Migrantenpartei in Wien – “Demographischer Wandel” und nun folgt der “Politische”…

Migrantenparteien, also politische Bewegungen, die sich explizit an Menschen mit Migrationshintergrund richten oder Themen wie Integration, kulturelle Vielfalt und soziale Gerechtigkeit in den Vordergrund stellen, sind in Europa ein kontrovers diskutiertes Phänomen.

 

In Wien hat die Partei „SÖZ – Soziales Österreich der Zukunft“ in jüngster Zeit Aufmerksamkeit erregt, unter anderem durch ihre Wahlkampfkampagne für die Gemeinderatswahlen 2025.

 

Der vorliegende Bericht analysiert die Chancen von SÖZ in Wien, beleuchtet die politische Agenda der Partei und vergleicht sie mit ähnlichen Organisationen in anderen deutschsprachigen Städten wie Berlin, München, Zürich oder Hamburg.

 

Hier eine tiefgehende Recherche zu den strukturellen, demografischen und politischen Rahmenbedingungen

 

1. SÖZ in Wien: Profil und politische Agenda

Hintergrund und Gründung


SÖZ wurde 2018 von Hakan Gördü gegründet, einem ehemaligen Mitglied der Union Europäisch-Türkischer Demokraten (UETD). Die Partei versteht sich als „Bürgerrechtsbewegung“, die sich gegen Diskriminierung, Rassismus und den Rechtsruck in der österreichischen Politik wendet.
 
Ihr Programm richtet sich vor allem an Menschen mit Migrationshintergrund, insbesondere aus türkischen, arabischen und anderen muslimischen Communities, betont aber auch die Einbindung von Menschen ohne Migrationshintergrund. SÖZ kandidiert regelmäßig bei Wahlen in Wien, bisher jedoch mit begrenztem Erfolg – etwa 0,4 % bei den Nationalratswahlen 2024 als Teil der „Liste GAZA“.
Politische Schwerpunkte
 
Die Agenda von SÖZ umfasst Themen wie soziale Gerechtigkeit, bessere Bildungschancen und den Kampf gegen Rassismus. Besonders auffällig sind jedoch Forderungen, die kulturelle und religiöse Identität betonen, etwa die Einführung eines bundesweiten Feiertags zum Ramadan-Ende (Eid al-Fitr), öffentliche Ramadan-Lichterketten in Wien-Favoriten oder ein Frauenbad ohne Männerzugang.
 
Solche Vorschläge haben Diskussionen über eine mögliche „Islamisierung“ ausgelöst, während die Partei selbst betont, für Vielfalt und Gleichberechtigung zu stehen.
Ein weiteres kontroverses Thema ist die Zusammenarbeit mit der „Liste GAZA – Stimmen gegen den Völkermord“, die 2024 bei den Nationalratswahlen antrat.
 
Diese Liste fokussiert sich stark auf den Nahostkonflikt, insbesondere die Situation in Gaza, und vertritt eine klare anti-israelische Haltung. SÖZ unterstützte die Liste im Wahlkampf, und die Spitzenkandidatin von SÖZ, Sali Attia, war zuvor für die Liste GAZA aktiv.
 
Diese Verbindung hat Kritik hervorgerufen, da die Liste GAZA von einigen als antizionistisch oder gar antisemitisch wahrgenommen wird, was die Partei bestreitet.
 

Wahlkampf 2025


Im aktuellen Wiener Wahlkampf setzt SÖZ auf eine stark sichtbare Präsenz, etwa durch Plakate mit dem Slogan
 

„Die neue Wiener Bürgermeisterin“

 
und der Kandidatin Sali Attia, einer Lehrerin mit Kopftuch.
 
Die Kampagne betont „rassismusfreie Jahre“ und zielt darauf ab, Wählerinnen in Bezirken mit hohem Migrantenanteil wie Favoriten oder Brigittenau zu mobilisieren. Die Partei nutzt soziale Medien intensiv, um ihre Botschaften zu verbreiten, was besonders bei jüngeren Wählerinnen Anklang finden könnte.
 

2. Chancen von SÖZ in Wien

Demografische Grundlage

Wien ist eine der diversesten Städte Europas:

 
Etwa 33 % der Wiener Bevölkerung haben einen Migrationshintergrund, und in Bezirken wie Favoriten liegt dieser Anteil deutlich höher.
 
Besonders türkischstämmige und arabischsprachige Communities bilden eine relevante Wählerbasis für SÖZ.
 
Studien zeigen, dass Menschen mit Migrationshintergrund oft das Gefühl haben, von etablierten Parteien nicht ausreichend repräsentiert zu werden, was Parteien wie SÖZ eine Nische eröffnet.
 

Politische Landschaft


Die Wiener Politik ist traditionell von der SPÖ dominiert, die seit Jahrzehnten den Bürgermeister stellt.

 
Allerdings hat die SPÖ in den letzten Jahren in migrantischen Communities an Rückhalt verloren, etwa durch eine härtere Linie in der Asylpolitik.
 
SÖZ könnte hier Wähler*innen ansprechen, die sich entfremdet fühlen.
Gleichzeitig steht die Partei in Konkurrenz zu anderen kleineren Bewegungen wie den Grünen oder NEOS, die ebenfalls für Diversität und soziale Gerechtigkeit werben.
 

Herausforderungen


Trotz ihrer Zielgruppe steht SÖZ vor mehreren Hürden:

  • Fragmentierung der Wählerbasis: Migrantencommunities sind heterogen und nicht automatisch für eine Partei wie SÖZ empfänglich. Viele bevorzugen etablierte Parteien.
  • Politische Polarisierung: Die anti-israelische Rhetorik der Liste GAZA und die religiösen Forderungen von SÖZ stoßen bei vielen Wiener*innen auf Ablehnung, auch innerhalb migrantischer Communities.
  • Ressourcen: Als kleine Partei fehlen SÖZ finanzielle Mittel und organisatorische Strukturen im Vergleich zu SPÖ, ÖVP oder FPÖ.
  • Wahlsystem: Das Wiener Wahlsystem begünstigt große Parteien, und SÖZ müsste die Sperrklausel von 5 % überwinden, um in den Gemeinderat einzuziehen – eine hohe Hürde bei bisherigen Ergebnissen unter 1 %.
 

Potenzial

Die Chancen von SÖZ hängen stark von ihrer Mobilisierungsfähigkeit ab.

 
In Bezirken mit hohem Migrantenanteil könnte die Partei lokal punkten, etwa durch gezielte Kampagnen in Moscheen oder Kulturvereinen. Langfristig könnte eine wachsende junge migrantische Bevölkerung den Einfluss solcher Parteien stärken, besonders wenn etablierte Parteien die Integrationsdebatte vernachlässigen.
 
Kurzfristig ist ein Einzug in den Gemeinderat jedoch unwahrscheinlich, da SÖZ bisher nur eine kleine Basis hat.
 

3. Vergleich mit anderen deutschsprachigen Städten

 
Um die Situation von SÖZ einzuordnen, lohnt ein Blick auf ähnliche Organisationen in anderen deutschsprachigen Städten.
 
Migrantenparteien oder Bewegungen mit Fokus auf Diversität gibt es in unterschiedlichen Formen, wobei ihre Strukturen und Erfolge stark von lokalen Gegebenheiten abhängen.
 

Berlin:

 
DİVA – Deutsche mit internationaler Vielfalt
In Berlin existiert die Initiative DİVA, die sich ähnlich wie SÖZ an Menschen mit Migrationshintergrund richtet, insbesondere aus der türkischen Community.
 
DİVA ist jedoch keine eigenständige Partei, sondern eher ein Netzwerk, das mit etablierten Parteien wie den Grünen oder der SPD kooperiert.
 

Ihre Themen ähneln denen von SÖZ:

 
Anti-Diskriminierung, Bildungsgerechtigkeit und kulturelle Anerkennung. Im Gegensatz zu SÖZ vermeidet DİVA jedoch eine stark religiöse oder nahostpolitische Ausrichtung, was ihre Akzeptanz in der breiten Bevölkerung erhöht.
DİVA hat keinen direkten Einfluss auf Wahlen, stärkt aber die Repräsentation von Migranten in bestehenden Parteien.
 

München:

 
Keine explizite Migrantenpartei
In München gibt es keine vergleichbare Migrantenpartei wie SÖZ. Stattdessen engagieren sich migrantische Communities oft über Vereine oder Initiativen wie den „Migrantenbeirat“, der die Stadtverwaltung berät.
 
Politisch sind migrantische Themen in München vor allem bei den Grünen und der SPD präsent, die gezielt Wählerinnen mit Migrationshintergrund ansprechen.
Einzelne Kandidatinnen mit türkischem oder arabischem Hintergrund sind in den Stadtrat gewählt worden, aber eine eigenständige Partei fehlt.
 
Dies liegt vermutlich an der geringeren Bevölkerungsdichte migrantischer Communities im Vergleich zu Wien oder Berlin.
 

Hamburg:

 
Zukunftspartei und andere Initiativen
In Hamburg gibt es die „Zukunftspartei“, die 2016 gegründet wurde und sich teilweise an Migranten richtet. Sie fokussiert auf Themen wie Bildung, soziale Gerechtigkeit und Klimaschutz, hat aber eine breitere Zielgruppe als SÖZ und vermeidet eine stark religiöse Ausrichtung.
 
Die Partei ist klein und konnte bisher keine nennenswerten Wahlerfolge erzielen. Ähnlich wie in Berlin gibt es in Hamburg Netzwerke wie „Yeni Özgür Politika“, die sich an türkischstämmige Wähler richten, aber eher mit linken Bewegungen als mit eigenständigen Parteien verbunden sind.
 

Zürich:

 
Keine Migrantenpartei, aber starke Integration

In Zürich gibt es keine Migrantenpartei im engeren Sinne. Stattdessen sind migrantische Themen in die Programme von SP, Grünen und AL (Alternative Liste) integriert, die alle gezielt Diversität fördern.
 
Die Schweiz hat eine lange Tradition der Integration von Migrant*innen in bestehende Parteien, was eigenständige Migrantenparteien weniger notwendig macht.
 
Dennoch gibt es Initiativen wie „Secondas Plus“, die sich für die politische Partizipation von Menschen mit Migrationshintergrund einsetzen, jedoch nicht als Partei auftreten.
 

Vergleichende Analyse


Im Vergleich zu Wien sind Migrantenparteien in anderen deutschsprachigen Städten weniger präsent oder erfolgreich. Dies liegt an mehreren Faktoren:
  • Politische Kultur: In Deutschland und der Schweiz sind etablierte Parteien besser darin, migrantische Themen aufzunehmen, was den Bedarf an eigenen Parteien reduziert.
  • Demografie: Wien hat eine besonders hohe Konzentration an türkischstämmigen und muslimischen Communities, die eine gezielte Ansprache durch Parteien wie SÖZ erleichtert.
  • Religiöse Komponente: SÖZ hebt sich durch ihre religiösen Forderungen (z. B. Ramadan-Feiertag) von anderen Initiativen ab, was sowohl mobilisiert als auch polarisiert. In Berlin oder Hamburg spielen solche Themen eine untergeordnete Rolle.
  • Wahlsysteme: Die Hürden für kleine Parteien sind in allen Städten hoch, aber Wien bietet durch seine Bezirksstruktur potenziell mehr lokale Chancen für SÖZ als etwa Berlin mit seinem stärker zentralisierten System.

 

4. Gesellschaftliche und politische Implikationen

 
Integration vs. Separatismus
Migrantenparteien wie SÖZ werfen die Frage auf, ob sie Integration fördern oder eher zu einer Abgrenzung von der Mehrheitsgesellschaft beitragen. Befürworter sehen in SÖZ eine notwendige Stimme für marginalisierte Gruppen, während Kritiker warnen, dass religiöse oder nahostpolitische Schwerpunkte Spannungen verstärken könnten.
 
Besonders die Verbindung zur Liste GAZA hat Debatten über Antisemitismus und die Rolle des Nahostkonflikts in der österreichischen Politik angeheizt.
 

Langfristige Entwicklungen


Die demografische Veränderung in Städten wie Wien, Berlin oder Zürich könnte den Einfluss von Migrantenparteien langfristig erhöhen.
 
Eine wachsende junge Generation mit Migrationshintergrund, die sich politisch engagiert, könnte neue Bewegungen hervorbringen.
 
Gleichzeitig steht SÖZ vor der Herausforderung, über ihre Kernzielgruppe hinaus glaubwürdig zu wirken, um breiteren Rückhalt zu gewinnen.
 

Antisemitismus-Debatte


Die Verbindung von SÖZ zur Liste GAZA und deren anti-israelische Rhetorik hat die Partei in die Kritik gebracht. Studien, etwa des österreichischen Parlaments, zeigen, dass antisemitische Einstellungen in manchen migrantischen Communities verbreiteter sind als in der Gesamtbevölkerung, was Parteien wie SÖZ vor die Aufgabe stellt, klar Stellung zu beziehen.
 
Eine differenzierte Haltung zum Nahostkonflikt könnte helfen, Vorwürfe des Antisemitismus zu entkräften, ist aber politisch heikel.
 

5. Fazit und Ausblick

 
SÖZ hat in Wien durch die hohe Diversität der Stadt und die Unzufriedenheit mancher Wähler*innen mit etablierten Parteien eine gewisse Basis, bleibt aber eine Nischenpartei mit begrenzten Chancen auf einen Einzug in den Gemeinderat 2025.
 
Ihre religiösen und nahostpolitischen Schwerpunkte mobilisieren zwar eine kleine, aber engagierte Wählerschaft, stoßen jedoch auf breite Ablehnung in der Mehrheitsgesellschaft.
 
Vergleichbare Parteien in anderen deutschsprachigen Städten sind seltener und meist weniger religiös geprägt, da etablierte Parteien migrantische Themen stärker integrieren.
 
Langfristig könnte der Einfluss von Migrantenparteien wachsen, wenn sie es schaffen, über kulturelle oder religiöse Identität hinaus ein breiteres Programm zu entwickeln.
 
Für SÖZ wird entscheidend sein, ob sie ihre Botschaften so formulieren kann, dass sie nicht als polarisierend wahrgenommen werden. In anderen Städten zeigt sich, dass Netzwerke und Kooperationen mit bestehenden Parteien oft effektiver sind als eigenständige Migrantenparteien.
 
Die Wiener Erfahrung mit SÖZ könnte hier ein Testfall sein, der auch für andere Städte richtungsweisend ist.
 
B.W.

Quelle und Bilder: X  –Facebook

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