- US und Deutsche Medien (u.a. Handelsblatt) berichten euphorisch über einen Russenöl-Boykott der USA. Tatsächlich importieren die USA praktisch gar kein Öl aus Russland. Ein klassischer Fall von Fehlinformation.
Handelsblatt Aufmacher am 9.3.2022
„Die USA und Großbritannien wollen kein russisches Öl mehr importieren. Die Bundesregierung lehnt ein Embargo für Deutschland weiter ab.
Als Reaktion auf Wladimir Putins Angriffskrieg in der Ukraine haben die USA und Großbritannien weitere Strafmaßnahmen gegen Russland verhängt. Washington stoppt die Einfuhr von russischem Öl, London lässt den Öl- import zum Jahresende auslaufen. Die Märkte reagierten mit starken Ausschlägen auf die Nachrichten: Amerikanisches Rohöl verteuerte sich zwischenzeitlich um acht Prozent auf über 129 Dollar pro Barrel (rund 159 Liter).“
Wenn Sie mal ein anschauliches Beispiel für Symbolpolitik benötigen, dann kann ich Ihnen aktuell eins anbieten.
Das Signal ging aus Washington in alle Welt: die USA stoppen sofort die Ölimporte aus Russland. Die Journalisten setzen natürlich noch eins drauf: liest man die Titelzeile zum Beispiel des Handelsblatts vom Mittwoch, könnte man den Eindruck gewinnen, die ganze Welt würde nun Putins Öl verschmähen.
Bei näherem Hingucken sieht die Sache dann schon weit bescheidener aus, denn bisher hat nur Großbritannien verkündet, man wolle sich diesem Boykott anschließen und das auch erst Ende des Jahres. Um den Rest des Symbols zu erkennen, muss man tief in die Statistik einsteigen. Aber das macht mir ja Spaß. Es stellt sich nämlich die Frage, wieviel macht denn dieser Verlust an Russenöl für die Amerikaner aus?
Erste Antwort: im bisherigen Verlauf 2022 sind das rund 0,4 Prozent aller Importe.
Da die USA deutlich mehr als die Hälfte ihres verbrauchten Öls selbst fördern, lieferte Putin so um die 0,2 Prozent des US-Ölbedarfs.
Absolut konnte er pro Tag im Schnitt in den USA 44.600 Barrel absetzen, das dürfte ihm seit Jahresbeginn insgesamt so um die 300 Millionen Dollar gebracht haben.
Ob die wirklich gezahlt worden sind und wenn ja, ob das Geld nicht inzwischen per Sanktion eingefroren ist, kann man als Außenstehender nicht wissen.
Aber selbst wenn Putin es irgendwie erhalten haben sollte, ich bin ziemlich sicher, dass er das in weniger Stunden oder gar Minuten jetzt in der Ukraine verbrennt.
Soll ja alles gar nicht heißen, dass man solche Signale nicht dennoch setzen kann oder gar muss.
Aber alles bitte eine Nummer kleiner in der Darstellung.
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