Eher wenig Aufmerksamkeit erlangt dabei der durch eine Infektion hervorgerufene natürliche Schutz vor einer Reinfektion. Israelische Experten aber widmeten sich dem Thema.
Immer wieder wird seit einigen Wochen über sogenannte „Impfdurchbrüche“ berichtet. Menschen, die bereits vollständigen Impfschutz genießen, können sich demzufolge dennoch mit dem Coronavirus SARS-CoV-2 wieder infizieren und den Erreger auch weiter übertragen. In Deutschland zählte das Robert Koch-Institut mittlerweile bereits 10.827 Impfdurchbrüche. Und obwohl Israel als „Impfweltmeister“ gilt, wächst auch dort die Anzahl der positiv auf COVID-19 Getesteten seit geraumer Zeit an.
Nun kam eine israelische Preprint-Studie zu dem Ergebnis, dass die durch eine zuvor durchlaufene COVID-19-Infektion erzeugte natürliche Immunität – im Vergleich zur vollständigen Impfung – einen länger anhaltenden und stärkeren Schutz gegen eine durch die Delta-Variante (B.1.617.2) hervorgerufene Infektionen gewährleistet. Dies gelte auch für symptomatische Erkrankungen und möglicherweise sogar erforderliche stationäre Behandlungen.
Auch das US-Fachmagazin Science griff die Studie der israelischen Wissenschaftler auf und konstatierte:
„Der natürliche Immunschutz, der sich nach einer SARS-CoV-2-Infektion entwickelt, bietet einen wesentlich besseren Schutz gegen die Delta-Variante des pandemischen Coronavirus als zwei Dosen des Impfstoffs von Pfizer-BioNTech.“
Den Ergebnissen der Forscher nach zu urteilen, senkte eine Einzeldosis des Impfstoffs BNT162b2 bei Personen, die zuvor bereits mit SARS-CoV-2 infiziert waren, nochmals die Wahrscheinlichkeit einer Reinfektion mit der Delta-Variante des Virus.
In Israel, vaccinated individuals had 27 times higher risk of symptomatic COVID infection compared to those with natural immunity from prior COVID disease [95%CI:13-57, adjusted for time of vaccine/disease]. No COVID deaths in either group.https://t.co/hopImCD1D0
— Martin Kulldorff (@MartinKulldorff) August 25, 2021
Um Vorerkrankungen bereinigt, habe sich aus den eigenen Ergebnissen eine gut 27-fach höhere Wahrscheinlichkeit „für eine symptomatische Durchbruchsinfektion im Gegensatz zu einer symptomatischen Reinfektion“ ergeben.
„Neun Fälle von COVID-19-bedingten Krankenhausaufenthalten wurden verzeichnet, davon acht in der geimpften Gruppe und einer in der zuvor infizierten Gruppe. In unserer Studiengruppe wurden keine COVID-19-bedingten Todesfälle verzeichnet.“
Als erstes Land überhaupt bietet Israel seit Mitte August eine dritte Dosis des Impfstoffs von Pfizer/BioNTech für Menschen im Alter von über 50 Jahren an. Was die Wirksamkeit der Impfstoffe im Allgemeinen anbelangt, halten die israelischen Wissenschaftler fest, dass die kurzfristige Effektivität einer vollständigen Impfung anhand klinischer Studien bestätigt worden sei. Die langfristige Wirksamkeit bei unterschiedlichen Varianten sei jedoch ebenso mit einem Fragezeichen versehen, wie der anhaltende Schutz durch eine dritte Impfung.
Der langfristige Schutz durch eine dritte Dosis, die kürzlich in Israel eingeführt wurde, ist noch unbekannt.
Laut Science unterstreiche die Studie „die Leistungsfähigkeit des menschlichen Immunsystems“. Dennoch böten der Impfstoff von Pfizer/BioNTech „und andere Impfstoffe gegen COVID-19 einen hohen Schutz vor schweren Erkrankungen und Tod“.
Mit Verweis auf Experten für Infektionskrankheiten wird hervorgehoben, dass zudem eine absichtliche Ansteckung mit dem Erreger für Nichtgeimpfte „extrem riskant“ sei. Michel Nussenzweig, Immunologe an der Rockefeller University, unterstrich demzufolge:
„Wir wollen nicht, dass die Leute sagen: ‚Na gut, ich sollte rausgehen und mich anstecken, ich sollte eine Infektionsparty veranstalten‘.“
Derlei „Experimente“ könnten durchaus tödlich enden.
Prior COVID disease (many working class) provides better immunity than vaccines (many professionals), so vaccine mandates are not only scientific nonsense, they are also discriminatory and unethical. https://t.co/d14kTPnCWk
— Martin Kulldorff (@MartinKulldorff) August 27, 2021
Der Mediziner, Biostatistiker und Epidemiologe Prof. Martin Kulldorff ist sich sicher, dass die Ergebnisse auch dieser israelischen Studie Auswirkungen auf die Diskussion um die sogenannten Impfzertifikate haben sollten.
„Eine frühere COVID-Erkrankung (viele aus der Arbeiterklasse) bietet eine bessere Immunität als Impfstoffe (viele Akademiker), daher sind Impfstoffvorschriften nicht nur wissenschaftlicher Unsinn, sie sind auch diskriminierend und unethisch.“
Laut Science könnte die Arbeit der israelischen Experten Aufschluss darüber geben, ob Genesene dennoch mit dem BioNTech oder dem mRNA-Impfstoff von Moderna doppelt geimpft werden müssten.
“Among the most fraudulent messages of the CDC's campaign of deceit is to force the vaccine on those with prior infection, who have a greater degree of protection against all versions of the virus than those with any of the vaccines.”
— Thomas Massie (@RepThomasMassie) August 26, 2021
15 studies show…https://t.co/oXaI3L0Y3S
Die Ergebnisse der Studie stoßen jedoch auch auf Kritik. So bemängelt etwa Marion Pepper, Immunologin an der University of Washington, dass die Studie zwar „die Vorteile der natürlichen Immunität“ aufzeige, gleichzeitig werde aber nicht berücksichtigt, „was das Virus dem Körper antut, um diesen Punkt zu erreichen“.
Die israelischen Wissenschaftler stützten sich bei ihrer Untersuchung auf Daten der zweitgrößten Krankenkasse des Landes. Laut den Forschern handelte es sich bei ihrer Untersuchung um die bis dato umfangreichste Beobachtungsstudie, in der eine aufgrund einer SARS-CoV-2-Infektion erworbene Immunität mit der durch einen Impfstoff hervorgerufenen Immunität verglichen wurde.
Quelle: RT-Deutsch
Bild: Pixabay – Bru-nO
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