Niederlande: Skepsis im Parlament gegenüber WHO-Pandemievertrag wächst – Antrag auf Verschiebung

In den Niederlanden planen drei potenzielle Regierungsparteien die Einreichung eines Antrags im Parlament. Dieser sieht vor, dass die Regierung bei der WHO eine Verschiebung der Entscheidung über den Pandemievertrag beantragt oder diesen ablehnt.

Der Generalsekretär der Weltgesundheitsorganisation (WHO), Tedros Adhanom Ghebreyesus, strebt eine grundsätzliche Einigung über den sogenannten Pandemievertrag bis zur jährlichen Vollversammlung der UNO-Unterorganisation Ende Mai an. Danach sollen die Mitgliedstaaten den Vertrag ratifizieren. Ob dies geschehen wird, ist unsicher. Neben den USA, wo es im Repräsentantenhaus starken Gegenwind gibt, wächst auch in den Niederlanden die Skepsis.

Mögliche Regierungspartner fordern mehr Zeit zur Überprüfung des Pandemievertrags. Die Fraktionen der PVV, der Neuen Sozialvertrag (NSC) und der Bürger- und Bauernbewegung (BBB) verlangen eine Verschiebung der Entscheidung auf WHO-Ebene. Laut dem “Telegraaf” hat die BBB-Abgeordnete Mona Keijzer während einer Parlamentsdebatte einen entsprechenden Antrag gestellt. Sollte dieser auf WHO-Ebene nicht genehmigt werden, sollen die Niederlande dagegen stimmen.

Der endgültige Vertragstext befindet sich weiterhin in Verhandlung unter den mehr als 190 Mitgliedstaaten der WHO, so Keijzer. Es liegen immer noch über 300 Änderungsanträge vor, über die noch abgestimmt werden muss. Es wäre daher unverantwortlich, den Vertrag überstürzt durchzuwinken. Die neue Regierung solle sich Zeit nehmen, die Inhalte zu studieren, zu bewerten und dann eine Position zu beziehen.

Nachdem Geert Wilders es nicht geschafft hat, eine Mehrheit für ein Kabinett unter seiner Führung zu bilden, zeichnet sich ein sogenanntes Programmbündnis unter der Führung der VVD ab. Die PVV, NSC und BBB sollen daran beteiligt sein.

Es gibt massive Bedenken vor einem Souveränitätsverlust zugunsten der WHO.

Die scheidende Gesundheitsministerin Pia Dijkstra von den linksgerichteten Democraten 66 riet von einer Annahme des Antrags ab. Sie erklärt, dass ausreichend Verhandlungen geführt wurden und es jetzt nur noch um Details gehe. Sobald der Vertrag unterzeichnet sei, müssten die Mitgliedstaaten ihn ohnehin ratifizieren.

Das eröffne den nationalen Parlamenten erneut Zeit und Gelegenheit, sich mit den Inhalten zu beschäftigen und gegebenenfalls abzulehnen oder Vorbehalte geltend zu machen.

Die PVV, NSC und BBB fürchten einen erheblichen Verlust an Souveränität im Falle des Inkrafttretens des Pandemievertrags, bis hin zu einem Verlust der Mitsprache im Falle einer erneuten Pandemie. Es besteht die Befürchtung, dass die WHO die Niederlande unter dem Deckmantel dieses Vertrags zu Maßnahmen zwingen könnte, die von der Bevölkerung nicht akzeptiert würden.

Die PVV-Abgeordnete Fleur Agema verwies beispielsweise auf den Corona-Pass sowie auf die 2G- oder 3G-Regelungen, die über den Zugang zu Gaststätten oder Grenzübertritten entschieden haben.

Dijkstra wies diese Befürchtungen zurück. Im Vertrag sei explizit festgehalten, dass die Mitgliedstaaten keine Befugnisse an die WHO abtreten würden. Die Empfehlungen der WHO im Falle einer Pandemie auf Grundlage des Vertrags müssten zunächst von den nationalen Regierungen konkretisiert werden.

Die WHO betont den “rechtsverbindlichen” Charakter des geplanten Paktes. WHO-Generalsekretär Tedros macht unmissverständlich klar, dass es sich um einen “rechtsverbindlichen” Pakt zwischen kooperierenden Ländern handelt.

Dies würde in jedem Fall über den aktuellen Status hinausgehen, bei dem die Empfehlungen der WHO unverbindlich sind.

Tedros, der bereits 2018 vor einer möglichen Pandemie gewarnt hatte, auf die die Welt nur unzureichend vorbereitet sei, strebt mit dem Vertrag an, “den Zyklus von Nachlässigkeit und anschließender Panik zu durchbrechen”.

Die Corona-Pandemie hatte erhebliche Unruhe innerhalb der internationalen Gemeinschaft verursacht.

Noch heute suchen Millionen von Menschen nach Aufklärung über die wirklichen Hintergründe dieser angeblichen Pandemie. Die neusten Zahlen zeigen, das es in den Pandemiejahren so gut wie keine Übersterblichkiet in den weltweiten Ländern gab. Aber auch rein pragmatische Probleme dürften das Abkommen kippen.

Insbesondere ärmere Länder klagten über einen Mangel an Schutzausrüstung, “Impfstoffnationalismus” und die Weitergabe von Impfstoffen kurz vor ihrem Ablaufdatum als vermeintlichen Akt der Solidarität. Im Dezember 2021 beschlossen die Mitgliedstaaten der WHO daher, ein Abkommen auszuarbeiten.

Der derzeitige Verhandlungsstand zeigt, dass man sich darauf einigt, “Pandemien zu verhindern, sich darauf vorzubereiten und darauf zu reagieren”. Zudem soll gegen “Ungerechtigkeit” und die Beseitigung grober Ungleichheiten in Bezug auf Ressourcen vorgegangen werden.

Es besteht auch ein gemeinsames Interesse an einem frühzeitigen, sicheren und transparenten Austausch von Informationen, einschließlich Proben und genetischen Sequenzdaten von Erregern mit Pandemiepotenzial.

Es gibt weiterhin Uneinigkeit bezüglich der Details, die nicht nur die technische Umsetzung oder Finanzierung von Maßnahmen betreffen. Insbesondere Länder, die als bedeutende Standorte von Pharmaunternehmen gelten, wehren sich gegen Bestrebungen wie beispielsweise die frühzeitige Aufhebung des Patentschutzes.

Die “Neue Zürcher Zeitung” (NZZ) äußert sich kritisch zum Entwurf des Pandemievertrags, den sie als vielversprechend im Ansatz, aber wenig wirksam im Ergebnis betrachtet.

Es bestehe die Befürchtung eines weiteren “Bürokratiemonsters”. Darüber hinaus wird darauf hingewiesen, dass der Entwurf einen “autoritären Geist” ausstrahlt und ein “obrigkeitliches Staatsverständnis” offenbart.

Besonders besorgniserregend ist ein Passus, der von internationaler Zusammenarbeit gegen “falsche, irreführende, fehlerhafte oder irreführende Informationen” spricht. Dadurch solle die politische Kommunikation gesteuert werden, um das Vertrauen in die Wissenschaft, Gesundheitsbehörden und staatliche Maßnahmen zu stärken.

Als Folge könnte dies zu Zensur, Einschränkung der Meinungsfreiheit und zur Monopolisierung von Behördenpropaganda führen.

Die NZZ weist darauf hin, dass während der Pandemie auch Behörden Falschinformationen verbreitet hätten, wie zum Beispiel der Schweizer Gesundheitsminister, der erklärte, ein Corona-Zertifikat zeige, “dass man nicht ansteckend ist”.

Diese Kritik teilt die NZZ nicht allein. Auch im US-Repräsentantenhaus ist die Stimmung vor allem unter der republikanischen Mehrheit sehr kritisch.

Auch wenn der WHO-Vertrag den einzelnen Ländern keine direkten Eingriffsrechte in ihre Gesundheitspolitik verleiht, zeigen Beispiele wie das Pariser Klimaabkommen, dass die indirekte Wirkung des “Soft Law” erheblich sein kann.

Im Jahr 2021 hat das deutsche Bundesverfassungsgericht ein Urteil gefällt, das als Ermächtigung des Gesetzgebers zu weitreichenden Klimaschutzbestimmungen interpretiert werden kann.

Kürzlich hat der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) das Verfehlen von Klimazielen durch die Schweizer Regierung als “Menschenrechtsverletzung” bewertet. Als Grundlage für diese Entscheidung dienten das Abkommen selbst und die Autorität, die der “Wissenschaft” darin zugeschrieben wird.

Trotz der eher durchwachsenen Erfolgsbilanz bisheriger multilateraler Abkommen bleibt ein wesentlicher grundsätzlicher Kritikpunkt am WHO-Pandemievertrag bestehen. Dieser besteht darin, dass bereits umfangreiche Vereinbarungen über den Umgang mit künftigen Pandemien angestrebt werden, bevor überhaupt eine detaillierte kritische Analyse bezüglich der Corona-Pandemie durchgeführt wurde.

Bilder: WHO Meme Telegram Screenshot

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