies „nicht seine Aufgabe“ sei, wie es mehrfach gegenüber der Autorin betonte.
So könnte es einerseits sein, dass einige der gemeldeten gesundheitlichen Schäden tatsächlich lediglich zufällig nach einer Impfung auftraten. Andererseits muss aber von einem zehn- bis vielleicht hundertfach höheren Ausmaß mutmaßlicher Nebenwirkungen ausgegangen werden, als tatsächlich bis zum PEI gemeldet wurden.
Mehr Frauen betroffen, viele bleibende Schäden
Der von den Pharma-Konzernen Pfizer und BioNTech hergestellte und vermarktete mRNA-Impfstoff Comirnaty wurde in Deutschland bisher am meisten verimpft. Laut PEI waren das bis Ende Juni 54,9 Millionen Impf-Einheiten. 23,85 Millionen Menschen seien bis dahin doppelt, also vollständig geimpft gewesen. Dem PEI wurden bezüglich dieses Vakzins 49.735 Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen gemeldet, darunter 5.781 schwerwiegende. 1,1 Prozent aller Meldefälle endeten demnach mit dem Tod eines Patienten, bei 1,3 Prozent sei ein bleibender Schaden entstanden. In knapp drei von vier Fällen waren Frauen betroffen.
Eine kritische Bilanz weist auch das Vektor-Vakzin „Vaxzevria“ des schwedisch-britischen Pharma-Riesen AstraZeneca auf. Laut PEI-Bericht wurden davon in Deutschland bislang 11,57 Millionen Impf-Dosen verabreicht. 2,44 Millionen Menschen seien damit bis Ende Juni doppelt geimpft gewesen. Dem PEI wurden 39.398 Verdachtsfälle auf Impfkomplikationen im Zusammenhang mit diesem Vakzin gemeldet, darunter 3.899 schwerwiegende Fälle. Mit knapp 71 Prozent betraf auch hier die Mehrzahl der Meldungen Frauen. 0,3 Prozent aller dieser Fälle endeten laut PEI mit dem Tod und 1,1 Prozent mit einem bleibenden Schaden für Betroffene.
Von dem neuerdings „Spikevax“ genannten Vakzin mRNA-1273 des Pharma-Unternehmens Moderna verabreichten Ärzte in Deutschland bis Ende Juni 6,47 Millionen Dosen. 2,77 Millionen Menschen wurden bis dahin damit doppelt geimpft. Das PEI erreichten dazu bislang 14.153 Meldungen über unerwünschte Reaktionen, darunter 629 schwere. Auch hier waren mit 76,1 Prozent vor allem Frauen betroffen. Bei etwa einer von 1.000 Meldungen verstarb die Person, in jedem hundertsten Fall sei ein bleibender Schaden entstanden.
Zwei geimpfte Kinder in Klinik behandelt
Mit dem erst vor wenigen Wochen bedingt zugelassenen Vektor-Impfstoff Janssen (Ad26.COV2.S) des britischen Konzerns Johnson & Johnson wurden in Deutschland bis 30. Juni laut PEI 1,9 Millionen Menschen geimpft. Hier gilt bisher, dass für einen ausreichenden Impfschutz nur eine Dosis fällig ist. Nun mehren sich auch zu Janssen die Meldungen. So gingen beim PEI bis Ende Juni 3.061 Verdachtsfälle von Impfkomplikationen ein, davon seien 125 schwerwiegend gewesen. In knapp 54 Prozent der Meldefälle waren hier Frauen betroffen. Insgesamt, so das PEI, endeten im Fall Janssen bisher 0,1 Prozent aller Meldefälle mit dem Tod und 0,6 Prozent mit bleibenden Schäden. Wegen des kurzen Einsatzes könnte sich hier die Bilanz aber noch ändern.
Kinder sind zwar von COVID-19 so gut wie nicht betroffen. Dennoch ist der Impfstoff der Konzerne Pfizer und BioNTech seit Anfang Juni für die Altersgruppe von 12 bis 15 Jahren auf europäischer Ebene bedingt zugelassen. In Deutschland empfiehlt die Ständige Impfkommission (STIKO) am Robert Koch-Institut (RKI) sie jedoch nach wie vor lediglich für Kinder dieser Altersgruppe im Falle bestimmter Vorerkrankungen, weil nur diese Kinder und Jugendlichen ein höheres Risiko hätten, schwer an Corona zu erkranken.
Das schlägt sich in den Meldezahlen des PEI nieder. Das Bundesinstitut gibt 24 mitgeteilte Verdachtsfälle auf Nebenwirkungen bei geimpften 12- bis 15-Jährigen an. Zwei Kinder mussten demnach damit im Krankenhaus behandelt werden. Wie viele Kinder dieses Alters überhaupt bis Ende Juni in Deutschland geimpft wurden, geht aus dem Bericht aber leider gar nicht hervor, was die Fallzahlen praktisch wertlos macht.
Immer mehr TTS-Fälle – 24 Tote
Als schwere Nebenwirkung mittlerweile anerkannt wurde bereits das TTS-Syndrom im Zusammenhang mit Vaxzevria von AstraZeneca. Dabei handelt es sich um schwere Thrombosen in Hirn-, Leber-, Darm-, Milz- oder Beingefäßen und einem gleichzeitig auftretenden Abfall der Anzahl von Blutplättchen. Letzteres, eine sogenannte Thrombozytopenie, wird nach bisheriger Erkenntnis durch eine Autoimmunreaktion ausgelöst und kann zu schweren Blutungen im Gehirn oder anderen Organen des Körpers führen.
Bis Ende Juni nun meldete das PEI 157 TTS-Fälle. Knapp zwei Drittel der Betroffenen waren Frauen. 24 Personen starben laut Bundesinstitut an diesen Impfkomplikationen, 14 davon waren jünger als 60 Jahre. Das Durchschnittsalter der TTS-Fälle, die – wenn nicht gar tödlich – häufig mit bleibenden Schäden enden, lag mit 49,5 Jahren weit unter dem Durchschnittsalter der COVID-19-Toten. Letzteres entspricht in etwa dem mittleren Sterbealter von gut 80 Lebensjahren.
TTS-Fälle traten aber auch bei anderen Impfstoffen als nur dem von AstraZeneca auf. So meldete das PEI inzwischen sechs Fälle nach dem Vektor-Vakzin Janssen – alle Personen waren jünger als 50 Jahre. Ein Mann im Alter zwischen 30 und 39 starb daran. Zwölf Verdachtsfälle auf TTS betrafen Comirnaty von Pfizer/BioNTech und einer den Impfstoff Spikevax von Moderna.
Thrombosen und Blutungen: Hunderte verstorben
Eine besonders große Rolle bei den Impfkomplikationen scheinen generell Thrombosen zu spielen. Im ersten Halbjahr erreichten das Bundesinstitut nach eigenen Angaben 2.138 Meldungen über daran Erkrankte. 200 Betroffene, also knapp jeder Zehnte, erlagen ihrem Leiden.
1.076 gemeldete Thrombose-Fälle mit 143 Todesopfern betrafen den am häufigsten verabreichten Impfstoff Comirnaty von Pfizer/BioNTech. 943 Thrombosen mit 48 Verstorbenen gehen wohl auf das Konto des Vakzins Vaxzevria von AstraZeneca. 96 dieser Erkrankungen mit fünf Todesfällen wurden nach der Injektion des Moderna-Impfstoffs gemeldet und 23 Thrombosen mit vier Todesfällen ereigneten sich nach Impfung mit dem Janssen-Vakzin.
Erstmals meldete das PEI auch starke Blutungen als Verdachtsfälle, darunter auch übermäßig schwere und lang andauernde Menstruationen, teils sogar bei Frauen, welche die Menopause bereits lange hinter sich hatten. Über derlei Vorkommnisse nach einer COVID-19-Impfung wird bereits seit Monaten auf verschiedenen Internet-Plattformen berichtet, auch größere Medien hatten diese Fälle bereits aufgegriffen.
Beim Paul-Ehrlich-Institut gingen demnach bisher 1.128 Meldungen über schwere Blutungen bei kurz zuvor Geimpften ein, 45 Menschen sind demnach bis Ende Juni sogar daran verstorben.
727 Betroffene, darunter zwölf Verstorbene (1,65 Prozent), waren mit dem Impfstoff von AstraZeneca geimpft worden. Nach einer Impfung mit Comirnaty von Pfizer/BioNTech traten 356 Fälle von Blutungen auf, 31 Menschen (8,7 Prozent) starben daran. Nach einer Gabe des Moderna-Vakzins erfasste das PEI 43 Fälle mit am Ende zwei Toten (4,65 Prozent), nach einer Janssen-Gabe gingen zwei Fälle bei dem Institut ein.
Das PEI sieht bezüglich der Meldungen über Blutungen derzeit jedoch keine Gefahr. In seinem Bericht schreibt das Institut dazu wörtlich: „Unter Berücksichtigung der Impfquote wird derzeit kein Risiko gesehen.“ Mit anderen Worten: Es sieht keine Auffälligkeiten angesichts der erfassten Fallzahlen.
Herz-Entzündungen und Autoimmun-Schocks
Nicht nur, aber auch in Deutschland traten vermehrt Entzündungen des Herzmuskels oder Herzbeutels nach einer COVID-19-Impfung auf. Ein Zusammenhang mit dem Vakzin Comirnaty von Pfizer/BioNTech gilt als wahrscheinlich. Dem PEI wurden bis Ende Juni 173 solcher schwerwiegenden Erkrankungen gemeldet. Betroffen sind vor allem jüngere Menschen, häufig Männer.
Nach Moderna-Impfung, ebenfalls auf mRNA-Basis, verzeichnete die Behörde bislang 31 Fälle von Herzmuskel-Entzündungen. Nach AstraZeneca-Spritzen traten demnach 21 Herz-Entzündungen auf, zu einem weiteren Fall kam es nach einer Janssen-Impfung. Von den insgesamt 226 Betroffenen – vier waren unter 18 und 102 zwischen 18 und 59 Jahren alt – verstarben nach PEI-Angaben sechs Männer und drei Frauen.
Außerdem wurden bis Ende Juni 362 anaphylaktische Schocks gemeldet. Diese Reaktionen treten meist sehr schnell nach einer Impfung auf. Betroffene müssen umgehend behandelt werden. Ursache ist ein überreagierendes Immunsystem.
Entzündung des Rückenmarks mit Lähmungen
Das PEI sieht inzwischen auch einen Zusammenhang zwischen den Impfungen und dem sogenannten Guillain-Barré-Syndrom (GBS). Nach Gaben von Vaxzevria (AstraZeneca) sei diese Erkrankung häufiger gemeldet worden, „als aufgrund der Anzahl geimpfter Personen zufällig erwartet würde, was auf ein Risiko-Signal hinweist“. Das PEI registrierte demnach 83 solcher Fälle. Sechs Betroffene seien auf einer Intensiv-Station behandelt worden und zwei daran verstorben.
Das GBS ist eine Entzündung des Rückenmarks und der von dort ausgehenden Nerven. Ausgelöst wird es durch eine Autoimmun-Reaktion. Es führt zu starken Schmerzen und Lähmungen in verschiedenen Körperregionen, die dauerhaft bestehen bleiben können.
Quelle: RT-Deutsch
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