Corona-Politik der Staatsregierung: Eine Chronik der juristischen Klatschen

Immer wieder werden die Corona-Maßnahmen des Ministerpräsidenten von Gerichten gekippt – nun fällt das Grillverbot. Eine Chronik des Scheiterns

München – Schauplatz war in der vergangenen Woche das breite Kiesufer der Isar in München: Ein Ehepaar über 50 legte in der dort ausgewiesenen Grillzone weitab anderer Sonnenanbeter gerade zwei Schweinesteaks auf einen mitgebrachten Grill, als zwei Bedienstete des städtischen Kreisverwaltungsamts erschienen. Sie müssten die Steaks wieder vom Grill nehmen und das Feuer löschen, verlangten die Ordnungshüter, wegen der Corona-Regeln. Bleiben könnten sie schon, das sei erlaubt.

Solch absurde Szenen ähneln denen zu Beginn der Pandemie, als übereifrige Ordnungshüter Rentner von Parkbänken verscheuchten.

Dem hat jetzt der Bayerische Verwaltungsgerichtshof (BayVGH) einen Riegel vorgeschoben und das landesweit vorgeschriebene Grillverbot gekippt. Mit deutlichen Zeichen des Missvergnügens strich das Gesundheitsministerium die Vorschrift aus der Infektionsschutzmaßnahmenverordnung. Die Grill-Saison neige sich sowieso ihrem Ende zu, hieß es. Aus Sicht der Corona-Bekämpfung sei die Gerichtsentscheidung aber ein „fragwürdiges Signal“.

Hinzu kommt die juristische Klatsche für das Alkohol-Verbot die indirekt auch die bayerische Landesregierung trifft.

Der BayVGH, bei dem die meisten der Corona-Verfahren in zweiter Instanz landen, schaut jetzt genauer hin als zu Beginn der Pandemie, als die Infektionszahlen exponentiell in die Höhe schossen.

Keine Zustimmung für undifferenzierte Verbote

Undifferenzierte Verbote finden nicht mehr die Zustimmung des obersten bayerischen Gerichts in Verwaltungsangelegenheiten, wie etwa das der Gastronomie auferlegte Beherbergungsverbot für Gäste aus Regionen mit besonders hoher Infektionsrate.

Der Clou dieser damals unter dem Eindruck des Hotspots im Raum Bielefeld getroffenen Regelung: Das als „unverhältnismäßig“ gekippte Beherbergungsverbot sollte nur für Bürger aus anderen Bundesländern gelten. Beanstandet wurde bereits im April das Verkaufsverbote für große Einzelhandelsgeschäfte.

Für „unverhältnismäßig“ hielten die Richter ferner die ursprünglich vorgeschriebene Begrenzung der Bewirtungszeiten in Gaststätten auf die Zeit zwischen sechs und 22 Uhr. Es reiche aus, den Ausschank auf eine bestimmte Zeit zu begrenzen, meinten die Richter und erlaubten längere abendliche Öffnungszeiten.

Für Infektionsschutz unverhältnismäßige Verbote

Das Verwaltungsgericht Regensburg hatte gleich mehrfach für juristische Niederlagen des Freistaats gesorgt: Bei den Beschränkungen für Geschäfte und Gastronomie sowie dem Verbot, Wellness-Anlagen zu nutzen, und zum anderen bei den Beschränkungen der Kinderbetreuung. Auch hier lautete die zentrale Begründung stets: „unverhältnismäßig“. Der Grundgedanke ist immer ähnlich: Maßnahmen und Verbote dürfen nicht über das verfolgte Ziel, nämlich den Infektionsschutz, hinausschießen.

Die jüngsten Entscheidungen des BayVGH haben die Erfolgsbilanz der Staatsregierung in Covid-19-Angelegenheiten verschlechtert. Ende Juni noch hatte Staatskanzleichef Florian Herrmann die Zahl der „nicht gewonnenen“ Gerichtsverfahren in Sachen Corona-Verbote auf gerade einmal acht von mehr als 200 beziffert.

Bayerns Ministerpräsident Söder ist aber der Ansicht, dass die paar verlorenen Fälle nicht groß ins Gewicht fallen. Die Corona-Verordnungen seiner Regierung seien generell „juristisch vertretbar und verhältnismäßig“.

Quelle: Abendzeitung München

Bild: Pixabay – Preiselbauer


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