Deutsche Winzer und das EU-Planzenschutzgesetz… “Es ist quasi ein Berufsverbot”…

Die geplante EU-Verordnung zur Einschränkung von Pflanzenschutzmitteln und dem vollständigen Verbot in Schutzgebieten bringt ein traditionsreiches Weingut in Baden-Württemberg und einen Biowinzer an der Mosel in Bedrängnis.

Sowohl das Winzergut Walz in der Kulturregion am Stromberg als auch der Biowinzer an der Mosel befürchten schwerwiegende Auswirkungen auf ihre Existenz.

Die FDP warnt zudem davor, dass etwa ein Drittel der Weinberge verschwinden könnte, sollte die Verordnung umgesetzt werden.

Die Familie Walz, die das Winzergut Walz betreibt, sieht sich durch die geplante EU-Pflanzenschutzverordnung in ihrer Existenz bedroht. Das Gut befindet sich in einem Schutzgebiet, weshalb die Betreiber um das Überleben ihrer Tradition bangen. Seit 1888 wird das Weingut zwischen Stuttgart und Karlsruhe von der Familie geführt, und die 32-jährige Winzerin Mara Walz ist bereits die dritte Generation der Familie, die sich dem Weingut widmet.

Mara Walz äußerte gegenüber der “Bild”, dass nicht nur ihre Existenz, sondern auch die vieler anderer Familien, die vom Weinbau leben, auf dem Spiel stehe. Die vorgeschlagene Verschärfung der Gesetze würde einem “Berufsverbot für uns” gleichkommen, so die ehemalige württembergische Weinkönigin und deutsche Weinprinzessin.

Die junge Gutsbesitzerin erklärt, dass eine Bewirtschaftung ohne Pflanzenschutzmittel unmöglich sei, da ohne diese keine Trauben gedeihen würden, und somit die Existenz des Weinguts bedroht wäre. Das Weingut hat bereits in der Vergangenheit den Einsatz von Pflanzenschutzmitteln so weit wie möglich reduziert. Mara Walz betont, dass der Schutz der Reben vor Krankheiten immer an erster Stelle stehe. Pilzkrankheiten könnten jedoch die Trauben überwältigen und somit das Weingut ruinieren. Bereits 2021 hatte sie ihre Sorgen darüber im “Deutschlandfunk” geäußert.

Die Umstellung auf pilzresistente Sorten wäre mit Kosten von 300.000 bis 400.000 Euro verbunden und würde Jahre dauern. Dennoch sei fraglich, ob der Markt die weniger bekannten Rebsorten akzeptieren würde, so Mara Walz. Sie kritisiert die Politik dafür, dass sie mit einer drastischen Maßnahme wie einem Verbot von Pflanzenschutzmitteln vorgeht.

Biowinzer an der Mosel:

„Ganz ohne Pflanzenschutz kein Weinanbau möglich“
Hat die EU-Verordnung für Biolandwirte weniger Auswirkungen?

Um dem Pilzbefall seiner Reben Herr zu werden, spritzt Biowinzer die Reben regelmäßig mit etwas Kupfer und Schwefel. Sie verwenden zwar keinen chemischen Pflanzenschutz, doch die meisten sind davon überzeugt, dass ohne Pflanzenschutz an der Mosel kein Wein mehr angebaut werden kann.

Biowinzer fürchten die Pflanzenschutzverordnung, die sogenannte Sustainable Use Regulation, welche die Europäische Kommission derzeit vorantreibt.

Die Winzer an der Mosel haben zwar Verständnis für die Bemühungen und glauben auch,dass jeder etwas dazu beitragen kann.

Doch ganz ohne Pflanzenschutz sei Weinbau in der Region nahezu unmöglich.

Das habe auch mit dem Wetter zu tun. Demnach regne es in kaum einem anderen Weinanbaugebiet der Welt so häufig wie im Moseltal.

In nassen Jahren wie 2016 oder 2021 sei der Winzer mit dem biologischen Pflanzenschutz an seine Grenzen gekommen.

Das vergangene Jahr hingegen sei so trocken gewesen, dass er deutlich weniger Spritzmittel verwenden mussten

Der Schritt hin zum Biowein war für die Biowinzer auch ein Schritt in Richtung Qualität und Authentizität“

Toxikologin warnt vor verstärktem Einsatz von Pestiziden durch Gesetzesänderung

Kritik an der geplanten Gesetzesänderung kommt aus verschiedenen Richtungen. Hester van der Woude, eine promovierte Toxikologin, äußert Zweifel, ob die geplante Gesetzesvorlage tatsächlich dazu führen wird, den Einsatz von Pestiziden zu reduzieren. Die Niederländerin leitet Projekte zur Registrierung sicherer Pestizide und Pflanzenschutzmittel in der EU, Großbritannien und den USA.

Van der Woude betont in einer Analyse für das US-Unternehmen Charles River Laboratories, dass Landwirte Alternativen zu den verbotenen Pestiziden benötigen werden, um ähnliche wirtschaftlich tragbare Ernteerträge zu erzielen. Sie warnt davor, dass “weniger giftig” im Allgemeinen auch “weniger wirksam” bedeuten kann, wenn es um Chemikalien geht.

Die Toxikologin stellt fest, dass der vermehrte Einsatz weniger toxischer Alternativen möglicherweise zu einem erhöhten Gebrauch dieser Pestizide führen könnte. Um eine ausreichende Wirksamkeit sicherzustellen, könnten höhere Dosierungen und/oder häufigere Anwendungen der Pflanzenschutzmittel erforderlich sein, befürchtet van der Woude.

Der Wissenschaftler Ralf Schulz kritisiert ähnliche Aspekte: “Es gibt heutzutage Substanzen, von denen Sie nicht viel brauchen, aber die viel toxischer sind und deutlich größeren Schaden anrichten.” Er argumentiert, dass die EU nicht nur die Mengen der Pestizide regulieren sollte, sondern auch ihre Giftigkeit. Laut Schulz sind Insekten heute größeren, toxischeren Pestizidmischungen ausgesetzt als vor zehn oder zwanzig Jahren.

Die FDP warnt ebenfalls vor drastischen Konsequenzen für den deutschen Weinbau aufgrund der geplanten EU-Pflanzenschutzverordnung. Carina Konrad, stellvertretende Vorsitzende der FDP-Bundestagsfraktion, erklärt gegenüber der “Bild”: “Wenn wir Pflanzenschutzmittel in bestimmten Gebieten komplett verbieten, sagen wir praktisch zu über 30 Prozent unserer Weinberge Tschüss.” Dies bestätigt der Deutsche Weinbauverband, da ein Großteil der deutschen Rebflächen in Naturschutzgebieten liegt.

Landwirtschaftsminister Cem Özdemir (Grüne) unterstützt grundsätzlich die Gesetzesvorlage, betont jedoch, dass Anpassungen an die spezifischen Bedingungen in Deutschland nötig seien. Katarina Barley (SPD), Vizepräsidentin des EU-Parlaments, erwartet angesichts dieser Kontroversen große Diskussionen, wenn der Vorschlag der Kommission im Europäischen Parlament und im Rat der Mitgliedstaaten debattiert wird.

Bilder: Mosel Biowinzer Weinbau joshua-kettle–unsplash

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