Ein neuer Podcast von Sam LeClerk für Radio Qfm.network
Bei #allesaufdentisch, einer Aktion von Künstlern, die mit Experten zum Thema Corona-Maßnahmen ins Gespräch kommen, wurde vorgestern wieder ein neuer Beitrag veröffentlicht:
Schauspieler Cem-Ali Gültekin spricht mit Katrin Seibold, die viele Jahre für die 3Sat-Sendung „Kulturzeit“ tätig war.
Seibold erzählt Gültekin zunächst etwas über den Redaktionsalltag.
Und im Speziellen aus der 3Sat-Berichterstattung über die satirische Vorgängeraktion von #allesaufdentisch.
Die hieß #allesdichtmachen und vereinte ursprünglich über fünfzig Künstler in ihrer Kritik an den Corona-Maßnahmen.
Katrin Seibold erzählt, dass sie es bei ihrem Sender zunächst „hart erkämpfen“ musste, neutral über die Künstleraktion zu berichten.
Allerdings sei später der Schauspieler Ulrich Matthes mit einem Schlusswort im Beitrag dazu geschnitten worden, von dem man vorher bereits wusste, der er #allesdichtmachen gegenüber kritisch eingestellt war und die gesamte Aktion „vollkommen absurd“ fand.
Für Seibold war die Neutralität ihres Beitrags damit vom Tisch gewischt worden.
Das hat Spuren hinterlassen, berichtet Seibold. Dann hat sie die unterschiedlichen Reaktionen der Schauspieler von #allesdichtmachen beobachtet.
Besonders tragisch fand sie, dass Schauspieler und Regisseur Jan-Josef Liefers zwar „sehr viel Kraft aufgewendet“ habe, seinen Auftritt bei #allesdichtmachen zu verteidigen, er aber im Verlauf der Debatte um die Aktion „immer kleiner wurde“ und bei ihm am Ende einfach die Sprache versagt habe, weil er von so vielen Stimmen in die Ecke gedrängt worden sei.
Für die Mitarbeiterin des ZDF/3Sat war das „ein Lehrstück, dass der Diskurs irgendwann versagt, wenn zu viele Menschen immer auf etwas draufhauen oder es niederdrücken“.
Seibold attestiert den Medien eine große Mitverantwortung, dass der Diskurs nicht mehr funktioniert: „Eine Branche hat sich selbst überholt und dabei komplett verrannt und auch ad absurdum geführt.“
Für die langjährige Mitarbeiterin bei den Öffentlich-Rechtlichen haben diese den Diskurs nicht abgebildet, die Verantwortlichen hätten es sich im Gegenteil, auf ihrem Gehalt sitzend, sehr bequem und leicht gemacht: „Ich fand das einfach viel zu wenig im Vergleich zu dem, was der öffentlich-rechtliche Rundfunk an Möglichkeiten hat.“
Und sarkastisch hinterher: Das Bundesverfassungsgericht müsste sich jetzt eigentlich den Rundfunkstaatsvertrag vornehmen und diesen den realen Gegebenheiten anpassen, weil er nicht mehr dem Auftrag des öffentlich-rechtlichen Rundfunks entspricht.
Auf den, ihrer Meinung nach, diskriminierenden Umgang mit Ungeimpften abzielend denkt Seibold weiter: „Oder pochen wir als Gesellschaft und auch als Medienmacher darauf und sagen, wir haben diesen Rundfunkstaatsvertrag, da steht drin: diskriminierungsfrei“?
Cem-Ali Gültekin will von ihr wissen: „Würdest Du sagen, die Medien haben zur Spaltung der Gesellschaft beigetragen?“ Für Katrin Seibold ist das „definitiv“ der Fall.
Wenn es das Wichtigste in der Welt von heute sei, solidarisch miteinander zu sein, eins zu sein als Planet, als Menschheit, so Katrin Seibold, dann sollte man das beim Diskurs um die Corona-Maßnahmen und den Umgang mit Ungeimpften auch umsetzen. Stattdessen hätte beispielsweise der SPD-Politiker und WDR-Rundfunkrat Garrelt Duin zu einem Boykott der bei #allesdichtmachen teilnehmenden Schauspieler aufgerufen.
Mehrfach im Video weist Seibold auf die teilweise gähnende Leere in den Studios der Öffentlich-Rechtlichen hin. Sie könnte sich gut vorstellen, dass in diesen Studios diskriminierungsfrei auch Programme mit ungeimpften Künstlern gemacht würden.
Ein Schlüsselsatz bei #allesaufdentisch mit Katrin Seibold: „Ich empfinde die Art der Berichterstattung nicht mehr als das, was man eine vierte Gewalt bezeichnet, nämlich den Mächtigen auf die Finger zu schauen.“ Aber momentan, stellt sie weiter fest, sind die Medien die Mächtigen. Und die Maßnahmen-Treiber seien nicht nur in der Politik, sondern auch in den Medien zu Hause. „Kulturzeit hat früher viel mehr gegen den Strich berichtet.“
Fazit von Seibold: „Unsere Entscheidungen gehorchen immer mehr den Hierarchien im ZDF.“ Erschreckend findet sie, dass sich aktuell so viele Menschen verstecken und zurückziehen, dass sich viele Menschen nicht mehr trauen zu sagen, was sie denken. Die Journalistin wünscht sich ein Ende der Angst, ein Ende der Selbstverleugnung aus Angst.
„Wo sind denn die schlimmen Schicksale von Menschen, die, weil sie auf ihre körperliche Unversehrtheit pochen, ihren Job verlieren? Wo sind denn die Geschichten, warum sind wir da nicht solidarisch?“, fragt sie nach dreißig Minuten im Gespräch mit Cem Ali Gültekin für #allesaufdentisch.
Katrin Seibold ist jetzt nicht mehr beim öffentlich-rechtlichen Rundfunk. „Deswegen bin ich da jetzt raus.“, sagt sie. Sie konnte das nicht mehr aushalten, nicht mehr mit ihrem journalistischen Selbstverständnis vereinbaren.
Quelle: Reitschuster.de
Bild: Kathrin Seibold Berlinale Screenshot
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