Sophie Scholl bei den Querdenkern? Die Moralkampagne der empörten Gerechten

Sie fühle sich wie Sophie Scholl, sagte eine junge Demonstrantin in Hannover – und erntete umgehend eine enorme Welle von Empörung, Spott und Häme. Nur: Haben die Empörten wirklich Grund, empört zu sein? Oder wird hier wieder einmal mit zweierlei Maß gemessen?

Quelle: RT-Deutsch von Jens Zimmer

Auf einer „Querdenken“-Kundgebung in Hannover steigt die 22-jährige Jana auf eine Bühne und beginnt, in der Öffentlichkeit zu sprechen. Sie erklärt, sie fühle sich wie „Sophie Scholl“, da sie seit Monaten im Widerstand sei, Reden halte und auf Demonstrationen gehe. Ein unangemessener und dummer Vergleich. Sie wolle auch nicht mehr aufhören, sich für Frieden, Freiheit, Liebe und Gerechtigkeit einzusetzen.
Ihre Stimme zittert. Jana ist bei ihrem Auftritt sichtlich nervös. Im Hintergrund rufen die Teilnehmer einer Gegenkundgebung „Haut ab!“

Ganze 35 Sekunden lang spricht Jana, da tritt ein Mann vor die Bühne und hält ihr ein Leibchen entgegen. Für so einen „Schwachsinn“ wolle er kein Ordner mehr sein. Was hier geschehe, sei eine „Verharmlosung des Holocaust“. Unter Tränen stürmt die junge Frau daraufhin von der Bühne. Der Mann mit dem Leibchen wird von der Polizei weggeführt. Im Hintergrund brüllen die Gegendemonstranten jetzt „Halt die Fresse!“

Online gehen die Aufnahmen des Vorfalls umgehend viral. Die Twitteria ergießt sich in Häme, die Presselandschaft jubiliert.

Gut gebrüllt, doch es fällt schwer, diesen Heiko Maas auch beim Wort zu nehmen. Noch nie entrüstete sich der deutsche Außenminister, wenn seine politischen „Gegner“ als „Nazis“ diffamiert wurden. Ein mindestens ebenso infamer Vergleich und ohne jeden Zweifel die Verharmlosung des Holocaust. Erst vor wenigen Tagen noch bezichtigte Maas höchstselbst die Kritiker des erweiterten Infektionsschutzgesetzes des „Antisemitismus“. Nach eigenen Maßstäben eine Verharmlosung des Holocaust sondergleichen.

Doch nicht nur der deutsche Außenminister lässt den eingeforderten „Anstand“ bei sich selbst vermissen. 

Auch im deutschen Blätterwalde herrscht dröhnendes Schweigen, wenn die Kritiker ein für alle Mal verkündeter Wahrheiten öffentlich als „Nazis“ angeprangert werden. 

Die sonst so breit herausgestellte Pietät der „Goldenen Mitte“ endet augenscheinlich dort, wo der politische Gegner diffamiert werden kann.

Beinahe regungslos sieht man zu, wie Millionen Ermordete noch einmal in den politischen Grabenkampf gezerrt werden. 

Wenn der Holocaust zum Werkzeug im eigenen Arsenal der Rhetorik mutiert, dann schweigen die Gerechten still ob seiner „Verharmlosung“, wenn er zum Herzstück vielfältiger Totschlagargumente wird, die bar jeden Inhalts stets eine Anleihe beim Original benötigen und diesem schrecklichen Original seine furchtbare Bedeutung am Ende Stück für Stück entrissen wird. Doch die „Gerechten“ schweigen still.

Der empörte Ordner war möglicherweise gar kein Ordner.

Es handelte sich eventuell um einen „Aktivisten“ aus dem Milieu, das sich selbst als antifaschistisch versteht, ein „Gerechter“ also.

Das Ganze wäre demnach nur eine Inszenierung und die „Verharmlosung des Holocaust“ bloß Teil eines geplanten Schauspiels zur Bloßstellung eines politischen Gegners. Sämtliche Medien berichteten, ein empörter Ordner sei von dannen gezogen, abgestoßen von der Verharmlosung des Holocaust!

Doch was ist wirklich passiert? 

Wurde der Holocaust tatsächlich verharmlost? 

Und wenn ja, von wem? 

Jemand hat ihn sich womöglich zunutze gemacht, um ein ganz bestimmtes Ziel zu erreichen. Jemand, in dessen Händen eine solche Verharmlosung etwas „Gutes“ sein soll.

Erinnern Sie sich noch an den „Eklat im Reichstag“ kürzlich? 

Gäste der AfD hatten sich gegenüber dem Bundeswirtschaftsminister Peter Altmaier überaus ungebührlich verhalten. Es folgte eine aktuelle Stunde, in der ein Konglomerat aus etablierten Parteien den unerwünschten Neuzugang im Parlament als „Feinde der Demokratie“ brandmarkte. Nicht nur im hohen Hause, auch medial wurde dieses Gift verspritzt.

Auf den ersten Blick haben Wirtschaftsminister Altmaier und die Demonstrantin Jana wenig gemeinsam. Hier haben wir den Spitzenpolitiker, der in einem geschützten Rahmen völlig unerwartet auf renitente Bürger trifft. Dort haben wir eine 22 Jahre junge Frau, der auf einer Bühne stehend eine perfide Falle gestellt wird. Im Falle des Spitzenpolitikers wurde umgehend eine Gefahr für die Demokratie attestiert. Im Falle der jungen Demonstration gab es hingegen nur Häme und Spott.

Eines haben die beiden Fälle nun doch gemeinsam: Hinter beiden lauert schlussendlich das Monstrum des Holocaust! Vielleicht nicht auf den ersten Blick, doch ganz am Ende des fürchterlichen Kaninchenbaus, am Ende aller Diffamierung liegt es und droht. Nicht mehr als Gedenken, nicht mehr als Mahnmal und auch nicht mehr als finsterer Leuchtturm unfassbaren Schreckens. Heute fungiert das Monstrum als politischer Knüppel gegen unbotmäßige Gedanken, als Feuerpeitsche in den Köpfen. Verharmlost wird der Holocaust durch diesen Missbrauch allein auf Twitter zehntausendmal am Tag. Aus einem Menschheitsverbrechen wurde ein Kettenhund, der ein ganzes Land disziplinieren soll. Und jene, die die größten Reden schwingen, sind jene, die das Monster täglich füttern.

Auf Twitter stellte Heiko Maas unlängst Folgendes klar:

Nein, mit den „Nazis“ will Maas selbstverständlich keine Gemeinsamkeiten haben. Auch wenn der Vorwurf eigentlich gar nicht so weit hergeholt zu sein scheint. Mit Paragraph 28a IfSG hat sich die Bundesregierung ihre verfassungswidrigen Einschränkungen der Bürgerrechte einfach nur nachträglich genehmigt. Als das Gesetz am 18.11.2020 im Eilverfahren durchgepeitscht wurde, ließ Innensenator Andreas Geisel die Demonstranten vor dem Brandenburger Tor mit Wasserwerfern bekämpfen. Also Menschen, die dagegen protestierten, dass sich eine Regierung ihre Verfassungsbrüche genehmigen lässt.

Als Rechtfertigung diente auch Geisel schlussendlich wieder der Schrecken des Holocaust. Ganz am Ende des Tunnels zeigte das Monstrum auch hier wieder seine hässliche Fratze. Es seien „harte Rechte“ dabei gewesen, die die demokratische Grundordnung angreifen wollten, so erklärte es Geisel. Und wer wollte sich schon auf deren Seite stellen? Spinnt man die Gedanken über „harte Rechte“ bis zu Ende, warten dort nur Krieg, Gewalt, Elend – und Auschwitz.
Wie von Geisterhand ergossen sich dann auch über diese Demonstranten nur noch Hohn und Spott! Ein Muster, das sich zu wiederholen scheint.

Der Schluss dieses Artikels gebührt selbstverständlich einem Bonmot von Heiko Maas, einem Champion, wenn es darum geht, die Monster dieser Gesellschaft zu füttern.

Nichts verbindet Coronaproteste mit Widerstandskämpfer*Innen.

Nichts!

Selbstverständlich nicht – und Maas muss es wissen, immerhin ist er Minister. 

Zu allen Zeiten definierten Menschen wie er, was gerechter Widerstand ist und was nicht. Was Anstand ist und was nicht. Und natürlich, was historische Figuren wie Sophie Scholl tun würden.

Bei genauer Betrachtung erdreistet sich nämlich nicht nur Jana, einfach in Sophie Scholls Schuhe zu schlüpfen. Auch Maas und all die Empörten geistern im Kopf ihrer Ikone herum. Und finden dort nur das, was sie ohnehin schon denken. Tatsächlich weiß doch niemand, was Sophie Scholl heute tun würde. Aber alle sind sich sicher, sie wären ganz bestimmt mit ihr auf einer Seite.

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2 Comments

  1. Thomas Szejnmann

    Aus der Geschichte muss eine Lehre gezogen werden: Der Veranstalter einer Demo muss genau prüfen
    wen er an das Mikrofon lässt! 22-jährige unerfahrene Leute und Leute die wirres Zeug reden haben da nichts zu suchen, auch, wenn sie dieselbe Meinung wie die Veranstalter haben. Wir wollen doch die Leute überzeugen –
    natürlich müssen dann auch überzeugende Menschen für uns sprechen!
    Die Reaktion in diesem Artikel hier finde ich schlecht. Warum solche Haarspaltereien?
    Ist es so schwer zu sagen: „OK, das war Mist, es wird nicht mehr vorkommen“ ?

  2. Jens

    [Liebe Redaktion, sehe ich das richtig – dass mein durchaus konstruktiv zum Thema geschriebenen Kommentar gelöscht wurde, während er fast gleichlautend unter dem Original-Artikel bei RT stehen bleiben darf? Falls ja, warum? Bis zu Rückmeldung dazu herzlich: Alles Gute aus Köln!]

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