Die direkte Demokratie nach Schweizer Vorbild gilt international als Erfolgsmodell.

Auch die Schweizer Bevölkerung und Politiker sind von ihrem politischen System überzeugt.

 «In der Eidgenossenschaft steht die Pyramide auf dem Kopf: Unten liegt die Spitze (die sieben Mitglieder des Bundesrates), dann folgt der Mittelbau (die beiden Parlamentskammern), und zuoberst thront das Fundament: der Souverän, die Schweizer Bürgerinnen und Bürger.» 

Die Schweiz als Refugium der funktionierenden Selbstbestimmung?

Bei allem Eigenlob und aller Zufriedenheit geht eine Frage weitgehend unter: Wie direktdemokratisch ist die Schweiz tatsächlich?

David Dürr, Basler Wirtschaftsanwalt und Professor für Privatrecht und Rechtstheorie an der Universität Zürich, behauptet: Sie ist es gar nicht – und macht einen provokanten Vorschlag: Das bisherige System soll einer Anarchie weichen.

Auch Exekutive und Judikative setzen Recht

"Man sagt, es sei alles demokratisch legitimiert, aber wenn man nachrechnet, nachkontrolliert, dann stimmt das gar nicht.», so David Dürr.

Obwohl die Schweiz gemeinhin als «direkte Demokratie» bezeichnet wird, ist sie es gar nicht. In einer reinen direkten Demokratie entscheidet das Volk alles selbst, ein Parlament ist darin nicht vorgesehen.

Doch in der Schweiz bestimmt der «Souverän», das Volk, alle vier Jahre die Vertreter, die er nach Bern schickt, um Gesetze auszuarbeiten. Wegen dieses repräsentativen Hauptelements bezeichnen Experten die Schweiz als «halbdirekte Demokratie».

Wie viel können die Schweizer Stimmbürger in diesem System also ¬direkt bestimmen?

Nimmt man strikt die griechischen Wortwurzeln «demos» und «kratie» – «Volk» und «Herrschaft» – zum Massstab, müsste sich jedes Individuum eines Stimmvolks fragen:

«Wie vielen der Vorschriften, denen ich unterworfen bin, habe ich zugestimmt?» – ausgezählt bis auf die letzte Vorschrift?

Dann fangt mal an zu zählen liebe Schweizerinnen und Schweizer!

Text: David Dürr, Radio Qfm

Bild: Radio Qfm