Nancy Faeser und der Operetten-Putsch zeigen, wie geschwächt die Demokratie ist
Die kindische Inszenierung der Razzia, mit der ein „Staatsstreich“ gerade noch mal verhindert werden konnte, ist eigentlich eher zum Lachen.
Dass Beamte, Behörden und Medien mitspielen, ist beschämend – und es zeigt, wie gefährdet unsere Demokratie wirklich ist.
Zwei oder drei Dutzend Verschwörer planen also einen Staatsstreich;
zum großen Teil Herren fortgeschrittenen Alters, die sich dem Zugriff der Polizei vermutlich mittels eines Treppenlifts entziehen wollten.
Die Beschlagnahmeliste der Polizei bestätigt den Verdacht:
Es wurden in 180 durchsuchten Häusern und Wohnungen eine Schusswaffe gefunden, mehrere Schreckschusspistolen, einige Tausend Euro und, ein Höhepunkt der polizeilichen Mitteilungen:
Prepper-Ware. Schon ist die Rede von einem „Putsch“, als habe er stattgefunden. Phantasien wuchern sich zur Realität aus.
Mindestens einer der durchlauchten Durchsuchten hatte sich also an die Vorgabe des Bundesamts für Katastrophenschutz gehalten und größere Mengen Lebensmittel und Getränke aufbewahrt für einen Blackout, den diese Regierung herbeiführt und vor dem ihre Behörden warnen.
Zählen Sie also bitte ihre Ravioli-Dosen nach, nicht dass auch Sie der Reichsbürgerszene zugeordnet werden – wer Vorrat hat, ist verdächtig, ebenso derjenige, der dem Rat folgt und etwas Bargeld zu Hause hat für den Fall, dass den Geldautomaten der Strom fehlt.
Das ist das Niveau, auf dem sich die Diskussion bewegt. Die Schreckschusspistolen stammen womöglich aus der Zeit, als Indianerkostüme im Fasching noch akzeptiert und nicht als „kulturelle Aneignung“ verbannt waren. Möglicherweise taucht im Jagdschloss des Prinzen Reuss noch ein Waffenarsenal auf; denn Jäger und Sportschützen sind besonders verdächtige Subjekte und unter den Verhafteten ist diese Gruppe vertreten. Sie tragen auch gerne verdächtige Lodenmäntel. Das ist der Kern der Szene. Muss man davor solche Angst haben?
Zwei Dutzend gegen die Staatsmacht – Medien und Politiker waren vorab informiert
Nur eine PR-Show oder Gefährdung von Polizisten bei der Reichsbürger-Razzia?
Das ist also ein Staatsstreich, der sich gegen Bundeswehr, Polizei und damit rund 500.000 bewaffnete Sicherheitskräfte richtet. Die SPD von Innenministerin Nancy Faeser twittert über den Account der Bundestagsfraktion: „Unsere Demokratie bleibt wehrhaft! Mit dem größten Anti-Terroreinsatz unserer Geschichte wurde ein Staatsstreich verhindert.“ Und ein bislang unauffälliger Terrorismusforscher redet über die „größte terroristische Bedrohung“ und die Reichsbürger seien die „aggressivsten“.
Es mag ja sein, dass die Damen und Herren um einen Prinzen, der selbst in seiner eigenen Dynastie nur auf einem hinteren Rang der Erbfolge steht, sich besoffen geredet haben. Persönlicher Frust über die verronnene Herrlichkeit eines deutschen Kleinstfürstentums in Thüringen, verbale Radikalisierung und ein Schuss Spinnerei dürften dabei gewesen sein – Innenministerin Nancy Faeser spricht ja nun selbst von „gewaltsamen Umsturzfantasien und Verschwörungsideologien“.
Solche Phantasien und Ideologien sind gefährlich und können tatsächlich viel Schaden anrichten.
Das sieht man am Tag nach dem vermeintlich vereitelten „Putsch“, an dem ein paar Halbstarke mit Klimauntergangsphantasien und antikapitalistischen Verschwörungstheorien auf das Flughafengelände München vordringen und damit Tausende von Fluggästen in Gefahr bringen. Insofern muss immer dagegen vorgegangen werden, wenn auf die Phantasie die Tat folgen soll. Jetzt hat Nancy Faeser und haben die Behörden genau diese Bringschuld zu vollziehen: Wo war die drohende Tat? Und warum werden für ein paar Weißköpfe 3000 Polizisten, darunter zahlreiche schwer bewaffnete Spezialkräfte in Gang gesetzt, während zugleich 50 Beamte fehlen, um den Flughafen München zu schützen?
Drehbuch einer Bedrohung
Es ist mit Blick auf die vermeintlichen Revolutionäre schwer zu übersehen, dass es sich hier um ein Drehbuch handelt, bei dem eine Ministerin den Staatsapparat einsetzt und Polizisten als Komparsen missbraucht für eine alberne, durchschaubare, allenfalls für ZDF und ARD filmreife Inszenierung. Der Verdacht liegt auf der Hand, dass dies gezielt war auf den Tag, an dem die Ampel vor genau einem Jahr die Regierungsgewalt übernahm und seither in kürzester Zeit eine katastrophale Bilanz vorgelegt hat: Ein Land zieht in einen unerklärten Krieg mit Munitionsvorräten für zwei Tage; stolpert leichtfertig in einen Konflikt, der seine Energieversorgung endgültig zerstört; schaltet dringend benötigte Kraftwerke aus Jux und ideologischer Dollerei ab; ruiniert in kürzester Zeit auf unabsehbare Zeit die Staatsfinanzen, isoliert das Land von seinen Verbündeten, erhöht Steuern noch über das bereits erreichte Spitzenniveau hinaus, und sieht zu, wie ein Großteil der Bevölkerung verarmt, weil Inflation und Energiepreise unbezahlbar sind.
Dass die Industrie und das gesamte deutsche Geschäftsmodell den Bach hinuntergehen, die Verteidigungsministerin eine Witzfigur ist und nur noch übertroffen wird von einer stammelnden Außenministerin, einem inkompetenten Wirtschaftsminister und einem Finanzminister ohne Rückgrat – all das wäre Gegenstand der Bilanz gewesen, die an diesem Tag zu ziehen gewesen wäre.
Oder auch die Bluttat von Illerkirchberg, die ein weiteres Opfer fordert in einer Kette von Morden und Messerstechereien, die zeigen, dass die einheimische Bevölkerung der Regierung egal ist. Die Zuwanderung nimmt groteske Umfänge an, die Kommunen sind überfordert, die Mieten explodieren, selbst die Tafeln sind geplündert, aber die Regierung plant weitere Schritte der Verarmung zu Lasten der eigenen Bevölkerung und zur Förderung einer Politik, die angeblich weltweit das Klima retten soll – und dafür Milliarden weltweit verschenkt, weil die Not im eigenen Land nicht wahrgenommen wird.
Das hätte man gestern schreiben und senden müssen. Stattdessen waren aber die führenden Redaktionen des Landes damit beschäftigt, den verhinderten Rollator-Putsch zu beschreiben. Seit Wochen waren offensichtlich die regierungsnahen Medien eingespannt und von den Razziaplänen unterrichtet.
Sie standen mit den Kameras bereit bei Verhaftungen von Menschen, die bislang nur Beschuldigte sind.
Nicht weniger, aber auch nicht mehr. Es war das, was man eine Kampagne nennt, und die Medien haben sich dafür hergegeben. Sie haben nicht kritisch berichtet, sondern sich freiwillig dem Drehbuch untergeordnet und die erforderlichen Texte geplappert und geschrieben, wie sie von der Innenministerin gefordert werden, damit diesen „eingebetteten“ Journalisten auch weiter das Privileg der Hofberichterstattung gewährt wird.
Wie grotesk das wirkt, sei am Beispiel der FAZ gezeigt: „Den deutschen Sicherheitsbehörden ist ein bedeutender Schlag gegen die Urheber dieser abenteuerlichen Umsturzpläne gelungen. Verfassungsschutz, Generalbundesanwalt, Bundeskriminalamt, Militärischer Abschirmdienst und die Polizei sind für diesen Erfolg zu beglückwünschen. Sie waren offenbar seit Monaten im Bilde. Das ist beruhigend.“
Gewöhnung an das Ungeheuerliche: Bürger ohne Schutz
Ich finde diese Form des Akklamationsjournalismus und des Meuten-Kommentars von Jasper von Altenbockum beunruhigend. Der sieht: „einen Staatsstreich, wie er im Buche steht. Gestützt auf ‚Heimatschutzverbände‘, auf das Militär, auf Mord und Gewalt, gekrönt durch einen Sturm auf den Bundestag sollte eine neue Ordnung in Deutschland hergestellt werden. Es ist gespenstisch und erschreckend, wie weit diese Pläne gediehen waren.“
Das Neue Deutschland hätte es nicht hübscher schreiben können, aber nicht einmal die medialen und politischen Machthaber der DDR haben sich eine solche intellektuelle Blöße gegeben und uns in solch einen Abgrund von publizistischem Unrat blicken lassen. Die einstmals klugen Köpfe jedenfalls haben sich einspannen lassen in eine Kindergarten-Inszenierung, die sofort durchschaubar ist.
Das Dumme ist: Nach diesem Aufschlag kommen die beteiligten Medien nicht mehr raus aus dieser Rolle. Sie müssen den Putsch aufblasen, weil sie sich sonst selbst korrigieren müssten. Und das glauben sie sich nicht leisten zu können. So werden sie zu schreibenden Komparsen der Inszenierung und dröhnen das Land weiter in das Drama eines Operetten-Putsches.
Nancy Faeser: Leichtfertig oder verlogen?
Und Nancy Faeser, die offenbar schon Wochen vorher ihre Pläne, die Adressen der Beschuldigten und den Zeitpunkt des Zuschlages detailliert hat mitteilen lassen, diese Nancy Faeser muss sich fragen lassen: Wenn die Putschisten so gefährlich sind, wie sie behauptet, wieso wird das dann veröffentlicht?
Wenn die Putschisten so gefährlich sind, wie sie behauptet, dann hätten sie sich nicht beim Frühstück überraschen lassen, sondern wären verschwunden oder hätten sich gewehrt – dann hätte es ein Blutbad geben können. Hat sie nun also ihre Beamten einer Gefahr ausgesetzt oder wusste sie von vornherein, dass dies nur ein Spektakel war, was sie da veranstaltet hat? Ist sie leichtfertig oder verlogen? Es kann nur eine Wahrheit geben. Aber keine davon könnte Faeser noch das Amt retten – wenn es eine Regierung gäbe, die noch einen Rest Anstand besäße.
Allerdings muss man zur Ehrenrettung der Regierung sagen, dass sie sich auch auf die Opposition verlassen kann. Zum Jahrestag der Amtsübernahme erklärt Oppositionsführer Friedrich Merz mit stolzgeschwellter Brust, dass „Gute Opposition wirkt. Deshalb haben wir als Union der #Ampel in diesem ersten Jahr ihrer Arbeit immer wieder die Hand ausgestreckt.“ Die Opposition als helfende Hand der Regierung – da braucht man keine Kritik mehr fürchten. Das deutsche parlamentarische System mit einer regierungskonformen Opposition darf belächelt werden.
Die Schwäche der Demokratie
Am Erschreckendsten aber ist, dass Nancy Faeser sich mit ihrer Inszenierung unwidersprochen des Staatsapparats bedienen konnte. Die Aktion war vorbereitet mit Staatsanwälten, Polizeiführern, Richtern und Beamten. Und keiner hat einen Mucks gemacht? Keiner hat die Traute zu sagen: „Frau Ministerin, schießen wir hier nicht mit Kanonen auf Spatzen? Wäre es nicht sinnvoller, unsere Polizisten im Kampf gegen räuberische Clans und messerstechende Irre einzusetzen?“
Es gibt eine „Remonstrationspflicht“ von Beamten, normiert etwa im Bundesbeamtenrecht. Es ist die Pflicht des Beamten, Bedenken gegen die Rechtmäßigkeit dienstlicher Anordnungen unverzüglich bei dem unmittelbaren Vorgesetzten geltend zu machen.
Hat keiner den Quatsch benannt? Alles Mitläufer?
Wenn es so sein sollte, wenn eine Regierung eine Show inszeniert, die Medien dazu Beifall spenden und Beamte stillschweigend nachvollziehen, was ihnen vorgekaut wurde:
Dann liegt darin die eigentliche Gefahr für unsere Demokratie.
Diese Gefahr ist bedrohlicher als vielleicht noch eine Flinte oder eine Schreckschusspistole, die bei einem verwirrten Prinzen und seinen Freunden im Hühnerstall gefunden wird.
Bild: Nanci Faeser und die Seifenoper gwen-king-unsplash
Quelle: Tichyseinblick.de
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